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Pink Saris

Tradition, Religion, Elend, Kritik und Protest: Das Metropolis Kino zeigt vom 9. bis zum 14. Oktober neue Filme aus Indien.

Einen kritischen Blick auf die indische Gegenwart werfen Filme, die häufig als internationale Co-Produktionen entstanden, weil ihre Regisseure im Ausland leben. So schildert der aus Kanada kommende Richie Mehta in seinem Roadmovie Siddharth (9./10.10.) die großstädtische Realität aus der Sicht eines Vaters, der auf der Suche nach seinem irgendwo zwischen Delhi und Mumbai verschollenen Sohn in Kontakt mit Kinderhändlern gerät. Die scharfen Gegensätze weiblicher Lebenswelten nehmen zwei Dokumentarfilme ins Visier: Gulabi Gang (13./14.10.) porträtiert die feministische Eingreiftruppe, die mit ihrer Pink Sari Revolution (Foto) dem indischen Machismo tatkräftig Paroli bietet, während The World Before Her (14.10.) die Wahlen zur Miss India und den Protest einer fundamentalistisch-hinduistischen Bewegung gegen jede Art der „Verwestlichung“ verfolgt. Cineastisches Highlight aber ist zweifellos das musikbegleitete Stummfilmmärchen Die Abenteuer des Prinzen Achmed.

 

James Brown

Geschichte, wie der Pop sie schreibt: Das bewegende Leben des „Godfathers of Soul“ erzählt dieser Film nach – mit all seinem Glamour und seiner Gewalt.

Get on Up ist kein handelsübliches Biopic, kein moralisches Märchen von Aufstieg und Fall des James Brown. Get on Up ist pure Verherrlichung mit den Mitteln des Pop. Die Schattenseiten dieses Lebens werden darüber freilich nicht ausgeblendet: nicht die Herkunft Browns aus den tristesten Verhältnissen im amerikanischen Süden, nicht die Drogen- und Waffendelikte mitsamt Gefängnisstrafen. Doch „the hardest working man in show business“ mag seine Musiker nur schleppend oder auch gar nicht bezahlen, seine Ehefrau verprügeln oder seine Angestellten zusammenstauchen, stets steht Mr. Brown blendend da: schon als Kind im Boxring oder Bordell; als Sänger im Gospel-Chor wie auch als Little-Richard-Adept; auf der Bühne des Apollo-Theaters in Harlem genauso wie im Oval Office des US-Präsidenten. Vor allem aber natürlich am Mikrofon: Dort entfacht der Hauptdarsteller Chadwick Boseman als James Browns getreulicher Impersonator singend und tanzend ein Feuerwerk, das die in die Kulissen verbannten Rolling Stones wie biedere Chorknaben aussehen lässt.

 

„Die kosmische Oktave“

Wer passt zu wem und aus welchen Gründen? Goethes „Wahlverwandtschaften“ in einer Inszenierung des Berliner Regisseurs Ulrich Rasche.

Ob das wohl immer noch so ist, dass Schüler bei der Lektüre des Werther vor Rührung heulen, während sie bei den Wahlverwandtschaften angestrengt ächzen? Statt des großen Gefühls, das alles andere mitreißt, nähert sich Goethe in letzterem Buch sehr planvoll den Fragen um Liebe und Beziehung. Was passt zusammen und was nicht? Und was ist, wenn sich aus alten Konstellationen neue bilden? Auf einer anderen Ebene thematisiert das auch ein Deutschland im Wandel. Die Dekonstruktion von Altem und das zeitgleiche Entstehen von Neuem interessiert den Berliner Regisseur Ulrich Rasche an dem Stück. Sein Theaterprojekt Die kosmische Oktave, das laut Kritikerstimmen „aufwühlend und betörend“ sein soll, basiert auf Goethes großem Bildungsroman, ist aber doch völlig anders: mit einem ganz neuen Text von Nis-Mommen Stockmann und viel Musik des amerikanischen Komponisten Ari Benjamin Meyers, unter anderem bekannt durch die Einstürzenden Neubauten. Das Stück wird im Rahmen des Vernetzt# Zukunftcamp aufgeführt.

Text: Katharina Manzke

 

Vernetzt Zukunftscamp

Mit Vorträgen, Filmen, Diskussionen, Tanz und Theater widmet sich die Veranstaltung den wichtigen Fragen unserer Zeit. Gäste: Katja Kullmann, Kurt Biedenkopf u.a.

