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Gegen die islamische Rechte

Mona Eltahawy ist meine Heldin der letzten Wochen. Niemand hat so eloquent und leidenschaftlich wie sie erklärt, wo die Chancen der arabischen Revolutionen liegen. Und niemand ist so klar wie sie darin, die Gefahren zu betonen, die von der „islamischen Rechten“ für jede Erneuerung ausgehen. Hier verweist sie Tariq Ramadan in seine Schranken. Chapeau:

 

Der Islam, liebstes Feindbild?

Am Wochenende auf einem Podium beim taz-medienkongress. Wie so oft ist es nachher nicht so leicht zu rekonstruieren, was man selbst gesagt hat. Das Thema war „Der Islam, mein liebstes Feindbild“. Auf dem Podium Hamed Abdel-Samad, Patrick Bahners (FAZ), Isabel Schayani (Monitor), Daniel Bax (taz). Moderiert wurde die Sache von Jan Feddersen (taz). Ein paar hundert Menschen füllten den großen Saal im „Haus der Kulturen der Welt“.

Unvermeidlich war es, dass diese Debatte so etwas wie eine Zwischenbilanz der Sarrazin-Diskussion versuchte. Abdel-Samad fand den Focus auf Sarrazin übertrieben; Patrick Bahners wunderte sich über manche bürgerliche Leser, die sowohl die Verteidigung des S. wie auch von Guttenberg und der Atomkraft verlangten (eine eigenartige Kombination, die sich mit Bahners Konzept von bürgerlich-liberalkonservativen Werten nicht verträgt); Isabel Schayani warnte bei allem Ärger über S. vor einer Verengung der Debatte auf die für den Mainstream genehmen Autoren; Daniel Bax zeigte sich alarmiert von der Akzeptanz für radikale Positionen in der bürgerlichen Mitte, die vor Jahren noch ausgegrenzt worden wären.

Ich habe versucht, auf dem Podium Positionen zu vertreten, nach denen auch dieser Blog hier funktioniert (wenn er denn funktioniert):

Polarisierung ist besser als Gleichgültigkeit (wenn sie nicht in Hass und Diffamierung ausschert).

Die deutsche Islamdebatte darf sich nicht harmloser machen als der innerislamische Streit um den rechten Weg in die Moderne. Keine Sprechverbote über Islamismus, mangelnde Geschlechtergerechtigkeit und andere Hemmnisse explizit theologischer Art für die Akkomodation des Islams im Heute.

Deutschland hat eine Debatte statt einer rechtspopulistischen Partei (so lange die Debatte nicht völlig desintegrierend wirkt – allerdings keine geringe Gefahr). (Mir ist’s lieber so, Abdel-Samad hätte lieber eine explizite Partei, damit diese sich entzaubern kann.)

Die Islamisierung des Diskurses über Integration muss zurückgefahren werden. Wir müssen wieder stärker unterscheiden zwischen religiösen, sozialen, bildungspolitischen, ökonomischen und sonstigen Problemen.

Die Mehrheitsgesellschaft darf ihre Identitätsdebatte (das ist die wichtigste Nebenfunktion des Islamkritikdiskurses) nicht auf Kosten einer religiösen Minderheit führen.

In zwei Punkten schien es mir einen Konsens auf dem Podium zu geben:

Unter allgemeinem Nicken sagte Abdel-Samad, dass „für eine größere soziale Mobilität in Deutschland gesorgt“ werden müsse. „Wenn Migranten die Gesellschaft mitgestalten können, dann wird sich einiges ändern.“

Und auch seine Hoffnung, dass der Wandel in der arabischen Welt das Bild des Islams (im Westen, aber auch in der islamischen Welt selbst) verändern werde, wurde vom Podium geteilt.

 

Terry Jones ignorieren lernen

Absolut meine Meinung zu Terry Jones, der endlich den beabsichtigten Erfolg hat mit seiner Koranverbrennung – es ist Blut geflossen. Malte Lehming kommentiert:

„Anders als der dänische Karikaturist Kurt Westergaard, der den Propheten Mohammed mit einer Bombe als Turban gezeichnet hatte, war sich Jones über die potenziell todbringenden Folgen seiner Aktion im Klaren. Der Hass, den er säte, ging auf in jenen islamischen Freitagspredigern, die die Gläubigen aufstachelten. So verstärken sich Schreie und Widerschreie wie in einem Echo, das immer lauter wird, statt zu verhallen. Und gegen die Vernunft hat Jones sich imprägniert. Die gewalttätigen Reaktionen auf die Koran-Verbrennung wertet er als Beweis dafür, mit seiner Verurteilung des Islams recht gehabt zu haben.

In den USA ist es erlaubt, den Koran zu verbrennen. Es ist erlaubt, Kreuze oder die US-Fahne zu verbrennen. Es ist erlaubt, bei Beerdigungen von im Irak gefallenen Soldaten Schilder in die Luft zu halten, auf denen „Gott sei Dank für tote Soldaten!“ und „Gott sei gedankt für den 11. September 2001!“ steht. Das in der Verfassung verankerte Recht auf freie Meinungsäußerung wird weiter ausgelegt als in allen anderen Staaten der Welt. Amerikaner sind stolz darauf. Durch aggressive Worte, Gesten und Symbole verletzt zu werden: Das gehört für sie zu den Zumutungen einer echten freiheitlichen Gesellschaft. Von Jones und dessen Missetaten haben sich alle entschieden distanziert – Präsident, Opposition, religiöse Organisationen. Nur Ignoranten oder Böswillige können behaupten, der radikale Kirchenmann repräsentiere mehr als sich selbst.

