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Füchse im Busch

Seit anderthalb Jahren laden John Known und DJ Highterkite in die Fantasiewelt Fuchsbau. UK Bass und House – und „what the Fuchs“ aka Trap oder Future Bass schallen hier durch die Boxen. John erzählt, dass alles ganz easy laufen sollte: Im Keller des Good Old Days ohne hohe Ausgaben, ohne Eintritt. „Dann haben uns die Leute die Flyer aus der Hand gerissen.“ Mittlerweile bringen sie das Fuchsbau-Rudel-Feeling ins Volt, nehmen 7 Euro und haben ihr Stammpublikum. „Der Name Fuchsbau hat sich etabliert und die Leute können etwas damit anfangen.“ Auch im letzten Monat des Jahres kann man sie wieder erleben – diesmal Open Air im Central Park. Im Winter? Die spinnen, die Füchse! Aber das macht sie aus und die basswütigen Gäste kommen nicht wegen „DJ XY“. „Nein, die Leute kommen wegen der Musik. Das ist es, was sie brauchen.“

Text: Andra Wöllert

 

Ben Klock

Am letzten Wochenende vor Besinnlichkeit und Bescherung darf ruhig noch mal was gehen. Elastik? präsentiert zu diesem Zweck im Uebel & Gefährlich ein schnuckeliges Trio: DJ, Produzent und Label-Inhaber Ben Klock (Foto) beweist als Berghain-Resident der ersten Stunde mit marathontauglicher Kondition regelmäßig, dass er weiß, wie man Techno-Partys gescheit über zwölf Runden bringt. Seit der Eröffnung des Clubs im Jahre 2004 sind seine hypnotischen Sets prägend für dessen einzigartigen Sound. Kürzlich feierte der Berliner gar sein Debüt in der renommierten Essential Mix-Reihe im britischen BBC Radio 1. Im Ballsaal wird er im Vorprogramm von Felix Lorusso und Florian Belmondo supportet, die den Bunker in vorweihnachtlichen Freudentaumel tauchen.

Text: Friedrich Reip

 

„Traumfrau verzweifelt gesucht“

Der Wunsch nach Zweisamkeit beschert den Datingportalen im Internet regen Zulauf. Aus einer virtuellen Kartei filtert man effizient einen oder mehrere potenzielle Partner: Attraktivität – check, Kompatibilität – check. Ob es am Ende passt oder ein Desaster wird, zeigt das erste Aufeinandertreffen in der wirklichen Welt. Diese Erfahrung macht der Single Hendrik in der Komödie Traumfrau verzweifelt gesucht von Tony Dunham, die das Theater das Zimmer auf die Bühne bringt. Verlassen von seiner Freundin und geplagt von Einsamkeit stolpert er von einem Blind Date zum nächsten, was für ihn zu einer echten Herausforderung wird. Denn – anders als geplant – haben die Frauen tatsächlich auch „Macken“. Dunham hat den ewigen Geschlechterkampf in eine Zeitsatire verpackt, die mit dem Jargon und den unterschiedlichen Typen unserer Gegenwart spielt.

Text: Hedda Bültmann

 

Hanseatische Materialverwaltung Lagerverkauf

Ein rosafarbenes rundes Bett für euer boudoireskes Schlafzimmer gefällig? Nein? Dann Schulterstücke von der Marine oder aus irgendeinem Schützenverein? Auch nicht? Aber vielleicht ein altmodisches Kaffeeservice oder so ein gemütlicher Kinosessel, dessen Polster mit sattrotem Samt überzogen wurden? Selbst wenn unter diesen Vorschlägen nichts dabei sein sollte, bleibt bei der Hanseatischen Materialverwaltung kaum eine schräge Nachfrage unbeantwortet. Nach zweieinhalb Jahren lädt der gemeinnützige Fundusbetrieb zum Lagerverkauf. Von Kleinmöbeln über Requisiten und Folien bis zu meterweise Stoff gibt es vor allem für die Kreativeren unter uns so einiges zu entdecken. Noch mehr Spaß macht die Entdeckungsreise übrigens mit einem Becher Glühwein in der Hand. Das weiß die Autorin aus eigener Erfahrung der ersten Runde Lagerverkauf vor zwei Wochen. Nachmachen ausnahmsweise dringend empfohlen. Donnerstag bis Sonntag. 14 bis 22 Uhr.

