Im Mai 2017 hatte die High-Level Commission on Carbon Prices unter der Leitung der Professoren Joseph Stiglitz und Lord Nicholas Stern festgestellt, dass der größte Teil der von den Menschen emittierten Treibhausgase nicht oder viel zu niedrig besteuert sei. Wenn die Pariser Klimaziele bis 2020 erreicht werden sollen, müsste jede Tonne CO2, die freigesetzt wird, bis 2020 mit mindestens 40 bis 80 Dollar belastet werden, und dann bis zum Jahr 2030 mit mindestens 50 bis 100 Dollar. Ich denke sogar, dass die Karbonsteuern noch höher sein müssten, wenn die gesamten negativen Effekte durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe abgegolten werden sollen.
Wenn ich die Zahlen der folgenden Tabelle nehme und sie mit der Größe der Bevölkerung der einzelnen Länder gewichte, komme ich im Durchschnitt auf eine steuerliche Belastung von etwa 22 Dollar pro Tonne, also auf einen Wert, der weit unterhalb des Erforderlichen liegt. Jeder weiß, dass der Preismechanismus, also die Verteuerung der Emissionen, das wirksamste Mittel gegen den Klimawandel ist, in der Praxis aber spielt er nur eine geringe Rolle. Es gibt zu viele einflussreiche Sonderinteressen, die seinen durchgängigen Einsatz verhindern.
In Europa wird immerhin der Straßenverkehr im großen Ganzen angemessen besteuert. In der Industrie, im Luftverkehr, bei der Stromerzeugung, bei der Heizung von Gebäuden oder in der Landwirtschaft tut sich aber wenig.
Die Temperatur wird weiter zunehmen, wenn die großen Umweltsünder China, USA und Russland nicht eine radikale Kehrtwende einleiten. China versucht das offenbar, aber die anderen beiden machen kaum irgendwelche Anstalten, ebenso wenig wie die meisten übrigen bevölkerungsreichen Länder.
Die Erdölförderung und damit der Ausstoß von CO2 nehmen immer noch Jahr für Jahr zu, wenn auch nicht mehr so rasch wie früher. Zum Teil hat die verlangsamte Expansion damit zu tun, dass Erdöl, ebenso wie Kohle und Gas durch die immer billigeren regenerativen Energiequellen ersetzt wird und sich damit seinerseits verbilligt – was wiederum den Verbrauch stimuliert, den Umstieg auf Erneuerbare verzögert und der Umwelt schadet. Nur durch steigende steuerliche Belastungen kann die Politik da gegensteuern. Das ist aber leichter gesagt als getan.
Es ist daher kein Wunder, dass die CO2-Emissionen weiterhin zunehmen. Im vergangenen Jahr haben sie nach Aussage der Internationalen Energieagentur (IEA) den Rekordwert von 32,5 Mrd Tonnen erreicht. Das waren 1,4 Prozent mehr als im Jahr 2016. Die drei vergangenen Jahre waren nach Auskunft der Weltwetterorganisation WMO die wärmsten seit dem Beginn der Aufzeichnungen.
Im unteren Teil der folgenden Grafik lässt sich ablesen, dass das globale BIP-Wachstum einhergeht mit einer im Trend immer geringeren Zunahme der Emissionen. Die Korrelation ist aber weiterhin positiv. Da das reale BIP ziemlich stetig Jahr für Jahr um rund 3,5 Prozent steigt, dürfte die Umweltbelastung durch freigesetztes CO2 zurzeit ebenso stetig um rund 1,3 Prozent pro Jahr zunehmen. Es wird nicht besser!
In einem kürzlich vorab bekannt gewordenen Bericht des UN Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wird gezeigt, dass das Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bis 2040 auf 1,5 Grad zu begrenzen, nicht eingehalten werden kann, wenn sich die aktuellen Trends fortsetzen. Im Augenblick ist die Welt bei plus 1,1 Grad angekommen (sagt die WMO). Ohne rasche und breit angelegte Maßnahmen wird es nicht gehen.
Aber der Enthusiasmus in Sachen Klimapolitik hat in den vergangenen Jahren stark nachgelassen. Vor einigen Tagen hat die neue Umweltministerin Svenja Schulze beim Vorstellen des neuen Klimaschutzberichts eingeräumt, dass Deutschland schon seit einiger Zeit keine Vorreiterrolle mehr zukommt und dass sich das Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken, nicht mehr erreichen lässt. Vielleicht seien 32 Prozent möglich. Groß erschüttert war niemand darüber. Die Schlagzeilen werden von anderen Themen beherrscht.
Vermutlich braucht es mal wieder eine größere Klimakatastrophe, damit es an der Umweltfront weitergeht. Es ist nicht leicht, die Menschen zu mobilisieren, wenn das Risiko eher abstrakter Art ist und erst in der weiter entfernten Zukunft eintreten dürfte.