Nach Afghanistan und in den Irak sollte die Demokratie gewaltsam exportiert werden. In Tunesien und Ägypten ist das Volk dabei, sie aus eigener Kraft zu erkämpfen. Erst wenn man hier wie dort begreift, dass eine Gesellschaft auch Meinungsäußerungen, Blasphemien und künstlerische Freiheiten dulden muss, die ihr elementar zuwider sind, erst wenn man versteht, dass Gewalt nie gerechtfertigt ist, auch nicht bei Apostasie, erst dann werden die großen historischen Umwälzungen jene zivilisatorische Reife hervorbringen, die wirklich Mut macht. Wer Terry Jones verachtet, beachte ihn möglichst wenig.“

 

Sollen Muslime „Spitzel“ werden?

Ich bin bekanntermaßen sehr kritisch, was die Islam-Äußerungen von Hans-Peter Friedrich, dem neuen Innenminister angeht.

Aber einen Aspekt der öffentlichen Kritik von muslimischen Vertretern halte ich für fahrlässig bis gefährlich – die Rede davon, man solle durch die „Sicherheitspartnerschaft“ zum „Spitzel“ gemacht  und zum Denunziantentum aufgerufen werden.

Entschuldigung: Was soll das denn heißen?

Wäre ein Muslim, der einen sich gefährlich radikalisierenden Glaubensbruder bei den Behörden meldet, ein „Spitzel“, ein „Denunziant“? Das ist die Logik der Extremisten. Es kann nicht der Ernst der Kritiker sein, dies zu unterstellen.

Wer sich so verhielte, wäre aber nichts anderes als ein korrekt handelnder Bürger. Ich bin überzeugt, dass sich die erdrückende Mehrzahl der Muslime eben so verhalten würde. Die Polizei hat einen guten Ruf unter dem muslimisch geprägten Deutschen. Sie genießt mehr Vertrauen als die meisten anderen Institutionen.

Wer jetzt tönt, die Einladung zur Partnerschaft mit den Sicherheitsbehörden komme einer Aufforderung zum Denunziantentum gleich, zerstört mutwillig dieses erstaunlich gute Verhältnis. Und er gibt implizit denjenigen Recht, die ohnehin schon zu wissen glauben, dass Muslime keine loyalen Bürger sein können.

Ich verstehe, wie ich bereits erklärt habe, die Vorbehalte gegen die Umwidmung der Islamkonferenz in eine Sicherheitsveranstaltung.

Dem kann man aber durch ruhige und maßvolle Kritik entgegensteuern. Es ist Blödsinn, sich jetzt in Boykottaufrufen zu ergehen, wie manche SPD-Politiker. Vor Jahren noch waren sie neidisch, nicht selber ein Instrument wie die DIK ersonnen zu haben. Zu Recht.Sie sollten sich lieber auf die Formulierung einer eigenen Integrationspolitik konzentrieren.

Es ist kurzsichtige Parteipolitik, die Muslimverbände gegen einen Minister noch weiter aufzuputschen, der dieses Instrument fast schon ruiniert hat. Wir brauchen es alle noch weiterhin.

 

Menschenrechtsbeauftragter besorgt über Islamkonferenz

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), hat sich heute gegenüber Journalisten zur Deutschen Islamkonferenz geäußert. Löning zeigte sich besorgt, dass die Bedeutung der Islamkonferenz für Deutschlands Menschenrechtspolitik unterschätzt werde. Er äußerte mehr als nur implizite Kritik an Äußerungen des neuen Innenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) über den Islam. Die DIK hat nach Löning nicht nur innenpolitische, sondern auch immense außenpolitische Bedeutung für Deutschland.

Deutschland setzt sich in islamisch geprägten Ländern wie etwa der Türkei, in Ägypten oder in Pakistan für Religionsfreiheit ein. Wenn dann die üblichen Rückfragen kommen, wie es denn mit dem Status der Muslime in Europa aussehe, kommt die Islamkonferenz ins Spiel: Wir Deutschen garantieren jedermann Religionsfreiheit und für die daraus resultierenden rechtlichen, institutionellen und sozialen Fragen haben wir ein Forum, die DIK.

Nach dem Echo auf die am Dienstag zuletzt tagende Konferenz, sagte Löning, mache er sich ernsthaft Sorgen, „ob dieses Instrument als ein funktionsfähiges erhalten bleibt“: „Wenn wir uns weiter für die Religionsfreiheit in der islamischen Welt einsetzen wollen, müssen wir glaubwürdig sein. Deshalb machen mich Äußerungen unglücklich, dass bestimmte Religionen hier dazugehören oder auch nicht. So etwas kommt immer verkürzt an.“ Es sei nicht Sache des Staates zu dekretieren, welche Religionen hier in welchem Maße dazugehören.

