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Die neue Kopftuchdebatte – Anfang vom Ende des muslimischen Machismo?

Seit die grüne Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz vor etwas mehr als zwei Wochen an die muslimischen Frauen in Deutschland appelliert hat, das Koptuch abzulegen und im Hier und Jetzt anzukommen, ist ihr Leben auf den Kopf gestellt. Die 1971 in der Türkei geborene Deligöz, die sich selbst als Lobbyistin für Migranten sieht, ist zur Hassfigur für Fundamentalisten und Nationalisten geworden, die sich in ihrem Macho-Gehabe nicht nachstehen. Sie wurde als „Nazi“ beschimpft, mal auch als neue Ayan Hirsi Ali, es gab Morddrohungen. Nun lebt sie unter Personenschutz.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, schrieb einen Brief an den türkischen Botschafter in Deutschland, Irtemcelik. Der ließ die Bitte um Hilfe kalt abtropfen: Es sei nicht Sache des türkischen Staates, sich in diesen Streit einzumischen. Künast solle sich lieber an die türkische Presse wenden. Wenn es darum geht, sich über vermeintliche Türkenfeindlichkeit beschweren, ist die Botschaft nicht so zurückhaltend. Der Botschafter sollte seine Haltung überdenken: Der größte islamische Verband in Deutschland, Ditib, wird de facto vom Religionsministerium in Ankara und von der Botschaft in Berlin aus gesteuert. Und da sollte der Botschafter nichts zu einem Thema zu sagen haben, dass säkulare und religiöse Türken in Deutschland spaltet?

Um so erfreulicher, dass sich eine breite, überparteiliche Front vor Ekin Deligöz aufbaut, um sie gegen das Klima der Einschüchterung zu beschützen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sagte im Deutschlandfunk, der Gesetzgeber müsse »mit aller Entschiedenheit durchsetzen«, dass man seine Meinung äußern darf. »Wenn man bedroht wird, dann ist was nicht in Ordnung.« Solange dies so sei, bekomme Deligöz Polizeischutz. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte: »Ein solches Klima des Hasses gegen eine Person, die lediglich ausspricht, was viele denken, ist nicht hinnehmbar.« Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte dem Sender n-tv: »Wir müssen jetzt alle Rückgrat zeigen, und sie hat die uneingeschränkte Solidarität der ganzen zivilisierten Gesellschaft verdient.«

Das ist eine überraschende schwarz-grüne Koalition: Über den Umweg der Kopftuchfrage entdecken die Innenpolitiker der Union den Feministen in sich. Aber man sollte nicht spotten: Die Union spricht neuerdings mit grösserer Glaubwürdigkeit in diesen Dingen. Seit Wolfgang Schäuble den Muslimen durch die Islam-Konferenz eine ausgestreckte Hand geboten hat und seine Absicht erklärt hat, den Islam hier einzubürgern, können Äusserungen zum Kopftuch und zum Verhältnis von Religions- und Meinungsfreiheit nicht mehr als Islamophobie abgetan werden.

Es kommt noch ein Aspekt hinzu: Die Debatte wird zum Glück nicht mehr nur zwischen Deutschen und Türken, Christen und Muslimen, zwischen Mehrheit und Minderheit geführt. Der Kampf der Kulturen findet tatsächlich statt, aber zunehmend innerhalb der jeweiligen Lager. Es stehen auch im Islam immer häufiger selbstbewußte Reformer gegen Konservative. Heute sind es vor allem Frauen mit – schreckliches Wort – Migrationshintergrund, die sich den Mund nicht mehr verbieten lassen und ihre Rechte einfordern – so wie die Anwältin Seyran Ates, die Soziologin Necla Kelek, die Autorin Serap Cileli, die SPD-Abgeordente Lale Akgün und nun auch die Grüne Ekin Deligöz. Die deutschen Türken könnten eigentlich stolz sein, eine ganze Reihe solcher bemerkenswerter Frauen hervorgebracht zu haben.

Aber leider werden sie von Männern repräsentiert, die den weiblichen Freigeistern um Jahre hinterherhinken. Sie haben sich in der Pose des Opfers eingerichtet. Alles dreht sich um Ehre, Respekt und Anerkennung. Sie sind stets vorwurfsvoll und leicht kränkbar, egal ob es um den EU-Beitritt, das Kopftuch oder den Genozid an den Armeniern geht.

Diese Repräsentanten haben grosse Probleme, sich auf die neue Lage einzustellen, die durch Schäubles Integrationsinitiative entstanden ist: Sie müssen nun von Minderheitenlobbyisten, die ihre Hauptaufgabe darin sehen, sich (leider oft zu Recht) über Diskriminierung zu beschweren, zu Partnern werden, die auf Augenhöhe darüber verhandeln, welchen Beitrag sie zum Gedeihen des Landes leisten können.

