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Me Succeeds & KiRRiN iSLAND

Die Soli-Konzerte für die Astra-Stube gehen weiter. Eigentlich klingt es ein bisschen komisch, Soli-Konzerte für die Renovierung einer Bar zu veranstalten. Die meisten Läden verkaufen deshalb ja ihr Bier für 3 Euro und nicht für 30 Cent, damit sie Gewinne machen und damit schöne neue Barhocker oder ein fancy Neonschild für den Eingang kaufen können. Aber, wir alle wissen, die Astra-Stube ist was anderes. Wir wollen, dass sie bleibt; die Bands wollen, dass sie bleibt, und auch die Crew-Mitglieder wollen, dass sie bleibt. Deshalb legen eben alle etwas auf den Tisch. So soll es sein. Am Mittwoch zeigen sich Me Succeeds (Foto oben) und Kirrin Island solidarisch. Nicht nur für die Astra-Stube, sondern für alle Freunde von Electronica und Pop ein Grund zur Freude!

Text: Nik Antoniadis

 

Handschlag Nr. 3

Es ist ein Herren* Flohmarkt. Was das * bedeutet? Keine Ahnung, vielleicht ist es leichter zu verstehen, wenn man es so sagt: Es ist ein Herrenflohmarkt. Schon besser. Er hat alles, was sich der Herr so wünscht, Technik, Trainingshosen, Tattoos. Wenn man Glück hat, auch mal einen Wackeldackel. Schön wäre, wenn es noch einen Barbier gäbe, um den Undercut auf Vordermann zu bringen oder die Bartspitzen zu stutzen. Egal, man kann nicht alles haben. Dafür gibt es Drinks, DJs und Chillout-Zone, inzwischen schon zum dritten Mal. Dieses Mal im PAL wird passend zur Jahreszeit auch Glühwein heiß gemacht und Gebäck serviert. Und das Beste: Das Ganze findet zu einer vernünftigen Uhrzeit statt. Wer unbedingt um 6 Uhr aufstehen will, um auf einem Flohmarkt noch was abzugreifen, kann ja zur Trabrennbahn fahren!

Text: Nik Antoniadis

 

Mistress America

Schauspielerin Greta Gerwig ist eine wie keine, Mumblecore-Ikone und Indie-Star. Als Frances Ha tänzelte sie bereits durch ihr charmant unperfektes Leben in New York – jetzt gerät sie als Mistress America noch mehr ins Stolpern: Mit Anfang 30 sprüht Brooke nur so vor Projekten, hat Ideen für eine App, für eine TV-Soap-Opera und vor allem für ein Restaurant namens Mom’s, das gleichzeitig Friseursalon, Kunstgalerie und heimeliger Hipster-Hang-out im angesagten Williamsburg ist. Ihre vielen Teller können dort endlich auf die Tische kommen und die Kinder, die sie irgendwann haben will, nach der Schule mit ihren Freunden vorbeischauen und bei einem Teller Spaghetti ihre Hausaufgaben machen. Bis es so weit ist, schlägt Brooke sich als Spinning-Trainerin, Nachhilfelehrerin und Interieur-Designerin durch, die zumindest irgendwann mal den Wartebereich eines Nagelstudios eingerichtet haben wird. Wie Francis Ha entspringt auch Brooke der Fantasie von Greta Gerwig und ihres Freundes Noah Baumbach, die einmal mehr das moderne Großstadtleben sezieren. Das Erwachsenwerden, das in der Zeitschleife steckt; wo das Diktat der Kreativität aufgrund des Ideenklaus längst zum Sampling geworden ist und das „Anything goes“ zur Qual. Das Abaton zeigt den Film im Original mit deutschen Untertiteln.

