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Entenwerder1

Entenwerder soll nicht mehr nur Open-Air-Gängern ein Begriff sein. Dafür will ein neu eröffnetes Café mit großen Plänen sorgen.

Die 600 Quadratmeter große Pontonanlage am Elbpark Entenwerder haben Thomas Friese und seine Tochter Alexandra (Thomas i-Punkt) schon seit Jahren im Visier. Ihr Ziel: Einen Ort in Rothenburgsort erschaffen, an dem Platz ist für Kunst, Kultur und Kulinarik. Schon von Weitem weisen pinkfarbene Flaggen den Weg: Über eine mehr als 100 Jahre alte, frisch sanierte Brücke gelangt man zum Café Entenwerder1, das im Juli 2015 eröffnet wurde: Es besteht aus zwei zusammengesetzten, rosa gestrichenen Schiffscontainern – eine modern gestaltete Reminiszenz an die Umgebung. Draußen dienen umgestaltete Duckdalben als Sitzplätze mit Blick auf die Elbe. Drinnen bereitet 
die Café-Betreiberin Nina Plazonja die saisonalen 
Speisen zu, am Wochenende gibt es Frühstück, sowieso immer Craft Beer und Kaffeespezialitäten. Für Letztere sorgt Argin Keshishian, genauer 
gesagt die Public Coffee Roasters, die seit jeher ihre Bohnen in Rothenburgsort rösten. Auch Kunst und Kultur wird bald auf den 
Ponton ziehen. Ein Goldener Pavillon wird dem Segelprojekt Entenwerder Elbpiraten als Heimstätte dienen und verschiedenen Veranstaltungen 
Raum bieten. Also, rauf aufs Rad oder rein ins Boot
 und ab nach Entenwerder.

Text: Julia Braune

 

Blicke in die mann-männliche Internetprostitution

Die Pride Week feiert Menschen jedweder sexueller Orientierung. Ein ernsthafterer Teil findet dabei im Pride House statt.

So schön, bunt, offen und glitzernd uns die Pride Week mit Christopher Street Day als Finale im ersten Moment erscheinen mag, so hat sie auch einen ernsthaften Hintergrund. Die LGBT-Community kämpft immer noch an vielen Fronten um Anerkennung und Gleichstellung. Das kann zum einen in einer lautstarken farbenfrohen Parade kommuniziert werden, bedarf aber auch mal einer ernsthafteren Umgebung. Das Pride House ist dafür eine gute Anlaufstelle. In Vorträgen und Diskussionen werden dort Themen rund um die Sexualität besprochen. Am Montag soll es u.a. um die mann-männliche Internet-Prostitution gehen. Mit der Entwicklung des World Wide Web sind die Stricher zwar von Hauptbahnhöfen und Co. verschwunden, bieten sich nun aber online anderen Männern an. Historiker Dr. Gottfried Lorenz gibt Einblicke in diese Welt der Internet-Prostitution. Nachfragen sind herzlich willkommen – und ALLE, die das Thema interessiert, sowieso.

 

Duckstein Festival

Livemusik, Verkaufsstände, internationales Straßentheater, gute Küche und das ein oder andere Bier. Dieses Fest kann scheinbar alles.

Wo fängt man denn da jetzt am besten an? Bei den vielen Konzerten? Der Kleinkunst? Oder der guten Verköstigung? Das Duckstein ist ein erlesenes Bier, also ist das passende Festival dazu genauso erlesen – und abwechslungsreich. Am Magdeburger Hafen in der HafenCity gibt es seit Freitag die 18. Ausgabe des Duckstein Festivals. Ein Musikzelt, zwei Schauplätze für Straßentheater und viele Stände mit Kunst und Design oder feinster Küche lassen wenig Wünsche offen. Auch am Montag gibt’s das volle Programm: Der gebürtige Amerikaner Big Daddy Wilson gibt am Abend ein Unplugged-Blues-Konzert mit Einflüssen von Soul und Gospel. Draußen zeigt die Akrobatin Mistral eine Show am Chinese Pole und der Neuseeländer Fraser Hooper gibt uns den Clown. In den Elbarkaden kann man wiederum Sandmalerei zum Anfassen erleben. Viel los also – und das noch bis zum 2. August. Eine Verschnaufpause ist natürlich auch drin. Der Veranstalter empfiehlt dafür wahrscheinlich ein kühles Bier.

 

Höchste Zeit

Nach dem Klimakterium ist vor der Hochzeit: Das St. Pauli Theater bringt die ersehnte die Fortsetzung der Wechseljahre-Revue „Heiße Zeiten“ auf die Bühne.

