No Dinner for Sinners, die zweite Premiere dieser Saison am kleinen, aber feinen English Theatre, ist eine temporeiche Komödie mit Seitenhieb auf das puritanische Amerika. Jim braucht eine Ehefrau. Denn um befördert zu werden, erwartet sein Chef, der sich plus Angetraute zum Dinner angekündigt hat, einwandfreie Verhältnisse. Dazu gehört für den übermoralischen Boss auch eine funktionierende Ehe. Doch woher nehmen? All seine Verflossenen weigern sich, ebenso seine Mitbewohnerin Helen, die besonders überrumpelt von der Bitte ist, ist sie doch seit Jahren in Jim verliebt und wünscht sich nichts sehnlicher. Am Ende willigt nur die Putzfrau Edna ein. Eine Farce, die im Chaos enden muss und – so viel sei schon vorweggenommen – mit mehr als einer angeblichen Ehefrau.
Dass ein kleiner Haufen Punker aus der Meck-Pomm’schen Provinz – vom Verfassungsschutz nach wie vor als potenziell gefährlich eingestuft – zu einer der absoluten Konsensbands der letzten Jahre werden konnte, war nicht unbedingt abzusehen. Doch bei Feine Sahne Fischfilet trifft Haltung auf charmanten Küstenslang und schmissiger Punkrock auf bierselige Jugendzentrumsromantik. „Pöbeln, provozieren, bewegen und Lachmuskeltraining“ sind ihre selbst deklarierten Interessen. Dafür steht allein der Frontmann, der an einem Tag Pizza von seinem Bauch essen lässt und am nächsten Tag Hilfsgüter nach Kobane fliegt. Und plötzlich wird klar, warum ein Hamburg-Konzert pro Tour bei weitem nicht mehr ausreicht. Im Uebel & Gefährlich spielen sie deshalb am Donnerstag und am Freitag.
Text: Benedikt Ernst
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Zum vierten Mal findet die Affordable Art Fair in Hamburg statt – mit 75 internationalen und nationalen Galerien, und erstmals gibt es nicht nur eine „Hamburg Section“ mit zehn lokalen Galerien, sondern auch die Emerging Artists Exhibition, die in diesem Jahr ausschließlich Absolventen der HFBK zeigt. Genauer gesagt handelt es sich um Jenny Schäfer, Robert Vellenkoop und Natalia Sidor, die noch keine Galerie haben, aber mit ihren Arbeiten auf der Messe eine unabhängige Plattform bekommen. Zudem gibt es ein umfassendes Rahmenprogramm. Am 20. November bietet die Galeristin Katharina Bitte einen Blick hinter die Kulissen des Kunstbetriebs an. Während der Late View am Eröffnungsabend gibt es Drinks und dazu legen DJs auf. Und wem das noch nicht reicht, der kann hinüberstolpern ins Volt. Da legen Katja Ruge (Lovegang/Kann denn Liebe Synthie sein), Nute und Levente vom Pal nebenan und Sunny Croque It & Micado Stubbs b2b (Neufundland) bei der Afterparty auf. Eintritt nur mit Bändchen und selbst dann limitiert.
Text: Sabine Danek
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Miguel de Cervantes war so viel mehr als nur der Autor seines berühmtesten Werkes Don Quijote. Bevor er mit dem Schreiben begann, studierte der Spanier Theologie, verdingte sich als Kammerdiener eines Kardinals, fuhr einige Jahre zur See und wurde als Sklave nach Nordafrika verschleppt. Zurück in der Heimat, musste er wegen Veruntreuung von Staatsgeldern ins Gefängnis – dort hatte er Zeit und begann seinen Roman über den Mann von La Mancha.
Sein Privatleben war ebenfalls abenteuerlich: Er heiratete eine Frau, die seine Tochter hätte sein können; tatsächlich Vater einer Tochter wurde er jedoch nach der Affäre mit einer Schauspielerin. Außerdem erlitt er als Soldat mehrere Schusswunden, als er sich an den christlichen Kreuzzügen beteiligte … Das überaus ereignisreiche Leben von Spaniens Nationaldichter bündelt Nachwuchsregisseur Johannes Ender unter dem Titel Cervantes in einer Bühnenfassung, und die lebt von einer ähnlich überbordenden Fantasie wie dessen Texte – Windmühlen und Riesen inklusive.
