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Draghis magische Worte

 

Eine neue Mode macht sich breit in europäischen Zentralbankkreisen: Forward guidance – gemeint ist damit der Versuch, durch verbale Signale zukünftiges Handeln vorhersehbar zu machen. Im konkreten Fall: Die EZB und die Bank von England versprechen, die Zinsen für einen längeren Zeitraum nicht anzuheben.

Es ist der verzweifelte Versuch, sich gegen die Zinswende in den USA zu stemmen. Dort hat Ben Bernanke mit seiner Ankündigung die geldpolitische Lockerung zurückzunehmen, für große Aufregung gesorgt und einen massiven Zinsanstieg verursacht, der auch auf Europa übergegriffen hat. Das ist Gift für die europäische Konjunktur und deshalb greift Draghi nun zu diesem außergewöhnlichen Mittel. Die Zentralbank kann schließlich über ihre Geldleihegeschäfte mit den Banken nur die kurzfristigen Zinssätze steuern, auf die für die Wirtschaft wesentlich wichtigeren langfristigen Zinsen hat sie nur indirekt Einfluß.

Indem sie nun den Märkten signalisiert, in Zukunft vorerst keine Zinserhöhungen zu planen, versucht sie die Investoren in langfristige Engagements zu treiben, sodass die Zinskurve wieder flacher wird. Zuletzt haben viele Banken einen Bogen um länger laufende Staatsanleihen gemacht, weil diese an Wert verlieren, wenn die Zinsen steigen (weil ja neu ausgegebene Anleihen dann mehr Zinsen abwerfen als die bereits umlaufenden). Und weil der Zinssatz auf lang laufenden Staatsanleihen ein Taktgeber für viele andere längerfristige Finanzierungsverträge ist, kann die Notenbank auf diese Weise die Finanzierungskonditionen beeinflussen.  Alternativen hatte Draghi wohl nicht: Weder eine neue Zinssenkung noch neue unkonventionelle Maßnahmen oder gar QE sind im Rat mehrheitsfähig.

Wird es funktionieren?

Das hängt entscheidend davon ab, wie glaubwürdig die Ankündigung der EZB ist. Schließlich ist eine Vorfestlegung ja keine Garantie. Niemand kann die EZB zwingen, ihr Versprechen auch einzuhalten (zumal sich Draghi ja einige Hintertüren offengelassen hat, indem er die Zinsentwicklung von der Entwicklung der Inflation und des Kreditwachstums abhängig gemacht hat). Sie kann nach wie vor tun und lassen, was sie will und wenn sie entgegen ihrer Ankündigung die Zinsen doch bald anhebt, dann hätten all jene, die sich auf ihre Ankündigung verlassen haben, viel Geld verloren.

Und genau deshalb bin ich nicht sicher, ob Draghis Trick funktioniert. Die EZB ist bekannt dafür, die Zinsen eher zu früh als zu spät anzuheben. Ob es ihr die Märkte abnehmen, dass sie nicht beim ersten Hauch einer konjunkturellen Verbesserung wieder gegensteuert, wird sich zeigen. Am Ende ist die Frage, ob forward guidance nur eine Prognose der Entwicklung von Wachstum und Inflation ist, oder eine Änderung der Reaktionsfunktion bedeutet. Wenn ersteres der Fall ist, dann wäre die einzige Neuigkeit der Pressekonferenz, dass die EZB mit einer weiterhin schwachen Wirtschaft rechnet und dann dürften der Effekt an den Märkten schnell verpuffen.

Aber immerhin: Draghi versucht aus der Situation zu machen, was er kann.