Text: Andra Wöllert

 

Alohachérie

Begrüßt werden die Gäste im neuen Restaurant Alohachérie in Eimsbüttel mit hawaiianischer Herzlichkeit und französischer Raffinesse. Entstanden ist es aus einem Catering-Unternehmen, das das Paar Ewa Okolski und Fabian Friedrich mit einem Team aus Spitzenköchen und Food-Designern erfolgreich in Hamburg betreibt.

Ihr Restaurant nennen sie auch „Manufaktur der Liebe“: Alle Lebewesen sollen in den gemütlichen Räumen im Souterrain geachtet werden. Die Speisen auf der Karte bestehen aus saisonalen und regionalen Produkten und sind, bis hin zum Wein, möglichst frei von Zusatzstoffen. Man serviert aus Idealismus vegane Speisen, die ein Koch zubereitet, der selbst kein Veganer ist.

Bastian Wittmann empfindet bei seiner Arbeit bei Alohachérie vor allem große Experimentierlust. So gibt es auf der Speisekarte unter anderem winterlichen Blattsalat mit in Sesam panierten Schwarzwurzelstangen, karamellisierten Walnüssen und Sanddorn-Vinaigrette (8,90 Euro), eine zweifarbige cremige Kürbiskokossuppe (7,20 Euro), deftiges Seitan-Ragout mit getrüffeltem Kürbispüree (15, 40 Euro) und einen nicht zu süßen Kokosmilchreis mit Mangopudding und Maulbeersauce (5,50 Euro).

Text: Katharina Manzke

 

„Carol“

Die geheimnisvolle Blonde im Pelzmantel (Cate Blanchett) mustert mit ihren blauen Augen die Spielwarenabteilung des New Yorker Kaufhauses voller Weihnachtsware. Sie möchte eine bestimmte Puppe für ihre Tochter kaufen. Die junge Angestellte Therese (Rooney Mara) bedauert, das Modell sei vergriffen. Überhaupt seien Eisenbahnen etwas viel Tolleres. Ohne mit der Wimper zu zucken, bestellt Carol Thereses Lieblingszug, diktiert die Lieferadresse und lässt „aus Versehen“ ihre Lederhandschuhe liegen. Was für eine subtile Flirtszene, die der auf Melodramen spezialisierte Todd Haynes (Dem Himmel so fern) für die Exposition wählt!

Die Frauen treffen sich – und nicht nur das. Zwei liebende Frauen? In den fünfziger Jahren ein Affront. Thereses Verlobter verzweifelt. Carols Mann (Kyle Chandler) verbietet seiner Frau wegen unsittlichen Verhaltens sogar gerichtlich den Umgang mit der Tochter.

Haynes verfilmt mit träumerischer Langsamkeit das Buch Salz und sein Preis von Patricia Highsmith. Rooney Mara beeindruckt als selbstbewusste Frau, die neugierig erforscht, was die Leidenschaft zur älteren Frau in ihr auslöst. In Cannes ergatterte sie dafür den Preis als beste Schauspielerin. Für die fantastische Blanchett dürfte die nächste Oscar-Nominierung winken. Ab Donnerstag ist der Film auch in den deutschen Kinos zu sehen. Im Abaton zum Beispiel.