Die Ware Wohnraum wird in den Metropolen weltweit heiß gehandelt. Dabei ist der Konflikt zwischen Besitzrechten und Nutzungsrechten nicht neu und hat gerade in Hamburg mit dessen HausbesetzerInnen-Szene einen festen, nahezu institutionalisierten Platz. Derzeit häufen sich nicht nur hierzulande Projekte zu urbanem und sozialem Design quer durch alle Institutionen. Das Versprechen der europäischen Stadt, eine urbane Gemengelage zu ermöglichen, hat sich entleert. Umso mehr wird auf Initiativen geschaut, die nicht nur auf diese Idee rekurrieren, vielmehr sie auch ins 21. Jahrhundert „hinüberretten“. So beteiligen sich ehemalige AnwohnerInnen gemeinsam mit zukünftigen BewohnerInnen und kommerziellen NutzerInnen an Projekten für eine bewohnbare Stadt von morgen. Einmalig ist dabei auch, dass verschiedene soziale und gesellschaftliche Schichten hier miteinander im Gespräch sind. Doch die Europäische Stadt steht auch vor ganzen neuen Herausforderungen: Austerität, Flüchtlingskrise oder Smartifizierung, eine globalisierte Welt bricht in den urbanen Alltag vor Ort und strukturiert auch die Frage des Wohnens neu: mit offenem Ausgang. Das Stadtgespräch bei der Stadtkuratorin soll Augen öffnen und in die Zukunft blicken.
„Fuck you Mr. TSA man! Fuck your precious George Bush! And Fuck your narrow mind!“ Diese Worte richtete Richard Colson Baker online an die Sicherheitsbeamten vom Flughafen Fort Worth, Texas, die ihn wegen eines Schriftzugs auf seinem Gitarrenkoffer aus dem Flieger eskortiert hatten. Als er erklärte, das sei Kunst, hielten sie ihm entgegen: Das ist keine Kunst. Colson, besser bekannt als Machine Gun Kelly oder einfach nur MGK, pflegt sein Bad Boy-Image und stylt sich gerne als Street Punk. Aber wo er Recht hat, hat er Recht. Keine Kunst? Das schreit nach Shitstorm! MGK setzt sich in seinen Raps mit allem Möglichen auseinander, von seiner Tochter, die ihren Vater vermisst, bis zu seinem eigenen Vater, den er selbst nicht vermisst. Das Gespräch mit den texanischen Sicherheitsbeamten darüber, was Kunst ist und was nicht, wird sicherlich auch Eingang in seine Raps finden, wenn auch nicht auf seiner neuen Scheibe, General Admission – die ist seit Oktober auf dem Markt. Aber vielleicht erzählt er davon im Uebel & Gefährlich.
Text: Nik Antoniadis
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„Von Anfang an wusste ich, dass ich ein Kunst-N*gga bin, vor der Rap Scheiße, also die Herkunft des Ganzen hier. Ich bin ein Streber. Ich bin ein Schöpfer. Ich mag Scheiße, die anders aussieht. Ich bin aufgewachsen mit Neunziger Cartoons wie ‚Rockos modernes Leben‘, die ganze Scheiße. Die Menschen, die diese artsy Cartoons gemacht haben waren zu der Zeit alle auf Acid.“
Vielleicht erklärt das Statement aus dem Interview mit Complex den selbsternannten Weirdo-Sound von Father. Mitte Zwanzig ist der Rapper erst und hat mit einem Kreativprojekt schon einen ganzen Stadtteil in Atlanta umgekrempelt. Vor vier Jahren gründete er mit seinen Wegbegleitern die Awful Media Group, veranstaltete Kunst- und Kulturevents und gab Edgewood ein neues Gesicht. Mission erfüllt, Father (vorher Father’s Liquor Cabinet) hat sich dann auf seine Musik konzentriert – von Lyrics über Produktion bis Grafik alles in Eigenregie. Fünf Projekte sind dabei schon entstanden, darunter letzten Sommer das viel beachtete Look At Wrist feat. IloveMakonnen und Key!.
Jetzt kommt der Junge zum ersten Mal nach Deutschland. Es wird weird und gut. Am Dienstag. Im Kleiner Donner.