„Welche großen Umbrüche und Herausforderungen liegen vor uns – und (wie) können wir sie bestehen?“ So lautet die zentrale Frage des dreitägigen Camps auf Kampnagel, mitorganisiert von der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Insgesamt 25 Veranstaltungen, Vorträge, Diskussionsrunden, Filme, Tanz, Theater, Kunstinstallationen und Workshops thematisieren das Motto All is lost // Nichts ist schon zu spät; als Gäste werden unter anderen der englische Professor und Experte für wissenschaftliches Rechnen Stephen Emmott, der isländische Schriftsteller Andri Snær Magnason, die Autorin und Journalistin Katja Kullmann (Rasende Ruinen. Wie Detroit sich neu erfindet, Suhrkamp 2012) sowie der Jurist und ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) erwartet. Vernetzt# Das Zukunftscamp 2014 geht noch bis zum 11. Oktober. Infos und Anmeldung unter www.vernetzterleben.de.

 

FM Belfast

Nur kauzig von außen, ansonsten nett und harmlos: Die isländische Band präsentiert ihr neues Album live im Uebel & Gefährlich.

FM Belfast stammen aus dem isländischen Reykjavík und spielen netten, harmlosen Synthie- und Sequenzer-gestützten Elektro-Pop mit Achtziger-Einschlag, also einer dieser Musikstile für zu spät Geborene. Die Besetzung der Gruppe schwankt zwischen drei und acht Mitgliedern, inklusive Überschneidungen zu der zurzeit zweitbekanntesten Band Islands, Múm. Anders als bei diesen oder bei Islands Nummer 1, Sigur Rós, schlägt die Insulaner-Kauzigkeit bei FM Belfast eher optisch als musikalisch durch. Ob Fliege, Hosenträger, komische Frisuren und bunte Klamotten plus Standard-House-Beats mit gefälligen Refrains und wackeligen Falsettstimmen einen tollen Abend ergeben können, wird sich zeigen, wenn Árni Rúnar Hlöðversson, Lóa Hlín Hjálmtýsdóttir mit ihrer Gang das Uebel & Gefährlich entern, um ihr aktuelles Album Brighter Days live vor zu stellen.

 

Eat & Style

150 Aussteller, 50 Profiköche und jede Menge Leckereien zum Naschen und Probieren – hier wird Ernährung zum Lifestyle.

Die Art der Ernährung ist zum Statement des persönlichen Lifestyles geworden. Hip ist plötzlich, wer seine Marmelade selbst einkocht und sich an der heimischen Espresso-Maschine wie ein Profi-Barista verhält. Dass es noch mehr Philosophien und Trends in Sachen Ernährung gibt, zeigt die Messe Eat & Style: Rund 150 Aussteller, nationale und regionale Produzenten sowie 50 Profiköche verwandeln die 6000 Quadratmeter des Schuppen 52 im Hamburger Hafen in ein Food-Festival. Bekannte Stars und junge Gesichter der deutschen Kochszene stellen sich dort vor: So zeigt beispielsweise Nicole Just, Beststellerautorin und Verfechterin des veganen Lebensstils, wie man ohne tierische Zutaten Cupcakes backt; in der Männerecke gibt Fleischprofi Lucki Maurer Tipps rund ums perfekte Steak; die Sommelière Romana Echensperger präsentiert heimische Weine und gibt ihr Wissen in täglichen Seminaren an die Besucher weiter. Probieren und Naschen stehen im Mittelpunkt der Messe. Besonders interessant dürfte da der Bereich TrendKitchen sein: Dort bieten lokale Köche wie Thomas Sampl vom Restaurant Vlet und Fabian Ehrich, Chefkoch des Fuh, ihre besten Gerichte in Vorspeisengröße zum Verkosten an. Die Messe findet vom 3. bis 5. Oktober statt.

Text: Julia Braune

 

Pfeffersäcke & Verfolger

Unlineares Dokutheater von Intendantin Karin Beier: „Pfeffersäcke im Zuckerland & Strahlende Verfolger“, am 2. und 7. Oktober im Schauspielhaus.