Text: Patricia Batlle

 

„Die Kinder des Fechters“

Endel Nelis (Märt Avandi), einer der besten Fechter Leningrads, muss in den fünfziger Jahren vor der Geheimpolizei Stalins ins besetzte Estland fliehen, weil er als Jugendlicher von Nazis zwangsrekrutiert wurde. Unter ständiger Angst, entdeckt und wie viele Esten deportiert zu werden, arbeitet er in einem Kaff als Sportlehrer. Bald entdeckt die kleine Marta (wunderbar: Liisa Koppel), dass er Fechten übt. Sie überredet ihn, sie zu unterrichten. Danach lernen viele Schüler gegen den Widerstand des regimetreuen Rektors die elegante Fechtkunst. Und zwar so gut, dass sie an einem internationalen Wettkampf teilnehmen wollen – der ausgerechnet in Leningrad stattfindet. Nelis kann jedoch unmöglich dorthin zurück …

Den finnischen Oscar-Kandidaten Die Kinder des Fechters für den besten nicht englischsprachigen Film sollte man nicht verpassen. Die wahre Geschichte um einen vom Stalin-Regime verfolgten Sportler, der in Estland Schüler für das Fechten begeistert, erzählt konventionell, aber mit einem fabelhaften Kinderensemble eine zu Herzen gehende Geschichte. Tatsächlich ist Fechten in Estland noch heute Nationalsport, und der Grund dafür ist: Endel Nelis.

Text: Patricia Batlle

 

Small Fires

Meist hören wir vom Kleinen Donner, weil dort gute Hip-Hop-Partys stattfinden. Hamburg-Legenden wie Stylewarz oder Mixwell drehen dort regelmäßig die Platten. Der Laden kann aber auch live – und das nicht nur in Rap. Small Fires tourten sich unter anderem zusammen mit Boy durch die Live-Clubs des Landes und machen jetzt ihren letzten Stopp in der Heimat, um ihre neue EP Charcoal & Vines vorzustellen. Im Donner könnt ihr euch dieses Mal also eine ordentliche Portion Alternative Pop und Indie von den Hamburger Jungs Ben Galliers, Ruben Seevers und Lars Dahlke gönnen. Ungewöhnlich: Ben ist Leadsänger und gleichzeitig an den Drums. Das wollen wir sehen.

Text: Andra Wöllert

 

„Späte Nachbarn“

Seit der lettische Regisseur Alvis Hermanis die beiden Geschichten des polnischen Nobelpreisträgers Isaac Bashevis Singer Späte Liebe und Die Séance zu einer Tragikomödie verschmolz, die dann 2009 an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt wurde, lief das gefeierte Stück erfolgreich an mehreren Häusern und Festivals. Jetzt ist es nach Hamburg ans Thalia Theater gekommen und glänzt seit November als kleines Juwel der Spielzeit. Neben einer grandiosen schauspielerischen Leistung des Duos Barbara Nüsse und André Jung punktet die Inszenierung auch durch einen äußerst unverkrampften Umgang mit Klamauk, der sich sehr gut mit den eigentlich tragischen Grundtönen der beiden Geschichten verträgt. Also, unbedingt Karte sichern und ansehen!

 

José González

Über sieben Jahre ist es her, dass José González sein letztes Album, In Our Nature, veröffentlichte. Aber er war in der Zwischenzeit keineswegs untätig. Neben langen Tourneen hat er unter anderem zwei Alben mit seiner Band Junip aufgenommen. Und im vergangenen Februar legte er dann sein neuestes Solowerk Vestiges & Claws vor. Weniger puristisch, weniger reduziert als seine Vorgänger, trägt es doch dieselbe Melancholie und warme Traurigkeit, die wir von González solo und auch als Frontmann von Junip kennen – ungeachtet der Tatsache, dass er auf seinem aktuellen Longplayer musikalisch eher in Richtung Shuggie Otis und Simon & Garfunkel zielt. In der Großen Freiheit 36 können sich jetzt alle Fans, die verfluchte sieben Jahre warten mussten, an seinem neuen alten Sound satthören.

Text: Nik Antoniadis