Text: Sabine Danek

 

„Die Antiquiertheit des Menschen“

Wenn Suse Wächter die Puppen tanzen lässt, ist das kein niedliches Kindertheater. Sie wird im gesamten deutschsprachigen Raum für Produktionen gebucht, um mit ihren lebensnahen und selbst gefertigten Figuren Berühmtheiten wie Elfriede Jelinek oder Bert Brecht zu imitieren. Ihre eigene aktuelle Puppenshow für Erwachsene beschäftigt sich mit Günther Anders’ Thesen von der Antiquiertheit des Menschen. Der Buchklassiker der Kultur- und Technologiekritik ist 50 Jahre nach seinem Erscheinen aktueller denn je. Nach den ersten Atombombenabwürfen vertrat der Schriftsteller und Philosoph die Auffassung, dass wir Menschen der – nicht selten mörderischen – Perfektion unserer eigenen Produkte nicht gewachsen sind; menschliche Moral, menschliche Fantasie, menschliche Arbeit, menschliches Sterben, all dies sei angesichts einer technisch immer vollkommeneren und vernetzteren Umwelt absolut obsolet. Mit ihrer Inszenierung im Malersaal, bei der ihr die Schauspieler Sachiko Hara und Aljoscha Stadelmann sowie der Kinderchor Hamburger Alsterspatzen zur Seite stehen, aktualisiert die Berlinerin Anders’ Thesen und wirft Fragen auf wie „Ist der Mensch tatsächlich antiquiert?“ und „Wenn ja, warum gibt es ihn eigentlich immer noch, diesen Versager?“

Text: Anglea Kalenbach
Foto: Tom Kühnel

 

Metal Monday

Montag gibt’s einfach mal so richtig amtlich auf die Fresse. Natürlich nicht wirklich, eher musikalisch gesehen, rein metaphorisch also. Obwohl es nahe herankommt an eine vollkommen schmerzresistente Schlägerei für die Ohren, was zwei Wochen vor Heiligabend im Knust aus den Boxen schallt. Im Wesentlichen ist es irgendeine Art von Core: Skunkcore, Metalcore, Post-Hardcore. Um am Metal Monday die Bühne im Knust zu zerlegen, haben sich Disconnected, Orange Ate Kid und Too Fat To Fly angemeldet, jeder für sich schon ein rüdes Spektakel, aber in Gemeinschaft ein echtes Metalmassaker. Im Grunde genommen ist es auch etwas für Leute, die keine echten Headbanger sind, sondern sich einfach irgendwie den Montagabend vertreiben wollen, denn so ganz ernst nimmt sich da niemand, und der Metal Monday im Knust wird sicherlich ein großer Spaß.

Text: Nik Antoniadis

 

 

Florence + The Machine

Wer sie lange kennt, hat Florence Welch vielleicht noch allein auf der Bühne gesehen, begleitet nur von sich selbst und einem Schlagzeuger. Das ist zwar noch nicht so lange her, aber nach drei Alben, verschiedenen Skandälchen und pompösen Auftritten ist nicht nur ihre Band gewachsen, sondern auch ihr Platzbedarf. Sie braucht die große Bühne, um ihre Mischung aus Glam, Pop und überkandiedelter großer Geste angemessen in die Welt hinauszuschmachten. Nachdem Florence + The Machine gerade ihr drittes Album How Big, How Blue, How Beautiful vorgelegt haben, zieht es sie nun natürlich wieder hinaus, auf die Bretter der großen Hallen und Festivals wie gerade zum Hurricane oder eben jetzt in Hamburgs größtes Konzerthaus.

Text: Nik Antoniadis

 

Wald

Pilze sammeln im Wald – kann man machen. Pils trinken im Wald – geht jetzt auch. Die Macher der ziemlich entspannten Korall Bar, einer Eckkneipe auf St. Pauli, ließen sich nun auch am Großneumarkt nieder. Wald heißt die erste Tankbierbar Hamburgs. Iris Heitel und Beatriz Delgado López sorgen hier mit viel Holz, Kupferrohren und grünen Fliesen für Gemütlichkeit. Ihr Konzept beruht auf einer Kooperation mit Pilsner Urquell. Das frisch gebraute, unpasteurisierte Bier wird direkt ab Brauerei innerhalb von 24 Stunden an das Wald geliefert. Hier fließt es aus großen kupferfarbenen Stahltanks direkt in die Zapfanlage und die Gläser der Gäste – ohne die Zufuhr von zusätzlicher Kohlensäure. Frisch und mild schmeckt dieses Bier. Alternativ kann man sich sein Pils selbst zapfen, wenn man an dem langen Tisch mit integrierter Zapfanlage Platz nimmt. Anders als in der Raucherkneipe Korall Bar kann man im Wald auch etwas essen. Es gibt Suppen und Stullen, frisches Brot mit Fässchenbutter, Salz und Oliven. Von Dienstag bis Samstag ist geöffnet.

