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Die muslimischen Superhelden sind da

Newsweek berichtet über „The 99“, den ersten islamischen Superhelden-Comic, in dem ein guter Muslim namens Dr. Ramzi gegen einen bösen namens Rughal antritt. Beide wollen die Kraft der „99 Steine“ für sich nutzen (die 99 Namen Allahs), der eine zur Weltverbesserung, der andere zur Weltbeherrschung.
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Christopher Dickey sieht in dem Comic einen Versuch, den Dschihadis die Coolness zu nehmen und die Kinder und Jugendlichen für einen anderen Islam zu begeistern.

Zitat:
„In fact, these comics are tapping into many of the same themes exploited by bin Laden, who is, after all, bent on world domination. The message that Islamic civilization once was a mighty realm of learning and science is dear to jihadi firebrands, who tend to pine for days of old when Muslim knights were bold. The seminal treatise of Ayman Al-Zawahiri, Al Qaeda’s leading ideologue, is called „Knights Under the Prophet’s Banner.“ But the narrative in „The 99“ is a great deal more accessible and potentially more inspiring to the eight-to-14-year-old crowd who will provide us with the next generation of suicide bombers—or not.

As Scott Atran points out, these kids dream of fighting for some meaningful cause that will make them heroes in their communities. Bin Laden and Al-Zawahiri—and Arab satellite television and in some cases their own experiences—have convinced them that fighting against the most powerful country in the world and its allies is the most heroic thing they can do.

No, „The 99“ comic books are not going to solve that problem. Their circulation is in the tens of thousands at this point, while bin Laden’s violent message gets out to billions. But comic books are „likely to be a lot more helpful than our bullets and bombs in attracting young people away from jihadi cool,“ says Atran. They might even help convince Washington that „knowledge is the true base of power.“ But maybe that’s hoping for too much.“

Hier kann man ein Heft kostenfrei herunterladen.

 

Hamas und Israel – Feinde mit ähnlichen Problemen

Der unvergleichliche Bradley Burston nimmt in Haaretz die Aufregung um Jimmy Carters Hamas-Diplomatie zum Anlass, ein paar Worte an „unseren schlimmsten Feind“ zu richten. Darunter versteht er nicht Iran, sondern eben die Hamas. Und nur Hamas, schreibt er, hat als schlimmster Feind auch den Schlüssel zur Lösung des Konflikts in der Hand. Hamas und Israel, schreibt er weiter, sind sich in entscheidenden Punkten ähnlich. Vor allem in ihren jeweiligen Lebenslügen.
Und er erklärt nebenbei noch, um was es eigentlich in diesem Stadium des Nahostkonflikts geht: defensible borders – Grenzen, die man verteidigen kann. Klingt einfach, ja banal, ist aber das Schwierigste. Denn dem stehen die Siedler entgegen – und Hamas‘ Weigerung, Israel anzuerkennen:

„You are our worst enemy because, apart from us, you are the only party with the strength and the capability to forge a solution to the conflict and because – like us – you cannot bring yourselves to decide what you really want, what you’re willing to do about it, nor roll over and go out of business as a result.

You are our worst enemy because you face many of the same problems that we do.

You want to find a solution for huge numbers of people who view pre-1967 Israel as their rightful home.

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Die Abbildung zeigt das Hamas-Logo. Oben sieht man das Territorium, das Hamas beansprucht: ganz Israel, inklusive Westbank und Gaza als Groß-Palästina. An diesem Logo müßte man dringend arbeiten, wenn es einen Friedensvertrag jemals geben soll.

We want to find a solution for huge numbers of people who view post-1967 territories as their rightful home.

Neither of wants to tell these people what we know in our hearts to be true – that the fervent beliefs in a Jewish Greater Israel and an Islamic Palestine are unrealizable.

I understand that after 60 years of grief and longing – to say nothing of Arafat’s lies about millions of Palestinian potential shahidim, presumably many of them refugees, marching on Jerusalem – offering refugees and their descendants something less than a return is an impossible sell.

In the long run, though, it’s one that you’ll have to find a way to make. Just as we’re likely to have to someday move tens and tens of thousands of settlers out of the homes.

Why, you may ask, do we not go ahead and do it now, force these people to move, return to 1967 lines?

I have two words for our worst enemy: defensible borders.

