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Manu Katché

Im Rahmen seiner Deutschlandtournee gastiert das Quartett des französischen Jazz-Drummers und gefragten Studiomusikers in der Laeiszhalle.

Wer alt genug ist, könnte seinen Namen von Peter Gabriels Erfolgsalbum So aus dem Jahr 1986 oder von Stings zweitem Solo-Werk …Nothing Like The Sun (1987) kennen, auf denen der französische Ausnahme-Drummer Manu Katché mit seinem eigenständigen Spiel den Sound so einiger Songs prägte. Jüngeren musikinteressierten Semestern dürfte Katché schon mal auf ARTE über den Weg gelaufen sein, wo der Musiker als Host des Live-Formats One Shot Not mit verschiedenen Künstlern, von Anna Calvi über !!! (Chk Chk Chk) bis zu Richie Havens, jammte. Seit Anfang der 1990er Jahre veröffentlicht Katché auch Alben unter seinem eigenen Namen. Das aktuelle Werk erschien kürzlich beim Münchener Jazz-Label ACT. Darauf ist Katché in der Besetzung zu hören, mit der er auch am 30. Oktober im Rahmen seiner Deutschlandtour in der Laeiszhalle zu sehen sein wird: Tore Brunborg (Saxofon), Luca Aquino (Trompete) und Jim Watson (Keyboards). Als zweite Formation an diesem Abend ist außerdem das Trio um den schwedischen Pianisten Jacob Karlzon zu hören.

 

Hamburger Theaterfestival

Was machen die anderen? Acht Produktionen aus dem deutschsprachigen Raum zeigen Hamburger Theaterfreunden, was sie andernorts verpasst haben.

Theater ist manchmal unfair: Der Hamlet in Berlin bleibt dem Shakespeare-Liebhaber in München im Regelfall verwehrt. Das Hamburger Theaterfestival hat es sich darum zur Aufgabe gemacht, die besten Inszenierungen des deutschsprachigen Raums an die Bühnen dieser Stadt zu bringen. Acht Produktionen sind dieses Jahr eingeladen worden, die sich jeweils durch eigene Handschrift und fesselnde Schauspielerleistungen auszeichnen.

Zu sehen ist etwa Michael Thalheimers Inszenierung von Schillers Die Jungfrau von Orleans (Foto). Ursprünglich am Deutschen Theater Berlin aufgeführt, wird das Stück mit Theaterstar Kathleen Morgeneyer in der Hauptrolle Ende Oktober auf Kampnagel gastieren (30. und 31. Oktober, 20 Uhr).

Bisheriges Festival-Highlight: Erschütterndes Doku-Theater bot Die letzten Zeugen im September. Überlebende des Holocaust sitzen auf der Bühne hinter einem durchsichtigen Vorhang, scheinbar regungslos, während jüngere Schauspieler ihre Leidensgeschichten vorlesen – ein Stück direkte Konfrontation mit der Geschichte, die kommenden Generationen vorenthalten bleiben muss. Umso wichtiger, den Zeitzeugen jetzt zuzuhören.

Text: Michael Weiland

 

David Foster Wallace

Im Hamburger Sprechwerk feiert das Stück „Kurze Interviews mit fiesen Männern“ Premiere, das auf Geschichten des amerikanischen Autors basiert.

David Foster Wallace (Unendlicher Spaß) war eine der begabtesten, scharfsinnigsten und klügsten Stimmen des amerikanischen Literaturbetriebs – bis er sich 2008 das Leben nahm. Seine Kurzgeschichtensammlung Kurze Interviews mit fiesen Männern liegt dem Stück des Hamburger Sprechwerks zugrunde – genauer gesagt, eine der Episoden. Auf dem Totenbett, deine Hand haltend, bittet der Vater des jungen gefeierten Off-Broadway-Stückeschreibers um eine Gefälligkeit heißt das Kapitel eigentlich – aber das passt ja auf kein Plakat. Am Grab seines Sohnes steht der Vater und hat die Hasskappe auf: Das verlogene Familienleben, seine Verachtung für den Nachkommen, seine ganze Lebenslüge bricht sich in einer Schimpfkanonade Bahn. Frank Grupe ist in der Hauptrolle zu sehen, der Musiker Sebastian Deufels aka Gisbert zu Knyphausen hat für die Inszenierung ein sechzigminütiges Schlagzeug-Stück komponiert.

