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A Girl’s Best Friend?


©ddp

Man kommt ins Grübeln. Ich glaube, es wird Zeit, dass die Krise so richtig heftig wird. Oder doch nicht, weil es sowieso wieder die Falschen trifft.
Jedenfalls, die Frauen, die solchen Schmuck (s u.) brauchen, sollen alle Pickel dieser Welt kriegen. Nichts gegen Luxus, bei Essbarem sollte man sich aufgeklärter verhalten als das alte Rom.

Damit wirbt eine Firma:
22-Karat-Schokolade
Für alle Frauen, die Schokolade und Schmuck lieben, gibt es nun das perfekte Geschenk: feinste Schokolade, die mit Gold, Silber und Diamanten überzogen ist. Diese kulinarischen Schmuckstücke sind genauso teuer wie köstlich. 12 Stück kosten knapp 800 Euro.

 

Was ist Trend?

Mit schöner Regelmäßigkeit wollen Journalisten wissen, was der neue Trend ist. Ich kann’s schon nicht mehr hören – obwohl ich einräume, dass der Klamottenverkäufer bei H&M anders darüber denken muss als ich.

Die Stuttgarter Zeitung hat ein Interview mit mir dann doch nicht gedruckt, da es eigentlich um lustvollen Konsum ging. Na ja, wer kennt schon Daniel Schubart, wo es jetzt doch einen Lewis Hamilton gibt. Und dann warne ich vor Maultaschen. Und mein Lieblingsort hätte wahrscheinlich das Kaufhaus Breuninger oder eine angesagte Bar sein sollen und nicht ein Friedhof.


Christian Friedrich Daniel Schubart

Was dieses Thema angeht, da hat mein Freund Wiglaf Droste mal den Vogel abgeschossen. Er war zur Talkshow “Nachtcafe” eingeladen. In dieser Sendung geht es hauptsächlich darum, dem Publikum nach dem Mund zu reden. Das Thema war “Heimat” und man erwartete auch von Wiglaf Droste etwas “Heimeliges”. Im Vorgespräch wurde Droste gefragt was ihm zum regionalseligen Kuschelwort “Heimat” einfiele. Er antwortete: “Heimat, das ist der Ort, wo man sich bevorzugt aufhängt!” Damit war Droste draußen vor der Tür.

 

„A guads Restaurant is a volles Lokal“

Mit der Küche der feinen Restaurants ist es ähnlich wie mit der Formel 1. Fast alle sind gleich gut, die Unterschiede sind gering, vieles ähnelt sich.
In einem Interview, das ich heute der Zeit gab, sprach ich von “Kulinarischem Karaoke” und meinte, dass fast alle dieselbe Lounge-Music spielen. Das heißt überhaupt nicht, dass schlecht gekocht wird, nur dass es, in übertragenem Sinn, auf dem Gipfel hoher Berge eng ist.

Früher hatten kulinarische Weltmeister noch Küchengeheimnisse. Den “Loup en Croût” aß man bei Bocuse und das “Saumon Soufflee” bei Haeberlin. Letzteres Gericht esse ich über die Jahre hinweg immer wieder und war stets beglückt. Sollte ich mal wieder zu Bocuse fahren esse ich den Loup. Ganz klar, und Risotto esse ich bei Marchesi und nicht bei einem kulinarischen Jungfilmer.

Warum kochen junge Chefs nicht eine kleine Palette, die sie wirklich finanzieren und bewältigen können? Ich weiß von einem Gasthaus östlich von München, da gibt es nur Schweinshaxen. Schweinshaxen, sonst nichts. Einen Platz bekommt man dort nicht, “Tout Munich” haben den Betrieb total verstopft. Freilich, Michelinstern will die Wirtin keinen. An sowas hat die Frau nie gedacht, sondern nur an ihre erlesene Klientel.

Mir sagte mein damaliger Küchenchef im Münchner Humplmayr: “Was, a guats Restaurant willst mal aufmachen. Arschloch (er nannte mich immer so). Soll i dir sogn was a guads Restaurant is?” Er schnaufte schwer: “A guads Restaurant is a volles Lokal wo guate Leut drin hockn und zwar viele und koine Arschlöcher!” Und dann kam wieder das unvermeidliche Zauberwort, das mir stets ein Antrieb war: “Du Arschloch”.