That, at root, is what Israelis want. Not the east Jerusalem Palestinian villages annexed to the city, not the settlements, not the suffering of the Palestinian people.

The fact is, our settlers have abandoned trying to sell Israelis the idea that the settlements are good for them. Now, all they really have to sell, is the concept that Qassams are bad for them.

Since the disengagement from Gaza, this has become a given for Israelis, even most of those who long supported the cause of an independent Palestine in the territories.

For Israelis, you, as our worst enemy, have reduced defensible borders to the bedrock issue.

What’s it going to take for both sides, both enemies, to get to the point where the 1967 lines become defensible borders?

You’re not going to like this. But you might turn out to be better at this than we are.

In the Middle East, peace is made by individuals willing to be the true shahid, the person who is willing to become a sacrifice to the cause of creating a future for two peoples, leaders who are willing to become in a literal sense a martyr for peace.

Anwar Sadat and Yitzhak Rabin were such, as were lesser know but no less heroic people like Issam Sartawi and Emil Grunzweig, people killed by extremists on their own side, for the crime of having worked for reconciliation.

Yasser Arafat, who said he was our friend, repeatedly spoke of the peace of the brave, but lacked the courage to become that martyr for his people.

In the end, I have much more faith in the courage of the worst of our enemies.

 

Aussen Minister, innen rot

Aus der aktuellen Print-Ausgabe: Ein Porträt des Aussenministers und Vizekanzlers Frank-Walter Steinmeier, das ich zusammen mit dem neuen Kollegen Peter Dausend geschrieben habe. Die beiden Reden, auf die ich mich beziehe, finden sich hier und hier.

Vom Rasenplatz in Bochum zu den Lehmplätzen von Ouagadougou braucht Frank-Walter Steinmeier nur Sekunden, für den Rollenwechsel vom SPD-Vize zum Außenminister nur einen Satz. Soeben hat Kurt Becks Stellvertreter mit Fans und Spielern des VfL Bochum über Rassismus im Fußball diskutiert – und jetzt berichtet Deutschlands höchster Diplomat von Straßenkindern in Burkina Faso. »Faszinierend« sei es, wie ein Fußballprojekt diesen Vergessenen zwar nur selten eine Profikarriere beschere, aber oft einen Schulabschluss. Burkina Faso ist das ärmste Land der Welt, die SPD eine gepeinigte deutsche Partei, der Fußball politisch – und die nächste Rolle immer die schwerste.
Steinmeier hat nun gleich vier Rollen zu spielen. Seit Oktober 2007 ist der Außenminister auch stellvertretender SPD-Chef, seit November Vizekanzler – und seit Kurt Becks Wortbruch Kanzlerkandidatenkandidat. Nicht genug damit, dass Steinmeier mit vier Hüten durch die Welt reist. Er muss seine Reiseplanung immer mehr an innenpolitischen Pflichten ausrichten: Wegen Becks Krise musste vor zwei Monaten bereits der Indien-Teil seiner Asienreise amputiert werden. Und am vorletzten Sonntag killte die Parteisitzung zur Bahnreform die Station Chicago bei Steinmeiers Amerika-Trip. Seine Gesprächspartner in aller Welt werden sich im Wahljahr 2009 daran gewöhnen müssen, dass der Außenminister sonntags und montags meist Innenpolitik macht.

