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Duckstein Festival

Livemusik, Verkaufsstände, internationales Straßentheater, gute Küche und das ein oder andere Bier. Dieses Fest kann scheinbar alles.

Wo fängt man denn da jetzt am besten an? Bei den vielen Konzerten? Der Kleinkunst? Oder der guten Verköstigung? Das Duckstein ist ein erlesenes Bier, also ist das passende Festival dazu genauso erlesen – und abwechslungsreich. Am Magdeburger Hafen in der HafenCity gibt es seit Freitag die 18. Ausgabe des Duckstein Festivals. Ein Musikzelt, zwei Schauplätze für Straßentheater und viele Stände mit Kunst und Design oder feinster Küche lassen wenig Wünsche offen. Auch am Montag gibt’s das volle Programm: Der gebürtige Amerikaner Big Daddy Wilson gibt am Abend ein Unplugged-Blues-Konzert mit Einflüssen von Soul und Gospel. Draußen zeigt die Akrobatin Mistral eine Show am Chinese Pole und der Neuseeländer Fraser Hooper gibt uns den Clown. In den Elbarkaden kann man wiederum Sandmalerei zum Anfassen erleben. Viel los also – und das noch bis zum 2. August. Eine Verschnaufpause ist natürlich auch drin. Der Veranstalter empfiehlt dafür wahrscheinlich ein kühles Bier.

 

Höchste Zeit

Nach dem Klimakterium ist vor der Hochzeit: Das St. Pauli Theater bringt die ersehnte die Fortsetzung der Wechseljahre-Revue „Heiße Zeiten“ auf die Bühne.

Am Terminal eines Flughafens wurden sie Freundinnen: Die rigorose Businessfrau, die Schnöselige aus den Elbvororten, die patente Hausfrau und die Jüngere mit dem unerfüllten Kinderwunsch. Gemeinsam hatten sie Heiße Zeiten – am Gate und im eigenen Körper, denn hinter dem Titel steckt die erste Wechseljahre-Revue der Theatergeschichte. Und weil die derart erfolgreich war, wollen alle wissen, wie es weitergeht mit den fantastisch-unterschiedlichen vieren. Also schrieb das Autorenteam, bestehend aus Tilmann von Blomberg, Carsten Gerlitz und Katja Wolff, für das St. Pauli Theater eine Fortsetzung: Fünf Jahre später steht eine Hochzeit an, und so wird es für das Damen-Quartett Höchste Zeit, sich erneut zu treffen. Zwischen Panikattacken, Champagner und Freudentränen finden sie genügend Zeit, sich die falschen Fragen zum perfekten Partner und einer guten Ehe zu stellen. Das Dreamteam aus Regisseurin Gerburg Jahnke und musikalischem Leiter Jan Christof Scheibe schreibt die Mädel-Saga fort, nach bewährtem Muster: mit witzig umgetexteten Hits aus Rock- und Popmusik.

Text: Dagmar Ellen Fischer

 

Joan Baez

Ein Stück lebendige Musikgeschichte: „Die Stimme und das Gewissen der 60er“ gibt auf der Freilichtbühne im Stadtpark ihr einziges Konzert in Norddeutschland.

Sie war und ist die Meisterin der Zweitverwertung: Mit ihren Interpretationen von Bob-Dylan- und Pete-Seeger-Songs ist Joan Baez einst bekannt geworden. Doch im Laufe der Jahre ist ihr das Kunststück geglückt, sich von der bloßen Interpretin zur eigenen Marke zu entwickeln. Ausschlaggebend dafür war nicht nur ihr exzellentes Gitarrenspiel, sondern vor allem ihre außergewöhnliche Sopranstimme, die die Folk-Sängerin schon in jungen Jahren lautstark für die Rechte der Schwachen und Unterprivilegierten erhob. Als das „Gewissen und die Stimme der 60er“ ging sie damit in die Musikgeschichte ein. Dass diese Geschichte für die 74-Jährige noch längst nicht beendet ist, beweist sie auf der Freilichtbühne im Stadtpark.

Text: Katzharina Grabowski

 

Skampida

Durchgeknallte Kolumbianer: Die Ska-Rock-Formation aus Bogotá lässt im Backpackers St. Pauli ihre musikalischen Bastarde von der Leine.