Moderne Gastronomie will alles bieten. Vielfalt heißt die Devise. Da kocht man vorsichtshalber gleich Crossover. Dann wird womöglich damit angegeben, dass man tausend Weinsorten im Keller hat. Unter uns gesagt, das ist reine Sommelier-Onanie und die zieht eine bestimmte Klientel hinterher. Da gibt es dann die kleinen Dramen. Gäste hängen ihr Wissen raus, um den Whisky einer entlegenen Hebrideninsel einzufordern. Da gibt es komische Kunden, die kriegen einen Kurzzschluss im Herzschrittmacher, weil kein Sambuca im Haus ist, oder weil der hoffnungslos überbewerte Luxusgrappa fehlt oder der Rothschild leergetrunken ist.

Diese Kundschaft habe ich schon lange nicht mehr. Mit frohen Gästen, die wir haben, diniert man zwangsläufig in froher Stimmung. Ein Restaurant ist doch keine Kirche. Doch Kürzlich wurde der “Regional-Vincent” gescholten, weil er keinen schwäbischen Sekt auf der Karte hätte. Ich habe es den Leuten nett und knapp erklärt. “Ganz einfach, mir ist Champagner lieber und was mir lieb ist muss meinen Gästen auch lieb sein.” Manchmal ist auf den Patrioten gepfiffen.

Zurück zu den Küchengeheimnissen. Es schön, dass es keine Küchengeheimnisse mehr gibt. Hobbyköche kommen heutzutage an Informationen, da konnten Berufsköche früher nur davon träumen. Bei dem Wort “Küchengeheimnis” fällt mir gerade mein Lehrmeister Katzenberger ein. Damals der Supercrack im Badischen, ein Gigant. Toller Koch, der aber auch seine betriebswirtschaftlichen Schwächen hatte. Sein Lieblingsgericht auf der Karte nannte sich Die bedeckte Schüssel wirbt um Ihr Vertrauen. Da kam all das rein was übrig war. Manchmal hatte der Gast Glück und die letzte Taube wurde zu einem Schnäppchenpreis in diese Wundertüte gepackt. Manchmal war aber gar nichts Rechtes mehr im Kühlhaus zu finden. Dann haben wir – bildlich gesprochen- die Bude zusammengekehrt und daraus etwas gezaubert. Manchen Küchengeheimnissen muss man nicht nachtrauern.

 

Kalb vom Kopf bis zu den Füßen

Slow Food – hinter die Ziele dieser Organisation stelle ich mich voll und ganz. Im Raum Stuttgart soll ein Genussführer geplant werden. Eine prima Idee. Regionale Produkte sollen gefördert werden, die Regionale Küche sowieso. Doch der echte Superrostbraten will entdeckt sein. Zwölf Tester des Conviviums Stuttgart schwärmen aus. Von einem der Tester bekomme ich eine Zuschrift, dass er die Ergebnisse erschreckend fand. Überall argentinisches Billigfleisch, Fleischfetzen aus Uruguay, Chile und so weiter. Mich wundert das gar nicht, denn das regionale Essen soll bezahlbar sein, im Klartext billig, also weichen die Gaststätten auf Surrogate aus, Päckle-Soße inklusive.

Die Zeiten sind vorbei, Gottseidank, als sich in Bauernwirtschaften noch die Omas, Tanten und nicht verheiratbare Mauerblümchen ausbeuteten ließen bis zur Erschöpfung. Billige Regionalprodukte gibt es auch nicht mehr, die Bauern und die Gärtner sind nicht so blöd wie der Verbraucher es gerne möchte. Verdammt, wer einen Rostbraten aus heimischem Spitzenrind haben will, kann dies Glück nicht mit Schnäppchenmentalität erlangen, dies auch an die Adresse einiger Slow-Food-Mitglieder.