Als Steinmeier vor gut zweieinhalb Jahren an die Spitze des Auswärtigen Amtes bestellt wurde – der erste Sozialdemokrat seit Willy Brandt –, wiederholte sich ein Phänomen, das noch aus jedem Klaus Kinkel einen Politstar gemacht hat: Kaum im Amt, stürmen Außenminister alle Popularitäts-Hitparaden. Bei Steinmeier überraschte das dennoch. Schließlich war er bis zu seinem Amtsantritt den Deutschen weitgehend unbekannt. Für andere war der Außenministerposten oft Krönung einer öffentlichen Karriere – für den promovierten Juristen der Einstieg. Im stillen Kämmerlein eines Staatskanzleichefs in Hannover, eines Kanzleramtschefs in Berlin hatte der heute 52-Jährige mehr als ein Jahrzehnt lang all das organisiert, was ein anderer, Gerhard Schröder, im öffentlichen Scheinwerferlicht als seine Politik verkaufte. Steinmeiers rasanter Aufstieg von Schröders Schattenmann zu Merkels Beliebtheitsrivalen hat jenseits der roten Teppiche mehrere Ursachen: den Hanns-Joachim-Friedrichs-Reflex, mit dem die Deutschen grau melierten Männern, die sie aus dem Fernsehen kennen, Seriosität und Glaubwürdigkeit attestieren. Die sonore Stimme, die gelassen eine Politik erklärt, die nur schwer zu verstehen ist. Die vielen »konstruktiven Dialoge«, »fruchtbaren Gespräche« und »gemeinsamen Bemühungen«, die einen so sehr aller Parteilichkeit entheben, bis der Sozialdemokrat im Außenminister verschwindet. Doch der muss jetzt wieder sichtbar werden. Steinmeier ist nun außen Minister – und innen rot.
»Werden Sie denn nun gegen Merkel antreten?«, will Professor John Silver in Harvard wissen. Der Außenminister hat gerade eine programmatische Rede gehalten. Steinmeier scherzt, er habe die Einladung an die Elite-Eni in Mas­sa­chu­setts eigentlich angenommen, weil er sich hier vor solchen Fragen sicher wähnte. Aber nicht gefragt zu werden hätte ihm auch nicht gefallen.
Steinmeier war längst Diplomat, bevor er an die Spitze des Auswärtigen Amts wechselte…

Steinmeiers Rollenkonflikt besteht darin, dass er nach außen Entspannungspolitiker bleiben will, nach innen aber Spannungspolitiker werden muss. Das spiegelt sich in den zwei großen Reden, die er jüngst gehalten hat – eine nach Osten, eine nach Westen gerichtet. In Berlin warb er für eine »neue europäische Ostpolitik«, in Harvard stellte er seine »neue transatlantische Agenda« vor. Steinmeier sieht Deutschland als »Modernisierungspartner« für Russland. Er reagiert allergisch auf Kalte-Kriegs-Töne. Mit dem republikanischen Kandidaten John McCain hat er sich deswegen schon gelegentlich hinter verschlossenen Türen gefetzt. Steinmeier will aber auch nicht als Russland-Schmuser gesehen werden. Darum flicht er jetzt öfter Worte über »die Mängel im politischen System Russlands« in seine Statements.
In Harvard stellt er klar, dass er die Rückkehr Amerikas als politisch-moralische Führungsmacht in einer unübersichtlichen Welt wünscht. Dass Amerika den Ansehensverlust der vergangenen sieben Jahre wiedergutmacht, ist für ihn wichtig, weil wachsender Antiamerikanismus zu Hause (nicht nur in der Linkspartei) es schwer macht, Mehrheiten etwa für den Afghanistaneinsatz zu organisieren. Steinmeier zeigt sich in Amerika ganz undiplomatisch als Parteigänger Obamas. Dessen Slogan »Yes, we can« hat er als Pointe in seine Rede eingebaut. Einen Sieg Obamas, der den Irakkrieg immer für falsch hielt und den Afghanistaneinsatz verteidigt, würde Steinmeier als Bestätigung seiner eigenen Außenpolitik se­hen – ein letzter postmortaler Sieg von Rot-Grün….

Mehr an einem Kiosk Ihres Vertrauens.

 

Schock-Kampagne gegen „Waterboarding“

Amnesty International hat eine Kampagne gegen „Waterboarding“ gestartet. Sie wird mit diesem Video geführt, für das sich jemand einige Sekunden lang tatsächlich der Tortur unterzogen hat. Hier die Kampgane.

Das ist zum Glück die eine Sache, die jeder künftige amerikanische Präsident beenden wird: Die Selbstdiskreditierung der westlichen Führungsmacht im Zeichen der staatlich erlaubten Folter. John McCain, das Folteropfer, ist da so entschieden wie seine demokratischen Konkurrenten.

 

Arrangierte Ehen machen krank

Interessantes Gespräch mit der Psychiaterin Meryam Schouler-Ocak in der heutigen taz. Sie ist leitende Oberärztin in der Charité und behandelt dort vorwiegend Einwanderer, die überdurchschnittlich an Depression erkranken. Schouler-Ocak ist selbst als Kind von türkischen Einwanderern nach Deutschland gekommen. Sie hat sich gegen ihre Eltern durchsetzen müssen, die sie jung verheiraten wollten. Dies sagt sie über Heiratsmigration und psychische Krankheit:

„Kommen eigentlich mehr junge oder mehr alte Menschen in die Sprechstunde?

