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Die Dynamik ist ungebrochen

 

BIP Deutschland, Q1 2007

Die Optimisten haben recht behalten. Nach der vorläufigen Berechnung des Statistischen Bundesamtes ist das reale Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal saisonbereinigt um 0,5 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2006 gestiegen. Dass es nicht noch mehr war, lag vor allem am schwachen privaten Konsum. Hier hat sich die Mehrwertsteuererhöhung bemerkbar gemacht. Sie hat das Wachstum gedämpft. Zu einer regelrechten Delle kam es aber nicht. Die Dynamik, die im letzten Jahr eingesetzt hat, ist ungebrochen.

HERDENTRIEB hatte sich mit seinem Optimismus weit vorgewagt (hier und hier) – und aufgrund der positiven Zahlen zur Industrieproduktion selbst ein Wachstum von einem Prozent für möglich gehalten. Der Konsens der Analysten ging von einem mageren Plus in Höhe von 0,3 Prozent aus. Wir lagen nicht ganz so stark daneben, wie der erste Blick auf die Zahlen vermuten lässt. Denn das vierte Quartal ist nach oben revidiert worden. Ohne die Revision wäre das BIP im ersten Quartal um 0,7 Prozent gestiegen!

Der Anstieg der Industrieproduktion hatte im März etwas nachgelassen, so dass sie im ersten Quartal nur um 1,7 Prozent über dem Vorquartal lag, das war weniger als wir aufgrund des Beschäftigungsanstiegs erwartet hatten. Ebenso kam es beim Bau nach der kräftigen Expansion in den vier vorangegangenen Monaten im März zu einem Rückgang der Produktion. Von daher waren wir etwas zu optimistisch, was das erste Quartal anbetrifft. Die Aussichten für den weiteren Verlauf des Jahres sind aber unverändert positiv. Die Auftragseingänge in der Industrie sind unvermindert hoch, so dass die Dynamik anhalten wird.

Die Europäische Kommission hat am heutigen Dienstag ihre monatliche Wachstumsprognose für Euroland veröffentlicht. Sie rechnet im Mittel für die nächsten zwei Quartale mit einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 0,65 Prozent und im vierten Quartal mit 0,55 Prozent. Die gute Auftragslage und die im Vergleich weiterhin niedrigen Lohnstückkosten lassen vermuten, dass die deutsche Wirtschaft mindestens im Durchschnitt der Mitgliedsländer der Währungsunion wachsen wird, eher darüber, also mit mindestens 0,6 Prozent in den folgenden Quartalen. Ein Wachstum von 3 Prozent in diesem Jahr ist demnach bei dem schon im ersten Quartal bestehenden Überhang von 2 Prozent durchaus realistisch. Würde das Bruttoinlandsprodukt ab jetzt stagnieren, hätte man nämlich schon 2 Prozent Wachstum für dieses Jahr in der Tasche, den um so viel liegt das BIP im ersten Quartal über dem Durchschnitt von 2006.

Um die Entwicklung der Investitionen braucht man sich kaum Sorgen zu machen, wie im letzten Jahr haben sie auch im ersten Quartal das Wachstum getragen. Die Unbekannte auf der Nachfrageseite ist weiterhin der private Konsum. Wenn im ersten Quartal der Effekt der Mehrwertsteuererhöhung auf den privaten Konsum verarbeitet worden ist, kann man mindestens davon ausgehen, dass vom Konsum in den kommenden Quartalen kein negativer Beitrag mehr kommt. Wahrscheinlicher ist, dass er angesichts des Beschäftigungsanstiegs und der höheren Tarifabschlüsse in diesem Jahr positiv zum Wachstum beitragen wird. Das Hoch beim Konsumentenvertrauen im April deutet an, dass die Zuversicht in eine freundlichere Zukunft wieder zurückkehrt. Was auch bitter nötig ist, denn ohne Konsum wird es kein anhaltendes Wachstum geben.