Merenge Core. Ragga Punk. Psyco Roots. Polka Billy. Klezmer House. Das sind nur einige der musikalischen Bastarde, die die fünf durchgeknallten Kolumbianer seit ihrer Gründung im Jahre 1998 in die Welt gesetzt haben. Tatsächlich dreht sich das Skampida-Universum größtenteils um eine große Ska-Sonne, umschwirrt von Satelliten mit modernen Urban Sounds, Hip-Hop oder Latino-Styles wie Cumbia und Champeta. In Südamerika bringen sie bereits Licht in die abgelegensten Winkel des Landes, strahlen inzwischen auch in die Nachbarländer aus. Jetzt kommen David „Dub ID“ Mujica und seine Spießgesellen Tobón, Pedro, Joaquín, Carela und Juanse nach Hamburg und zeigen im Hostel Backpacker St. Pauli, dass sie auch unplugged kein bisschen weniger Energie freisetzen als üblich.

Text: Nik Antoniadis

 

„Ich bin ich“

Extrem mädchenhaftes Verhalten: Michaela Lübbenjans liest im Pride House aus ihrer genauso erschütternden wie ermutigenden Autobiografie.

Eine „ganz natürliche Frau mit Sti(e)l“. So sieht sich Michaela Lübbenjans heute. Der Weg dahin, vom kleinen Jungen zur erwachsenen Frau, war aber alles andere als einfach. Aufgewachsen bei einer Pflegefamilie, machte Michael als 11-Jähriger zum ersten Mal Bekanntschaft mit der Psychiatrie, um sein „extrem mädchenhaftes Verhalten“ (wie etwa seine Liebe zum Ballett) zu bekämpfen. Er wechselte noch zweimal die Familie, kam mit 16 ins Heim, führte seine erste schwule Beziehung und stellte schließlich fest, dass er eigentlich viel lieber Michaela wäre. Er hörte auf, am Ballett Männerrollen zu übernehmen, hörte ganz auf mit Ballett und wurde Michaela. Sie arbeitete fortan als Stripperin, spritzte sich Hormone und erhielt irgendwann die Diagnose: HIV positiv. Mehrere Krankheiten, eine Nervenschädigung der Beine und vier Jahre Rollstuhl später kann sie heute wieder laufen, lebt in Hamburg und liest im Rahmen von Hamburg Pride aus ihrer Autobiografie Ich bin Ich.

Wer es dann am Abend noch mal so richtig pride-mäßig krachen lassen will, kann das in der Danziger Straße tun. Ihr kennt ja die Geschichte; wenn ihr gefragt werdet, wie ihr eigentlich schwul geworden seid, sagt ihnen: „Erstmal entscheidet das Talent, dann gibt’s ein Vorstellungsgespräch. Und beim Badehosen-Contest werden dann die meisten ausgesiebt.“ Dieser letzte Teil der Prüfung wartet in der Contact Men’s Bar. Dresscode: Underwear. Motto: Intimrasur. Zielgruppe: Mann, proud, 18+. Yeehaw!

Text: Nik Antoniadis

 

Veganer Stammtisch

Menschliche Abgründe mit Smørrebrød, Semla und Dammsugare: Im Krimi-Café Jussi gibt’s vegane Leckereien und echte skandinavische Verbrechen.

Jussi ist Finnisch und heißt Johannes. Aber auch der Däne Adler-Olsen trägt diesen Namen, dessen Krimis rund um den menschenfeindlichen Ermittler Carl Mørck internationale Bestseller sind. Jussi heißt auch der Hund des schwedischen Kommissars Wallander. Und Jussi heißt das Café von Bianca Jarske im Lehmweg, die sich damit einen Lebenstraum erfüllt. Dort verbindet sie unter einem Dach alles, was ihr wirklich am Herzen liegt: Krimis (vor allem Abgründiges aus Skandinavien), Kuchen backen, Kaffee trinken, Smørrebrød belegen – und das Ganze mit anderen teilen. In Kombination ist das eine Buchhandlung samt Café mit skandinavischer (und veganer) Küche, Kinderecke und zahlreichen Veranstaltungen, darunter der sonntägliche Tatørt mit Butterbrøt oder auch der regelmäßige Vegane Stammtisch. Dort sind Vollzeit-Veganer genauso herzlich willkommen wie solche, die sich nur für veganes Essen interessieren oder einfach Lust auf ein leckeres skandinavisches Abendbrot haben.

Text: Nik Antoniadis

 

Featherweights + Volcano Victims

Wenn eine Location nischige und schöne Konzerte kann, dann die Hasenschaukel. Dieses Mal im Angebot: Indie aus Schweden und Island.

