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Mubaraks erstes Interview

„Ägypter waren nie gut im Erkennen von Zeichen. Lesen Sie die Bibel: Wir brauchten zehn Plagen, bis wir die Israeliten ziehen ließen“ (ab 1.10m):

 

100.000 Kommentare

Pling! Heute wurde der hunderttausendste Kommentar auf diesem Blog gepostet. Das macht bei 1572 Artikeln im Schnitt 63 pro Blogpost. Und das ist eine Menge. Die Hälfte wäre auch schon viel. Dafür habe ich zu danken, selbst wenn der Umgangston oft zu wünschen übrig lässt, was offenbar bei der hier vertretenen Themenpalette unvermeidlich ist.

Und damit möchte ich auch zugleich ankündigen, dass ich gegenüber bloßem Geschimpfe und wilder Polemik künftig strenger sein werde als manchmal in der Vergangenheit. Ich werde öfter löschen und eingreifen – und hoffe dennoch auf weiterhin rege Beteiligung. Oft genug leide ich unter den Debatten hier – und dann wieder lerne ich eine Menge. Also: lotta continua.

p.s. Ach ja, der hunderttausendste Kommentator – wir ermitteln ihn gerade noch – erhält in Kürze ein Moped der Marke Zündapp, das im Rahmen des „Armando Rodrigues Gedächtnis-Preises“ vergeben wird.

 

Großstadtwerte

(Mein Text aus der ZEIT dieser Woche.)

In der neuen Serie von David Simon, dem wohl größten Erzähler des zeitgenössischen Fernsehens, geht es wieder um eine Stadt. In dem Polizei-Drama „The Wire“ – das Simon zur Legende gemacht hat – war das arme Baltimore, geschlagen mit Drogen, Korruption und Verbrechen, die eigentliche Heldin. So diesmal New Orleans, genauer gesagt Treme (Tre-mäy gesprochen), das älteste schwarze Viertel Amerikas, ganz nahe am berühmten French Quarter gelegen. Der Jazz, die erste genuin amerikanische Kunst, Amerikas Geschenk an die Weltkultur, hat dort seine tiefsten Wurzeln.

Es geht aber um mehr als New Orleans, so tief Simon auch diesmal wieder in lokale Szenen eintaucht. Obwohl es gewiss die untypischste Stadt des Landes ist, firmiert New Orleans hier paradoxer Weise als die amerikanische Stadt schlechthin, samt Hoffnung, Fluch und Versprechen. „Kleinstadtwerte helfen uns nicht weiter“, hat Simon kürzlich gesagt, „wir brauchen Großstadtwerte… New Orleans war Französisch, Spanisch, Amerikanisch, die Musiker von dort nahmen afrikanische Rythmen und europäische Arrangements und schenkten dies der Welt… Das Konzept der amerikanischen Stadt – mit all diesen unterschiedlichen Kulturen, das ist es, was wir der Welt gegeben haben.“

Clarke Peters als Albert Lambreaux in seinem Mardi-Gras-Kostüm  Foto: HBO

Nun ist die Stadt allerdings lebensgefährlich verwundet, als die Handlung beginnt – im Winter 2005, wenige Monate nach dem Hurricane Katrina. Der elegante Vorspann macht schon klar, dass Simons Kunst aus dem Verfall erblüht. Wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass die wunderbar eleganten, abstrakten Muster auf den Wänden der Häuser in Wahrheit Schimmelpilze und Reste vom Schlamm sind.

Wir finden uns unmittelbar unter den Überlebenden der Katastrophe. David Simon wirft uns unter die Musiker, Lebenskünstler, Discjockeys, Handwerker, Barfrauen, Anwälte und Arbeitslosen, die ihr Leben über die Folgen des Sturms hinweg zu retten versuchen. Manche würden besser daran tun zu gehen, doch keinem fällt es leicht, diese Stadt aufzugeben. Nicht allen wird das Bleiben gut bekommen, das ahnt man gleich.