Die Vertreter der islamischen Verbände haben nun zwar betont, sie teilten Deligöz‘ Meinung über das Kopftuch nicht, sie lehnten die Drohungen aber scharf ab. Das ist immerhin ein Anfang – auch wenn erst wochenlanger öffentlicher Druck sie dazu bewegt hat. Wenn sie als Teil der Zivilgesellschaft Respekt verlangen und anerkannt werden wollen, müssen sie in Zukunft endlich von sich aus die Menschenrechte verteidigen – und zwar nicht nur dann, wenn es um die Rechte der Kopftuchträgerinnen geht.

Die frechen Frauen, die keine Lust haben, sich länger von ihnen vertreten zu lassen wollen, passen natürlich nicht in den Kram. So ist es zu erklären, dass der Islamrat Deligöz in rüder Sprache zurechtwies, sie solle „ihr Brett vom Kopf“ entfernen, bevor sie übers Kopftuch redet. So ist die Entgleisung des Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, zu verstehen, der gestern nach der Aussprache mit Deligöz sagte: „Was sie gesagt hat, ist für mich Unsinn.“ Wichtig für ihn sei aber auch, „dass sie diesen Unsinn verbreiten darf“.

Diese gönnerhaft-unverschämte Art – nie würde man über einen männlichen türkischen Politiker derart herziehen! – kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Macht der Machos in der türkisch-muslimschen Community schwindet. Wenn der Schmerz darüber nashlässt, werden die angehalfterten Patriarchen sehen, dass Ekin Deligöz und die anderen mutigen Frauen auch ihnen einen Dienst erweisen.

 

Unerwünschte Israel-Kritik

New York streitet mit Tony Judt

Anfang dieses Monats wurde in New York ein Vortrag abgesagt, aus politischen Gründen. So etwas kommt vor. Doch über diesen Fall kommt die Stadt seit Wochen nicht mehr zur Ruhe. Unterdessen schlägt die Sache Wellen bis ans jenseitige Ufer des Atlantiks. Zu Recht, denn die europäische Diplomatie ist in den Fall verwickelt.

Der Historiker Tony Judt, Leiter des Remarque Institute an der New York University und ein exzellenter Kenner der neueren europäischen Geschichte, wollte im polnischen Konsulat einen Vortrag über Die Israel-Lobby und die amerikanische Außenpolitik halten. Kurzfristig sagte der polnische Generalkonsul den Vortrag ab. Sofort machten Gerüchte die Runde, jüdische Organisationen hätten das Konsulat bedrängt. Die Anti-Defamation League und das American Jewish Committee bestreiten zwar nicht, mit dem Konsul gesprochen zu haben, wohl aber, Druck ausgeübt zu haben. Der polnische Konsul ließ sich von der Washington Post zitieren, die Anrufe seien »sehr elegant» gewesen, »können aber interpretiert werden als Ausübung eines delikaten Drucks«.
Ein Generalkonsul, der »delikatem Druck« nachgibt – den er offenbar selbst in die »eleganten Anrufe« hineininterpretiert hat –, ist sich nicht zu schade, seine Feigheit auch noch vor der Weltöffentlichkeit herauszutrompeten. Das ist eine kulturdiplomatische Bankrotterklärung, die an die präventive Duckmäuserei im Berliner Idomeneo-Skandal erinnert. Wenn die liberale Öffentlichkeit sich weiter selbst abschafft, brauchen die Feinde der Freiheit nur noch zuzuschauen.

Mehr als hundert Intellektuelle aus Amerika und Europa setzen mit einem »offenen Brief« dagegen, der diese Woche im New York Review of Books erscheint. (Anmerkung in eigener Sache: Ich habe auch unterzeichnet, JL.) Angeführt von den Philosophen Mark Lilla und Richard Sennett, protestieren sie gegen ein »Klima der Einschüchterung, das mit fundamentalen Prinzipien der Debatte in einer Demokratie unvereinbar« sei. Tony Judt wird es freuen, dass darunter viele sind, die im Übrigen seine Einlassungen über die »jüdische Lobby« und Israel ablehnen.

Dazu gibt es in der Tat auch guten Grund. Judt plädiert für einen »binationalen Staat Israel«, in dem Palästinenser und Juden zusammenleben. Wohlwollende Kritiker nennen das angesichts der Hamas-Position zum Existenzrecht Israels eine naive­ Utopie, andere unterstellen Judt Israelfeindlichkeit. Er hat in einem Essay für den New York Review geschrieben, Israel sei »ein Anachronismus«: »Wie aber, wenn es in der heutigen Welt für einen ›jüdischen Staat‹ keinen Platz mehr gäbe?«