Nachts im Museum werden die Exponate lebendig. In Karin Beiers „Menschenausstellung“ klopfen die Schauspieler in ihren Glaskästen an die Scheibe: Setzen Sie den Kopfhörer auf, hören Sie mir zu! Das Theaterstück ist begehbar: Man bahnt sich im Malersaal seinen eigenen Weg durch die Vitrinen, präsentiert wird der Deutsche im Ausland. In selbstherrlich-laienanthropologischen Weltbetrachtungen deutscher Auswanderer in Brasilien wird ein Kultur-Clash geschildert, bei dem nur einer richtig Fahrt drauf hatte. Beim Surfen durch die Kanäle entwickelt sich ein mehrstimmiges Bild im Plauderton, dabei sind alle Geschichten echt: Pfeffersäcke im Zuckerland ist aufregend unlineares Dokutheater, jeder Zuschauer remixt sich die Aufführung selbst. Dann schließt die Ausstellung, die Museumswärter kommen zu Wort: Als slapstickhafte Wutrede wird der Elfriede-Jelinek-Text Strahlende Verfolger aufgeführt, der in einem gallespuckenden Bewusstseinsstrom die deutsche Hassliebe zum Fremden auseinandernimmt. Zur Asymmetrie von Ein- und Auswanderung hat Beier eine emotionale und engagierende Darstellungsform gefunden: faszinierend.

Update: Leider sind mittlerweile die Tickets für die Vorstellungen im Oktober vergriffen.

Text: Michael Weiland

 

First Aid Kit

Das schwedische Schwesternpaar Klara und Johanna Söderberg trägt den prägnant puristischen Folk ihres Albums „Stay Gold“ im Mojo Club vor.

Eine Hand wäscht ja bekanntlich die andere: Auf First Aid Kits zweitem Album The Lion‘s Roar sang Indiefolk-Ikone Conor Oberst (ehemals Kopf von Bright Eyes, Park Ave., Commander Venus und Desaparecidos) mit, für seine aktuelle Platte Upside Down Mountain verpflichtete der 35-Jährige wiederum Klara und Johanna Söderberg als Background-Chor. Da hatte sich Oberst allerdings einen klaren Vorteil erschlichen: Die sich umeinander windenden Gesangsharmonien des schwedischen Schwesternpaares haben der quengeligen Stimme des US-Musikers eben einiges voraus – und sind auch auf dem neuen Folkpop-Prachtstück des Duos, Stay Gold, die Hauptattraktion. Zur Präsentation ihres mittlerweile dritten Albums gastieren First Aid Kit im Mojo Club. Wer den beiden dabei zuhören möchte, wie sie über Vergänglichkeit, das Touren, über Heimweh und verlorene Freunde singen, sollte sich noch schnell Karten besorgen. Es könnte voll werden…

 

Steve Jobs

Mike Daisy als Technik-Nerd, Enthüllungsjournalist und Apple-Gründer – ein Gastspiel des nö-Theater Köln.

Der Darsteller Mike Daisy ist so vielseitig wie das iPhone, das er so liebt. Innerhalb eines einzigen Theaterabends kann er sehr schnell in unterschiedlichste Rollen schlüpfen. Im Apple-Universum ist er zunächst nur ein schwärmender Nerd und Technikfan, dann mimt er plötzlich den Enthüllungsjournalisten, der von menschenunwürdigen Bedingungen in den chinesischen Foxconn-Werken berichtet (aus denen auch Apples iPhones stammen), und am Ende tritt er sogar als Apple-Gründer Steve Jobs höchstpersönlich auf. Das Stück Die Agonie und die Ekstase des Steve Jobs rund um das 1976 gegründete US-Unternehmen, das die Welt revolutionierte, ist eine Produktion des nö-Theater Köln. Die Premiere ist am 8. Oktober. Weitere Vorstellungen gibt es am 9. bis 11. Oktober, jeweils um 20 Uhr.

Text: Katharina Manzke

 

 

„Wissenschaft trifft Kunst“

Das Projekt bringt Kunststudenten und Klimaforscher zusammen. Die Ausstellung zeigt, welche Rolle die Kunst in der Klimaforschung spielt.

Die Hochschule für bildende Künste (HfbK) in Hamburg untersucht, was passiert, wenn Studierende der Hochschule auf die CliSAP treffen, die Integrated Climate System Analysis and Prediction, die interdisziplinäre Klimaforschung betreibt. Die dabei entstandenen Arbeiten zeigen, welche Rolle die Kunst in der Klimaforschung einnehmen (und inwiefern die Wissenschaft die Kunst beeinflussen) kann. Sie sind ab dem 8. Oktober (Eröffnung um 19 Uhr) in der Galerie der HfbK zu sehen. Am 16. Oktober findet im Hörsaal der Hochschule ein Symposium zum Thema Wissenschaft trifft Kunst statt, das sich mit Strömungen, wie der Poetisierung der Wissenschaft und mit Recherche-basierten Kunstprojekten beschäftigt. Die Beiträge stammen von Friedrich von Borries, Frauke Feser, Dirk C. Fleck, Dieter Mersch, Vera Tollmann, Simone Rödder, Hans von Storch u.a.