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Extreme Eitelkeit

Wenn Schönheit zur Obsession wird, lassen sich Menschen die Visage straffen und die Falten aus dem Hintern spritzen. Noch schlimmer: Sie suchen Ärzte auf, die ihrer Tochter zur Wertsteigerung die Nase brechen oder sie legen selbst Hand an und „pimpen“ Neunjährige mit Make-up und Wasserstoffperoxyd zu kleinen Beautyköniginnen. Im Selbstoptimierungswahn versuchen Männer und Frauen ihre körperlichen Makel – vorhanden oder eingebildet – zu beseitigen. Die Plastische Chirurgie boomt, besonders in den USA sind ästhetische Eingriffe keine Besonderheit mehr. Hier setzt die Bilderserie Love Me des englischen Fotografen Zed Nelson an, der in einem Zeitraum von fünf Jahren eindrucksvolle Porträts von Menschen in 17 Ländern aufgenommen hat, die zu den „guten“ Kunden der Beauty-Industrie gehören. Der Fotograf zeigt die Auswüchse der Eitelkeiten – ob nun selbst ausgewählt oder auferlegt – und untersucht die soziokulturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten, die dafür verantwortlich sind.

Love Me
Christopher, 22 Jahre, nach der Brusthaarentfernung im J. Sister’s Salon. New York, USA. © Zed Nelson/INSTITUTE

TEXT: LENA FROMMEYER

Ausstellung bis 15. Mai
Mo-Fr 11–18 Uhr

 

Bissige Pantoffel

Thomas Kapielski denkt oft über das Leben und unsere Welt nach – in Worten und Bildern können wir an diesem eigenwilligen Prozess teilhaben. Der in Berlin lebende Schriftsteller, Künstler und Musiker ist zwar selbsternannter Reiseallergiker, kommt aber dennoch nach Hamburg, um mit einer Lesung am 28. April seine am Tage darauf eröffnende Ausstellung Noderne Gunst anzuteasern. Dabei wird Thomas Kapielski, der den Preis der Literaturhäuser und den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor erhielt, einige kurze Texte lesen, in denen er seine autobiografischen Erlebnisse festhält und die eine Mischung aus Aphorismen, Alltagsgeschichten, Philosophie, Kunsttheorie und Abseitigem bilden. Die Ausstellung im Polarraum zeigt einige seiner tiefsinnigen Arbeiten wie die karierte Pantoffel mit Vampirzähnen, seinen praktischen Kunstschonbezug, den Rockertuschkasten mit Kette und die Installation Die kürzeste Theke der Welt, inklusive Bierflasche und Lederaktentasche.

TEXT: LENA FROMMEYER

 

Gender-Utopia

Länder wie der Iran oder Afghanistan stehen nicht gerade für eine vorbildliche Gleichberechtigung von Mann und Frau. Aus westlicher Sicht sind die hier geltenden Rollenzuschreibungen längst überholt. Aber auch innerhalb der Länder, in denen gleichgeschlechtliche Partnerschaften verboten sind und Frauen in Burka zum Stadtbild gehören, keimt der Wille zur Selbstbehauptung. Die Performance Das Gender-Ding erforscht und transformiert verschiedene Klischees sowie Kleiderordnungen und setzt diese neu zusammen – sowohl auf dramatische als auch humorvolle Art und Weise. Die Darsteller aus dem Iran, Afghanistan und westafrikanischen Ländern schildern ihre eigenen Erfahrungen und diskutieren Visionen einer neuen Freiheit. Das Ensemble Hajusom setzt sich aus Menschen zusammen, die als unbegleitete Flüchtlinge im Jugendalter nach Hamburg kamen. Bei der Performance treffen Fakten auf Fiktion, Vorproduziertes auf Live-Material wie die Musik der türkischen Musikerin Derya Yildirim und Samples von Viktor Marek. Heute findet die letzte Vorstellung statt.

