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Schwache US-Konjunktur, starker Euro

 

BIP USA

Gerade hat das amerikanische Department of Commerce die BIP-Zahlen für das erste Quartal veröffentlicht: Es handelt sich um eine erste Schätzung, auf die noch mehrere Revisionen folgen werden. Der Output hat danach mit einer Verlaufsrate von 1,3 Prozent zugenommen und damit deutlich langsamer als erwartet – und auch deutlich langsamer als in den Vorquartalen -, während die Inflation, gemessen am BIP-Deflator, auf annualisiert 4,0 Prozent angezogen hat, nach 1,7 Prozent im vierten Quartal. Zuletzt hatte es so hohe Inflationszahlen im Jahr 1991 gegeben. Es geht also weiter in Richtung Stagflation. Aus konjunkturellen Gründen müsste die Fed eigentlich demnächst die Zinsen senken, aus Stabilitätsgründen dagegen erhöhen. Mit anderen Worten, sie wird vorläufig nichts tun.

Klar ist, dass die amerikanische Wirtschaft an die Grenzen ihrer Kapazität stößt. Es zeigt sich, dass diese nur noch sehr langsam zunimmt. Beunruhigend ist vor allem, dass die Beschäftigung etwa so rasch expandiert wie der Output, so dass die Produktivität erneut langsamer steigt als gedacht. Das IT-getriebene Produktivitätswunder ist erst einmal vorbei. Darin spiegelt sich, dass die Investitionen im vergangenen Aufschwung viel langsamer zugenommen haben als in früheren, vergleichbaren Phasen, möglicherweise aber auch, dass die Produktivitätseffekte zusätzlicher Investitionen immer geringer ausfallen. Das ließe sich nur durch eine ständige Erhöhung der Investitionsquote ausgleichen – gerade das ist aber nicht geschehen, weil die Unternehmen ihre ausgezeichnete Gewinnsituation mehr zum Rückkauf ihrer Aktien, also zugunsten von Kursgewinnen, als zur Stärkung ihrer Produktionskapazitäten genutzt haben. Immerhin kam es bei den realen Unternehmensinvestitionen ohne Wohnungsbau im ersten Quartal wieder zu einer positiven Zuwachsrate von annualisiert 2 Prozent. Die gesamten Bruttoinvestitionen sind im Vergleich zum Vorjahr aber weiter gesunken.

Priv. Konsum und Bruttoinvestitionen, USA

Die Verbraucher sind nach wie vor guter Dinge. Das ist die Folge eines sehr aufnahmefähigen Arbeitsmarkts und einer Verlaufsrate von 4 1/2 Prozent bei den Löhnen und Gehältern. Bisher lassen sie sich weder von der Schwäche des Immobilienmarkts noch vom Zinsanstieg der vergangenen Jahre beeindrucken. Real sind die Hypothekenzinsen in den letzten Monaten gesunken, so dass sie im historischen Vergleich immer noch sehr niedrig sind. Wenn der private Konsum real mit einer Jahresrate von 3,8 Prozent expandiert, kann man sich nur wundern. Bei den Haushalten jedenfalls ist die Botschaft, dass die Wirtschaft dabei ist, sich abzukühlen, noch nicht angekommen.

Beschäftigung USA

Die Investitionen im Wohnungsbau waren erwartungsgemäß der wichtigste Bremsfaktor im vergangenen Quartal: Sie schrumpfte real mit einer annualisierten Rate von 17 Prozent. Das spiegelt die Schwäche des amerikanischen Wohnungsmarkts wieder. Auch der Außenhandel trug trotz des schwachen Dollar erstmals seit vier Quartalen wieder negativ zum Wachstum bei.

US Wohnungsmarkt

Im zweiten Quartal wird das BIP vermutlich wieder etwas kräftiger expandieren. Dafür spricht, dass der Bau nicht mehr ganz so rasch schrumpft wie in den Quartalen zuvor, und sich die Lage am Wohnungsmarkt möglicherweise doch stabilisieren könnte. Auch die Verbraucher dürften nicht so schnell aufgeben, da die verfügbaren Einkommen weiterhin zügig expandieren. Vor allem von den realen Nettoexporten dürfte wieder ein positiver Impuls zu erwarten sein: Noch ist die Konjunktur in der übrigen Welt sehr robust, und der Dollar hat deutlich an Wert verloren. Es würde daher nicht überraschen, wenn das BIP im zweiten Quartal wieder mit einer Rate von etwa 2 1/2 Prozent zunehmen würde. Wir haben es keineswegs mit einer Rezession zu tun, sondern bislang eher mit einem soft landing.

Da das Gewicht der amerikanischen Wirtschaft an der globalen Wirtschaft in den letzten Jahren abgenommen hat, ist das Risiko einer Ansteckung für die europäische Wirtschaft nicht besonders groß, zumal die Rohstoffpreise etwas sinken werden und sich die Terms of Trade dadurch, zusätzlich zu den Effekten aus der Aufwertung, verbessern.

Wird sich der Dollar weiter abschwächen? Das wäre sehr im Sinne eines graduellen Abbaus des US-Leistungsbilanzdefizits, das seit ein paar Jahren wie ein Damoklesschwert über der Weltwirtschaft hängt. Die entscheidende Frage ist daher, ob die Nicht-Amerikaner weiterhin bereit sind, Dollaraktiva anzusammeln. Die Gewinnaussichten für US-Aktien haben sich sehr eingetrübt, wenn auch auf einem sehr hohen Niveau. Es ist sicher, dass die Gewinne sinken werden, jedenfalls in volkswirtschaftlicher Rechnung, weil die Lohnstückkosten rascher zunehmen als die Output-Preise der Unternehmen. Das macht Aktien jedenfalls nicht sehr attraktiv. Das Gleiche gilt für festverzinsliche Anleihen, die real nicht viel bringen – im Zehnjahresbereich sind es weniger als 2 Prozent per annum. Zudem besteht die Aussicht, dass die Fed, um eine Rezession oder eine sich selbst verstärkende Abschwächung des Wachstums zu vermeiden, dann doch die Zinsen senken wird, so dass es auch am Geldmarkt weniger gibt als heute. Bislang kann sich die US-Notenbank darauf verlassen, dass ein schwächeres Wachstum, so wie wir es jetzt erleben, bei dann zukünftig geringer ausgelasteten Kapazitäten zu einem Rückgang der Inflation bei Löhnen und Verbraucherpreisen führen wird. Niedrigere Zinsen wären daher kein Risiko für die künftige Stabilität.

Nein, die Dollarschwäche ist auch nach dem heutigen Tag, der dem Euro einen neuen Höchststand beschert hat, keineswegs vorbei. Eigentlich müssten Renminbi und Yen aufwerten, sie tun es aber nicht, weil die Chinesen intervenieren und die Japaner ihre Zinsen so niedrig halten. Bleibt der Euro. Erstaunlich, dass die Unternehmen hierzulande noch nicht aufschreien. Aber in Frankreich dürfte die Schmerzgrenze inzwischen überschritten sein, so dass Monsieur Trichet es sich zweimal überlegen wird, ob er die Zinsen auch nach dem 6. Juni noch anheben wird.