Was, wenn man ein Kind bekommt und weiterhin Lust auf Demos und Ausgehen hat? Oder anders herum – man plötzlich an seinem alten Szeneleben kein Interesse mehr zeigt? So richtig viele Ratgeber gibt es nicht, die das Thema Elternschaft in diesem gesellschaftlichen Rahmen beleuchten. Die Buchhandlungen sind voll von Tipps zur Kühlung von entzündeten Brustwarzen oder Anleitungen zum Breikochen. Aber wie verändert sich das popkulturelle Leben durch den Nachwuchs? Im Buch The Mamas & the Papas. Reproduktion, Pop und Widerspenstige Verhältnisse (Ventil Verlag) sind Gedanken und Erfahrungen von Eltern niedergeschrieben, bei denen sich beispielsweise (gefühlte) Szenezugehörigkeiten verschieben oder auflösen. Aber auch Beiträge zu Erziehung und Feminismus und eine Diskursanalyse des Stillens haben die Herausgeberinnen Annika Mecklenbrauck und Lukas Böckmann gesammelt. Beispielsweise führten sie ein Gespräch mit Almut Klotz und Frank Spilker zum Thema „Stillen in der Abstellkammer“. Gespannt sein darf man auch auf das alternative Model zur Gleichberechtigung „50/50: Mutter, Vater, beide gleich?“ von Susanne Bruha und Michael Bohmeyer. Lesung im Gängeviertel.
Lena schaut in den Spiegel und sieht eine fremde Frau. Sie kann sprechen, Fahrrad fahren, sie weiß, wie die Hauptstadt der Niederlande heißt, aber an sich selbst erinnert sie sich nicht. Durch eine Krankheit empfindet sich Lena wie eine Fremde. Selbst an Tore, an das Gefühl der Verliebtheit, erinnert sie sich nicht. Er ist der Mann, der ihr helfen will, sich wiederzufinden und dennoch liest Lena ihr eigenes Tagebuch wie das einer anderen. In Jan Schomburgs zweitem Film, Vergiss mein Ich, ist der Zuschauer wieder mit einem Identitätskonflikt konfrontiert – wie auch schon bei seinem Debüt Über uns das All, in dem eine Frau den Tod ihres Mannes hartnäckig ignoriert. Zur Premiere des Amnesie-Dramas sind sowohl Hauptdarstellerin Maria Schrader als auch Filmemacher Jan Schomburg im Abaton zu Gast.
TEXT: LENA FROMMEYER
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In der wunderschönen Werbewelt bringt Shampoo die Haare zum Wachsen, lässt Waschmittel rote Weinflecken verschwinden und transformiert Deo einen Nullachtfünfzehn-Mann zum Frauenmagneten. Das mobile Kino Flexibles Flimmern möchte in diese Welt der falschen Versprechen eintauchen und zeigt die provozierende Verfilmung des konsumkritischen Bestsellers 39,90 an dem einzigen Ort, der dafür infrage kommt – richtig, einer Werbeagentur. Die schwarze Komödie dreht sich um den erfolgreichen Kreativen Octave Parango, der als Genie gefeiert wird, die Models reihenweise flachlegt und schließlich sein Leben als Egomane satt hat. Er ist Alter Ego des französischen Schriftstellers Frédéric Beigbeder, Autor des gleichnamigen Buches, auf dem der Film basiert. Der ehemalige Werbetexter der renommierten Agentur Young & Rubicam wurde noch vor der Veröffentlichung von 39,90 gefeuert. Eine klug kalkulierte Vermarktungsstrategie des Buches? Vielleicht. Geflimmert wird am 28. und 29. April im schicken Foyer der Agentur RAPP Germany GmbH auf St. Pauli. Vor dem Film gibt es französische Speisen und Getränke.
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Kommt zusammen ist der Name eines beliebten Musik-Festivals, das seit nunmehr 10 Jahren in Rostock stattfindet. Da der gute Ruf des sympathischen Events bis nach Hamburg reicht, haben dessen Macher zusammen mit den Veranstaltern des Uebel & Gefährlich beschlossen, das Festival – wenn auch in kleinerer Ausführung – für ein paar Tage hierherzuholen, um gemeinsam in den Mai zu tanzen. Zur Einstimmung „liest und labert“, wie es in der offiziellen Ankündigung heißt, der Autor Tino Hanekamp (Foto) im Ballsaal des Uebel & Gefährlich „über Drogen, Sauflieder und die Sehnsucht nach Erlösung“ – sein Debütroman heißt So was von da (KiWi-Paperback). An den kommenden Festivaltagen steht dann der ganze Medienbunker Kopf und die Musik im Vordergrund. Als Live-Gast ist unter anderem das russische Skazka Orchestra angekündigt. Die Beschallung mit House und Techno übernehmen Douglas Greed, Deo & Z-Man, Patlac, Dapayk, Andreas Henneberg und andere.
Zur Einstimmung – Video der Schwestern-Veranstaltung in Rostock:
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Das Horrorszenario eines urbanen 24-Jährigen: Nach der Party ein Mädchen geschwängert, Reihenhaus im Vorort bezogen, irgendeinen Nine-to-Five-Bürojob angenommen. Diesem Normalitätsdruck ist der junge Vater (Sven Schelker) nicht gewachsen und rastet aus, schmeißt den PC aus dem Bürofenster, seinen Job hin und schaut tief ins Schnapsglas. Und da ist er, der Alkohol als Lösung oder zumindest Betäubungsmittel seiner Probleme und Auslöser eines wilden Wochenendes, bei dem er mit einer anderen Frau rummacht, sich prügelt und schließlich doch wieder am Bett seines Kindes steht. In der Inszenierung Rum & Wodka von Conor McPherson wägt ein Mitte-Zwanzigjähriger Verantwortung und Selbstverwirklichung ab und stellt sich Fragen mit denen sich viele Altersgenossen beschäftigen: Soll ich so leben, wie man es von mir erwartet oder mein eigenes Ding durchziehen? Und ist es schlimm, wenn Spießigkeit plötzlich doch glücklich macht?