Jede der Hauptfiguren trägt eine Frage mit sich herum. Wird Antoine Batiste (gespielt von dem großen Wendell Pierce, einem gebürtigen New Orleanian, der in „Wire“ der Polizist Bunk Moreland war) jemals von seiner Musik leben können? Kann seine Ex-Frau LaDonna (die schöne und strenge Khandi Alexander) ihren Bruder aufspüren, der während der Flut im Polizeigewahrsam war und nie wieder auftauchte? Kann Albert Lambreaux (Clarke Peters), „Häuptling“ eines traditionellen Mardi-Gras-Indianerstamms, seine Leute dazu bringen zu bleiben und bei der Parade mitzumachen? Wird Creighton Bernette (John Goodman), der wütende und depressive Englischprofessor, endlich seinen Schlüsselroman über die Flut von 1927 zu Ende schreiben? Wird sich die schöne Geigerin Annie (Lucia Micarelli) von ihrem Straßenmusikpartner Sonnie trennen, der wieder mit den Drogen angefangen hat? Diese und noch viel mehr Geschichten sind auf eine lose, an Robert Altman erinnernde Weise, verwoben. Und die Musik der Stadt ist der Webfaden.

Keine andere Serie hat so viel großartige Musik – kein Wunder bei dem Handlungsort. Die Musik wird nie nur zur Untermalung benutzt. Sie ist – oft live gespielt – organischer Teil der Handlung. Dr. John, Allen Toussaint, Kermit Ruffins, Steve Earle, McCoy Tyner und Elvis Costello und andere echte Stars treten in Gastrollen auf. Viele Figuren sprechen einen starken Dialekt und benutzen Insider-Begriffe wie „second line“ und „lower nine“, die nicht erklärt werden. Man muss sich eine Weile lang einhören in den Sound von Treme.

Diese zunächst abweisende Erzählweise hat einen Grund im kompromisslosen Realismus, den Simon-Fans schätzen. Er passt aber auch zu New Orleans, das hinter der touristischen Fassade immer eine unzugängliche Seite bewahrt hat. Nur durch Widerborstigkeit konnten französische Sprache, afrikanische Riten und schwarze Hipness vor dem Ausverkauf bewahrt werden. Nichts zu erklären ist aber schließlich auch ein Kunstgriff: Beim Zuschauer verstärkt er das Gefühl, man werde zum Zeugen einer realen Geschichte. Großartig, dass Drehbücher von solcher Schroffheit in Amerikas Kabelfernsehen nicht zuschauerfreundlich totredigiert werden. So wird das Fernsehen zur Kunstform, in der jene ein Exil finden, denen Hollywood zu langweilig, zu flach, zu unpolitisch ist.

David Simon ist (neben Ken Loach) der wütendste politische Filmemacher dieser Tage. Seine Weltsicht lässt sich im deutschen Koordinatensystem als vitaler Linkspopulismus verstehen: korrupte Eliten, kaputte Institutionen, eine verlogene öffentliche Moral, kleine Leute ohne Lobby bevölkern seine Welt. Es ist offenbar ein Vorurteil, dass man daraus keine große Kunst machen kann. Das kann man eben doch, wenn man diese Welt mit dem Reporterblick anschaut, den der gelernte Journalist Simon (er war Polizeireporter bei der Baltimore Sun) nie abgelegt hat.

Simon leidet an der Selbstzerstörung Amerikas, von der alle seine Serien erzählen. Aber er lässt seine Wut nie einer guten Geschichte in die Quere kommen. Auch in Treme geht es ihm nicht um die politische Anklage. Er hält sich nicht lange damit auf, dass Präsident Bush und seine inkompetente Regierung das Natur-Desaster erst zur Katastrophe haben auswachsen lassen. Treme erklärt nicht, warum New Orleans beinahe zerstört wurde (so wie The Wire die Zerstörung Baltimores auf allen institutionellen Ebenen rekonstruierte). Simon ist für einen solchen analytischen Zugang zu verliebt in New Orleans. Und so handelt Treme von den Versuchen vieler einzelner, das Versprechen dieser Stadt aus dem Schlamm und dem Schimmel zu bergen.

So klingt es allerdings ein wenig zu kitschig. Die städtische Utopie von New Orleans zu retten, das kann in Treme nämlich nur ganz konkret geschehen: durch kreolische Küche, ein unvergessliches Zydeco-Konzert, einen umwerfendes Mardi-Gras-Kostüm aus lauter gelben Federn. Oder, in den unsterblichen Worten von Dr. John: makin‘ whoopee.

