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Daddys Erbe

Die schönsten Konzerte erlebt man oft auf kleinem Raum. Deshalb ist das Turnzimmer im Uebel & Gefährlich eine gute Adresse, um spannende Newcomer zu entdecken – so wie die 18-jährige Ami Warning, Tochter des Roots-Reggae-Sängers Wally Warning. Die Münchenerin brachte im März ihre erste Platte „Part Of Me“ heraus. Und auch ohne den Daddy-Bonus würde man auf diese Scheibe aufmerksam werden: Die soulige Stimme, die Rhythmen, die an die karibischen Wurzeln der Familie erinnert und die Singer-Songwriter-Elemente sind ein tollen Paket. Mit ihrer Gitarre stand sie oft in der Münchener Fußgängerzone und probierte sich aus. Nun schaut Ami Warning bei ihrer Tour auch im Hamburger Kulturbunker vorbei. Vielleicht steht dann Wally Warning am Bass neben ihr, wie bei dem TV-Auftritt für das Bayrische Fernsehen im März.

www.facebook.com/amiwarning

 

Roadtrip zum Sechzigsten

Hamburger Filmemacher und Filmemacherinnen, die das künstlerische Geschehen maßgeblich beeinflusst haben, stellen der Mitmach-Sender Tide und das Metropolis Kino in einer Veranstaltungsreihe bis Ende des Jahres vor. Im April liegt der Fokus auf Monika Treut und ihren Produktionen. Seit den achtziger Jahren befasst sie sich mit feministischen und queeren, inzwischen auch mit politischen und kulinarischen Themen und Menschen. Sie schuf preisgekrönte Werke wie Gendernauts (1999), Kriegerin des Lichts (2001) und Ghosted (2009), viele ihrer Filme wurden auf internationalen Filmfestivals gefeiert. Am 6. April wird sie 60 Jahre alt. An ihrem Geburtstag wird Treut im Metropolis sowohl auf der Leinwand als auch in Person erscheinen. Gezeigt wird das Werkinterview von Ann Kimminich sowie Treuts Dokumentarfilm von 2004 Axensprung: Ein Reisetagebuch. Anschließend gibt es ein Filmgespräch mit der Filmemacherin und der Autorin. Das halbstündige Werkinterview läuft zudem am Mittwoch den 9. April um 22.15 Uhr im Fernsehen auf TIDE.tv

 

Lagerfelds Frauen

Das Publikum der Hamburger Kunsthalle ist optisch oft ein eher leises, doch wenn dem großen zeitgenössischen Modeschöpfer Karl Lagerfeld eine Ausstellung gewidmet wird, pilgern auch die modischen Paradiesvögel der Stadt in die hier beheimatete Galerie der Gegenwart. In Feuerbachs Musen – Lagerfelds Models treffen die Arbeiten von Anselm Feuerbach auf Fotografien von Karl Lagerfeld, das ist gewagt und erfolgreich. Den von Lagerfeld nach der antiken Liebesgeschichte von Daphnis und Chloe inszenierten Supermodels wird beispielsweise Anselm Feuerbachs Muse Anna Risi gegenübergestellt, die den Laufstegschönheiten locker die Show stielt.

Studienkopf von Anselm Feuerbach

Die 60 schwarz-weiß Fotografien entstanden an einem einzigen Sonnentag in der Nähe von Saint-Tropez – Tiefe kann man so nicht erwarten. Der scheidende Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner warnt deshalb davor, Lagerfeld hier in den Kunstkontext zu heben. Substanziell ist indes die Verbindung des Modezaren zu Hamburg: Hier wurde er 1933 geboren, bevor er 1953 mit seiner Mutter nach Paris ging. Später kaufte er das berühmte Blankeneser Säulenhaus und erwirbt nach wie vor die Bücher für seine eindrucksvolle Bibliothek ausschließlich über die Buchhandlung Felix Jud am Neuen Wall. Treffpunkt für die öffentliche Führung am 6. April um 14 Uhr ist der Lichthof.