Löning sagte auch, zwar seien Sicherheit und Prävention wichtige Themen, aber wenn man an einem Dialog interessiert sei, sei es doch vielleicht keine gute Idee, sie demonstrativ in den Vordergrund zu stellen. Eine Islamkonferenz, die den Islam zuerst und zuvorderst als Sicherheitsproblem behandelt, kann kein Dialogforum sein.

Und damit hat er recht. Unverständlich ist es ohnehin, warum Friedrich das Sicherheitsthema so nach vorne zieht: Von Beginn der DIK hat es eine Arbeitsgruppe zum Thema Sicherheit und Extremismus gegeben, und auf allen Ebenen unserer föderalen Ordnung läuft längst erfolgreich eine Kooperation zwischen Moscheen, Moscheeverbänden und Sicherheitsbehörden. Die an der DIK beteiligten Gruppen unterstützen das. Es ist darum völlig unnötig, sie in eine Ecke zu drängen.

Gerade im Licht der Frankfurter Tat, die Friedrich anführt, ergibt das keinen Sinn: Der Täter kam nicht aus dem Milieu der Ditib- oder VIKZ-Moscheen.  Er ist auch kein Alevit. Er hatte Kontakte in Salafisten-Kreise. Die sind wiederum nicht Teil der DIK. Im Gegenteil: die Salafisten lehnen die Kooperation der Verbände mit dem deutschen Staat ja gerade ab. Warum aber tut der deutsche Innenminister dann so, als könnten ihm die braven staatstreuen Ditib- und VIKZ-Leute dabei helfen, sich radikalisierende Randfiguren der Salafi-Szene ausfindig zu machen? Bizarr. Kenntnisreiche Leute aus dem Ministerium und aus dem VS fassen sich an den Kopf bei dieser offensichtlichen politischen Instrumentalisierung eines sinnvollen Sicherheitskonzepts (Deradikalisierung).

Markus Löning hat guten Grund zur Sorge, dass die DIK unter diesem Minister vor die Hunde geht. Und er tut gut daran zu erinnern, dass die Unterscheidung von Innen- und Außenpolitik in Sachen der  Religionsfreiheit kurzsichtig ist.

 

Eine Muslimin will Miss Universe werden

Shanna Bukhari möchte gerne Großbritannien bei den „Miss Universe“-Wahlen vertreten. Sie stammt aus Blackburn, hat Literatur studiert und ist 24. Wie der Name schon verrät, ist sie Muslimin. Das nehmen die einen nun zum Anlass, sie eine Schande für diesen Glauben zu nennen (und sie zu bedrohen).
Und die anderen beschimpfen sie, weil sie „nicht hierher gehört“ und also die Briten nicht vertreten könne. Wieder andere werfen ihr vor, sich einer fragwürdigen Veranstaltung zu unterwerfen und damit die Frauen zu verraten.


Shanna Bukhari hat es derzeit mit einer ätzenden Kombination aus engstirnigen Islamisten, Feministinnen und Rassisten zu tun. Sie ist, wie sie dem Guardian sagte, ziemlich schockiert über die Reaktionen, die ihre Kandidatur bei der britischen Ausscheidung für das Miss-Universe-Finale ausgelöst hat.
Vielleicht – hoffentlich – wird gerade das ihr helfen und ihr die Sympathie des breiten Publikums zutragen.
Mit 9 Jahren wurde sie zum Opfer einer rassistischen Attacke, bei der sie schwer durch einen Steinwurf verletzt wurde. Jetzt haben es ressentimentgeladene muslimische Männer auf sie abgesehen, deren Obsession es ist, Frauen zu kontrollieren und einzuschränken. Sie hat Todesdrohungen erhalten.
Shanna Bukhari kennt solches Ressentiment gegen Frauen von zu Hause offenbar nicht. Es wäre ein Triumph der britischen Gesellschaft über ihre Dämonen, wenn sie nominiert würde.
(Und außerdem sieht sie ziemlich hübsch aus.)

Bukhari, born in Blackburn, grew up in Lancashire and is no stranger to intolerance. When she was nine, she ended up in hospital after a man screaming racist abuse had thrown a brick at her, causing so much damage to her stomach that she suffered a blood clot and had to undergo surgery.

But even she has been surprised by the furore that her participation in the British heats of Miss Universe has prompted. Rather than confirming her hopes that society had progressed since her childhood, the controversy has made her question the state of multiculturalism in modern Britain. „It has highlighted the divisions that exist, a lack of social integration, a lack of adhesion between white and coloured people, and this needs to be addressed,“ she said. „I thought my participation might be something that people did not agree with, but I never thought I’d get abused.“

The attacks on the Manchester-based English literature graduate began after a local newspaper ran an article 10 days ago revealing her ambition to become the first Muslim to represent Great Britain at the beauty contest. Since then, she has received around 300 messages a day on her Facebook page, a handful of which are abusive. Most of the negative comments have come from a minority of Muslim men. „I get people saying, ‚you’re not a Muslim‘ and ‚you’re using religion to get attention‘. I said they were the ones bringing religion into it. I’m not representing Islam; I just want to represent my country, and of that I am very proud. They are trying to control me, using religion as a tool to attack.“