 

Stuttgart 21: Legimation durch Protest

Meine Kolumne „Bücher machen Politik“ aus der ZEIT von morgen:

Der Soziologe Niklas Luhmann hat in unvergleichlicher Trockenheit festgestellt, zwei Leistungen hätten die Bundesrepublik geprägt: die Marktwirtschaft und der Protest. Beides hat tiefe Wurzeln im Südwesten der Republik, nirgendwo gehen »Dabeisein und Dagegensein«, Industrie und Pietismus, Bürgerwut und Schlichtung so gut zusammen wie in Stuttgart. Wer verstehen will, was daran neu – und was alte Bundesrepublik – ist, muss zwei Luhmann-Klassiker lesen.
Der Titel eines seiner frühen Werke wird gern zitiert, um zu erklären, warum die Politik es heute so schwer hat, Zustimmung für Entscheidungen zu gewinnen, die korrekt zustande gekommen sind: »Legitimation durch Verfahren«, so Sigmar Gabriel mit Blick auf Stuttgart 21, sei »eben nicht mehr ausreichend.«
Aber was hat Luhmann mit seiner Formel gemeint? Dass die formale Korrektheit eines Verfahrens – etwa eines Ratsbeschlusses oder einer Planfeststellung – schon die Anerkennung durch die Bürger garantiert? So einfach war es nie. Moderne Gesellschaften brauchen Zustimmung unabhängig von Meinungsschwankungen der Bürger und vom Charisma der Herrschenden. Sie erzeugen diese politisch vor allem durch regelmäßige Wahlen und durch die Kontinuität der Gesetzgebung, die wiederum durch Wahlen beeinflusst und kontrolliert werden kann. So können Regierungen Entscheidungen treffen, die in Meinungsumfragen immer durchfallen würden. Eine moderne Gesellschaft ohne diese Fähigkeit wäre unregierbar. Wesentliche Entscheidungen der Nachkriegszeit sind von der Politik gegen populäre Stimmungen gefasst worden: Wiederbewaffnung, Westbindung, Ostpolitik, Nachrüstung. Aber: Auch solche Entscheidungen bleiben auf Anerkennung angewiesen. Bleibt sie aus, hilft auch der Hinweis auf die formale Korrektheit der Verfahren nichts.
Und da kommt der öffentliche Einspruch ins Spiel. In seinem 1996 erschienen Buch „Protest“ sagt Luhmann sardonisch, »die Gewohnheit zu protestieren« habe einen festen Platz in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Themen kommen und gehen, man ist und bleibt alternativ.
Legitimation durch Verfahren und Protest sind zwei widerstreitende und sich doch ergänzende Elemente unserer Ordnung. Die eigentümliche Modernität der Bundesrepublik, ihr Wettbewerbsvorteil, besteht in dieser unwahrscheinlichen Kopplung. Das vergessen die Apokalyptiker der »Dagegenrepublik« ebenso wie diejenigen, die ihre Bedenken gegen einen Bahnhof als »Widerstand« und Aufstand des Gewissens inszenieren. Der Protest kann eine Art Immunfunktion haben, mit der sich die Gesellschaft Schäden vor Augen führt, die gerade durch das Funktionieren ihrer Systeme entstehen: Wenn die Wirtschaft zwar rund läuft, aber eben dabei ihre Umwelt verfrühstückt, oder wenn die Politik Entscheidungen trifft, die zwar korrekt sind, aber doch die Ressource Vertrauen aufzehren. Der Protest, sagt Luhmann bei aller skeptischen Kühle, hat »auch einen Frühwarneffekt«.
So wie gerade das erfolgreiche System den Protest gegen seine Funktionen hervorbringt, führt der erfolgreiche Protest oft zu einem widerstandsfähigeren System. Das ist eine Ironie, die sich für manchen gewohnten Protestler allerdings eher wie Tragik anfühlt: Manchmal ist der Erfolg des Protests von seinem Scheitern schwer zu unterscheiden. In Stuttgart hat der Protest die Legitimation durch Verfahren nicht ersetzt, sondern bloß verfeinert. Der Widerstand hat sogar ein neues Verfahren hervorgebracht: die öffentliche Schlichtung. Legitimation durch unerbittliche Nettigkeit – Luhmann hätte es gefallen. Demnächst auch in Ihrer Stadt, liebe Leser.

