Lesezeichen
 

Das Exemplarische an Mehdorn

Als am Montagabend die Kanzlerin im Fernsehen zu sehen war und auf irgendeiner Meereskonferenz als Hintergrund sprach und Hartmut Mehdorn ihren Respekt bekundete, da sah sie in ihrem rosa Jäckchen wirklich schlecht aus. Als sei sie am Ende ihrer Kräfte. Normalerweise hätte ich instinktiv gedacht oder auch mehr oder weniger mitfühlend gefragt, „wollen Sie sich nicht ein wenig hinlegen?“ Im Fall dieser Kanzlerin geht mir das anders. Ich wünschte mir, dem immer noch feist und gesund dreinblickenden Steinmeier möge es ähnlich gehen wie Merkel. Weiter„Das Exemplarische an Mehdorn“

 

Ein löbliches Ziel, das nicht zu erreichen ist

Noch nie sei auf einen Konjunktureinbruch so schnell und umfassend reagiert worden, meinte gestern in der Bundestagsdebatte zum Konjunkturpaket Freiherr von und zu Guttenberg. Offensichtlich ist der adelige Wirtschaftsminister in der Wahrnehmung der Realität so langsam wie sein Vorgänger Glos im sprachlichen Ausdruck. Immerhin wurde laut Glos in seinem Ministerium schon vor einem Jahr die Auflegung eines Konjunkturprogramms erwogen. Ein Jahr dauerte es also, bis die Wirtschaftsverbände, die orthodoxen Volkswirte und schließlich auch die Bundesregierung ihre interessegeleiteten Hemmungen gegen Konjunkturprogramme endlich aufgegeben haben. Wahrlich rasant!

Wirklich schnell ging oder geht es dagegen bei der Bankenrettung. Das, so werden Gutwillige sagen, liegt daran, dass man im Falle einer drohenden Bankenpleite sofort handeln muss. Unter dem Zwang der Umstände hätten deshalb binnen Tagen, wenn nicht Stunden die zweistelligen Milliardenbeträge für IKB, Commerzbank und Hypo Real Estate locker gemacht werden müssen. Auch in den USA und in anderen westeuropäischen Ländern sei schließlich so verfahren worden. Eine Bank über die Wupper gehen zu lassen, habe verheerende Folgen. Das könne man ja am Fall Lehman Brothers gut erkennen. Weiter„Ein löbliches Ziel, das nicht zu erreichen ist“

 

Es ist die alte Politik

Ich muss noch einmal auf die Commerzbank zurückkommen. Diese Stütze vom Staat, diese Teilverstaatlichung ist einfach von der Größe des Engagements bedeutend. Sie bestimmt die Struktur des deutschen Kapitalismus auf Jahre hinaus. Sie ist außerdem exemplarisch dafür, wie in diesem (natürlich nicht nur in diesem) Land Politik betrieben wird.

Handelt es sich um einen Politikwechsel? Das scheint zunächst so. Denn der nun schon Jahrzehnte währende Hang, alles und jedes zu privatisieren, scheint in sein Gegenteil verkehrt. Jetzt wird wieder verstaatlicht. Robert hat in diesem Blog die Verstaatlichungsaktion denn auch ausdrücklich begrüßt; besonders jenen Aspekt, dass Berlin in diesem Fall nicht nur als stiller Teilhaber auftritt, sondern sich Stimmrechte in Höhe der Sperrminorität gesichert hat. Dies könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein, meint er, in Richtung einer notwendigen Zähmung oder Reregulierung des Kapitalismus. Zweitens jubelt er geradezu (wie ich übrigens auch), weil nun überdeutlich nachgewiesen wird, dass das Geschwätz von der höheren Effizienz der Privaten eben nur Geschwätz ist. Nicht einmal die verstocktesten Ideologen, unter denen sich auch aktive Herdentrieb-Diskutanten befinden, können nun noch an die Überlegenheit des freien Marktes glauben. Weiter„Es ist die alte Politik“

 

Die Privaten können’s auch nicht

Nun hat auch Deutschland seine erste teilverstaatlichte Privatbank. Andere Länder wie England oder die USA kennen das schon. Deshalb sollten sich die Bürger nicht grämen. Es kann der Debatte in diesem ideologisch verkrusteten Land nur gut tun. Bis zuletzt galt den Verfechtern der reinen Marktlehre der Zustand, dass vor allem staatliche Landesbanken horrende Verluste schrieben und Steuergeld brauchten als der klare Beweis dafür, dass der Staat es nicht kann. Weiter„Die Privaten können’s auch nicht“

 

Der gefährlich blinde Fleck der Notenbanker

Die Finanzkrise hat auch ihr Gutes: Sie sät Zweifel, Zweifel an falschen Gewissheiten. Mit Freude habe ich vergangene Woche vernommen, dass selbst Joe Ackermann sich mit seinem Renditeziel von 25 Prozent nicht mehr recht wohl fühlt. Ja, die absurden Eigenkapitalanforderungen geraten ins Wanken. Und das ist gut so, denn sie sind mit das größte Kreuz des modernen Finanzkapitalismus. Mit der Kritik an den überzogenen Renditevorstellungen der Unternehmen wird der Finger in eine offene Wunde der Notenbanker gelegt. Darum haben sich nämlich die Herren und Damen Volkswirte in den Direktorien über Jahre viel zu wenig Gedanken gemacht. Sie haben immer nur auf die Inflationserwartungen gestarrt und die Gewinnerwartungen außen vor gelassen.
Weiter„Der gefährlich blinde Fleck der Notenbanker“

 

Ein Konjunkturprogramm – jetzt!