 

Die neue Stärke der Muslimbrüder

Wie weiter mit den Muslimbrüdern? Die Frage stellt sich heute anders und  dringender als noch vor Monaten. Nach einem Bericht der NYTimes gibt es Anzeichen für einen Deal der alten Regierungspartei NDP und des Militärs mit den MB in Ägypten. Bei dem erfolgreichen Referendum vor einigen Tagen konnte man diesen Deal in Kraft sehen. Statt einer grundlegenden Verfassungsreform haben die Menschen in Ägypten für eine Reparatur einiger Artikel gestimmt, die eine schnelle Parlamentswahl ermöglichen soll.

Alle diese Kräfte haben ein Interesse an einem schnellen Übergang zu Wahlen. Das Militär will raus aus der Verantwortung für das Land, ohne seine Pfründe zu verlieren. Die Mubarak-Leute wollen weiter in Verantwortung bleiben und ebenfalls ihre Pfründe retten. Und sie wollen die Demokratiebewegung in Schach halten. Die MB will die Weichen für einen Staat nach ihrem Geschmack stellen, und will ebenfalls die säkularen Kräfte der Demokratiebewegung auf die hinteren Plätze verweisen. Sehr irritierend ist die teilweise demagogische religiöse Propaganda für das Referendum, von der Michael Slackmann aus Ägypten berichtet:

The amendments essentially call for speeding up the election process so that parliamentary contests can be held before September, followed soon after by a presidential race. That expedited calendar is seen as giving an advantage to the Brotherhood and to the remnants of Mr. Mubarak’s National Democratic Party, which have established national networks. The next Parliament will oversee drafting a new constitution.Before the vote, Essam el-Erian, a Brotherhood leader and spokesman, appeared on a popular television show, “The Reality,” arguing for the government’s position in favor of the proposal. With a record turnout, the vote was hailed as a success. But the “yes” campaign was based largely on a religious appeal: voters were warned that if they did not approve the amendments, Egypt would become a secular state.

“The problem is that our country will be without a religion,” read a flier distributed in Cairo by a group calling itself the Egyptian Revolution Society. “This means that the call to the prayer will not be heard anymore like in the case of Switzerland, women will be banned from wearing the hijab like in the case of France,” it said, referring to the Muslim head scarf. “And there will be laws that allow men to get married to men and women to get married to women like in the case of America.”

A banner hung by the Muslim Brotherhood in a square in Alexandria instructed voters that it was their “religious duty” to vote “yes” on the amendments.

Die Säkularen sind noch sehr schwach organisiert. Sie können nur große Demos veranstalten, haben aber keine Organisation und vielleicht auch keinen ausreichenden Konsens für ein regelrechtes Parteiprogramm (oder gleich mehrere davon).

Sandmonkey, den ich auf Twitter angefleht hatte, endlich wieder regelrecht zu bloggen, hat dies dankenswerter Weise getan. Hat sicher nicht allein mit meinem Flehen  zu tun: Die Selbstverständigung der jungen Revolutionäre über die Zeit nach der Revolution lässt sehr zu wünschen übrig. Sandmonkey macht wichtige Vorschläge, wie die Bewegung sich in eine ernstzunehmende politische Kraft verwandeln kann.

Darunter dieser, nur scheinbar widersprüchliche:

I once suggested that we need to reach to Imams and Priests in order to get them on our side, and I was hissed at for wanting to mix Politics with Religion. Well, as much as I agree with that sentiment and truly wish we live in a country where people don’t vote based on religion, ehh..welcome to Egypt. We are religious people, and whether we like it or not, Imams and Priests are community leaders. We have to engage them, get them on our side and have them help us with the hearts and minds of their flock. An easy place to start are the individual churches and the Sufi festivals (Fun Fact of the Day: the Sufis are 16 million in Egypt. I KNOW!), get those two groups, and then focus on all the local imams that are in your area. If you manage to convince 1 Imam in every 5, you already caused them to lose a sizable part of their base.

Das ist richtig. In einem religiösen Land wie Ägypten darf die Moschee nicht der MB überlassen bleiben.

Aber wie soll der Westen nun mit der MB weiter vorgehen? Zurückhaltung oder Austausch? Ich habe in den letzten Tagen sehr unterschiedliche Signale von zwei Experten bekommen, die ich beide schätze und die ich beide nicht für verblendet oder ideologisch halte.

Ian Johnson, dessen Buch „Die Vierte Moschee“ ich in Leipzig vorgestellt habe, ist sehr skeptisch. Er rät ab, die MB durch offizielle Kontakte aufzuwerten. Er hält es für falsch zu glauben, man könne die MB politisch beeinflussen und gar für die Zwecke einer Politik im Dienste der Werte einer pluralistischen, säkularen Gesellschaft einspannen. In seiner Sicht ist die religiöse Agenda am Ende immer der Trumpf, der alles sticht. Und er hat gute Beispiele in seinem Buch.