La Pegatina ist eine Gruppe aus Spanien, die 2003 von den Musikern Rubén Sierra, Adrià Salas und Ovidi Díaz als Soundsystem ins Leben gerufen wurde. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, eine Plattenfirma für sich zu interessieren, veröffentlichte das Trio seine Tracks zunächst über das Internet. 2007 erweiterte sich das Pegatina Sound System um einen Bassisten, Schlagzeuger, Trompeter und Akkordeonspieler zu einer siebenköpfigen Live-Kapelle, die seitdem für seine furiosen Live-Auftritte bekannt ist. Als Band haben La Pegatina vier Alben heraus gebracht, das letzte ist seit 2013 auf dem Markt. Ihr ursprünglich auf Ska und Rumba fokussierter Sound enthält jetzt auch Elemente aus Disco, Merengue und Cumbia, sogar für eine getragene Ballade ist manchmal Platz. Alter Trick: Die nächste Tanznummer mit treibenden Off-Beats kommt danach umso besser…
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Schade: Für seinen neuen Film hat Tobe Hooper keinen Verleiher in Deutschland finden können, deswegen wanderte Djinn direkt in die DVD- und Video-On-Demand-Abteilungen, wo Neugierige jetzt den neuesten Streich des Regisseurs von Texas Chainsaw Massacre und Poltergeist begutachten können. Wie schön, dass das Metropolis-Kino keine Scheu vor sogenannten B-Movies hat und einen weiteren Grusel-Klassiker des texanischen Filmemachers auf großer Leinwand zeigt. Invasion vom Mars ist ein Remake des gleichnamigen Films aus den 1950er-Jahren. Die Handlung: Provinzjunge sieht Marsianer landen, seine Eltern werden von den Aliens infiziert, das Militär haut am Ende alles zu Brei, die nette Schulpsychologin wird gerettet, die blöde Lehrerin gefressen. Also: ein guter, sauberer Sonntag-Nachmittag-Spaß für die ganze Familie. Oder ist der Film etwa ab 16?
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Wenn Schönheit zur Obsession wird, lassen sich Menschen die Visage straffen und die Falten aus dem Hintern spritzen. Noch schlimmer: Sie suchen Ärzte auf, die ihrer Tochter zur Wertsteigerung die Nase brechen oder sie legen selbst Hand an und „pimpen“ Neunjährige mit Make-up und Wasserstoffperoxyd zu kleinen Beautyköniginnen. Im Selbstoptimierungswahn versuchen Männer und Frauen ihre körperlichen Makel – vorhanden oder eingebildet – zu beseitigen. Die Plastische Chirurgie boomt, besonders in den USA sind ästhetische Eingriffe keine Besonderheit mehr. Hier setzt die Bilderserie Love Me des englischen Fotografen Zed Nelson an, der in einem Zeitraum von fünf Jahren eindrucksvolle Porträts von Menschen in 17 Ländern aufgenommen hat, die zu den „guten“ Kunden der Beauty-Industrie gehören. Der Fotograf zeigt die Auswüchse der Eitelkeiten – ob nun selbst ausgewählt oder auferlegt – und untersucht die soziokulturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten, die dafür verantwortlich sind.
Thomas Kapielski denkt oft über das Leben und unsere Welt nach – in Worten und Bildern können wir an diesem eigenwilligen Prozess teilhaben. Der in Berlin lebende Schriftsteller, Künstler und Musiker ist zwar selbsternannter Reiseallergiker, kommt aber dennoch nach Hamburg, um mit einer Lesung am 28. April seine am Tage darauf eröffnende Ausstellung Noderne Gunst anzuteasern. Dabei wird Thomas Kapielski, der den Preis der Literaturhäuser und den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor erhielt, einige kurze Texte lesen, in denen er seine autobiografischen Erlebnisse festhält und die eine Mischung aus Aphorismen, Alltagsgeschichten, Philosophie, Kunsttheorie und Abseitigem bilden. Die Ausstellung im Polarraum zeigt einige seiner tiefsinnigen Arbeiten wie die karierte Pantoffel mit Vampirzähnen, seinen praktischen Kunstschonbezug, den Rockertuschkasten mit Kette und die Installation Die kürzeste Theke der Welt, inklusive Bierflasche und Lederaktentasche.
Bigbands sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Ist vielleicht auch ganz gut so, denn wer will heute noch den x-ten Aufwasch von klassischem Swing aus den 1930ern hören, wo doch die vielen tollen Originale auf Hunderten von Tonträgern perfekt konserviert wurden. Die fast 20-köpfige Gruppe von Samúel Jón Samúelsson ist da ganz anders gelagert. Mit dem Sound eines Duke Ellington oder Benny Goodman hat der Isländer nicht viel am Hut. Sein Stil orientiert sich eher an Fela Kuti und – vor allem – dessen weitaus weniger berühmten ethiopischen Kollegen Mulatu Astatke, der als Vater des sogenannten Ethio-Jazz gilt und durch Jim Jarmuschs Film Broken Flowers (2005) zuletzt immerhin einen weiteren Bekanntheitsschub erhielt. Es geht hier also weniger um Swing als um den perfekten Groove. Und deswegen ist Samúelssons Bigband im Mojo Club bestens aufgehoben.
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