Die teuerste Küche ist nicht unbedingt die drei Sterne-Küche, obwohl sie mit Mosaiklegen u.s.w. viele Mitarbeiter benötigt.
Unsere ursprüngliche Küche hier auf der Wielandshöhe ist wahrscheinlich noch teurer. Hier nur ein Beispiel: Wir kaufen ein ganzes Kalb, nicht den üblichen 130 kg Brummer, der sich gut rechnet und meist männlich ist. Nein, 80 Kilo hat bei uns so ein weibliches Tier. Der Knochenanteil ist so hoch, dass man so etwas bei keinem Metzger kaufen kann, weil der Verbraucher den qualitativen Mehrwert nicht bezahlen will. Das behaupten jedenfalls die Metzger.

Das Kälbchen kommt also der Länge nach geteilt. Dann wird es drei Wochen abgehängt und verliert damit wiederum mindestens 10% Gewicht. Dafür haben wir extra einen Kühlraum gebaut. Dann wird es auseinandermontiert, Soßen und Fonds gemacht und in Weckgläsern eingedünstet.
Nach und nach wird die Karte bestückt: Rücken, Kotelette, gefüllte Schnitzelchen, Kalbsrouladen, Vitello Tonnato, Kalbskutteln (leider ist das Gekröse mittlerweile verboten), Leber, Nieren vom Grill, Ossobuco, gekochter Kalbstafelspitz, Kalbskopf mit Zunge und mit Kalbsfüßen geliert.

Braten und Kalbsconsommées werden gemacht und so weiter. Um so eine „Ursprüngliche Küche“ zu veranstalten, braucht es für durchschnittlich 70 bis 80 Gäste am Tag einen Mitarbeiterstamm von 25 Leuten, zehn bis zwölf in der Küche.
Guter Service gehört zum Wohlfühlen des Gastes genauso dazu, also sind dort auch zehn Leute am flitzen, der Rest putzt und die Chefin und der Chef sind noch gar nicht mitgezählt.

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Frauen in der Überzahl: ein Teil der Wielandshöhe-Mannschaft mit Küchenvorsteher Helmut Schulz

Am Herd stehen nicht irgendwelche schwarz oder sonstig modisch gekleideten Köchlein, die sich als Künstler sehen, sondern Malocher, die durch und durch ihr Metier verstehen. Solche Leute schaffen nicht für ihr eigenes Ego oder sonst einen zeitgeistlichen Wahn, sondern für Geld. Die Lohnkosten sind exorbitant. Genau das ist der Grund, warum es Regionalgerichte, in letzter Vollendung gekocht, so gut wie nicht mehr gibt.

Schlussendlich kommt hinzu, dass bei uns mindestens eine Arbeitskraft rund um die Uhr beschäftigt ist, nur um die Bioware beizuschaffen. Für gute Regionalprodukte gibt es keinen Allround-Gourmet-Lieferanten wie Rungis-Express. In meinem Adressverzeichnis befinden sich mindesten 300 verschiedene Adressen von Zulieferern. Mittlerweile verrate ich nicht mehr öffentlich, wo ich die Sachen herbekomme. Kaum äußere ich mich dazu, werden die Erzeuger von Kollegen gestürmt – und wir schauen in die Röhre und müssen wieder eine neue Quelle aufreißen.

 

Katzenbergers Geheimnis

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Wir haben Maultaschen gemacht. Die Füllung mache ich immer selbst, nicht weil meine Mitarbeiter das nicht auch könnten, aber mir sind die Dinger eine Herzensangelegenheit, weil sie in heutiger Zeit als Stanzprodukte immer weiter ins Surrogat abrutschen. Unten habe ich ein Rezept angegeben, aber das sollte man nur als Grundanleitung beherzigen.