TEXT: LENA FROMMEYER

 

Frühjahrs-Silvester

Traditionell feiert man in Sri Lanka im April das neue Jahr mit einer ereignisreichen und arbeitsfreien Woche, die man mit seiner Familie und seinen Freunden verbringt, gemeinsam isst, trinkt, spielt und tanzt. Auch in Hamburg wird das sri-lankische Neujahrsfest kräftig gefeiert und zwar im Freizeitzentrum Schnelsen. Der Verein Buddhistischer Vihara e.V. Hamburg präsentiert einen Abend, der im Zeichen von Tradition, Live-Musik und Speisen steht. Die sri-lankische Tänzerin und Choreographin Sulakshi Fonseka führt in bunten Gewändern Kandy-Dance und Folklore-Tänze vor. Es gibt sri-lankische Pop- und Tanzmusik, live dargeboten von der Cool Running Band. Außerdem stellt der Abend eine gute Gelegenheit dar, um authentische sri-lankische Küche zu genießen: Das asiatische Büfett und die Teebar sind im Eintrittsgeld inbegriffen.

TEXT: LENA FROMMEYER

Anmeldung: viharahamburg@yahoo.de

 

Perverse Wirtschaft

Die Globalisierung beeinflusst unsere Ernährung auf gruselige Art und Weise. Clemens Bechtel zeigt in seinem Theaterstück Cargo Fleisch anhand der Fleischwirtschaft – genauer, anhand von Hühnern – wie uns die globale Landwirtschaft moralisch entgleitet und schon lange perverse Züge angenommen hat: Die Notwendigkeit von 37.000 Hühner pro Betrieb in Massentierhaltung, um auf dem Markt zu bestehen, abgeholzter Regenwald in Brasilien, um Soja als Kraftfutter für deutsche Hühner anzubauen und die Vogelgrippe in Bangalore, Indien, sind einige der perfiden Auswirkungen. Profiteure, Akteure und Gegner kämpfen auf regionaler und internationaler Bühne um ihre Interessen, dabei treffen Tierschützer, Konzerne, Geflügelhändler, Hühnervergaser und Tagelöhner aufeinander. Die dokumentarische Inszenierung Cargo Fleisch beruht auf Interviews und Recherchematerial, Clemens Bechtel lässt alle Beteiligten des Systems zu Wort kommen. Sein Stück im Schauspielhaus ist Teil des globalen Theaternetzwerkes Hunger for Trade, in dessen Rahmen an beteiligten Spielstätten unter anderem in Belgien, Burkina Faso, Deutschland, Indien und Rumänien jeweils eigene Arbeiten gezeigt werden.

TEXT: LENA FROMMEYER

 

Nacht der DJanes

Um von vornherein keine Gender-Diskussion aufkommen zu lassen: Der Mädelsabend in der Nochtwache hat nichts mit Schminktipps, Kuchenbacken oder Klamottentausch zu tun. Stattdessen stehen drei starke Frauen an den Plattentellern: Bebetta (Foto) produziert melodische House-Rhythmen, Tech-House und straighten Techno. Seit sie den Tresor-Newcomer-Award (Tresor Berlin) gewann, wurde sie unter anderem für das Greenspace Festival Hanoi und die Nature One gebucht. Im Mai 2012 erschien ihr erstes Release, Herr Kapellmeister. Unterstützt wird sie von der Hamburger DJane Miss Bliss alias Nicole Schmidt, die man von so mancher durchtanzten Nacht im Ego, Hafenklang oder der Prinzenbar kennt. Dritte im Bunde ist Mam Baldar, ebenfalls aus Hamburg, die bereits im März ihre House-Klänge durch die Clubräume des Egos und über die Tanzfläche des Goldenen Salons im Hafenklang schickte.

TEXT: LENA FROMMEYER

 

Wasser & Musik

Längst steht es auf vielen Schreibtischen in den Büros dieser Stadt: Das nachhaltige Mineralwasser von Viva con Agua. Die Hamburger Trinkwasserinitiative kann aber mehr, als „nur“ ökologisch, ökonomisch und sozial faire Durstlöscher produzieren – sie ist auch Kulturstifter. Durch Konzerte, Parties, Lesungen oder Ausstellungen schafft Viva con Agua ein Bewusstsein für die weltweite Wasserproblematik, denn nicht jeder Mensch hat Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ein Großteil der Einnahmen geht dann – wie generell 79 Prozent aller generierten Spenden – an die Welthungerhilfe, welche die Wasserprojekte nachhaltig realisiert, beispielsweise den Bau von Brunnen. Beim Benefizkonzert am 25. April bringt die Initiative zusammen mit Originalton e.V. drei Acts in die Ponybar am Allende-Platz. Das Duo Joseh spielt atmosphärisch dichten Folk-Pop mit Gitarre und Harfe, Sängerin Lia begleitet sich selbst auf dem Piano und Anne Schmetterfeder entführt ihr Publikum in ihre märchenhaften Songs. Anschließend wird zum Set von DJ pu-i-Del mitgewippt.

