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Was Trichet hätte sagen sollen

 

Seit Montagmorgen wird zurückgeschossen. Die Europäische Zentralbank ist in Aktion getreten und interveniert am Markt für italienische und spanische Staatsanleihen. Die Maßnahme hat Trichet in einer Mitteilung am Sonntag wie folgt begründet:

Auf der Grundlage der obigen Beurteilungen wird die EZB ihr Programm für die Wertpapiermärkte aktiv umsetzen. Dieses Programm soll vor dem Hintergrund der Störungen in einigen Marktsegmenten zur Wiederherstellung einer besseren Transmission ihrer geldpolitischen Beschlüsse und somit zur Gewährleistung der Preisstabilität im Euro-Währungsgebiet beitragen.


Eine „bessere Transmission“ der geldpolitischen Beschlüsse dient also als Argument für den Eingriff. Wie sieht es aus mit der geldpolitischen Transmission: Die folgende Grafik zeigt den effektiven Zins auf Bankkredite an den Unternehmenssektor in Italien (für Kenner: MIR.M.IT.B.A2A.K.R.1.2240.EUR.N im Datenangebot der EZB).

Was sehen wir? Die Zinsen fallen mit den Leitzinssenkungen und sie stiegen wieder, seitdem die Notenbank die Geldpolitik strafft. Eine genaue Analyse kann ich hier nicht leisten, aber es sieht nicht so aus, als gäbe es hier größere Anormalitäten. Der von der EZB gesetzte Leitzins scheint also ganz gut in die Wirtschaft übertragen zu werden. Wenn das so ist, dann ist Trichets Begründung zumindest fragwürdig. Und ohnehin wäre die Frage, warum die EZB die Zuständigkeit für die Intervention an den EFSF übertragen will – schließlich sollte es doch die Aufgabe der Geldpolitik und nicht der Finanzpolitik sein, die Transmission ihrer Impulse zu gewährleisten.

Da gibt es also einige lose Enden. Dabei ist die Sache doch klar. An den europäischen Anleihemärkten drohte in den vergangenen Tagen eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale. Die EZB ist eingeschritten, um das zu verhindern und den privaten Investoren eine Brücke zurück in den Markt zu bauen. Nun ist ein solcher Eingriff gerade der deutschen Öffentlichkeit schwer zu vermitteln, weil er nach monetärer Staatsfinanzierung riecht (auch wenn es darum nicht geht).

Kein Wunder also, dass die Notenbank nach einer Begründung sucht, die ordnungspolitisch korrekt klingt. Deshalb der argumentative Spagat. Ich frage mich, wieso sich die EZB nicht einfach der altbekannten G7-Rhethorik bedient: Exzessive und ungeordnete Kursbewegungen sind unerwünscht und werden bekämpft – ob am Devisenmarkt oder am Markt für Staatsanleihen.

So wird ein Schuh draus und dann lässt sich auch der Ruf nach dem EFSF begründen. Und natürlich muss sichergestellt werden, dass es tatsächlich nur um Marktpflege geht und nicht um Staatsfinanzierung oder darum, den Euro-Ländern ein bestimmtes Zinsniveau zu garantieren. Durch Konditionalität oder wie auch immer.

Wolfgang Münchau weist heute in der FTD darauf hin, dass Staatsanleihen von Mitgliedsländern der Euro-Zone ein seltsames Biest sind. Sie sind nicht wirklich die Anleihen souveräner Schuldner, weil den Ländern die geldpolitische Souveränität fehlt. Damit entsteht ein Liquiditätsrisiko, dass in Ländern mit einer eigenen Zentralbank nicht existiert.

Anders gesagt: Das Risiko von Marktverwerfungen ist in einer Währungsunion besonders hoch, gerade oder obwohl das Wechselkursrisiko ausgeschaltet wurde. Um dagegen vorgehen zu können, braucht man geeignete Instrumente. Darum geht es, beziehungsweise sollte es gehen.