Text: Lena Frommeyer

 

Hauptsache Hamburg, Hauptsache Musik

Was hat diese Stadt nicht alles für musikalische Perlen hervorgebracht in den letzten Dekaden. „Es ist so schade, dass du so bist, wie du bist, dass du leider nicht ein Anderer bist, dass du leider, leider ganz du selber bist.“ geben die Lassie Singers zum Besten, „Was hat dich bloß so ruiniert?“ singen Die Sterne fragend und „Im Zweifel für den Zweifel“ propagieren Tocotronic und in Blumfeld „tausend Tränen tief, erklingt ein altes Lied“. Musik mit einer oft politischen, mindestens aber subtil-emotionalen Botschaft kommt von der Hamburger Schule und all ihren wunderbaren Abarten, platt-subtilere Botschaften à la „Arbeit nervt. Bier, Bier, Bier, Bier, Bier“ von der Fraktion Deichkind. Genauso schön wie Songs sind dabei die passenden Musikvideos – und die kann man sich jetzt gesammelt zu audiovisuellem Gemüte führen. Maike Mia Höhne und Manja Malz haben einen Abend mit den besten Musikvideos aus mit von Hamburg kuratiert und dafür viele tolle Gäste ins Metropolis Kino eingeladen.

Text: Andra Wöllert

 

Großstadtdschungel

In einer Zeit, in der Likes mehr zählen als Umarmungen, in der Wohnungsnot und Gentrifizierung das städtische Leben prägen, wächst eine neue Generation heran, die sich ganz neuen Herausforderungen gegenübersieht: die Jugend von heute. Welches Hashtag bringt mir die meisten – gerne mit Freunden verwechselten – Follower? Warum fühle ich mich trotzdem so allein? Warum ist es eigentlich so schwer in der Bahn zu flirten? Zwischen #like4like, Häuserschluchten, Innenstadtsterben und Livetickern erzählt Großstadtdschungel, wie es ist, im digital Trash aufzuwachsen. Das Stück zeigen rund 20 DeluxeKidz. Und die lernen das Hip Hop Game von der Pike auf im gleichnamigen Verein vom Hamburger Rapper Samy Deluxe. Coaches für Rap, Gesang und Tanz fördern das kreative und kulturelle Potenzial der Kids und holen sie – sofern nötig in Hamburg – von der Straße weg. „Es sind Straßenlampen, die uns tagelang die Straße leuchten. Ich seh Gangs, die Gangs durch die Gassen scheuchen.“ Und ihr seht am Dienstag und Mittwoch auf Kampnagel eine Jugend, die mit dem urban-digitalen Wahnsinn von heute kämpft.

Text: Andra Wöllert

 

Sophie Hunger

In gewissen Kreisen wird man direkt krumm angesehen, wenn man eine Lanze für Popmusik bricht. Kein Wunder, steht der Begriff heute doch eher für seichtes House-Geblubber, dessen Produktion im Aufnahmestudio nicht länger als 30 Minuten gedauert haben kann, statt für Zeilen wie „Ich spreche leise mit ’ner zerbrochenen Fensterscheibe über Anarchie“. Das nämlich ist die Musik von Sophie Hunger, verträumt, irritierend und immer ein bisschen deep. Vielschichtige Songs einer unentschlossenen Künstlerin zwischen Jazz und Tanzmusik, zwischen analog und digital, zwischen Deutsch und Englisch. Am Ende ergibt alles eine harmonische, eingängige Einheit. Man könnte es Pop nennen. Man sollte es Pop nennen. Und sie sich live auf Kampnagel anhören.

Text: Benedikt Ernst

https://www.youtube.com/watch?v=wF6Xs9n2Vq0