 

Die Killerhaie des Mossad, Scharia in Oklahoma

Aus der Welt des Irrsinns, i.e. „Kampf der Kulturen“. Zwei Nachrichten von heute, die mir nahelegen, meine Frage von vor ein paar Wochen noch einmal zu wiederholen: Kann es sein, dass die Welt gerade durchdreht?

1. Juan Cole berichtet folgende Weiterung aus Ägypten, wo die Haie sich bekanntlich an deutschen Touristen vergehen. Der Gouverneur des südlichen Sinai hält es für möglich, dass der Mossad Haie in den Gewässern um Sharm El Sheik freisetzt, um der ägyptischen Touristenindustrie zu schaden. (Kein Witz, arabisches Original hier. Dass die israelischen Haie ausgerechnet deutsche Touristinnen in Ägypten angreifen, ergibt ja auch irgendwie Sinn. Ich freue mich schon auf das Weisser Hai-Remake von Quentin Tarantino: „Inglorious Beasts.“?)

„Even shark attacks in the Middle East get caught up in the Arab-Israeli conflict. The fifth victim of a shark attack this week at Sharm El Sheikh in Egypt’s Sinai, an elderly German woman, was killed this weekend.

The governor of southern Sinai, Muhammad Abd al-Fadil Shosha, said that it is not unlikely that the rumors that Israel’s intelligence service, Mossad, was releasing sharks into the waters around the Sharm El Sheikh resort in the Sinai on the Red Sea, in order to harm Egypt’s tourist industry. “It will take time to verify it,” he said. In the meantime, he noted, the strictest measures had been taken to halt swimming off the shore for 72 hours, after the death of a German swimmer. He also said that consultations were ongoing with scientists about how to deal with this sort of fish, which forensic investigation of its teeth had demonstrated to be a beast of prey. (I swear to God, that is what the Arabic article says he said!).“

2. Roger Cohen war in Oklahoma, wo jüngst ein Verfassungszusatz gegen den Vormarsch der Scharia angenommen wurde, der wahrscheinlich bald vor dem Supreme Court landen wird. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung in dem Staat, der einst ein reines Indianergebiet war, sind überhaupt Muslime. Für die Einführung der Scharia in die Rechtssprechung hat sich bisher keiner von ihnen ausgesprochen. Der Initiator verteidigt das Amendment als „Präventivschlag“:

You might not expect Shariah, a broad term encompassing Islamic religious precepts, to be a priority topic at the Kumback given that there’s not a Muslim in Perry and perhaps 30,000, or less than one percent of the population, in all Oklahoma. And you’d be wrong.

Shariah is the new hot-button wedge issue, as radicalizing as abortion or gay marriage, seized on by Republicans to mobilize conservative Americans against the supposed “stealth jihad” of Muslims in the United States and against a Democratic president portrayed as oblivious to — or complicit with — the threat. Not since 9/11 has Islamophobia been at such a pitch in the United States.

The neoconservative Center for Security Policy in Washington recently described Shariah as “the pre-eminent totalitarian threat of our time.” Many Republicans, with Newt Gingrich leading, have signed up. Their strategy is clear: Conflate Obama with creeping Shariah and achieve the political double-whammy of feeding rampant rumors that he’s a closet Muslim and fanning the fears that propel a conservative lurch.

It’s not pretty, in fact it’s pretty odious, but to judge by the Republican surge last month, it’s effective in an anxiety-filled America.

Galvanized by State Question 755, barring “courts from considering or using Shariah Law,” Republicans swept to the Oklahoma governorship and veto-proof majorities in the Legislature for the first time.

Question 755 was “a pre-emptive strike,” in the words of its most active proponent, Republican State Representative Rex Duncan, whose portrait hangs in the Kumback. The question arises, given the quiet on the prairies, against whom? A prominent Oklahoma pastor, Paul Blair, told me it was aimed at those “whose plan is not to coexist but bring the whole world under Islam.”