Es hält sich die Waage. Wir haben allerdings einen nicht unerheblichen Teil von Heiratsmigrantinnen. Heiratsmigration ist eigentlich die einzige Möglichkeit, legal in Deutschland einzureisen. Die jungen Frauen, die eine solche Ehe eingehen – mal, weil sie sich dem Familienwunsch nicht entziehen können, mal, weil sie es selbst wollen, mal, weil sie Abenteuerlust verspüren – wissen oft gar nicht, worauf sie sich einlassen.

Ist die Desillusionierung absehbar?

Auf jeden Fall. Diese Frauen haben in der Türkei mitunter modern gelebt. Dann kommen sie hierher und haben völlig unterschätzt, in welchen Abhängigkeiten sie landen. Vom Mann, von den Schwiegereltern. Sie werden eng gehalten, haben keine Freunde, niemanden, mit dem sie sich austauschen, und sind wie Bedienstete. Dann kriegen sie Kinder und dürfen sie mitunter noch nicht mal nach ihren Vorstellungen erziehen. Und was ich häufig sehe: Manchmal sind sie gebildeter als die Männer. Wenn die Frauen die Rahmenbedingungen hier nicht akzeptieren und ertragen können, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie psychisch einbrechen. Wir haben auch mehrere junge Patientinnen, die nach Suizidversuchen kommen oder nach Gewalterfahrungen mit ihren Partnern.“

 

 

 

Wie der Islam demokratisch werden kann…

… erklärt Daniel Pipes in der Jerusalem Post:

Put differently, Islam, like all pre-modern religions is undemocratic in spirit. No less than the others, however, it has the potential to evolve in a democratic direction.

Such evolution is not easy for any religion. In the Christian case, the battle to limit the Catholic Church’s political role lasted painfully long. If the transition began when Marsiglio of Padua published Defensor pacis in the year 1324, it took another six centuries for the Church fully to reconcile itself to democracy. Why should Islam’s transition be smoother or easier?
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Daniel Pipes      Foto: DanielPipes.org

To render Islam consistent with democratic ways will require profound changes in its interpretation. For example, the anti-democratic law of Islam, the Shari’a, lies at the core of the problem. Developed over a millennium ago, it presumes autocratic rulers and submissive subjects, emphasizes God’s will over popular sovereignty, and encourages violent jihad to expand Islam’s borders. Further, it anti-democratically privileges Muslims over non-Muslims, males over females, and free persons over slaves.

For Muslims to build fully functioning democracies, they basically must reject the Shari’a’s public aspects. Atatürk frontally did just that in Turkey, but others have offered more subtle approaches. Mahmud Muhammad Taha, a Sudanese thinker, dispatched the public Islamic laws by fundamentally reinterpreting the Koran….

Mehr hier.

 

Sei nicht wie CNN – ein chinesischer Protestsong

Das Empire singt zurück: Dieser Song mit dem Titel „Don’t be too CNN“ ist ein Hit im chinesischen Netz. Er nimmt die „unfaire“ Berichterstattung des Westens über die Tibet-Krise aufs Korn. CNN steht im Zentrum der Kritik, seit sich der Kommentator Jack Cafferty zu dem Satz hinreissen ließ, die Chinesen seien „basically the same goons and thugs they’ve been for the last 50 years“. (Siehe Video unten.)
Hier ein Bericht von China Daily.
Wer den chinesischen Text nicht versteht – es wird sicher bald eine englische Übersetzung geben – gedulde sich bis zur 58. Sekunde. Da wird durch die Bildmontage deutlich, wie der Vorwurf lautet.

Und hier kommt der unvergleichliche Cafferty:

 

Was heißt schon Demokratie in China?

Ein interessanter Artikel von Li Xing in China Daily, der sich mit der westlichen Chinakritik anhand der Tibet-Krise befasst. Li Xing kritisiert, dass die westlichen Beobachter die Fakten über das Leben in Tibet nicht zur Kenntnis nehmen: die Verbesserung der Lebenschancen für ehemals unfreie Menschen im dortigen Feudalsystem, der Aufschwung des Bildungssystems und die bessere allgemeine Lebenserwartung.