Die MB zu Gast bei Präsident Eisenhower, 1953. Rechts außen mit Bart: Said Ramadan. Foto: Ian Johnson

Parag Khanna, den ich heute in der amerikanischen Botschaft zu einem Gespräch treffen konnte, hält die diplomatische Zurückhaltung gegenüber der MB für völlig falsch und für eine westliche Selbstüberschätzung. Gruppen, die man „isoliert“, werden dadurch nicht notwendiger Weise geschwächt. Und der Westen müsse sich schlichtweg fragen, ob man eines Tages einer neuen ägyptischen Elite gegenüber treten möchte, die man schlicht nicht kennt.

Und dann ist da noch die dritte Position von dem klugen Ray Takeyh, der einige der besten Bücher über Iran geschrieben hat. Er meint, Amerika und der Westen müssten sich eindeutig zugunsten der Säkularen positionieren:

Islamist parties can be counted on to similarly menace an inexperienced democratic order. Their deputies are extremely likely to press discriminatory legislation; their religious leaders will stimulate passions against women’s rights groups and nongovernmental organizations; and their militias will threaten secular politicians and civil society leaders who do not conform to their template. Such agitations may not garner absolute power but could still provide an opportunity for national militaries to end the region’s democratic interlude in the name of stability and order.

The answer, then, is not to exclude Islamist parties from political participation. A genuine democratic system will have to include all contending voices, however ill-intentioned and radical they may be. Washington’s challenge is to make certain that the region’s political transition does not culminate in the assumption of power by another military clique. So the United States and its allies must strengthen the political center and the democratic regimes that are coming to power in the midst of economic crisis and without the benefits of mature institutions.

A massive package of economic assistance to countries such as Egypt and Tunisia would tether these nations to the United States and would allow Washington to be clear that extremism in any guise will cause cessation of support. Even in an age of budgetary constraints, Washington may be able to generate substantial sums by channeling military aid to civilian pursuits and by collaborating with the European Union, the World Bank and the International Monetary Fund. The United States may not be able to determine the outcome of the Mideast uprisings, but it can still impose conditions and offer incentives that diminish the appeal and potency of militant actors.

Beyond such measures, Washington has the moral obligation of political partiality. During the Cold War, it did not remain passive as the forces of democracy battled the communist parties that sought to exploit post-World War II dislocation to advance sinister designs. The United States actively and at times covertly aided noncommunist forces throughout Europe, ensuring the defeat of powerful communist parties in France and Italy. In the context of the Middle East today, this means standing with emerging secular parties and youth activists as they seek to reinvent the region’s politics and finally push the Middle East into the 21st century.

The notion that America’s interventions in the Arab world have made it a toxic agent that should stand aside is a presumption of the Western intelligentsia — and one rejected by Arab protesters, the majority of whom have not uttered anti-American slogans. The springtime of the Arab world offers the United States an opportunity to reclaim its values and redeem its interests. America has a stake in the future of the Middle East and should not shy away from cultivating the nascent democratic movements sweeping the region.

 

Wie Republikaner die Islamfeindlichkeit europäischer Populisten übernehmen

Der republikanische Abgeordnete Peter King, Vorsitzender des Innenausschusses (Homeland Security) im Kongress, wird in dieser Woche Anhörungen über die Radikalisierung amerikanischer Muslime halten.

Befürchtet wird eine Art Stimmungsmache gegen Muslime, was nach den Äußerungen von Peter King nicht auszuschließen ist. Er hat behauptet, Muslime würden der amerikanischen Polizei nicht bei der Aufklärung terroristischer Gefahren helfen. Die New York Times widerspricht dieser Behauptung mit Verweis auf eine Studie der Duke University, aus der hervorgeht, dass Muslime die ergiebigste Quelle von Tips im Kampf gegen die Radikalen in den eigenen Reihen sind.

Peter King reiht sich ein in die Ränge deren in den Reihen der  Republikaner und der Tea Party, die durch zunehmende antimuslimische Agitation ein großes Publikum finden.

Das ist eine interessante Entwicklung, die an das letzte Jahr mit dem Streit um die „Ground Zero Moschee“ anschließt.

Peter Beinart stellt fest, dass die amerikanischen Konservativen immer „europäischer“ werden. Europäischer im Sinne der Rechtspopulisten des alten Kontinents. Sie haben die Position aufgegeben, die noch unter George W. Bush galt: Krieg dem gewalttätigen Islamismus, Friede den Muslimen. Bush hat immer sehr darauf geachtet, dass seine religionsfreundliche Attitüde nicht als Bigotterie mißverstanden werden konnte. Er hat Moscheen besucht und Iftar gefeiert, um friedliebende Muslime von Extremisten zu unterscheiden. Der neue Dreh von Republikanern wie King besteht in dem umgekehrten Prinzip: Wo auch immer man kann, werden die Linien verwischt. Ein Kampf gegen eine „Moschee am falschen Ort“ oder gegen „zu viele Moscheen in Amerika“ wird als Kampf gegen den Islamismus definiert. Beinart:

Republicans like to claim that Democrats are the “European” party: the party that wants a big welfare state, believes in international law, and doesn’t think America is an exceptional nation. But I’ve noticed a certain Europeanification of the GOP of late, as regard to Muslims. For years, Republicans have explained that their brand of patriotism has nothing to do with blood and soil. Unlike right-wing European parties, which often fashion themselves bulwarks against the Muslim menace, Republicans—in their telling—defend the universal ideals of unfettered capitalism, traditional morality, and bucketloads for defense. They welcome anyone who adheres to those principles, no matter their complexion and faith (except perhaps if they don’t have one).

