Der Weltwirtschaft fehlt es nicht an Ressourcen und freien Kapazitäten. Sie könnte daher viel rascher expandieren als zurzeit. Vor allem die reichen Länder tun sich aber schwer mit einer Rückkehr zu früheren Wachstumsraten. In den Jahren vor der Finanzkrise war es zu Schuldenexzessen und einer massiven Fehlallokation von Kapital und Arbeit gekommen und damit zu Strukturen, die jetzt bereinigt werden müssen.
Da der Abbau von Schulden bei vielen Haushalten oberste Priorität hat, greifen die herkömmlichen geldpolitischen Instrumente nicht so recht – wie können die Verbraucher dazu überredet werden, neue Schulden zu machen oder ihre Sparquote zu verringern und mehr Geld auszugeben und so die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, wenn es für sie vor allem darum geht, von ihrem Schuldenberg herunterzukommen?
Und wie sollen die Banken ihre Kreditvergabe steigern, wenn sie von den Regulatoren dazu gezwungen werden, den Eigenkapitalanteil an der Bilanzsumme deutlich zu erhöhen? Die Finanzen der Banken zu stärken ist unbedingt notwendig, damit es nicht noch einmal zu bail-outs kommt. Das hat aber seinen Preis: Kreditexpansion und Bilanzschrumpfung schließen sich bis zu einem gewissen Grade aus. Es besteht bei den Banken ein starker Anreiz, Aktiva zu verkaufen, einschließlich der weniger rentablen Kredite, und nur ein schwacher Anreiz, ihren Kunden großzügig Kredit zu gewähren.
Und die Staaten mussten, angeblich ob sie es wollten oder nicht, für die Rettung der Banken so viele neue Schulden machen, dass sie heute keinen Spielraum mehr für finanzpolitische Stimuli haben. Auch für sie steht der Schuldenabbau ganz oben auf der Liste. Insgesamt ist die traditionelle Wirtschaftspolitik zu einem zahnlosen Tiger mutiert.
Jedenfalls gibt es in den Ländern, die von der Finanzkrise betroffen waren, de facto keine Inflationsrisiken. Disinflation und sogar Deflation sind fürs Erste wahrscheinlicher, vor allem weil die Outputlücken unverändert groß sind. Anders in den Schwellenländern. Sie sind, wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) befürchtet, zwar dabei, eigene Vermögensblasen zuzulassen, aber bislang weisen sie immer noch ein robustes Wachstum auf und sind weiterhin die Motoren der Weltwirtschaft. Ihr reales Bruttoinlandsprodukt nimmt seit Jahren mit Raten zu, die etwa dreimal höher sind als die der reichen Länder. Dort wird das Geld verdient.
Ich kann mir vorstellen, dass die Renditen auf deutsche Staatsanleihen in einem solchen Umfeld noch weiter sinken werden. Vor allem die Anleihen der europäischen Krisenländer dürften sich als profitable Anlagen erweisen.
Aktien aus den OECD-Ländern sind gemessen an ihren Kurs-Gewinn-Verhältnissen oder Kurs-zu-Buchwert-Relationen nicht mehr billig. Die Titel von dividendenstarken Unternehmen sind aber weiterhin eine gute Alternative angesichts der niedrigen Renditen auf Staatsanleihen, ganz zu schweigen von den Nullzinsen, die es auf Sparbücher gibt.
Wie können Anleger vom anhaltenden Boom in den Schwellenländern profitieren? Die Aktien befinden sich seit dem Crash von 2008 immer noch auf niedrigem Niveau und sind auch bewertungsmäßig ganz attraktiv. Da aber meist noch Probleme mit der sogenannten Corporate Governance bestehen, also mit der Behandlung von Minderheitsaktionären, der Transparenz und dem Rechtssystem, empfehlen sich die folgenden Strategien: Kauf von Aktien amerikanischer oder europäischer Unternehmen, die in diesem Teil der Welt wirtschaftlich erfolgreich sind oder Kauf von Exchange Traded Funds (ETFs).
Die Rohstoffpreise werden weiter fallen, weil die Produktion in Reaktion auf ihr einstmals sehr hohes Niveau deutlich gesteigert wurde und die Nachfrage nicht gerade boomt. Gold als Inflationsschutz ist ziemlich sinnlos – nur zur Streuung von Risiken eignet sich das Edelmetall. Der Ölpreis ist fundamental zu hoch und wird nach dem Ende der Unruhen im Nahen Osten deutlich fallen. Fragt sich nur, ob es dazu jemals kommen wird.
Ausführliches zur wirtschaftlichen Lage in den USA, im Euro-Raum, Japan und wichtigen Schwellenländern, sowie den Aussichten und Risiken für Aktien, Bonds, Wechselkurse und Rohstoffe finden Sie in meinem neusten Investment Outlook:
Wermuth’s Investment Outlook – No limits to global growth so far, July 2014*) (pdf, 507 KB)
*) Der Investment Outlook von Dieter Wermuth ist in englischer Sprache verfasst und wird im Herdentrieb in loser Folge zum Herunterladen bereitgestellt. (UR)