Die einen singen über Speiseeis, die anderen sind dem Namen nach mindestens von einem Geysir übermannt worden. Die Rede ist von Featherweights aus Schweden und Volcano Victims aus Island (Foto). Zusammen geben die Bands ein Konzert in der Hasenschaukel – und dass das gleich doppelt großartig wird, liegt nicht etwa ob der Kuriositäten, sondern ihrer Musik auf der Hand. Featherweights bestehen aus Linus Kallin, Linnea Mårtensson, zwei Gitarren, einem Klavier und einem Saxophon. Damit machen die beiden vor allem liebevolle Songs über die kleinen Dinge des Lebens. Gaui, Hanna und Sophie – Wahlberliner aus Island, Österreich und Deutschland – spielen hingegen als Volcano Victims melancholischeren Indie. Das muss an Gauis bisherigem Dasein im dunklen Island liegen und an seiner schon erwähnten unglücklichen Begegnung mit einer vulkanischen Quelle. Schön klingt es allemal – und wer nach zwei Bands dann noch nicht genug hat, der bleibt noch fürs Hasenrodeo. Hui!

Text: Andra Wöllert

 

Poets On The Beach

Wenn sich das Angenehme mit dem Angenehmen verbinden lässt: Beim sonntäglichen Ausflug an den Elbstrand gibt es Poesie for free.

Sex on the Beach haben viele – wenn auch meist in Form eines alkoholhaltigen Mixgetränks, Poesie am Strand gibt es seltener. Die Rede ist hier nämlich auch nicht von der großen Ferienliebe, die einem mit Meeresrauschen im Hintergrund schmalzige Gitarrensongs am Lagerfeuer singt. Hier geht es um knallharte Gedichte und Geschichten, die in schönster Kulisse am stadteigenen Elbstrand vorgetragen werden. An diesem Sonntag an der Strandperle lesen Andreas Greve, Monika Mertens, Johanna Wack und ein Überraschungsgast. Veranstaltet wird die Lesung übrigens vom Writer’s Room, einem Ort zum Schreiben und Austauschen für Autoren. Und knallhart ist sie eigentlich nur, weil sie auch bei Regen stattfinden wird. Wozu wurden schließlich Regenschirme erfunden?

Text: Andra Wöllert

 

Kegeln im John Lemon

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es am Sonntag regnet: Die Freizeitsportart Kegeln erlebt ein Revival – und das aus gutem Grund.

Der Hamburger Sommer ist nicht grade dafür bekannt, dass man ihm stets im luftigen Kleidchen oder Muskelshirt – oder was auch immer Menschen bei hohen Temperaturen anziehen – begegnen kann. Manchmal lädt er dank Regen geradezu zum Drinnenbleiben ein. Wie wäre es dann aber damit, nicht in der eigenen unaufgeräumten Wohnung zu verweilen, sondern sich trotzdem sportlich zu betätigen? Im John Lemon zum Beispiel. Da kann unsereins nämlich nicht nur Bier oder Käffchen trinken, sondern vor allem Kegeln bzw. Kegeln lernen. Fangen wir doch damit an, dass Kegeln nicht das mit den Löchern in der Kugel ist. Das ist Bowling. Aber auch bei diesem Freizeitsport muss die Kugel präzise über eine Bahn geschwungen werden, um am anderen Ende neun Kegel umzuwerfen. Die Profis kegeln auch wahlweise einen „Tannenbaum“ um oder niedrige Hausnummern. Wer einmal den Dreh raus hat, wird kreativ und vielleicht sogar süchtig. Die Chancen stehen jedenfalls gut, dass das nicht der letzte Besuch und das letzte Spiel im John Lemon waren.

Text: Andra Wöllert

 

Imkertag

Sich ein Bienenvolk auf dem Balkon zu halten, ist klüger als es klingt. Warum, erklärt dieser Text und der Imkertag im Museum Kiekeberg.

Bello oder Muschi würden zu viele Haare in der Wohnung verteilen und wenn möglich, sollte man jeden Tag vom Aussterben bedrohten Tierarten helfen? Es gibt da etwas, das das Herz des einen oder anderen Großstädters mit gleichem oder ähnlichem Gedankengut höher hüpfen lässt: „Urban beekeeping“ auf der wohnungseigenen Dachterrasse. Die bedrohten Bienen finden die Stadt nämlich gar nicht so lebensfeindlich, wie der Mensch erst mal glaubt. Angeblich ernten Stadtimker sogar deutlich mehr Honig als Landimker. Parks, Wiesen und Gärten sei Dank. Was man beim Imkern beachten muss, sollte dennoch gelernt sein – und hier kommt eine wunderbare Gelegenheit dazu: Im Freilichtmuseum Kiekeberg ist am Sonntag Imkertag. Wie entsteht der Honig in den Bienenstöcken, wie kommt er dort heraus und welche Geräte benötigt der Imker, um den Honig weiter zu verarbeiten? All diese Fragen beantworten die Museumsimker und andere Experten in Vorträgen, Mitmach-Aktionen und Vorführungen, die für Jung und Alt geeignet sind. Wer dann nicht für das neue, alte Hobby gewappnet ist… Also: Ran an das flüssige Gold – nach dem Imkertag.

Text: Andra Wöllert