Sicher habe ich schon hunderte Male Maultaschen fabriziert. Ich bin aber ein Improvisiertyp und jedesmal mache ich sie anders. Diesmal trug sich Folgendes zu:
Wir hatten reines Kalbfleisch, mir dünkte das zu mager und ich fürchtete, dass das Ergebnis etwas trocken geraten könnte. Also schickte ich eine Köchin zum Metzger, sie solle Rückenspeck kaufen. Der Metzger hatte keinen Krümel Fett in seinem verdammten Laden. Per Handy sagte ich der Köchin, sie solle nach gerauchtem Rückenspeck fragen. Das hatte er, und so schmeckten die Maultaschen etwas rauchlastig, aber wirklich gut. Ich nehme nie Rauchspeck ins Brät, diesmal schon, und ich muss sagen: Verdammt gut. Anstatt Rauchspeck wird auch oft gerauchte Schinkenwurst verwendet.

Es gibt unzählige Varianten. Als ich mich noch als Lehrbub durch den Tag schusselte, war Patron Katzenberger im Badischen Rastatt einer meiner Lehrmeister. Er sah aus wie ein Staatsmann der Jahrhundertwende und wirkte, sicher zwei Meter groß, mit seinem silbernen Schnauzbart wie eine Mischung aus Nitzsche und Clemanceau. Der Mann war damals in Süddeutschland eine Institution, verfügte über ein fabelhaftes Ego und hätte sicher nichts dagegen gehabt, wenn man ihn mit Majestät angesprochen hätte.
Andererseits war er kameradschaftlich, offen und brachte mir viel bei. Einige Betriebsgeheimnisse waren top secret. Das Maultaschenbrät wurde immer in einem abgeschlossenen Kämmerlein zusammengedoktert. Betriebsgeheimnis! Eines Tages erfuhren wir, warum.

Totales “Grounding”. Der Alte, in Panik, riss die Türe auf, das Schloss flog weg, denn er hatte vergessen aufzuschließen. Er knallte an den Türsturz. Die Türzargen waren niedrig, das Haus etliche hundert Jahre alt. Rudl, wie ihn seine Freunde nannten, ging nicht zu Boden, denn alle Türdurchgänge waren von irgendeinem caritativen Bastler mit Schaumgummi abgepolstert worden. Was war geschehen?

Aus dem Elektromotor des Fleischwolfs schlugen Flammen. Der Motor war durchgeschmort und völlig hinüber. Wir warfen eine nasses Küchenhandtuch darüber, es qualmte, aber es kehrte auch schnell wieder Ruhe ein. Die Türe stand auf, der Rauch zog ab, die Büchse der Pandora war geöffnet, das Betriebsgeheimnis gelüftet. Patron Rudolf Katzbenberger hatte einen alten Zwetschgenkuchen recycelt und durch den Wolf georgelt. Wahrscheinlich waren die Zwetschgen vom elenden Jungkoch Vincent nicht korrekt entsteint worden. Na ja, eigentlich kein großes Problem – für den Fleischwolf aber schon.

Was will ich mit der Geschichte sagen? Maultaschen ersetzen oft die Biotonne. Sie sind oft Metzgerbrät-Gummi-Klopse, oder der Teig ist dick wie Pappdeckel. Wirklich gute Maultaschen können nur mit besten Grundzutaten hergestellt werden. Wir machen den Teig auch so dünn wie möglich. Er muss sich beim Kochen am Brät ansaugen und sollte auch etwas durchscheinend sein.
Das macht den Reiz der Maultasche aus, sie hat etwas zu verbergen und doch sollte man ahnen, dass Gutes unter dem Teig beheimatet ist.

Nudelteig
250g Hartweizendunst ( grobes Hartweizenmehl, Semola)
3 Eier (oder 1 Eier und 3 Eigelb)
1/2 EL kaltgepresstes Olivenöl
Prise Salz

Mehl auf ein Nudelbrett häufen und in der Mitte ein Loch freischieben. Die Eier einschlagen, das Olivenöl dazugeben und alles zu einem glatten Teig kneten.
Der Teig sollte fest sein und darf ruhig an weiche Knetmasse erinnern. So ist es von Vorteil, zuerst etwas weniger Mehl zu nehmen und den Teig weich anzukneten um anschließend soviel Mehl hinzugeben bis die gewünschte Festigkeit erreicht ist.