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Statt des „kulturellen Genozids“, von dem die Exil-Tibeter sprechen, so argumentiert Li, habe China den Tibetern erst ein menschenwürdiges Leben ermöglicht durch die Entwicklung ihrer rückständigen Provinz. Nun werde diese Entwicklung denunziert als eine Art von Unterdrückung. Sie fühle sich dadurch an die Zeiten der chinesischen Kulturrevolution erinnert, als ihr eigener Vater von den Roten Garden als Kapitalist und „amerikanischer Spion“ denunziert wurde.

Ich finde den Vergleich zwar haarsträubend und ungerecht, auch wenn manches an der Tibet-Berichterstattung vielleicht einseitig und überzogen sein mag.

Aber darin, daß Li bei dem Wort Demokratie zuerst die Kulturrevolution einfällt, liegt ein wichtiger Hinweis: In der Tat bedingt für viele chinesische Reformer die Erfahrung der Kulturrevolution ein enormes caveat bei allen Gedankenexperimenten zur Demokratisierung der chinesischen Gesellschaft. Auch der Tiananmen-Aufstan hat das nicht geändert.

„Volkssouveränität“ – einer unserer zentralen demokratietheoretischen Begriffe, hat sich in China als Terror des Mobs ausgetobt. Daher setzen viele Reformer eher auf rechtsstaatliche Fortschritte als auf direkte Partizipation des Volkes im politischen Prozess. Solche Dinge müssen wir wissen, wenn wir mit den Chinesen über Demokratie und Reform reden.

Zitat:

Western economic models measure a society’s development with such indexes as life expectancy and child mortality rate, but the Western media have not even tried to compare such indexes for Tibet 50 years ago with those of today.

To me, the Western media’s deliberate misinformation and indulgence in China-bashing are a lot like the „cultural revolution“ posters that were plastered everywhere, including the walls of the hutong leading to the door to my husband’s former courtyard home.

„You could imagine how I felt in those days when all the posters condemned my father as a capitalist roader or an American spy,“ he once said.

We have not forgotten the „cultural revolution“ as some Westerners suggest; but no one would associate that period of modern Chinese history with „democracy“.

Similarly, no member of the multi-ethnic Chinese society can accept the Western media’s China-bashing as their testimony to „democracy“ and „freedom of the press“.

 

Chinas Neokonservative: die „Neo-Comms“

Hier ein Lesetip, den ich für die aktuelle Print-Ausgabe in unserer neuen Rubrik „Bücher machen Politik“ geschrieben habe. Mark Leonards Buch sollte jeder lesen, der eine kurze Einführung in die intellektuellen Debatten Chinas sucht (eine Kurzfassung hat Leonard für die  britische Zeitschrift „Prospect“ geschrieben):

Als Mark Leonard vor fünf Jahren zum ersten Mal in der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften zu Gast war, stellte er seinen Londoner Thinktank vor. 20 Experten, protzte der Mittdreißiger, beschäftigten sich dort mit Außenpolitik. Sein Pe­kin­ger Gastgeber lächelte, bevor er zum Gegenschlag ansetzte: »Unsere Akademie betreibt 50 Forschungszentren in 260 Disziplinen. Wir haben 4000 fest angestellte Forscher.«

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Mark Leonard Foto: Nate Lankford