Ausstellung bis 15.6.
Di-So 10–18, Do 10–21 (vor Feiertagen 10–18 Uhr)

 

Distanzlose Zungen

Lorbeeren gibt es bereits reichlich: Mit Love Steaks gewann der junge Nachwuchsregisseur Jakob Lass mit seinem Team beim Filmfest in München 2013 in allen vier Kategorien den Förderpreis Deutsches Kino, das ist bisher einzigartig. 2014 kam dann noch der Max-Ophüls-Preis dazu. Mit Recht, denn Love Steaks rockt. Es geht um eine Liebesgeschichte zwischen Masseur Clemens (Franz Rogowski) und Koch-Azubi Lara (Lana Cooper). Das Besondere: Lass drehte den Film inmitten des laufenden Betriebs eines Kurhotels an der Ostsee und die beiden Hauptdarsteller sind die einzigen professionellen Schauspieler. Alle anderen spielen sich selbst. Damit nicht genug, statt eines ausgearbeiteten Drehbuchs wurden lediglich grobe Szenen vorgegeben und ein Konzept entwickelt, das in Anlehnung an die Dogma-Bewegung „Fogma“ genannt wurde und in dem unter anderem geregelte Arbeitszeiten festgehalten sind. Herausgekommen ist ein aufregender, klarer und distanzloser Film.

www.lovesteaks.de

 

Die Kulturfabrik

Früher wurden am Osterbekkanal Kräne hergestellt, heute ist Kampnagel eine Spielstätte. Der Komplex hat eine bewegte Geschichte und Frieder Bars, ehemaliger Technischer Leiter auf Kampnagel, ist regelmäßig bereit, sie in anekdotenreichen Führungen durch die Hallen zum Besten zu geben. Gegründet wurde die Fabrik 1865 unter dem Namen Nagel & Kaemp. 1889 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und diente, wie so viele zwischen 1939 und 1945, als Rüstungsfabrik. Mit der Schließung 1981 fiel das Gelände an die Stadt Hamburg, die dort ursprünglich Wohnhäuser errichten wollte. Weil das Deutsche Schauspielhaus aber wegen Umbaumaßnahmen ein Ausweichquartier benötigte, wurde der Abriss verschoben. Die Künstler blieben und es etablierte sich, auch nach der Rückkehr des Schauspielhauses in sein Stammhaus, wenige Jahre später die heute international bekannte Spielstätte Kampnagel. Soweit die historischen Eckdaten, lebendige Geschichte bietet am 6. April ab 11 Uhr Frieder Bars. Ein bisschen gefährlich ist die Führung allerdings schon: „Immer mal wieder geht jemand verloren, denn Kampnagel ist hinter den Kulissen verwinkelt und verwirrend zugleich“, so Bars.

 

Stadtteil-Soap

In Barmbek gibt es den Stadtpark, viel Backstein-Klinker und eine Stadtteil-Soap. Unter dem Motto Gutes Barmbek, Schlechtes Barmbek zeigt der SpVgg Fortuna Freisprung, die Improvisationstheatertruppe des Theaterdecks, auf der Bühne ein authentisches Stadtteilporträt.

Darum geht’s:

In der Bar M.Bek kommt die Nachbarschaft abends bei einem frisch gezapften Bier zusammen – die Hausfrau, nachdem sie ihre Einkäufe in der Küche verstaut hat, der Fahrkartenkontrolleur, der hier in seiner Pause eine Fischfrikadelle isst und eine Studentengruppe, die in der Kneipe am Bahnhof bei Korn und Apfelschorle ihren Umzug organisiert. In der Bar werden Beziehungen geschieden, Kinder geboren und Bier gezapft. Manchmal verirren sich sogar Menschen aus Blankenese oder Harburg in die Bar M.Bek, dann geht es wild zu.

Was genau auf der Bühne geschieht, entscheidet – wie beim Improvisationstheater üblich – das Publikum. Der Pilotfolge in der Zinnschmelze folgen weitere Vorstellungen am 14. und 28. April. Eintritt: ein freundliches Lächeln.

www.facebook.com/theaterdeck

 

Mord mit Smørrebrød

Henning Mankell, Jo Nesbø, Jussi Adler-Olsen, Leena Lehtolainen … Die Liste an bekannten Krimibuchautoren aus Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland ist lang. So lang, dass Bianca Jarske ihnen eine kleine Buchhandlung widmet. Im Krimi-Buch-Café Jussi findet man neben den großen Klassikern auch aktuelle Politthriller und experimentelle Spannungsszenarien sowie mordfreie Literatur für Kinder. Tagsüber serviert die Inhaberin Kaffee und selbst gebackenen skandinavischen Kuchen. Am Sonntagabend bleibt der Laden besonders lange geöffnet – dann schaltet Bianca Jarske pünktlich um 20.15 Uhr die zwei Fernseher ein, vor denen man es sich für Tatørt mit Butterbrøt gemütlich macht. Zur Anfangsmelodie der deutschen Kultkrimiserie steht ein skandinavisches Abendbrot mit frisch gebackenem Brot, Aufschnitt (Wurst, Käse und vegane Alternative), Gurke, Tomate und mehr für acht Euro pro Person bereit.