It would be nice if someone explained that to Representative Peter King.

 

Der Islam gehört zu Deutschland

Die dümmste Debatte des letzten Jahres geht in die dritte Runde: Gehört der Islam zu Deutschland? Ja oder nein? „Historisch“?

Eine neue Lesart schält sich heraus: Muslime ja, Islam nein. Klasse. Das ist endlich die Lösung! Muslime ohne Islam? Das muss doch irgendwie gehen.

Never mind, dass viele „Muslime“ hierzulande ohnehin areligiös leben. Je mehr aber der neue Innenminister und andere obsessiv über „die Zugehörigkeit des Islams“ zu Deutschland reden, um so mehr wird die Identität auch nichtreligiöser Muslime „islamisiert“. Ja, so paradox ist das: Ich höre in letzter Zeit immer wieder: Ihr schafft das noch, dass ich mich als Muslim identifiziere. Oder: Erst hier bin ich zum Muslim geworden, durch das Dauerfeuer der Debatte. Wollen wir das?

Angesichts des Frankfurter Mordanschlags reden wir jetzt wieder über Radikalisierung: Dummerweise beruht das Hauptverkaufsargument der Salafisten für ihren Steinzeitislam auf der Unterstellung, im Westen würden nur „Muslime ohne Islam“ geduldet. Darum müssten „wahre Muslime“ zu den Wurzeln der „wahren Religion“ zurückkehren, um sich gegen diese tiefsitzende Islamfeindlichkeit zu wehren. Der neue Innenminister hat soeben Pierre Vogel, Deso Dogg/Abu Malik, Scheich Abdellatif  et alii eine erstklassige Vorlage geliefert. Der Islam gehört hier nicht dazu – das übersetzt sich in der Propaganda der Salafisten in den Satz: Dass dein Islam der richtige und wahre ist, merkst du daran, dass die anderen ihn ablehnen. Einen Islam, den die akzeptieren könnten, musst Du, im Umkehrschluss, verwerfen. Der kann nicht richtig sein.

Vielleicht sollte sich der Neue im BMI mal mit den Verfassungsschützern treffen, die an vorderster Front gegen die Radikalisierung in Teilen der islamisch geprägten Jugend arbeiten. Er würde auf eine erstaunliche Sorge treffen, was das gesellschaftliche Klima in diesem Land post Sarrazin angeht. Der VS ist darauf angewiesen, dass Muslime mit den Behörden kooperieren. Dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, ist nicht die Arbeitshypothese unserer Verfassungschützer.

Sie müssen glaubhaft widerlegen können, dass „der Islam“ per se hier ausgegrenzt wird aus irgendeinem Vorurteil oder christlich-abendländischen Dünkel heraus. Und das ist ja auch in Deutschland nicht der Fall. Warum also diese Wahrnehmung anheizen durch „historische“ Exkurse über Fragen, in denen nie ein ernsthafter Mensch das Gegenteil behauptet hat? Wie soll man so etwas anders wahrnehmen denn als leicht verklemmte Form der Schikane?

Die Sicherheitsdienste brauchen das Vertrauen, dass unterschieden wird zwischen denen, die die Religionsfreiheit missbrauchen und denen, die sie legitimer Weise in Anspruch nehmen. Eine Aussage wie die Friedrich’sche, der Islam gehöre („auch historisch“) nicht zu Deutschland, zersetzt dieses Vertrauen. Er unterminiert die Bemühungen der Sicherheitsorgane, die Propaganda der Radikalen zu widerlegen, die einen ewigen und unüberbrückbaren Gegensatz konstruiert zwischen Islam und Demokratie, Islam und Menschenrechten, Islam und westlichen Werten.

Es gibt sehr gute Broschüren, etwa neuerdings vom VS des Landes Berlin, in denen jene islamistische Ideologie auseinandergenommen wird, die den absoluten Gegensatz zwischen Islam und unserer Rechtsordnung betont. Die „Zerrbilder von Islam und Demokratie“ werden dort auf deutsch, türkisch und arabisch widerlegt. Niemand macht sich Illusionen darüber – vor allem nicht die Verfassungsschützer – dass es noch ein langer Weg ist, bis nicht nur eine stille Akzeptanz unserer Rechts- und Werteordnung durch „den Islam“ erreicht ist, sondern bis die islamische Theologie in ihren eigenen Lehren gute Gründe für die Säkularisierung (also Entmächtigung ihrer selbst) finden wird. Der katholischen Lehre ist das (vor wenigen Jahrzehnten erst) auch gelungen, und heute tut die Kirche gerne so, als wäre ihr die Idee geradezu selbst gekommen, dass man kirchliche und weltliche Macht zu trennen habe. Der Islam wird es noch viel schwerer damit haben, das ist absehbar trotz aller Reformansätze. Vielleicht wird es auch nie zu einer klaren Sphärentrennung kommen, sondern bloß – bloß! – zu einem modus vivendi. (Mir würd’s reichen, weiß Gott.)