Füllung für 4 Personen:

200g Blattspinat
100g Hackfleisch (am Besten nicht zu mageres Schweinefleisch wie Hals oder magerer Bauch
1 Brötchen in Scheiben geschnitten und in etwas warmer Milch eingeweicht
1 Ei
3 EL Majoran
2 Zwiebeln in dünnen Scheiben
3 Bund Blattpetersilie, feingehackt
1/2 StangeLauch
Salz, Pfeffer, Muskat

Den Spinat waschen und in einer Pfanne mit etwas Butter zusammenfallen lassen.
Zwiebeln, Petersilie, Spinat und feingeschnittenen Lauch in Butter gut anrösten, mit dem Spinat auf ein Brett geben und sehr fein hacken. Auskühlen lassen und alles in eine Schüssel geben. Das Hackfleisch, die ausgedrückten Brötchen und die restlichen Zutaten dazugeben.
Mit Pfeffer, Salz und Muskat durchmengen und würzen. Alles muss gut durchgeknetet sein, damit die Farce eine gute Bindung bekommt. Mit Salz, Pfeffer, Majoran und Muskat würzen.
Nun den ausgerollten Nudelteig auf einem bemehlten Brett ausbreiten und in zehn Zentimeter lange Rechtecke schneiden. In der Mitte einen aprikosengroßen Kloß Farce plazieren, die Ränder mit etwas Ei oder Wasser bepinseln, ein gleich großes Stück Teig obendrauf legen und die Ränder gut andrücken. Die Maultasche nun mit beiden Händen flach drücken und ins Wasser entlassen.
In leicht kochendem Salzwasser ca. 10 Minuten ziehen lassen.

 

„Und ganze wichtig: nixe Parmesan, niente, nixe!“

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Ich fürchte, dieser Markstand entspricht nicht den deutschen Hygienebestimmungen. Der Händler, der ja sicher auch von seiner übrig gebliebenen Ware lebt, sah aber geradezu obszön gesund aus. Man hört ja so Schlimmes über Neapel.
Warum sind diese Menschen dann so freudig, hilfsbereit und sehen aus, als kämen sie allesamt gerade aus dem Urlaub. Überhaupt , wenn man in Deutschland durch belebte Straßen geht, kann man in den Gesichtern viel Elend sehen, auch verlässt einen selten der Fritteusen- oder Dönermief. In Neapel war solche Nasenbeleidigung nicht auszumachen. Alles duftete nach Leben. Mal mehr, mal weniger, mal streng, aber es duftete.
 
Ich bin in letzten Vorbereitung für den neuen Häuptling, dessen Thema “Lärm und Gestank“ ist. Deshalb suchte ich Napoli auf und war sehr überrascht, dass ich, ungeachtet desolater Vororte, einen schöne, saubere Stadt vorfand. Hier nun im Voraus ein Rezept:

Pasta Fagioli con Cozze
Freund Angelo Sassano: „Pasta Fagioli in Napoli iste nixe solche Bambe wie in Venezia. Und ganze wichtig: nixe Parmesan, niente, nixe!“

Für 4 Personen:
200g Borlottibohnen, getrocknet
1  Zweig Rosmarin
6 Blätter Salbei
3 Tomaten
100 g Nudeln (Ditalini, kurz geschnittene Makkaroni)
4 EL Petersilie, gehackte
1 Zwiebel
3 Knoblauchzehen
1/2 EL Gemüsebrühenpulver
2 EL Olivenöl
500g kleine Pfahlmuscheln oder Venusmuscheln (Vongole)

Zubereitung
Die Bohnen am Vortag einweichen. Sie saugen relativ viel Wasser auf, deshalb wäre es verheerend, wenn morgens nur noch unten in der Schüssel das Wasser wäre. Die oberen Bohnen wären härter als die unteren, die noch im Wasser einweichen. Am Besten, man gibt alles in einen Eimer und füllt diesen doppelt so hoch wie die Bohnen.