Wer solche Sätze schreibt, kann sich nicht beschweren, wenn jüdische Organisationen hellhörig werden. Und nicht nur sie: Auch Nichtjuden haben ihn heftig kritisiert. Der Kampf gegen Antisemitismus und gegen »Antizionismus« ist wichtitiger denn je in einer Welt, in die Nasrallahs und Ahmadineschads ihren hasserfüllten Worten Taten folgen lassen wollen.
Die jüdischen Organisationen haben dieser Sache freilich einen Bärendienst erwiesen, indem sie der Absage von Judts Vortrag applaudierten. Denn die Klage, israelkritische Töne würden in der westlichen Öffentlichkeit unterdrückt, gehört zum festen Bestandteil der rechtsradikalen und islamistischen Propaganda. Es ist entscheidend für die Glaubwürdigkeit des Westens, sie zu entkräften. Verschwörungstheorien über die Macht der jüdischen Lobby bekämpft man nicht durch elegante Anrufe, die missliebige Vorträge verhindern. Man widerlegt sie durch Gegenvorträge und durch die Förderung eines angstfreien Debattenklimas, in dem legitime Kritik an Israel die Chance hat, sich vom Antisemitismus zu unterscheiden.

 

Islamgelehrte: Selbstmordanschläge im Irak sind Sünde

Noch eine innerislamische Debatte, auf die wir lange gewartet haben:

In der saudiarabischen Pilgerstadt Mekka haben sunnitische und schiitische Religionsgelehrte aus dem Irak in der Nacht zum Freitag über eine Erklärung diskutiert, in der Selbstmordattentate und Anschläge auf Muslime im Irak zur Sünde erklärt werden.

Er gehe davon aus, dass die Religionsführer den vorbereiteten Text akzeptieren und heute verabschieden würden, sagte der Generalsekretär der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), Ekmeleddin Ihsanoglu, dem Fernsehsender Al-Arabija.

Die Erklärung war von der OIC vorbereitet worden, die das Treffen der Religionsführer auch organisiert hatte. «Die Botschaft der Erklärung von Mekka soll auch von den Predigern im Irak weitergetragen werden», fügte der Generalsekretär hinzu. In der Erklärung heißt es auch, die Iraker sollten daran arbeiten, ihr Land politisch, militärisch und wirtschaftlich selbst zu kontrollieren «und somit die Besatzung beenden».

 

Muslimische Gelehrte antworten dem Papst – und verurteilen gewaltsame Reaktionen auf seine Regensburger Rede

Der Fortschritt nährt sich manchmal auch von Missverständnissen. In einem Offenen Brief setzen sich 38 theologische Kapazitäten aus der gesamten islamischen Welt intensiv mit der Regensburger Vorlesung des Papstes und deren politischen Folgen auseinander.
Sie verurteilen den Mord an der katholischen Nonne in Somalia „und alle anderen gewaltsamen Akte, die ‚in Reaktion‘ auf Ihre Rede an der Regensburger Universität geschehen sind, als vollständig un-islamisch“.

Bemerkenswert: Der Ton der Beleidigtheit und des willentlichen Mißverstehens, der die Reaktionen der ersten Tage kennzeichnete, ist wie weggeblasen. In einem ruhigen, verbindlichen Ton antworten die Gelehrten Punkt für Punkt auf die pästlichen Einlassungen.

Sie gehen auf die Frage der Gewalt ein, auf die Frage der „absoluten Transzendenz“ Gottes, auf die Rolle der Vernunft in der Religion. Sie definieren „Dschihad“ im Rahmen einer islamischen Theorie des Gerechten Kriegs, und sie nehmen Stellung zu der Frage, was (und ob) der Islam Neues gebracht habe im Vergleich zum Judentum und Christentum.

Der Papst sei das „Oberhaupt für mehr als eine Milliarde Katholiken und ein moralisches Beispiel für viele andere weltweit“: „Wir teilen Eure Sehnsucht nach einem offenen und ehrlichen Dialog, und anerkennen seine Bedeutung in einer zunehmend vernetzten Welt.“

Zu den Unterzeichnern gehören Scheich bin Bayyah aus Saudi-Arabien und der Grossmufti von Bosnien-Herzegowina, Mustafa Ceric (eine der höchsten theologischen Autoritäten des Islams in Europa). Weiter vertreten sind der Grossmufti von Ägypten, Scheich Ali Gumah, sowie Scheich Hamza Yusuf Hanson aus Kalifornien – dessen Handschrift die Erklärung trägt. Die arabische Welt ist sehr breit repräsentiert, vom Maghreb bis in den Irak. Und auch ein iranischer Ayatollah ist dabei, Mohammed Ali Taschkiri, ein enger Berater des Revolutionsführers Chamenei.