Text: Michael Weiland

 

Augen Blicke Afrika

Film, Diskussion und Tanz: Das Afrikanische Filmfestival Hamburg findet zum dritten Mal statt. Diesmal mit dem inhaltlichen Schwerpunkt „Kolonialismus“.

In diesem Jahr konzentriert man sich auf afrikanische und europäische Filmemacher, die sich mit dem Kolonialen Erbe Afrikas – Geschichte und Gegenwart auseinandersetzen. In den 1970er Jahren wurde das Thema von Regisseur Ousmane Sembène in seinem Film Xala aufgegriffen, der als Meilenstein der afrikanischen Filmgeschichte gilt. Andere Beiträge beschäftigen sich mit den politischen und sozialen Unruhen nach der formalen Unabhängigkeit afrikanischer Staaten. Zudem will man zeigen, dass Kolonialismus kein abgeschlossenes Kapitel ist, sondern bis heute in den „Alltag der Menschen hineingreift“. Das Festival Augen Blicke Afrika eröffnet am 30. Oktober mit einem festlichen Empfang im Studio-Kino. Um 20 Uhr wird die Dokumentation Capitaine Thomas Sakkara gezeigt, um 22 Uhr der Film Juju Factory. Bis zum 9. November geht das Programm, in dessen Rahmen auch Diskussionen mit Regisseuren und eine afrikanische Tanznacht stattfinden.

Text: Lena Frommeyer

 

Rusconi

Nichts für Jazz-Puristen: Die Klangforscher Stefan Rusconi, Fabian Gisler und Claudio Strüby präsentieren ihr aktuelles Album im Nochtspeicher.

Das Jazz-Trio aus der Schweiz greift gerne in die elektronische Trickkiste und bedient sich auch sonst munter bei anderen Genres, ohne rot zu werden. Herauskommt bei dieser Klangforschung etwas herrlich Unorthodoxes, das es in den letzten zehn Jahren auf viele Festivalbühnen in Europa und Asien schaffte. Für Jazz-Puristen ist dieser freigeistige Umgang von Stefan Rusconi, Fabian Gisler und Claudio Strüby mit Gitarre, Piano, Bass und Schlagzeug wahrlich nichts. Über ihr neustes Album, History Sugar Dream, sagen die drei Musiker selbst, es sei „eine Erinnerung an die Zeit als Träume, Wünsche, Phantasie und Illusionen noch Realitäten waren – als das hemmungslose Spiel noch ganz selbstverständlich passierte“. Als Gesamtkunstwerk begreift man Rusconi erst, wenn man ein paar Musikvideos von ihnen studiert hat. Da werden Klänge zu Bildern und Bilder zu Klängen. Am 30. Oktober spielt die Band im Nochtspeicher.

Text: Lena Frommeyer

 

Anathema

Die britische Alternative-Rock-Band mit Doom-Metal-Vergangenheit präsentiert die Stücke ihres neuen Albums „Distant Satellites“ im Gruenspan.

Schwere, langsame Gitarrenriffs und melancholische Endzeitstimmung sind nicht mehr das Ding von Anathema. Die Briten haben sich vom Doom-Metal ihrer Anfangstage verabschiedet und fischten in jüngster Vergangenheit erst in Gothic- und nun in Alternative-Rock-Gefilden. Das macht die fünf Männer an den Instrumenten aber noch lange nicht zur Gute-Laune-Band. Feierlich und düster ist die musikalische Grundstimmung auch auf dem neusten Tonträger, einem Album mit dem Titel Distant Satellites. Der Release ist Anlass für eine Tour, bei der Anathema beweisen kann, ob sie ihrem Ruf als hochenergetische Liveband weiterhin gerecht bleiben. Überzeugen kann man sich davon selbst am 29. Oktober im Gruenspan. Gibt es etwas Schöneres, als sich an einem Mittwochabend emotionale Rockmusik in die Birne zu ziehen?

 

Siebdruck im Museum

Unter dem Titel „Die schönsten Nashörner kommen aus Tokio“ zeigt das MKG Tierplakate aus Japan und der Schweiz.