Das sollte die Sorge eines Innen- und damit Verfassungsministers – sein. Unsere Sicherheit hängt daran. Ein Minister, der seinen Diensten die Arbeit schwerer macht, macht Deutschland weniger sicher.

p.s. Ich habe kürzlich einen Vortrag bei einer VS-Tagung gehalten, bei der es um Radikalisierung und Strategien dagegen ging.  Meine sorgenvolle Analyse der Debatte in diesem Land hat dort erstaunlich viel Beifall bekommen. Man fürchtet dort, dass das aggressive Klima Bemühungen um Deradikalisierung konterkariert. Hier mein Text dessen Schlussfolgerungen ständigen Besuchern dieses Blogs nicht fremd sein werden:

„Können Medien der Radikalisierung junger Muslime entgegenwirken?“

Auf den ersten Blick ist das eine merkwürdige Frage: Wenn etwa in einem Leitartikel der ZEIT der militante Islamismus verdammt wird, so wird das wohl keinen gefährdeten jungen Mann davon abhalten, sich in ein Terrorcamp zu begeben. (Und das liegt nicht nur an der Schichtzugehörigkeit unserer Leser. Auch die BILD kann da nicht viel ausrichten.)
Wir erreichen solche Menschen doch gar nicht, könnte man meinen. Vielleicht wäre sogar das Gegenteil denkbar: Dass sich jemand für den bewaffneten Kampf gegen diese Gesellschaft im Namen des Islams entscheidet, gerade WEIL der Mainstream unserer Medien dies verdammt.
Islamismus ist auch, das haben wir anhand radikalisierter Konvertiten und junger Muslime der zweiten und dritten Generation gelernt, RADICAL CHIC. Es wird die totale Gegenposition zum Bestehenden gesucht, man schlägt sich gerade absichtsvoll auf die Seite der Bewegung, die am meisten gefürchtet und abgelehnt wird. In den 70ern war das im Westen der Kommunismus, heute ist es für manche der Islamismus. Dass man sich außerhalb des Mainstreams stellt, wenn man Islamist wird, ist oft Teil der Attraktion.

Menschen, für die es so weit gekommen ist, dass sie sich in absolute Ablehnung des Bestehenden begeben, erreichen wir aber weder mit einem wohl argumentierten Leitartikel wider den politischen Islam noch mit einem aufklärenden Stück über den „wahren Islam“, der Selbstmordattentate ablehnt.

Also: Wir werden zwar weiter solche Artikel publizieren, aber deren „antiradikalisierende Wirkung“ kann man sich wohl kaum so vorstellen, dass der nächste Mohammed Atta oder Fritz Gelowicz die FAZ, den Spiegel oder die ZEIT beiseite legt, nachdenklich wird und seine Reise nach Pakistan absagt.

Trotzdem halte ich es für richtig, dass Sie im Rahmen des Anti-Radikalisierungsprogramms über die Medien nachdenken. Um in den Blick zu bekommen, was die Medien in diesem Zusammenhang für eine Funktion haben, muss man freilich den Blick weiten.

Der Soziologe Niklas Luhmann hat in seinem Buch über die „Realität der Massenmedien“ gesagt:
„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“

Das ist ein radikaler Satz. Aber so weit muss man die Perspektive öffnen, um die möglichen Zusammenhänge von Medien, Islam, Islamismus, Salafismus und Dschihadismus zu erkennen. In dem Konzept, das Sie mir freundlicher Weise zugeschickt haben, werden fünf „Radikalisierung begünstigende Faktoren“ aufgezählt: Einfluss von Predigern und ehemaligen Kämpfern, Internet und Videopropaganda, unmittelbare Bezugsgruppe Gleichgesinnter, soziale Entfremdung, Gefühl des Nicht- Dazugehörens, Aufenthalt in Terrorcamps.

Weiter„Der Islam gehört zu Deutschland“

 

Der erste erfolgreiche islamistische Anschlag in Deutschland

Angesichts des zweifachen Mordes (und offenbar vielfachen versuchten Mordes) am Frankfurter Flughafen ist jetzt mancherorts von einem „historischen Einschnitt“ die Rede, weil hier zum ersten Mal einem islamistischen Extremisten ein Mord in Deutschland gelungen sei.

Also bitte: Den Gefallen sollten wir Arid U. nun wirklich nicht tun, diese abscheuliche Tat zu einer Zeitenwende zu stilisieren. Richtig ist: Bisher haben in Deutschland radikalisierte junge Muslime nur im Ausland gemordet, hierzulande blieben ihre Planungen (Sauerländer) und Versuche (Kofferbomber) meist stümperhaft oder konnten vereitelt werden. Nun ist also ein Mann mit einer Pistole auf amerikanische Soldaten losgegangen und hat zwei erschossen, zwei weitere schwer verwundet und ist an einem weiteren Opfer durch glücklichen Zufall gescheitert (Ladehemmung), worauf er überwältigt werden konnte. Und daraus sollen wir eine neue Epoche ableiten? Bitte nicht.