Im einzelnen geht der Brief auf folgende Punkte ein:

  • Die Gelehrten bestreiten die Auffassung des Papstes, der Koranvers darüber, dass „kein Zwang in der Religion“ sei, stamme aus der Zeit, als der Prophet noch machtlos und unter Druck gewesen sei. Sie deuten den Vers vielmehr als eine Aufforderung an den aufstrebenden Islam, auch aus einer Position der Stärke nicht zum Mittel der Gewalt zu greifen, um den Glauben durchzusetzen – nicht einmal gegenüber den eigenen Kindern
  • Sie treten dem Argument des Papstes entgegen, der Gott der Muslime sei „asbolut transzendent“ und daher ohne Beziehung zu den menschlichen Kategorien der Vernunft, des Guten und Wahren. Wer den Gott der Muslime als kapriziösen Willkür-Gott darstelle, vergesse, dass Gerechtigkeit, Güte und Milde seine wichtigsten Attribute im Koran seien
  • Die intellektuelle Tradition des Islam sei stets zwei Extrempositionen entgegentreten: „Die eine macht den analytischen Geist zum letzten Schiedsrichter in Wahrheitsfragen, und die andere besteht darin, die Kraft des menschlichen Geistes zu verleugnen, die letzten Fragen zu stellen.“ Der Hauptstrom des islamischen Denkens habe vielmehr darauf bestanden, dass es einen Einklang zwischen den Wahrheiten der koranischen Offenbarung und den Ansprüchen der menschlichen Vernunft gebe: „Die Vernunft selbst ist eines der vielen göttlichen Zeichen in uns, die Gott uns einlädt zu betrachten – wie er uns einlädt, mit ihrer (der Vernunft) Hilfe die Wahrheit zu bedenken.“
  • Der Begriff „Heiliger Krieg“ existiere im Islam nicht. Dschihad bedeute „Bemühung, Anstrengung“, im besonderen auf dem Wege Gottes. Diese Anstrengung könne viele Formen annehmen, auch des gewaltsamen Kampfes. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Islamische Kriegsregeln lassen sich so zusammenfassen: Zivilisten sind keine legitimen Ziele. Religiöse Gründe allein rechtfertigen keinen Angriff. Muslime können und sollen in Frieden mit ihren Nachbarn leben. Ausnahmen sind nur als Selbstverteidigung und zur Erhaltung der Souveränität erlaubt
  • Der Islam habe sich zwar als politische Einheit „teilweise durch Eroberungen“ ausgebreitet, doch der größere Teil seiner Verbreitung gehe auf Predigt und Missionstätigkeit zurück. Der Islam kenne nicht das Gebot, die eroberten Völker in die Konversion zu zwingen. Jahrhundertelang hätten eroberte Völker als nicht-Muslime unter muslimischer Herrschaft gelebt. Allerdings hätten „einige Muslime“ in der Geschichte die islamischen Vorschriften gegen erzwungene Konversion verletzt. Diese Ausnahmen bestätigten aber die Gültigkeit der Vorschriften
  • Der Prophet habe niemals den Anspruch gehabt, „etwas Neues“ zu bringen, was der vom Papst zitierte Kaiser ihm bekanntlich als Indiz der Minderwertigkeit seiner Religion auslegt. Nach islamischem Glauben lehrten vielmehr alle wahren Propheten zu ihrer Zeit die gleiche Wahrheit des Glauben an den einen Gott

Abschließend zitieren die Scheichs und Muftis das Zweite Vatikanische Konzil, das erstmals die hohe Wertschätzung der Kirche für die Muslime ausdrückte und die Gemeinsamkeiten zwischen den abrahamitischen Religionen herausstellte (während Papst Benedikt heute mehr die Unterschiede betont). Sie zitieren auch Papst Johannes Paul II., der vor zwanzig Jahren in einer Generalaudienz betonte, „wir glauben an den gleichen Gott“.

Die Evidenz dieses Satzes ist in den letzten Jahren in die Luft gesprengt worden. Die muslimischen Gelehrten fürchten sich zu Recht vor einer Welt, in der er niemandem mehr einleuchtet. Ihre Antwort auf den Papst läßt hoffen, dass ein echter Dialog beginnen kann, nachdem der unaufrichtige Scheindialog ans Ende gekommen ist.

 

Wir lassen Jungen in einer Popkultur der Gewalt versumpfen

Neue Studie: Computerspiele gefährden den Schulerfolg /
Medienverwahrlosung der Jungen, vor allem in den Unterschichten

Du schleichst dich von hinten an die Frau heran und schneidest ihr die Gurgel durch. Du erschlägst eine weitere mit der Schaufel und stampfst durch die Blutlache. Wenn du diese Aufgaben erledigt hast, darfst Du zur Belohnung später Fußgänger mit der Motorsäge zerlegen.

So geht es zu in dem Spiel GTA San Andreas, einem der beliebtesten Computerspiele der letzten Zeit. Und so klingt die Werbung für das Computerspiel „Der Pate“: Ein Gangster zu sein, hat sich nie zuvor so gut angefühlt. Das Kampfsystem gibt dir die Möglichkeit, deine Gegner mit Schlägen, Tritten und Grabs niederzustrecken – du kannst sie sogar strangulieren.

Ein drittes Beispiel: Das populäre Spiel Backyard Wrestling – Prügelei im Hinterhof. Hier ist der Spieler gefordert, seine Gegner mit allen Mitteln fertigzumachen. Der Körper des Feindes darf durchbohrt, verbrannt und zerstückelt werden – je blutrünstiger, desto besser. Am Ende winkt eine Belohnung von einer Million Dollar.