A preliminary federal injunction, granted after a prominent local Muslim, Muneer Awad, challenged the constitutionality of the amendment in the nation where “Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof,” has blocked its certification for now. The very curious case of Shariah and Oklahoma may be headed to the Supreme Court.

 

Von wegen Enthüllungen

R.I.P., Leslie Nielsen, king of deadpan. (Ist dieser Ausschnitt aus Scary Movie 4 nicht eine herrliche Parabel auf Wikileaks?):

 

Migrahigru

Die türkische Zeitung Sabah vermeldet, der Migrahigru sei nun fest definierter offizieller Amtssprachgebrauch. Die Zeitung macht auf eine Verordnung des Arbeitsministeriums aufmerksam, nach der erstmalig die Bezeichnung «Migrationshintergrund» definiert werde. Demnach weisen alle Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, deren Geburtsort außerhalb der heutigen Grenzen Deutschlands liegt, deren Zuwanderung in das heutige Gebiet Deutschlands nach 1949 erfolgte oder bei denen der Geburtsort mindestens eines Elternteiles  außerhalb der heutigen Grenzen der Bundesrepublik Deutschlands liegt, einen Migrationshintergrund auf.

Für mich heißt das, meine Kinder haben einen Migrationshintergrund. Ihre Kinder werden (offiziell) keinen mehr haben. Aber so ein Migrahigru, der schmutzt noch lange nach. Den wirst du so leicht nicht los. Der kann, bei langem Leben, schon nach der offiziellen Definition  locker über hundert Jahre nach der Migration halten.

Die ganze Sache klingt ohnehin irgendwie nach nichts Gutem. Das ganze Gequälte und Unfreie unserer Debatte über Einwanderung liegt in diesem Wort. Einwanderer sind ja aktive, wagemutige Leute. Menschen mit einem „Hintergrund“ sind ja eher welche, die was zu verbergen haben, oder die ein belastendes Erbe mitbekommen haben („he came from a background of poverty, substance abuse and crime…“). Ein Schatten liegt über ihrem Leben, ein Migrationshintergrund, den man nicht durch einen Pass los wird, nicht durch exzellente Leistungen und nicht durch Liebe zur Weißwurst. Herkunft toppt hier allemal die Ambition. Ist schon immer so gewesen, und darum war Deutschland ja auch in vielen Phasen der Geschichte  so ein fruchtbares Auswanderungsland.

Und so werden meine Kinder einen Migrationshintergrund haben, bis ans Ende ihres Lebens. Zum Glück wissen sie noch nichts davon. Sie halten die märchenhafte Herkunft eines Teils der Familie aus weiten Fernen für etwas Aufregendes und Interessantes. Wenn sie wüssten.

 

CSU: Dumm quatschen und doch das Richtige tun

Eine Pressemitteilung des bayerischen Inneministeriums zeigt, dass die CSU  – obschon sie an der Spitze derzeit sehr verwirrt ist, vornehmlich wohl weil der Karl-Theodor dem Horst ein wenig arg im Nacken sitzt – immer noch der alten Devise ihres Urvaters Strauß folgt: Dumm quatschen und doch das Richtige tun. Im öffentlichen Dienst des Freistaats werden seit Jahren massiv Menschen mit Migrationshintergund angeworben. Ohne Quote, aber wirkungsvoll. Das sollte man bei dem dämlichen Getöse um „Kulturkreise“ nicht vergessen.