Text: Andra Wöllert
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Eine Mischung aus Ed Sheeran und Pharrell Williams. Eine Mischung aus James Blake und Jeff Buckley. Ein Elektro-Troubadour. Es fehlt nicht an Versuchen, den jungen Newcomer Jack Garratt irgendwie musikalisch zu fassen zu bekommen. Beim SXSW Festival in Austin, Texas hat sich das Publikum sofort in ihn verliebt und erst vor wenigen Tagen wurde er für die BBC Music Awards zum Introducing Artist of the Year gekürt, nachdem seine Single Weathered auf BBC 1 mal eben als „heißeste Aufnahme der Welt“ gelobt wurde.
Da schließt sich gewissermaßen ein Kreis, denn auf der Webseite von BBC Introducing hatte der damals 17-jährige Garratt 2009 seinen ersten Song hochgeladen. Dabei blieb es nicht, und nach den beiden EPs Remnant (2014) und Synesthesiac (2015) ist nun auch sein erster Longplayer Phase auf dem Weg und soll im Februar des kommenden Jahres in den Regalen stehen. Das Album wurde von Garratt geschrieben, von Garratt aufgenommen, von Garratt eingespielt und zum überwiegenden Teil auch von Garratt produziert. Als kleinen Vorgeschmack auf dieses neue Oeuvre schaut er nun im Mojo vorbei.
Text: Nik Antoniadis
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„Das Leben ist nicht immer nur Pommes und Disco. Das sage ich Dir. Manchmal ist das Leben einfach nur eine Flasche Bier.“ Christian Steiffen, Schlagerberühmtheit aus der friedlichen Stadt Osnabrück, erklärt seinen Fans gerne die Welt. In der Selbstbeschreibung des mitteljungen Musikers heißt es: „Geboren und aufgewachsen im Schatten des Stahlwerkes in Georgsmarienhütte verbrachte er seine früheste Kindheit im Partykeller seiner Eltern und so entdeckte das Arbeiterkind mit österreich-ungarischen Wurzeln schon früh seine Liebe zur Musik.“ Das lebt er schmachtend, schwitzend und mit schlüpferstürmender Stimme auf den Bühnen der Republik aus. Egal ob Tanzsaal, Club oder Altersheim, Christian Steiffen fliegen die Herzen zu. Das mag an den langen Haaren liegen, die gesund und braun im Takt wallen und später neckisch an seiner Stirn kleben. Und an den männlichen Koteletten, die vielleicht noch von der letzten Kunstfigur stammen, die Hardy Schwetter verkörperte. Als Reverend Hardy Hardon stiftete er während des Osnabrücker Katholikentages reichlich Unruhe mit seiner eigens gegründeten Church Of Elvis. Außerdem kandidierte er bereits für das Amt des Oberbürgermeisters. Und er lädt regelmäßig zum Disko Bingo in eine Osnabrücker Eckkneipe. Im Oktober erschien sein zweites Album Ferien vom Rock’n’Roll, das er nun auch im Gruenspan vorstellt.
Text: Lena Frommeyer
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Sympathisch, sympathischer, Rudimental: Es gibt wenige Bands, die live so mitreißen wie die Truppe aus Hackney in London. In dem sozial schwachen Stadtteil wuchsen die vier Mitglieder Amir, Kesi, Piers und DJ Locksmith zusammen auf und erobern seit 2010 die Herzen der Briten. Um ihre Musik zu beschreiben, kann man Genres mal so gleich vergessen. Die Freunde lassen sich von allem inspirieren, was nicht niet- und nagelfest ist: Dubstep, Hip Hop, Pop, House und Co. – und dieser Mix verschmilzt am Ende zum typischen Rudimental-Sound.
Okay, genrefreie Musik machen so einige, die Band macht etwas anderes aber noch viel besonderer: Der Interpret des Gesangsparts wechselt von Produktion zu Produktion. Mal arbeiten sie zusammen wie mit Emelie Sandé bei Free oder legen John Newman die fertigen Lyrics zu Feel the Love einfach vor und machen den Sänger aus der Bar in ihrer Nachbarschaft nebenbei selbst zum Star im Heimatland. Auf Tour wiederum werden sie von selten wechselnden unglaublich talentierten Live-Stimmen plus genauso fähiger Begleitband unterstützt und verbreiten im ganzen Konzertsaal ihre Liebe zur Musik.
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