Der Kriminologe und Medienforscher Christian Pfeiffer hat mit seinem Team einige der beliebtesten Computerspiele nachgespielt. Die Brutalität der Spielhandlungen ist atemberaubend. Alle diese Spiele sind völlig legal ab 16 Jahren beziehungsweise 18 Jahren zu erwerben. Sie werden aber natürlich auch an jüngere Kinder weitergegeben. Weil die Killer-Spiele als cool gelten, setzen Jungs viel Ehrgeiz und Energie darein, an sie heranzukommen. Die Hälfte aller zehnjährigen Jungen, so Pfeiffer, nutzt Spiele, die erst ab 16 Jahren freigegeben werden.

Ein Jugendschutz, der solche Zustände hinnimmt, ist ein Witz. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, die für die Freigaben zuständig ist, weiß entweder nicht, was sie da eigentlich bewertet – oder sie ist vollkommen zynisch. Spiele, in denen der Ehrgeiz von Jugendlichen auf das möglichst grausame Töten, Foltern, Erpressen gerichtet wird, gehören auf den Index, damit sie nicht mehr offen verkauft werden können und für sie nicht mehr geworben werden darf. Damit wäre die Spiele-Industrie, die an solchen Widerlichkeiten verdient, empfindlich zu treffen.

Wie kann es sein, dass jede Zigarettenpackung heute drastische Hinweise trägt, dass Rauchen krank macht und tötet – während ein Zehnjähriger so genannte Spiele, die eigentlich Lehrgänge für eine Massenmörder- und Foltererkarriere sind, ganz einfach bei Amazon bestellen kann? Wir wissen lange schon, dass Killer- und Folterspiele Nachahmungstaten anregen. Man denke nur an Robert Steinhäuser, den Massenmörder von Erfurt, der seine Nachmittage als Ego-Shooter verbrachte, bevor er 16 Menschen an seiner Schule ermordete, so wie er es spielend gelernt hatte.

Doch selbst wenn es nicht zum Äußersten kommt, ist die schädliche Wirkung der Gewalt-Computerspiele enorm. Christian Pfeiffer hat in einer breit angelegten Studie erforscht, wie die Mediennutzung mit dem Schulerfolg zusammenhängt. Schüler, die über einen eigenen Fernseher und eine Spielekonsole verfügen, haben signifikant schlechtere Schulergebnisse als diejenigen, die über solche Geräte nicht verfügen. Das ist eigentlich banal: Wer stundenlang vor dem Fernseher und dem Computer sitzt, hat schlicht keine Zeit für Schularbeiten und geistig anregende Hobbies.

Es kommt aber noch etwas hinzu: Das emotionale Erlebnis von Gewalt, Action, Horror als virtueller Akteur stellt andere Erlebnisse in den Schatten und entwertet sie. Schulerlebnisse und Lernerfolge werden durch das drastische Geballere am Bildschirm regelrecht verdrängt. Horror als Lebensstil macht vergesslich und dumm. Die Daueraufgewühltheit der Spieler am Nachmittag löscht die Bildungsfortschritte des Vormittags.

Es ist ein Teufelskreis: Vor allem bildungsferne Eltern erlauben ihren Kindern den Konsum von Gewaltmedien. Dieser Konsum macht dumm und verhindert den Ausbruch aus der Bildungsmisere. Durchschnittliche zehnjährige Jungen in Dortmund verbringen pro Jahr sage und schreibe 1430 Stunden vor dem Fernseher und der Play Station – das ist fast ein Drittel mehr als im Schulunterricht.

Der Konsum von virtueller Gewalt ist fast ausschließlich ein Jungen-Problem. Mädchen spielen generell weniger am Computer, und sie mögen keine Gewaltspiele. Gewaltspiele sind ein Schlüssel zur Erklärung der Bildungskrise junger Männer hierzulande. Jungen fallen in Schule und Ausbildung immer weiter zurück, während die Mädchen an ihnen vorbeiziehen. Mehr Jungen als Mädchen gehen auf die Hauptschule, bleiben sitzen und brechen die Schule ohne Abschluss ab. Die Nutzung von dumm und roh machenden Gewaltmedien ist eindeutig ein Risikofaktor für die Bildungskarriere.

Es ist Zeit, dass die Medienverwahrlosung weiter Teile der Jungen hierzulande als Skandal angeprangert wird. Dabei darf es nicht darum gehen, männliche Aggressivität unter Verdacht zu stellen und zu tabuisieren. Im Gegenteil: Jungen brauchen reale Möglichkeiten, ihre ganz normale männliche Aggressivität kreativ einzusetzen und lernend abzubauen. Wir können uns aber nicht leisten, sie in den widerlichen virtuellen Horrorwelten verkommen zu lassen, die ihre Phantasie vergiften.

„Politisches Feuilleton“ im Deutschlandradio vom 14.10.2006

 

Ramin Jahanbegloo ist nach Indien ausgereist

Ramin Jahanbegloo

Der iranische Philosoph Ramin Jahanbegloo ist vor drei Tagen mit seiner Familie in New Delhi angekommen.