Ausnahmsweise muss ich mal Michael Glos, den populistischen Wirtschaftsminister rühmen. Sein Haus bereitet angesichts des rapiden Abschwunges gerade Pläne für eine Konjunkturspritze vor. Glos ist zurzeit der einzige Politiker in der Großen Koalition, der den Sinn von Konjunkturprogrammen verstanden hat. Herr Glos, lassen Sie Merkel und Steinbrück zetern und stecken Sie noch weitere kluge Köpfe Ihres Hauses in das Projekt. Sie werden damit ganz groß rauskommen, denn schon in vier Wochen wird das Heulen und Zähneklappern unüberhörbar sein. Der Abschwung überrollt die deutsche Wirtschaft gerade. Sie müssen noch heftig am Design des Programms feilen und auch die Höhe ist mit zehn Milliarden Euro wohl etwas zu knapp bemessen. Aber der Reihe nach.
Weiter„Ein Konjunkturprogramm – jetzt!“

 

Alle Banken verstaatlichen?!

Als ich gestern den „persönlichen Jahresrückblick“ geschrieben habe und vorher mir noch ein paar kluge Artikel zur Kreditkrise reingezogen habe, bekam ich Zweifel, ob private Banken überhaupt eine Daseinsberechtigung haben. Ob man sie nicht besser alle verstaatlichen sollte. Starker Tobak, ich weiß. Doch auch heute sind meine Zweifel nicht kleiner geworden.
Weiter„Alle Banken verstaatlichen?!“

 

Rettungsversuch. Klappe, die zweite

Upps. Das hatte niemand auf der Rechnung. Die beiden mächtigsten Männer der Welt sangen im Duett: It is not our job to bail out speculators. Was so viel heißt, wie es ist nicht unsere Aufgabe, Spekulanten aus der Klemme zu helfen. Das sagte George W. Bush in seiner Rede, mit der er erste Maßnahmen zur Eindämmung der Subprime-Krise verkündete. Das sagte eine Stunde vorher Ben Bernanke, der Chef der amerikanischen Fed. Gut gebrüllt. Und die konzertierte Aktion verfehlte auch nicht ganz ihre Wirkung. Einige übermütige Spekulanten, die sich heute das Rettungspaket par Excellence versprochen hatten, bekamen etwas auf die Finger. Dennoch darf der Satz nicht darüber hinweg täuschen, dass Bush heute höchstpersönlich nachgelegt hat. Mit einem neuen Rettungsversuch. Vor zwei Wochen erst hatte Bernanke den Diskontsatz der Fed gesenkt und das Diskontfenster für alle möglichen toxischen Papiere weit aufgemacht. So ernst ist die Krise am amerikanischen Hypothekenmarkt, so ernst ist die Krise im globalen Kapitalismus. Sind die Ankündigungen Bush’s für die armen, in Zahlungsschwierigkeiten steckenden Haushalte das richtige Heilmittel?
Weiter„Rettungsversuch. Klappe, die zweite“

 

Regulierung wichtiger als Transparenz

Die gegenwärtige Krise des Finanzkapitalismus ist die schwerste seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Das ist keine Übertreibung! Wir stehen erst ganz am Anfang. Und ich wette, dass uns die Krise mindestens noch zwei, drei Jahre beschäftigen wird. Nach meinem fast vierwöchigen Urlaub der erste Versuch ein paar Fragen zu beantworten, die mich umtreiben. Hier die erste: Wer ist schuld an der größten Vertrauenskrise seit 80 Jahren? Größte Vertrauenskrise, weil im Kapitalismus nichts schlimmer ist, als wenn sich die Banken gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen. Die triviale Antwort: Die Spekulanten sind schuld. Die Gier immer schneller immer reicher zu werden. Die feige Antwort: Die Notenbanken sind schuld. Sie erst haben mit ihrer laxen Geldpolitik nach dem Platzen der Technologieblase Anfang des Jahrtausends die Kreditpyramiden entstehen lassen. Die richtige Antwort: Die Deregulierung der Finanzmärkte seit dem Ende des Bretton Woods System ist zu weit gegangen.
Weiter„Regulierung wichtiger als Transparenz“

 

Give growth a chance

Spätestens mit der heutigen Zinserhöhung stimuliert die Europäische Zentralbank (EZB) das Wachstum Eurolands nicht mehr. Das dürfte Jean-Claude Trichet genauso sehen, der wohl das A-Wort auf der gleich beginnenden Pressekonferenz vermeiden wird. Das A-Wort ist das berühmte „akkomodierend“, das die EZB-Volkswirte seit Jahren nutzen, um zu signalisieren, dass ihre Geldpolitik konjunkturfördernd ist. (Nachtrag: Ich habe mich geirrt! Trichet hat „policy remains on the accommodative side“ gesagt. Unglaublich. Das sollte er mal vorrechnen!) Gerade hat die EZB den Leitzins auf vier Prozent angehoben. Damit hat sie die Zinsen binnen 18 Monaten verdoppelt! Bremst sie schon? Wahrscheinlich noch nicht. Aber erste Bremsspuren an den Immobilienmärkten und bei der Immobilienkreditvergabe vor allem in Spanien, Irland und Frankreich sind nicht mehr zu leugnen. Ja, die Banken erwarten sogar wieder strengere Vergabekriterien für Immobilienkredite, wie der jüngste Lending Survey der EZB zeigt Seite 5 und 6). Es ist an der Zeit innezuhalten, Mister Trichet. Vier Prozent sind genug. Weiter„Give growth a chance“