Am Terminal eines Flughafens wurden sie Freundinnen: Die rigorose Businessfrau, die Schnöselige aus den Elbvororten, die patente Hausfrau und die Jüngere mit dem unerfüllten Kinderwunsch. Gemeinsam hatten sie Heiße Zeiten – am Gate und im eigenen Körper, denn hinter dem Titel steckt die erste Wechseljahre-Revue der Theatergeschichte. Und weil die derart erfolgreich war, wollen alle wissen, wie es weitergeht mit den fantastisch-unterschiedlichen vieren. Also schrieb das Autorenteam, bestehend aus Tilmann von Blomberg, Carsten Gerlitz und Katja Wolff, für das St. Pauli Theater eine Fortsetzung: Fünf Jahre später steht eine Hochzeit an, und so wird es für das Damen-Quartett Höchste Zeit, sich erneut zu treffen. Zwischen Panikattacken, Champagner und Freudentränen finden sie genügend Zeit, sich die falschen Fragen zum perfekten Partner und einer guten Ehe zu stellen. Das Dreamteam aus Regisseurin Gerburg Jahnke und musikalischem Leiter Jan Christof Scheibe schreibt die Mädel-Saga fort, nach bewährtem Muster: mit witzig umgetexteten Hits aus Rock- und Popmusik.

Text: Dagmar Ellen Fischer

 

Joan Baez

Ein Stück lebendige Musikgeschichte: „Die Stimme und das Gewissen der 60er“ gibt auf der Freilichtbühne im Stadtpark ihr einziges Konzert in Norddeutschland.

Sie war und ist die Meisterin der Zweitverwertung: Mit ihren Interpretationen von Bob-Dylan- und Pete-Seeger-Songs ist Joan Baez einst bekannt geworden. Doch im Laufe der Jahre ist ihr das Kunststück geglückt, sich von der bloßen Interpretin zur eigenen Marke zu entwickeln. Ausschlaggebend dafür war nicht nur ihr exzellentes Gitarrenspiel, sondern vor allem ihre außergewöhnliche Sopranstimme, die die Folk-Sängerin schon in jungen Jahren lautstark für die Rechte der Schwachen und Unterprivilegierten erhob. Als das „Gewissen und die Stimme der 60er“ ging sie damit in die Musikgeschichte ein. Dass diese Geschichte für die 74-Jährige noch längst nicht beendet ist, beweist sie auf der Freilichtbühne im Stadtpark.

Text: Katzharina Grabowski

 

Skampida

Durchgeknallte Kolumbianer: Die Ska-Rock-Formation aus Bogotá lässt im Backpackers St. Pauli ihre musikalischen Bastarde von der Leine.

Merenge Core. Ragga Punk. Psyco Roots. Polka Billy. Klezmer House. Das sind nur einige der musikalischen Bastarde, die die fünf durchgeknallten Kolumbianer seit ihrer Gründung im Jahre 1998 in die Welt gesetzt haben. Tatsächlich dreht sich das Skampida-Universum größtenteils um eine große Ska-Sonne, umschwirrt von Satelliten mit modernen Urban Sounds, Hip-Hop oder Latino-Styles wie Cumbia und Champeta. In Südamerika bringen sie bereits Licht in die abgelegensten Winkel des Landes, strahlen inzwischen auch in die Nachbarländer aus. Jetzt kommen David „Dub ID“ Mujica und seine Spießgesellen Tobón, Pedro, Joaquín, Carela und Juanse nach Hamburg und zeigen im Hostel Backpacker St. Pauli, dass sie auch unplugged kein bisschen weniger Energie freisetzen als üblich.

Text: Nik Antoniadis

 

„Ich bin ich“

Extrem mädchenhaftes Verhalten: Michaela Lübbenjans liest im Pride House aus ihrer genauso erschütternden wie ermutigenden Autobiografie.

Eine „ganz natürliche Frau mit Sti(e)l“. So sieht sich Michaela Lübbenjans heute. Der Weg dahin, vom kleinen Jungen zur erwachsenen Frau, war aber alles andere als einfach. Aufgewachsen bei einer Pflegefamilie, machte Michael als 11-Jähriger zum ersten Mal Bekanntschaft mit der Psychiatrie, um sein „extrem mädchenhaftes Verhalten“ (wie etwa seine Liebe zum Ballett) zu bekämpfen. Er wechselte noch zweimal die Familie, kam mit 16 ins Heim, führte seine erste schwule Beziehung und stellte schließlich fest, dass er eigentlich viel lieber Michaela wäre. Er hörte auf, am Ballett Männerrollen zu übernehmen, hörte ganz auf mit Ballett und wurde Michaela. Sie arbeitete fortan als Stripperin, spritzte sich Hormone und erhielt irgendwann die Diagnose: HIV positiv. Mehrere Krankheiten, eine Nervenschädigung der Beine und vier Jahre Rollstuhl später kann sie heute wieder laufen, lebt in Hamburg und liest im Rahmen von Hamburg Pride aus ihrer Autobiografie Ich bin Ich.