Er wird dort am Center for the Study of Develloping Societies (CSDS) arbeiten.

Das Teheraner Regime hat den Philosophen nach massivem internationalem Druck – vor allem Kanadas und der EU – ausreisen lassen. Jahanbegloo war zuvor 125 Tage ohne Haftbefehl (wenn auch unter omniösen Spionagevorwürfen) in Einzelhaft gehalten worden. Vor wenigen Wochen liess man ihn überraschend und ohne Begründung frei.

Zuvor musste Jahanbegloo die Besitztitel an seinem eigenen Haus und dem seiner Mutter als Kaution hinterlegen. Damit kann das Regime auch im Exil noch Druck auf ihn ausüben. (Mehr Details zu diesem Vorgang hier und in den älteren Beiträgen auf diesem Blog in der Kategorie Iran.)

Trotzdem ist dies ein Grund zum Feiern: Manchmal hilft es eben doch, zu protestieren!

Wir werden weiter berichten.

 

Warum ein Einwanderungsland Patriotismus und Leitkultur braucht

Der Patriotismus der Berliner Republik

Es gibt einen neuen Patriotismus in Deutschland. Er hat sich seit Jahren herausgebildet und sucht doch immer noch seine Form. Er ist eine Art Suchbewegung, keine festgefügte Ideologie. Darum läßt er sich auch parteipolitisch nicht einfach verorten. Konservative möchten ihn natürlich gerne für sich reklamieren, doch Linke, Liberale und neuerdings selbst Grüne mischen beim Wettstreit um den richtigen Patriotismus mit.

Dieser neue Patriotismus…

Ein Essay aus dem neuen Merkur. Lesen Sie mehr:
merkurpatriotismus.pdf

 

England debattiert den Schleier

p.p.p.s. (12. Oktober) Die Schleier-Debatte überspringt den Atlantik: ein exzellenter Essay der britischen Journalistin Yasmin Alibhai-Brown im Time Magazine unterstützt Jack Straws Kritik.

Die britische Integrationsministerin Ruth Kelly hat am Mittwoch, den 11. Oktober, eine Neuausrichtung der Förderpolitik angekündigt. In Zukunft werde man nur solche muslimischen Organisationen fördern, auf die man in Kampf gegen den Extremismus zählen könne. „Wir werden Sie nach Ihren Worten und Taten beurteilen“, sagte Kelly.
Dies zielt auf den Muslim Council of Britain, der sich denn auch prompt angesprochen fühlte. Kelly setzt damit um, was sie vor einigen Wochen ankündigte. Siehe meinen früheren Post.
Bill Rammell, der Bildungsminister, sagte unterdessen solchen Universitäten seine Unterstützung zu, die den Vollschleier verbieten. Kürzlich hatte das Imperial College den Nikab verboten.

p.p.s. Salman Rushdie hat sich nun in der BBC ebenfalls hinter Straw gestellt. Der Schleier „nervt“ („sucks“), sagte Rushdie: „Als jemand mit drei Schwestern, der aus einer stark weiblich dominierten muslimischen Familie stamm, muß ich sagen, daß es kein einzige Frau in meiner Familie gibt, die das Tragen eines Schleiers akzeptieren hätte. Der Kampf gegen den Schleier ist eine lange und andauernde Schlacht gegen die Beschränkung der Frauen, und in diesem Sinn bin ich voll auf seiner (Straws) Seite. Ich glaube der Schleier ist ein Mittel, um den Frauen Macht zu nehmen.“

Der Dramatiker David Edgar gibt hingegen im Guardian vom 11.10. zu bedenken: „Ja, der Schleier kann befremdlich sein für Menschen, die mit seiner Trägerin zu kommunizieren versuchen; er wird manchmal (wenn auch nicht immer) unfreiwillig getragen, und für mich ist er Ausdruck der Verehrung eines nicht-existierenden übernatürlichen Wesens, dessen Anbetung alle möglichen Barbareien entschuldigt. Aber wenn wir ein Standbein haben wollen, wenn wir uns für die Satanischen Verse (…) einsetzen, dann müssen wir das Recht es zu tragen bis zum Tode verteidigen.“

p.s. Heute, Dienstag, 10.10.2006, hat sich Tony Blair ausdrücklich hinter Jack Straw gestellt. Muslimische Frauen dürften selbstverständlich tragen, was sie wollen. Trotzdem sei es legitim und vernünftig, die Frage der Gesichtsverhüllung anzusprechen, „wenn wir die Barrieren zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturen und Religionen niederreissen wollen“.

Auch auf der Website islam-online.net, die dem sunnitischen Prediger Jussuf Al-Karadawi nahesteht, wird intensiv über die Debatte berichtet.

Das Kopftuch (Hidschab) sei religiöse Pflicht, heißt es dort, der Gesichtsschleier (Nikab) werde von den meisten Gelehrten ins Belieben der Frau gestellt.