Am nächsten Tag die Zwiebel und den in feine Scheiben geschnittenen Knoblauch in Olivenöl andünsten. Bohnen dazu und mit Wasser bedecken. Noch kommt kein Salz ins Gemenge, da Hülsenfrüchte dadurch hart werden und die Garzeit sich fast verdoppeln könnte. Immer gut bedeckt halten. Notfalls heißes Wasser nachschütten. Schwach vor sich hin köcheln lassen. Dauert je nach Alter der Bohnen ein bis zwei Stunden. Die Bohnen dürfen nicht zerfallen, trotzdem, lieber zu weich als zu hart. Al dente Bohnen sind die Erfindung deutscher Zeitgeistköche und werden im Rest der Welt als grauenhaft empfunden.

In der Zwischenzeit die Kräuter waschen. Die Rosmarinnadeln von den Stängeln abstreifen und mit den Salbeiblättern fein hacken. Die Tomaten waschen, abziehen, grob hacken und zu den Kräutern geben.

Wir nehmen ungefähr zwei Drittel der Bohnen aus dem Topf, und was zurückbleibt, wird gemixt. Die gewaschenen und gebürsteten Pfahlmuscheln kommen nun ins Gebrodel. Sie sollten ungefähr fünf Minuten kochen..

In einer anderen Pfanne die noch etwas fest gekochten Nudeln in etwas Olivenöl anrösten, bis sie goldbraun sind. Mit den ganzen, beiseite gestellten Bohnen kommt der Rest der Zutaten, wie Tomaten und Kräuter in die Brühe.

Es wird Zeit, dass wir würzen. Etwas Salz, Gemüsebrühepulver und grober schwarzer Pfeffer runden alles ab. Die Suppe darf nicht zu dick sein. Ist sie es doch, dann mit etwas Wasser verdünnen. Das könnte man übrigens auch mit Weißwein bewerkstelligen. Und wer‘s mag, der gibt trotzdem Parmesan darüber. Mit reichlich Olivenöl beträufeln, das halte ich allerdings für unverzichtbar.

 

Alte Griechen statt Schinkenbrötchen

Einen Bekannten habe ich, der startet frühmorgens in die Unwägbarkeiten des Alltags mit dem Singen eines Chorals. Der andere braucht ein Drei-Personen-Frühstück für sich ganz alleine.

So ein Frühstück, mit zweierlei Käse, Schinken, Ei, vier Brötchen, einem Päckchen Butter, Marmelade, Fruchtsaft, Nutella und Speck gilt heute noch in meinem schwäbischen Umfeld mit Recht als obszön. Die tägliche Katastrophenmeldung, ohne die der Deutsche nicht den Tag beginnen kann, bezog sich neulich auf eine solche Art Malocherfrühstück. „Frühstück um einen Euro teurer, wahnsinnige Teuerungsrate!“ Rechnet man das auf ein schwäbisches Gsälzbrot-Frühstück um, so sind es maximal zwei Cent.

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© Reclam Verlag, [M] ZEIT ONLINE Grafik

Meinen Alltag beginne ich anders. In kleinsten Portionen flöße ich mir frühmorgens die alten Griechen ein. Irgendwann hatte ich in einem Anfall von Bildungshunger die gesamten, in kleinen gelben Reclam-Heftchen gebundenen griechischen Philosophen besorgt. Das sind im Bücherregal mindestens eineinhalb Meter und auf Biomasse umgerechnet mindestens der Mount Everest mit Hirn gefüllt. Heute kletterte ich wieder mal darin herum und fasste den Vorsatz, demnächst mal doch noch eine größere Reise zu machen, nämlich nach Griechenland.

Folgende Sentenzen der Erbauung erfreuten mich. Sie schienen mir weit mehr geeignet, den vor mir drohenden Tag zu bewältigen, als mir dies durch die zweifelhafte Hilfe eines Chorals angedeihlich werden könnte. Es geht um Aristoteles, der meinte, es sei eher die Seele, die den Leib in Schuss halte, als umgekehrt. Wie das Fass mehr den Wein enthält als der Wein das Fass, so hält die Seele mehr den Leib in sich, als der Leib die Seele.