„Eignung, Leistung und Befähigung – das sind nach den Worten des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann die Kriterien für eine Einstellung im öffentlichen Dienst des Freistaates. Selbstverständlich ist dabei für Herrmann auch, qualifizierte Migrantinnen und Migranten für den öffentlichen Dienst zu gewinnen. „Unser erklärtes Ziel ist es, im Interesse des Freistaates die besten für den Dienst in unseren öffentlichen Institutionen zu gewinnen. Und wenn ich mir den exzellenten Ruf vor Augen führe, den die bayerische Landesverwaltung bundesweit und auch im Ausland genießt, dann darf ich nicht ohne Stolz feststellen: Wir sind hier sehr erfolgreich. Und dazu tragen auch unsere Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit Migrationshintergrund bei.“ Herrmann lehnt deshalb eine feste Migrantenquote im Staatsdienst – wie sie in der aktuellen Integrationsdebatte immer wieder gefordert wird – klar ab. Herrmann stellte im Beisein des Integrationsbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer, vier Beschäftigte des Freistaates vor, die besonders gelungene Beispiele für eine erfolgreiche Integration und Karriere im öffentlichen Dienst seien: Ein in Oberbayern geborener Jurist mit afrikanischen Wurzeln, dessen äthiopische Eltern in Bayern bleiben mussten, weil in Äthiopien der Bürgerkrieg ausbrach. Ein gebürtiger Libanese, der zunächst acht Jahre mit seinen Eltern in einer deutschen Asylbewerberunterkunft lebte, jetzt im Integrationsrat des Landtags sitzt und – ebenfalls als Jurist – im Landratsamt für Ausländerrecht zuständig ist. Ein gebürtiger Grieche, der erst 24-jährig nach Deutschland kam und inzwischen als Elektro-Abteilungsleiter im Hochbauamt arbeitet. Und eine türkischstämmige Polizistin, die in einer Münchner Polizeiinspektion tätig ist und sich als Dolmetscherin im Dienst schon Leistungsprämien verdient hat.

Gerade der Polizeivollzugsdienst ist ein gutes Beispiel: Dort werden bereits seit 1993 – also seit 17 Jahren – auch ausländische Staatsangehörige eingestellt. Herrmann: „Durch Anpassungen im Bayerischen Beamtengesetz haben wir seinerzeit ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern den Weg in den Polizeivollzugsdienst geebnet. Ein Schritt, der sich wirklich gelohnt hat. In den vergangenen Jahren ist es gelungen, 119 ausländische Staatsangehörige für den bayerischen Polizeivollzugsdienst zu gewinnen.“ Auch heute würden noch ganz gezielt ausländische Nachwuchsbeamte gesucht, die für die Polizeidienst geeignet sind.“

 

Christian Wulffs Dschihad

Der Kollege Eckart Lohse hat in der FAZ erstaunliche Parallelen zwischen dem deutschen Präsidenten und dem türkischen Ministerpräsidenten gefunden:

„Wulff, der Christ, kämpft für den Islam. Ganz so wie Erdogan.“

Ich finde, der Artikel greift zu kurz. Lohse zeigt typische Berliner Journalisten-Naivität, wenn er Wulff unhinterfragt abnimmt, dass er Christ sei.  Das ist ein Problem des politisch-medialen Berliner Komplexes, in dem man dauernd in Hintergrundrunden zusammenhockt, kungelt und sich stets neue Tricks ausdenkt, um am Volk vorbei zu regieren. Lohse ist Teil dieses Machtapparates. Als solcher scheut er natürlich davor zurück, die wirklich drängenden Fragen zu stellen.

Was ist vom „Christen“ Wulff zu halten, der eine Muslimin in ein Ministeramt hievt, die nichts Eiligeres vorzuschlagen hat als die Kruzifixe in Niedersachen abzuhängen?

Wir christlich ist denn einer, der gleich nach seiner Wahl anfängt, die Bunte Republik Deutschland zu preisen?

Und der dann die erste Gelegenheit nutzt, einen Mann aus dem Bundesbankvorstand zu drängen, der sich der Selbstaufgabe Deutschlands entgegenstellt?

Schließlich: Wie christlich ist denn ein Präsident, der in seiner ersten großen Rede behauptet, der Islam gehöre „inzwischen auch“ zu Deutschland?

Der Kollege Lohse trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er sagt, dass Wulff mit Erdogan für den Islam kämpft. Aber da wird doch wohl die Frage erlaubt sein, ob der Mann wirklich Christ ist?

Das Volk, das den politisch-medialen Komplex mit seiner Berliner Kuschelei berechtigter Weise satt hat, lässt sich länger nichts mehr vormachen.

Nach einer Forsa-Umfrage glauben 28 Prozent der Deutschen, dass Christian Wulff  Muslim ist. Unter Spd und Grünen-Anhängern, unter denen es besonders viele Dhimmis gibt, sind es nur 18 %. Unter Unionsanhängern und Unabhängigen sind es 35 %.  Natürlich wird diese Umfrage von den Mainstreammedien totgeschwiegen. Aber zum Glück gibt es ja das Internet.