Das hat gesessen. Und so begab sich Mark Leonard auf eine geistige Entdeckungsreise. Was als Stippvisite geplant war, um einen ersten Einblick in die chinesischen Debatten zu nehmen, wuchs sich zum mehrjährigen Versuch aus, Chinas neue politische Intelligenzija zu verstehen. »Ich war auf eine verborgene Welt von Intellektuellen, Thinktankern und Aktivisten gestoßen«, schreibt Leonard, »die große Entwürfe machten.« Sein Buch, das soeben auf Englisch erschienen ist, kommt zur rechten Zeit: China fühlt sich von der Welt missverstanden, ja gehasst. Und die Welt nimmt erstaunt zur Kenntnis, dass die sonst so pragmatischen Chinesen sich unfähig zeigen, die Tibetkrise zu bewältigen. Was also treibt die Tausende in den Pekinger Thinktanks um?
Es ist ein Vorzug dieses Buchs, dass sein Autor »aus Zufall zum Amateur-Sinologen« wurde. Das ist schließlich ein Schicksal, das heute jeden interessierten Zeitungsleser ereilt. Der Westen hat China zunächst als wirtschaftliche, dann auch als strategische Herausforderung wahrgenommen. Mark Leonard aber fragt, wie Chinas Aufstieg unsere politischen Ideen verändern wird. Wir kennen die amerikanischen Debatten und können Neocons, Realpolitiker und religiöse Rechte unterscheiden. Doch wer hat schon gehört von dem Liberalen He ­Waifeng, dem Ultranationalisten Fang Ning, dem Konservativen Pan Wei oder von Wang Hui, Vordenker der Neuen Linken?
Einst, so Leonard, mussten die Pekinger Intellektuellen mit Chi­nas Schwäche und Demütigung zurechtkommen und den Modernisierungsrückstand des Landes erklären. Heute geht es darum, die Konsequenzen aus Chinas neuer Stärke zu ziehen. Die liberalen Reformer glauben, politische Liberalisierung müsse auf die ökonomischen Reformen fol­gen. Auf sie setzt der Westen – auch weil wir uns in ihrer Philosophie am ehesten wiedererkennen. Aber die Liberalen sind von zwei Seiten in die Defensive geraten: durch eine »Neue Linke« und durch jene, die Leonard in Anspielung auf die amerikanische Szene »Neo-Comms« nennt. Die Ersteren wollen die gesellschaftlichen Kosten der Liberalisierung gerechter verteilen und experimentieren mit wohlfahrtstaatlichen Ideen.
Außenpolitisch wollen sie China nach seinem »friedlichen Aufstieg« als Stütze des internationalen Systems etablieren. Sie setzen auf die
globalen Ins­ti­tu­tio­nen, um Amerika einzuhegen und eine vorteilhafte, wohlwollende Umgebung für Chinas weiteren Aufstieg zu garantieren.
Die »Neo-Comms« hingegen haben die alte Angst Chinas, die Welt durch seinen Aufstieg zu erschrecken, hinter sich gelassen. Sie wollen nicht länger ängstlich auf soft power setzen. China soll sich lieber offen zu seinem Großmachtanspruch bekennen. Statt das bestehende internationale System nur neu auszubalancieren, soll China eine eigene Einflusssphäre nach seinem Bilde schaffen: In Zentralasien und Afrika hat der Aufbau dieser alternativen Weltordnung schon begonnen. Das Versprechen des »Chinese Dream« ist die rasante Entwicklung ohne Öffnung des politischen Systems, ohne Souveränitätsverlust durch Einmischung von außen oder unkontrollierte Freiheitswünsche der Gesellschaft. Die Nationalisten, meint Leonard, seien einstweilen eine Minderheit. Noch haben die »linken Internationalisten« im Streit um Chinas Zukunft das Ohr der Mächtigen.
Das hat er allerdings geschrieben, bevor die Olympischen Spiele zu einem Debakel zu werden drohten. Gut möglich, dass nun die empfundene Ablehnung dem chinesischen Nationalismus Auftrieb geben wird. Vielleicht tritt aber auch ein anderes Problem in den Vordergrund. Wer Mark Leonards exzellente Einführung liest, wird den Verdacht nicht los, dass die chinesische Debatte um ein großes Loch kreist: Denn die Zeit, da Legitimität sich allein durch Wachstum erzeugen ließ, ist vorbei. China steht heute im grellen Licht ganz vorn auf der Weltbühne – eine merkwürdig ratlose Großmacht auf der Suche nach einer Idee.

 

„Ich war es nicht!“- Warum Kinder lügen

Für alle, die es verpaßt haben sollten, hier meine Geschichte aus dem „Leben“- Magazin letzter Woche, jetzt komplett online:

Meist drängt sich mir die Tatsache, dass die lieben Kleinen nicht die Wahrheit sagen, im Ausschlussverfahren auf. Jemand hat versucht, den Computer hochzufahren und ist am Passwort gescheitert. Es fehlen fünf Euro im Portemonnaie der älteren Schwester, obwohl sie es seit Tagen nicht angerührt hat. Die englischen Butterkekse, die du ganz oben im Schrank versteckt hattest, sind bis auf einen einzigen verschwunden.

Ich weiß nicht, ob es auch anderen Eltern so geht, aber bei mir ergibt auch die eindringlichste Befragung, dass keines meiner Kinder irgendetwas mit den rätselhaften Geschehnissen in unserem Haus zu tun hat. „Ich war es nicht“ – daran wird auch dann noch festgehalten, wenn es ganz offensichtlich nicht stimmen kann…

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