Patrick Bernau widmet sich der Frage nach der richtigen Konsolidierungsstrategie und wiederholt das Mantra konservativer Ökonomen: Ausgaben kürzen ist besser – also wachstumsfreundlicher – als Steuern anzuheben:
Wer jetzt trotzdem nach Steuererhöhungen ruft, um den Staatshaushalt zu sanieren – der lese die Studie von Alberto Alesina und Silvia Ardagna: Die beiden haben kürzlich abermals Hinweise darauf gefunden, dass Steuererhöhungen die Staatshaushalte nicht dauerhaft in Ordnung bringen.
Diese Aussage ist höchst problematisch.
Der IWF hat sich die Frage Ausgabenkürzung vs Steuererhöhunhen in seiner inzwischen legendären Konsolidierungsstudie vorgenommen – in der Alesina im Übrigen nicht gut wegkommt – und kommt dabei zu höchst interessanten Ergebnissen:
Thus, it appears that the difference in monetary policy responses accounts for much of the difference in output performance.
Steuererhöhungen sind also nicht inhärent wachstumsfreundlicher als Ausgabenkürzungen. Die Reaktion der Geldpolitik ist entscheidend. Und warum reagiert sie, wie sie reagiert?
These results are consistent with the notion that central banks view spending-based deficit cuts more favorably, possibly because they interpret them as a signal of a stronger commitment to fiscal discipline, and are therefore more willing to provide monetary stimulus following spending-based adjustments.
Mit anderen Worten: Die Zentralbanken sind eher bereit, die Zinsen zu senken, wenn der Staat Ausgaben kürzt statt Steuern zu erhöhen. Das aber ist keine ökonomische, sondern eine politische Begründung. Letztlich läuft es darauf hinaus: Zentralbanker sind in der Regel konservative Menschen und als solche haben sie eine Vorliebe für weniger Staatsausgaben – obwohl sie damit ihr Mandat verletzen, denn sie sind nicht für Finanzpolitik zuständig.
Das Problem lässt sich aber einfach lösen: Durch die Wahl der richtigen Zentralbanker. Die ehrliche Antwort von Alesina et al auf die Frage Steuern erhöhen vs Ausgaben senken müsste also lauten: Ökonomisch irrelevant, abhängig von politischen Präferenzen. Manche Leute – ich gehöre dazu – leben gerne in großzügigen Wohlfahrtsstaaten, die durch hohe Steuern finanziert werden. Andere bevorzugen den Nachtwächterstaat und wollen möglichst wenig Steuern bezahlen. Beide Positionen sind legitim. Nicht legitim aber ist, wenn es Ökonomen nicht um der Erkenntnis willen forschen, sondern um Weltanschauungen zu rechtfertigen.