Die Organisationen der britischen Muslime fürchten, dass die Debatte über den Nikab mit einem Verbot des Hidschab enden wird.

In der letzten Woche hat der ehemalige britische Aussenminister Jack Straw in einem Zeitungsbeitrag die Meinung vertreten, dass die vollständige Verschleierung des weiblichen Gesichts (durch den „Nikab“) nicht hilfreich sei zur Verständigung in einer multiethnischen, multireligiösen Gesellschaft.

In seiner regelmässigen Kolumne im „Lancashire Telegraph“ hatte Straw geschrieben, er fühle sich nicht wohl dabei, mit jemandem zu sprechen, dessen Gesicht er nicht sehen könne. In der BBC sagte er später, er würde es bevorzugen, wenn die Frauen den Nikab ablegen, ohne jedoch das Recht der Frauen auf Verschleierung in Frage zu stellen. In Straws Wahlkreis leben viele Muslime. Straw kandidiert für einen stellvertretenden Leitungsposten in der Labour Party.
Der Muslim Council of Britain, die größte islamische Interessenvertretung, fiel über Straw her: Seine Kritik sei „rassistisch“.

Das ist unhaltbar. Straw hatte ausdrücklich das Recht zum Tragen eines Kopftuchs bekräftigt, das in England auch in Schulen und Ämtern unbestritten ist. Er hat auch erklärt, das Tragen des Vollschleiers sei nicht gegen das Gesetz.

Er beschreibt allerdings, dass er Frauen in seiner Sprechstunde bitte, den Schleier abzulegen, weil dann das Gespräch über Sorgen und Nöte besser vonstatten gehe. Die Frauen seien damit einverstanden, manche offensichtlich erleichtert.

Straw macht keinen Hehl daraus, dass er den Vollschleier als Integrationsverhinderungsinstrument sieht – als Hindernis für Frauen, ihre Rechte in der Gesellschaft gleichberechtigt wahrzunehmen.

Hat der Abgeordnete Straw nicht die Pflicht, seine Sorge zu Protokoll zu geben, daß Teile seiner Wählerschaft de facto nicht an der Gesellschaft partizipieren können? Er hat es auf eine ruhige und gerade nicht „rassistische“ Weise getan. Der Muslim Council of Britain – und nun auch konkurrierende Parteifreunde – wollen das nicht gelten lassen und blasen zur Jagd.
Viele britische Muslime, die auch den Vollschleier ablehnen, stimmen Straw zu. Der Muslim Council aber zeigt sich wieder einmal als eine Institution, die Debatten verhindern will, Muslime immer nur als Opfer darstellt und den Extremisten in den eigenen Reihen Schutz bietet.

 

Der Papst erklärt sich

Auf der Website des Vatikan ist jetzt die neue, kommentierte Version der Regensburger Vorlesung zu finden, die im September so heftige Reaktionen in der muslimischen Welt ausgelöst hatte.

Benedikt XVI. erläutert in den Fussnoten noch einmal die Absicht seines Zitats:

Dieses Zitat ist in der muslimischen Welt leider als Ausdruck meiner eigenen Position aufgefaßt worden und hat so begreiflicherweise Empörung hervorgerufen. Ich hoffe, daß der Leser meines Textes sofort erkennen kann, daß dieser Satz nicht meine eigene Haltung dem Koran gegenüber ausdrückt, dem gegenüber ich die Ehrfurcht empfinde, die dem heiligen Buch einer großen Religion gebührt. Bei der Zitation des Texts von Kaiser Manuel II. ging es mir einzig darum, auf den wesentlichen Zusammenhang zwischen Glaube und Vernunft hinzuführen. In diesem Punkt stimme ich Manuel zu, ohne mir deshalb seine Polemik zuzueignen.

Wird es zur Kenntnis genommen werden? Dieser Papst ist unverkennbar deutscher Professor: Kritik wird in Form eines Zitats gekleidet, Rechtfertigung erfolgt als Fussnote.

 

Die wahren Feinde der Muslime und Araber

Der israelische Journalist Ben Dror Yemini hat dieser Tage in der Zeitung Ma’ariv eine Serie veröffentlicht, die weit über Israel hinaus Aufsehen erregen sollte. Der Titel der drei Aufsätze lautet „Und die Welt schweigt“ – über das Leiden der Muslime und Araber. Wenn in unseren Debatten über Terrorismus und Islamismus davon die Rede ist, man müsse endlich „die Ursachen“ der islamischen Wut gegen den Westen bekämpfen, dann wird dabei meist an die Situation der Palästinenser unter der Besatzung gedacht.