TEXT: LENA FROMMEYER

 

Kritische Schablone

Wer mit offenen Augen durch Hamburg läuft, sieht hier und da die Arbeiten des in der Street-Art-Szene noch recht jungen Künstlers Marshal Arts an den Häuserwänden: einen Hund, der einen Polizisten im Kampfanzug von hinten „angreift“, ein Kind in Captain-America-Uniform, das zwei Klobürsten im Gefahrengebiet schwingt – die Bilder persiflieren oft gesellschaftliche Zustände, liefern politischen Diskussionsstoff und halten der Stadt den Spiegel vor. Bei seiner ersten Solo-Ausstellung „Wonderlism“ zeigt der in Santiago de Chile geborene und in der Hamburger Graffitiszene aufgewachsene Künstler seine Urban Art aus Stencils (Schablonenkunst), Adbusting (verfremdete Werbeplakate) und Fotografie. Am 25. April eröffnet die Vernissage seine bis zum 4. Mai im Gängeviertel stationierte Ausstellung.

TEXT: LENA FROMMEYER

Ausstellung: 26.4.–4.5.

 

Kiez-Markt

Zweistellige Temperaturen? Check. Sonnenuntergang nach 20 Uhr? Check. Hunger und Durst? Check. Die Kriterien für ein Abendbrot unter Freunden auf dem St. Pauli Nachtmarkt sind erfüllt. Jeden Mittwoch ziehen die Stände und Foodtrucks auf dem Spielbudenplatz um 16 Uhr ihre Rollläden hoch und verkaufen Gemüse, Fisch, Fleisch, Feinkost, Bier, Wein, Apfelsaft und mehr – vieles aus der Region, auch essfertige Snacks. An den Bierbänken macht man es sich beispielsweise mit Fischbrötchen, Käsewürfeln, Brot, Burgern und einer Buddel Bier gemütlich. Auf einer kleinen Bühne spielt eine Band, während Kinder das Pflaster davor mit Straßenkreide bemalen – ein spitzenmäßiges Programm für den Mittwochabend. Drei kulinarische Tipps: Raclette-Baguette probieren, Bio-Weißwein trinken und am Gemüsestand Babumms den Verkäufer nach neuen Rezepten fragen.

TEXT: LENA FROMMEYER

Dauer: 16–22 Uhr
www.facebook.com/St.PauliNachtmarkt

 

Helden auf Papier

Neben Gegenwartsliteratur und dem Brockhaus klemmt im Regal vieler Erwachsener auch das Lieblingsbilderbuch aus der eigenen Kindheit, verknickt, angemalt und mit viel Kinderspucke zwischen den Seiten. Vielleicht findet sich ja der eigene Favorit in dieser Ausstellung wieder: Das Hamburger Kinderbuchhaus zeigt die schönsten Kinderbücher der letzten 30 Jahre und widmet die Schau dem von Radio Bremen und DIE ZEIT verliehenen Kinderbuchpreis LUCHS. Lesen darf man hier auch in den ursprünglichen Manuskripten und man kann sich Original-Illustrationen anschauen, beispielsweise jene der Hamburger Künstlerin Jutta Bauer aus dem philosophischen Bilderbuch Die Königin der Farben (Foto). Den Jahresluchs 2013 erhielt die Hamburger Autorin Kirsten Boie für ihr Buch Es gibt Dinge, die kann man nicht erzählen. Auch die dazugehörigen Illustrationen von Regina Kehn werden in der Ausstellung gezeigt.

TEXT: LENA FROMMEYER

Laufzeit: 11.4.14 – 29.3.15
Di-So: 10–17 Uhr