Di-Sa 10–19, So 10–22 Uhr
www.facebook.com/jussi.krimibuchcafe

 

Hanf fürs Volk

In einigen Staaten der USA ist Kiffen erlaubt, in Berlin plant man die Eröffnung eines Coffee-Shops und auch in Hamburg steht Cannabis im Mittelpunkt – allerdings als Nutzpflanze. Für sechs Tage öffnet die Hobbygarten-Firma Romberg ihren Pop-up-Store auf St. Pauli, jeder Tag hat ein anderes Thema. Nach dem Spicy-Friday folgt eben am 5.4. der Große Hanftag. Der Experte Stefan Noelker-Wunderwald zeigt unterschiedliche Produkte, die aus dem Rohstoff hergestellt werden: Duftkissen, Tee, karamellisierte Samen, Pferdefutter, Kosmetik, aber auch Filtertips aus 100 Prozent Cannabis, die mit dem Slogan „Was anderes kommt mir nicht in die Tüte“ werben. Seine Firma Hanf-Zeit hat sich auf die Produktion und den Handel mit THC-armen Hanfblütenprodukten spezialisiert. Gewächshäuser, Beleuchtung, Heizmatten – hier finden Stadtgärtner alles, was man für die Pflanzenzucht braucht. Mit Kiffen hat das allerdings nichts zu tun, wirklich nicht.

 

Treue DJs

Michi Beck ist ein Langzeitbeziehungstyp. Mit der HipHop-Formation Die Fantastischen Vier feiert er bald 25-jähriges Bandjubiläum und tourt durch die Republik. Die Schwaben brachten sich dieser Tage mit der Single 25 wieder ins Geschäft, nachdem 2010 das letzte Fanta4-Album Für Sie immer noch Fanta Sie erschien. Aber auch bei seinen musikalischen Nebenprojekten beweist der 46-Jährige Durchhaltevermögen: Dee Jot Hausmarke zieht mit DJ Thomilla als Duo Turntablerocker durch die Clublandschaft, und auch dieses Abenteuer hat mittlerweile 15 Jahre auf dem Buckel. Die beiden lernten sich in den Neunzigern in einem – wie kann es anders sein – Plattenladen kennen und sind seither musikalisch verbändelt. Die Turntablerockers stehen für einen zeitlosen Mix aus Soul, Funk, HipHop und Electro. Vor ihrem Gig spielt Patlac die Musikanlage warm.

Inspired By Inspiration Part 2 – All Time Dance Classics by turntablerocker

 

Techno mit Facepainting

Fremd, bizarr, eigenartig, ulkig – die Übersetzung des englischen Wortes weird lässt erahnen, dass die Festivalmacher mehr wollen, als nur viele Menschen zum Tanzen zu bringen. 23 Acts mit Tech-House-, Deep-House- und Techno-Kompetenz bespielen die vier Floors bei der sechsten Ausgabe von Weird im Docks, dem Ziegelsaal und der Prinzenbar. Neben der Musik steht die Performance im Vordergrund: Facepainting und 360-Grad-Videomapping sind beliebt in der Elektroszene. Tipp: Wer vor ein Uhr kommt und von der Dame am Einlass für besonders fremd, bizarr, eigenartig, ulkig gehalten wird, zahlt fünf Euro weniger Eintritt – für Tickets aus dem Vorverkauf, erhält man eine Erstattung. Die DJs und Technomucker, beispielsweise der Spanier Edu Imbernon („El baile alemán“), Jan Blomqvist (Foto) plus Live-Drummer, Patrick Chardonnet, David Keno und The Joy Boys treffen wohl auf ein wild zurechtgemachtes Publikum …

www.facebook.com/weird.hamburg