Dpa berichtet:

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hat sich die Tat folgendermaßen abgespielt: Arid Uka fuhr bewaffnet mit Pistole und zwei Messern zum Flughafen und schaute sich dort nach US-Soldaten um. Als er eine Gruppe erkannte, fragte er nach einer Zigarette und wollte sich vergewissern, dass die Soldaten tatsächlich auf dem Weg nach Afghanistan waren. Als ein Soldat dies bestätigte und sich in Richtung Bus verabschiedete, schoss ihm Arid Uka von hinten in den Kopf.

Dann betrat er laut Bundesanwaltschaft den Bus, der die Soldaten zum US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein bringen sollte. Dort richtete er erst den 21 Jahre alten Busfahrer hin, dann ging er weiter und schoss auf einen 25-Jährigen und auf einen 21-Jährigen, die beide schwer verletzt überlebten.

Bei seinem fünften Opfer versagte die Pistole. Er hatte die Waffe direkt auf den Kopf des Opfers gerichtet und zweimal abgedrückt, schilderte Griesbaum den Vorgang. Die Kugeln lösten sich jedoch nicht, da eine Hülse im Lauf verklemmt war. Als der Attentäter flüchtete, nahm der Soldat die Verfolgung auf und stellte ihn wenige Meter später. Mehrere Polizisten kamen ihm zu Hilfe.

Ich lebe seit Jahren mit der Gewissheit, dass ein Anschlag in Deutschland auch einmal gelingen würde. Es ist ja eher seltsam, wie wenig hier bisher geschehen ist. Das darf man wohl auch unseren Behörden gutschreiben. In der bewegten Welt des gewaltsamen Dschihadismus sind wir zum Glück bisher ein Nebenschauplatz. Soeben wird gemeldet, dass in Pakistan im Distrikt Nowshera eine sufistische Moschee angegriffen wurde: bisher 5 Tote und 10 Verletzte. Vor wenigen Tagen erst ist dort der christliche Minderheitenminister ermordet worden. So geht das Schlag auf Schlag. Da bahnt sich vielleicht wirklich ein historisches Ereignis an: Pakistan im Griff des Terrors.

Der Frankfurter Täter aber entspricht einem Muster, das wir in jüngster Zeit immer häufiger gesehen haben: ein Einzelgänger, der sich offenbar rasend schnell selbst radikalisiert, mit Hilfe von Facebook und Youtube. Er hatte große Sympathien für die Salafisten-Szene, die seit geraumer Zeit im Zentrum der Sorgen des Verfassungsschutzes steht. Dort wird oft nicht unmittelbar zur Gewalt aufgerufen, aber die Szene ist ein Durchlauferhitzer der Radikalisierung, weil sie eine eine strikte Segregation des „wahren Glaubens“ vom „Unglauben“ predigt, weil sie die Wahnwelt eines von allen Einflüssen zu  „reinigenden“ Glaubens vertritt und den Anhängern das Bild einer heutigen Welt vermittelt, die dem Islam (wie ihn die Salafisten verstehen) insgesamt feindlich gegenüber stehe. Kürzlich war ich bei einer Gruppe des Verfassungsschutzes in Niedersachsen zu Gast, die sich mit Strategien gegen Radikalisierung befasst: (Neo)Salafismus ist die Sorge Nummer eins dort. Offenbar zu recht.

Das Problem mit Tätern wie Arid U. ist, dass sie oft keine (langen) Bindungen an Gruppen haben, die sie zu geeigneten Beobachtungsobjekten machen würden. Die Instant-Radikalisierung aufgrund von Medienereignissen und -konsum ist oft für deren Umgebung nicht einmal bemerkbar.

Man muss also die radikale Propaganda viel stärker an der Wurzel angehen. Die Anstrengungen im Internet und in den sozialen Netzwerken müssen verstärkt werden (das ist heute so wichtig wie polizeiliche Moscheebesuche, die übrigens die Regel sind). In dem Video, das der Täter zu seiner Motivation angegeben hat, sollen „angeblich US-Soldaten ein Haus in Afghanistan geplündert und ein Mädchen vergewaltigt“ haben. „Solche Gräueltaten wollte er nach seinen Angaben verhindern“, heißt es in den Bericht. Das kann natürlich auch eine ausgedachte Entlastungsstrategie sein.

DPA schreibt: „Wenn sich dieses Motiv erhärte, sei es ein klarer Beleg dafür, dass die Tat aus persönlichen Gefühlen entstanden sei – außerhalb terroristischer Strukturen, sagte der stellvertretende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum. Allerdings zeige sich daran auch die Gefahr der islamistischen Propaganda im Internet, die gezielt junge Männer anspreche und zu solchen Taten bringe. Deshalb müsse der Kampf gegen diese Propaganda verstärkt werden.“

Letzteres ist richtig. Aber das Wort von den „persönlichen Gefühlen“ ist hier irreführend.

Wir haben es vor allem mit einer Ideologie zu tun, die solche Gefühle erzeugt. Sie muss bekämpft werden.