Ben Dror Yeminis Forschungen erlauben es, das Leiden der Palästinenser in den Zusammenhang der muslimisch-arabischen Leidensgeschichte der letzten Jahrzehnte zu stellen. Der hoch respektierte Journalist hat etwas sehr naheliegendes getan: Er hat – so weit es die Zahlen von amnesty, der VN und anderer vetrauensvoller Quellen zulassen – einfach mal zusammengerechnet, in welchen Konflikten die meisten Araber getötet wurden. Seine Zahlen – er hat sich an die jeweils konservativste Schätzung gehalten, sind erschütternd:

  1. Algerien – ca. 600.000 Getötete, vor allem durch die französische Armee zwischen 1954-1962
  2. Sudan – zwischen 2.6 und 3 Millionen Tote in mehreren Bürgerkriegen und Völkermorden, die seit Mitte der fünfziger Jahre von arabischen Muslimen an schwarzafrikanischen Bewohnern des Südens begangen wurden, auch unter ihnen viele Muslime
  3. Afghanistan – 2 bis 2.5 Millionen Tote, davon mehr als die Hälfte durch die sowjetische Invasion, der Rest durch den anschließenden Bürgerkrieg
  4. Somalia – 400.000 bis 550.000 Tote in dem seit 1977 andauernden Bürgerkrieg
  5. Bangladesh – 1.4 bis 2 Millionen, nachdem das Land 1971 die Unabhängigkeit von Pakistan suchte. Nach einem Regierungsbericht Bangladeshs werden 1.247 Millionen Tote den systematischen Massakern der pakistanischen Armee zugeschrieben
  6. Indonesien – 400.000 Tote durch Massaker der Suharto-Armee in den Jahren 1965-1966
  7. Irak – 450.000 – 670.000 Tote im Krieg mit dem Iran zwischen 1980-88. (Auf Seiten des Iran starben 450.000 bis 670.000 Menschen.) Bis zu einer halben Million Toten durch „Säuberungen“ aller Art unter Saddam Hussein. Bis zu 200.000 Schiiten wurden 1991-92 während des Aufstands durch die irakische Regierung getötet. Zwischen 200.000 und 300.000 Kurden wurden vom Bath-Regime ermordet. Eine halbe Million Iraker ging an den Folgen der UN-Sanktionen zugrunde. Täglich sterben sunnitische und schiitische Muslime im Bürgerkrieg nach der Besatzung des Irak. Etwa 100.000 Opfer soll die Besatzung nach manchen Schätzungen gekostet haben.
  8. Libanon – 130.000 Menschen, vor allem durch Landsleute anderer Religion und Ethnie getötet zwischen 1975 und 1990. 18.000 Opfer des libanesischen Bürgerkriegs gehen auf israelische Einmischung zurück.
  9. Jemen – 150.000 Tote im Bürgerkrieg zwischen 1962 und 1970
  10. Tschetschenien – 80.000 bis 300.000 Opfer zwischen 1994 und 2001
  11. Jordanien – 10.000 bis 25.000 Ermordete in den Massakern des „Schwarzen September“ (palästinensische Schätzung), bei denen die jordanische Armee palästinensische Flüchtlinge tötete
  12. Kosovo – ca. 10.000 tote Muslime zwischen 1998 und 2000
  13. Syrien – ca. 20.000 Tote bei dem Massaker von Hama (1982), dem Gipfelpunkt der systematischen Verfolgung der Muslimbruderschaft durch Hafis El Assad
  14. Iran – zehntausende Tote nach der Revolution von 1978. Bis zu einer Million Toten im Krieg mit dem Irak
  15. Palästina – ca. 60.000 Tote im arabisch-israelischen Konflikt, die Mehrzahl davon nicht palästinensisch, sondern aus den umliegenden arabischen Staaten. 1378 Palästinenser wurden während der ersten Intifada getötet, 3700 seit Beginn der zweiten

Ben Dror Yemini schreibt, nachdem er diese furchtbaren Zahlen ausgebreitet hat, mit einiger Plausibilität, daß die Muslime und die Araber selber am meisten unter der Fixierung der Weltöffentlichkeit auf den Palästina-Konflikt leiden. Die wahren Ursachen ihres Leidens werden nicht thematisiert.

There are those that claim that Arab and Muslim states are immune from criticism, because they are not democratic, but Israel is more worthy of criticism because it has democratic pretences. Claims like this are Orientalism at its worst. The covert assumption is that the Arabs and the Muslims are the retarded child of the world. They are allowed. It is not only Orientalism. It is racism.

The Arabs and the Muslims are not children and they are not retarded. Many Arabs and Muslims know this and write about it. They know that only an end to the self-deception and a taking of responsibility will lead to change. They know that as long as the west treats them as unequal and irresponsible it is lending a hand not only to a racist attitude, but also, and mainly, to a continuation of their mass murder.

The genocide that Israel is not committing, that is completely libelous, hides the real genocide, the silenced genocide that Arabs and Muslims are committing mainly against themselves. The libel has to stop so as to look at reality. It is in the interest of the Arabs and the Muslims. Israel pays in image. They pay in blood. If there is any morality left in the world, this should be in the interest of whoever has a remaining drop of it in him. And should it happen, it will be small news for Israel, and great news, far greater news, for Arabs and Muslims.