Das Museum für Kunst und Gewerbe sorgt seit dem 3. Oktober für Aufmerksamkeit, nicht mit Katzen-, sondern mit Nashorn-Content. Niedlich grinsen die kleinen Kerle von den Plakaten herunter, die von zwei bedeutenden zeitgenössischen Grafikdesignern kreiert wurden: dem Japaner Kazumasa Nagai und dem Schweizer Claude Kuhn. 80 Tierplakate schenkten die beiden dem Hamburger Museum. Diese werden bis Januar 2015 am Steintorplatz ausgestellt. Beide Künstler verbindet ihr großes Herz für Tiere: Kazumasa Nagai produzierte in Eigenregie großformatige Bilder von bedrohten Tieren, die exklusiv als Siebdruck in kleiner Auflage erschienen. Claude Kuhn entwarf ebenfalls Siebdruckplakate für Ausstellung des Naturhistorischen Museums in Bern und für Veranstaltungen des Berner Zoos. Diese wurden tatsächlich in der Stadt aufgehängt. Wer aufmerksam durch die Ausstellung läuft, entdeckt dann doch den obligatorischen Katzen-Content, formatfüllend …

Text: Lena Frommeyer

 

„Das Verschlingen“

Für das Theaterstück über den Völkermord an den Sinti und Roma in Deutschland studierte das Theater Aufbau Kreuzberg e.V. Berichte von Zeitzeugen. 

Das Theater Aufbau Kreuzberg e.V. (TAK) ist mit einem Gastspiel beim Festival Eigenarten vertreten. Das Team beschäftigte sich mit wichtigen Fragen, die bei einer interkulturellen Veranstaltung nicht fehlen dürfen: Was waren das für Leute, die damals von den Nazis ermordet wurden? Wie konnten Menschen zu derartigen Taten fähig sein? Grundlage des Stücks Das Verschlingen sind reelle Geschichten über den Völkermord an den Sinti und Roma, die sie aus Texten und Berichten von Zeitzeugen zusammentrugen. So erfuhren sie, dass viele Roma diesen eher wenig bekannten Teil der deutschen Geschichte als „Porrajmos“ (Verschlingen) bezeichnen. Im Rahmen der Produktion wird zudem beleuchtet, welche Vorurteile gegenüber Sinti und Roma noch heute in den Köpfen verankert sind. Unter anderem fördern die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der Landesverband Deutscher Sinti und Roma in Berlin-Brandenburg das Projekt.

 

Afganistan unzensiert

Die afghanische Journalistin Farida Nekzad berichtet über ihren Kampf für Pressefreiheit und gegen Zensur in ihrem Heimatland.

Platz 128 von 180 belegt das Land Afghanistan auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen. Das Ranking zeigt, inwiefern Sicherheitsbehörden die Arbeit von Journalisten behindern. Im Rahmen des Interkulturellen Festivals Eigenarten sprechen der deutsche Journalist Ralf Lorenzen und seine Berufskollegin Farida Nekzad über den Kampf für Pressefreiheit und gegen Zensur in Afghanistan, über Motivation, Rückschläge und Hoffnungen. Die afghanische Journalistin gründete eine unabhängige Nachrichtenagentur in ihrem Heimatland und will mit ihrer Arbeit vor allem den afghanischen Frauen Gehör und Stimme verleihen. Auch ein Bombenanschlag konnte sie nicht davon abhalten, weiterhin kritisch über die gesellschaftlichen Zustände in ihrer Heimat zu berichten. Das Land musste sie jedoch wegen massiver Bedrohungen verlassen. Seit Mitte 2014 ist Farida Nekzad als Gast der Hamburger Stiftung für Politisch Verfolgte in Deutschland. Im Juni wurde ihr der Leipziger Medienpreis verliehen.

Text: Lena Frommeyer

 

Kishi Bashi

Grenzgänger auf St. Pauli: Ein Sänger an der Violine macht mit einer Folk-Band experimentellen Pop im The Rock Café. 

Nanu, was hat denn ein Violinist auf der Bühne des The Rock Café zu suchen – einem Club, in dem man kopfnickend Bier trinkt und nicht mit einem Glas Champagner in der Ecke sitzt? Kishi Bashi studierte klassische Musik, wurde aber bald vom Rock und Pop auf die sündige Seite der Branche gezogen. Der in Seattle geborene Sänger und Songwriter experimentierte herum und brachte 2012 sein Debüt-Album 151a heraus. Gesang, Violine und elektronische Spielereien sind die drei Säulen, auf denen sein exotischer Sound ruht. Das ist ziemlich außergewöhnlich, was der Typ da zusammen mit der Folk-Band Tall Tall Trees vorführt: Mit Geigenbogen und Drumstick bearbeitet Frontmann Mike Savino sein Banjo, Kishi Bashi singt und spielt gleichzeitig Violine, begleitet von einem Schlagzeuger und einem Bassisten. Yea!

Text: Lena Frommeyer