Mario Draghi hat es derzeit bekanntlich nicht leicht: Er will die Bilanzsumme der EZB unter anderem durch den Ankauf von ABS-Papieren und neue Hilfskredite für die Banken deutlich ausweiten, aber das gelingt nicht so richtig, weil die Banken das Geld nicht wollen und die EU-Staaten keine Ausfallgarantien für die Papiere abgeben wollen. Deshalb deutet vieles darauf hin, dass die EZB ihre Bilanzziele nicht erreicht – es sei denn, sie kauft Staatsanleihen auf, was zu einem Aufstand in Deutschland führen dürfte. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat Draghi bereits zu verstehen gegeben, was er von dessen Plänen hält: Man könnte es mit eher wenig ganz gut umschreiben.
Warum also wirkt Draghi im Moment eigentlich ganz entspannt? Vielleicht weil es ihm darauf nicht ankommt. Weil er in Wahrheit eine anderen Wirkungskanal im Blick hat: Den Wechselkurs. Der Euro hat gegenüber dem Dollar seit Jahresbeginn um rund siebeneinhalb Prozent nachgegeben – und das liegt auch an der geldpolitischen Linie der EZB, die den Märkten signalisiert, dass anders als in den USA in Europa derzeit keine Zinserhöhungen anstehen.
Eine Abwertung kann im Kampf gegen die Krise ein sehr effizientes Instrument sein: Sie hilft Ländern wie Frankreich mit preissensitiven Exporten. Sie wirkt direkter auf die Realwirtschaft als eine Verbesserung der Finanzierungsbedingungen etwa durch den Ankauf von Anleihen. Solange sich die Handelspartner ruhig verhalten und nicht zum Gegenangriff übergehen sollte das der Konjunktur einen Schub geben. Und überdies erhöht es auch direkt – also nicht nur über den Umweg einer höhere Nachfrage – die Inflation, weil sich die Einfuhren verteuern. Das kann zum Beispiel bei der Stabilisierung der Inflationserwartungen helfen.
Das Problem ist nur: Niemand weiß, wie lange die Handelspartner sich ruhig verhalten. Beim Treffen der G20 in Australien waren die Wechselkurse kein Thema, aber das kann sich ändern. Dann droht schlimmstenfalls ein Abwertungswettlauf, den niemand gewinnen kann.
Der Euro mag zudem gegenüber dem Dollar nachgegeben haben, gegenüber anderen Währungen aber nicht so sehr. Wie Bloomberg schreibt:
The monetary policies of Japan and China are almost just as important, with the yen and yuan accounting for a quarter of the euro’s value, according to Marcussen. With their central banks also dovish, the euro may have less far to fall against those currencies, meaning a 10 percent decline on a trade-weighted basis would require the single currency to drop below $1.15 and 70 pence. It was at $1.28 and 0.78 pence today.dsd
Und: Bislang haben sich die Märkte durch Ankündigungen in die gewünschte Richtung treiben lassen. Es ist gut möglich, dass sie irgendwann Taten sehen wollen. Dann müsste Draghi liefern und das dürfte aus den oben genannten Gründen schwierig werden.
Es wird sich also erst zeigen, wie scharf Draghis Geheimwaffe wirklich ist.