Wer es dann am Abend noch mal so richtig pride-mäßig krachen lassen will, kann das in der Danziger Straße tun. Ihr kennt ja die Geschichte; wenn ihr gefragt werdet, wie ihr eigentlich schwul geworden seid, sagt ihnen: „Erstmal entscheidet das Talent, dann gibt’s ein Vorstellungsgespräch. Und beim Badehosen-Contest werden dann die meisten ausgesiebt.“ Dieser letzte Teil der Prüfung wartet in der Contact Men’s Bar. Dresscode: Underwear. Motto: Intimrasur. Zielgruppe: Mann, proud, 18+. Yeehaw!

Text: Nik Antoniadis

 

Veganer Stammtisch

Menschliche Abgründe mit Smørrebrød, Semla und Dammsugare: Im Krimi-Café Jussi gibt’s vegane Leckereien und echte skandinavische Verbrechen.

Jussi ist Finnisch und heißt Johannes. Aber auch der Däne Adler-Olsen trägt diesen Namen, dessen Krimis rund um den menschenfeindlichen Ermittler Carl Mørck internationale Bestseller sind. Jussi heißt auch der Hund des schwedischen Kommissars Wallander. Und Jussi heißt das Café von Bianca Jarske im Lehmweg, die sich damit einen Lebenstraum erfüllt. Dort verbindet sie unter einem Dach alles, was ihr wirklich am Herzen liegt: Krimis (vor allem Abgründiges aus Skandinavien), Kuchen backen, Kaffee trinken, Smørrebrød belegen – und das Ganze mit anderen teilen. In Kombination ist das eine Buchhandlung samt Café mit skandinavischer (und veganer) Küche, Kinderecke und zahlreichen Veranstaltungen, darunter der sonntägliche Tatørt mit Butterbrøt oder auch der regelmäßige Vegane Stammtisch. Dort sind Vollzeit-Veganer genauso herzlich willkommen wie solche, die sich nur für veganes Essen interessieren oder einfach Lust auf ein leckeres skandinavisches Abendbrot haben.

Text: Nik Antoniadis

 

Featherweights + Volcano Victims

Wenn eine Location nischige und schöne Konzerte kann, dann die Hasenschaukel. Dieses Mal im Angebot: Indie aus Schweden und Island.

Die einen singen über Speiseeis, die anderen sind dem Namen nach mindestens von einem Geysir übermannt worden. Die Rede ist von Featherweights aus Schweden und Volcano Victims aus Island (Foto). Zusammen geben die Bands ein Konzert in der Hasenschaukel – und dass das gleich doppelt großartig wird, liegt nicht etwa ob der Kuriositäten, sondern ihrer Musik auf der Hand. Featherweights bestehen aus Linus Kallin, Linnea Mårtensson, zwei Gitarren, einem Klavier und einem Saxophon. Damit machen die beiden vor allem liebevolle Songs über die kleinen Dinge des Lebens. Gaui, Hanna und Sophie – Wahlberliner aus Island, Österreich und Deutschland – spielen hingegen als Volcano Victims melancholischeren Indie. Das muss an Gauis bisherigem Dasein im dunklen Island liegen und an seiner schon erwähnten unglücklichen Begegnung mit einer vulkanischen Quelle. Schön klingt es allemal – und wer nach zwei Bands dann noch nicht genug hat, der bleibt noch fürs Hasenrodeo. Hui!

Text: Andra Wöllert

 

Poets On The Beach

Wenn sich das Angenehme mit dem Angenehmen verbinden lässt: Beim sonntäglichen Ausflug an den Elbstrand gibt es Poesie for free.

Sex on the Beach haben viele – wenn auch meist in Form eines alkoholhaltigen Mixgetränks, Poesie am Strand gibt es seltener. Die Rede ist hier nämlich auch nicht von der großen Ferienliebe, die einem mit Meeresrauschen im Hintergrund schmalzige Gitarrensongs am Lagerfeuer singt. Hier geht es um knallharte Gedichte und Geschichten, die in schönster Kulisse am stadteigenen Elbstrand vorgetragen werden. An diesem Sonntag an der Strandperle lesen Andreas Greve, Monika Mertens, Johanna Wack und ein Überraschungsgast. Veranstaltet wird die Lesung übrigens vom Writer’s Room, einem Ort zum Schreiben und Austauschen für Autoren. Und knallhart ist sie eigentlich nur, weil sie auch bei Regen stattfinden wird. Wozu wurden schließlich Regenschirme erfunden?

Text: Andra Wöllert