Da kann man nicht widersprechen. Bei der Arbeit werde ich mir also Gedanken machen, warum man dauernd darüber nachdenkt und spricht, was man zu Essen hat, anstatt sich weiterführend damit beschäftigt, wie man essen soll. Für mich gilt: Man muss das rechte Maß finden, ohne an Kalorien zu denken. Man muss so einkaufen, dass man nicht an Chemie-Kontamination und Tierquälerei denken muss.
Hat man das sichergestellt, soll man sich freuen und niemals ein schlechtes Gewissen haben, weil man sich evtl. zuviel gefreut hat, also unmäßig war. Jedes Zuviel kann man mit einem späteren „Weniger“ ausgleichen, und um das hinzukriegen, braucht es niemals ein schlechtes Gewissen.
Mein Gott, was quälen sich viele Leute mit dem Irrsinn, der durch schlechtes Gewissen verursacht wird. Freilich, ganz ohne geht es auch nicht. Entscheidend ist die Empfindung der Freude. Viele sind so konsumvergiftet, sich nur noch am Teuren freuen zu können. Aber Epikur, der ja gerne als der Philosoph der Gourmets gehandelt wird, erheiterte sich sinngemäß über die kulinarische Lust eines frisch mit Schnittlauch bestreuten Butterbrots.

 

Kein Safer Sex à la carte!

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Wir richten uns ganz nach dem Wetter. Rotbarbe mit Calmar und mediterrane Anflüge werden aber langsam von der Karte verschwinden. Mehr Süßwasserfische, Wild, dunkle Soßen, Spätzle werden wir kochen.

Gestern gab es Gefüllte Kalbsbrust mit Birkenpilzen. Letztere sind mir mindestens genauso lieb wie Steinpilze.
Einen kräftigen Schub Steinpilze hatten wir schon. Aber seit vierzehn Tagen ist unser Waldläufer nur mit geringer Beute aufgetaucht. Es ist aber feucht und einigermaßen warm. Eigentlich müssten noch viele Pilze in den Himmel schießen.

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Reh mit eingedünsteten Pfefferkirschen, verschiedenen Rübchen und Pilzen

Übrigens, wir bauen mit den Gerichten keine Türmchen. Einerseits ekelt sich meine Frau davor, wenn Köche zuviel am Essen herumfingern (Recht hat sie mal wieder), andererseits will man doch alles getrennt probieren, genießen und evtl. selbst entscheiden, was man sich auf den Löffel packt.

“Probier mal das, oder das”, unsere Gäste schieben sich oft gegenseitig die Teller zu. Ich mag das sehr, so soll es bei Tisch sein. Gegenseitige Neugierde, Begeisterung und genießerisches Leben muss die Tafel beherrschen. Wenn’s dann auch noch laut wird, bin ich besonders glücklich. Essen hat nichts mit Safersex zu tun und ein Restaurant ist keine Kirche.

 

Fraß in Betrugsverpackung

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Kürzlich regte sich jemand auf, weil ich genauso wie Jamie Oliver argumentierte, der sagte: „Ich finde die Küche der Slumbewohner von Soweto reicher als unsere. Die Menschen in England haben die neuesten Handys und Autos. Ihre Armut zeigt sich aber bei der Ernährung. Das Essen der meisten Briten hat kein Herz.“

Mit den Deutschen ist es nicht viel anders. Und jedesmal, wenn man das kritisiert, kommen Argumente über wirklich arme Leute und alleinerziehende Mütter. Ganz klar, es gibt in Deutschland auch viel unverschuldetes Elend, aber das sind höchstens zehn Prozent der Bevölkerung. Dem gegenüber stehen etwa zehn Prozent, die sich intelligent ernähren. Der Rest hat einen “Aldi-Dachschaden”. Diese Leute sind ganz arm, zu arm, um artgerecht zu essen. Sie brauchen ihr Geld für Mallorca, Flachbildschirme und all das, was die hämmernde Werbung befiehlt.

Mir geht es nicht um Luxus, sondern um Artikel 1 des Grundgesetzes: “Die Würde des Menschen ist unantastbar.” Viele Leute in der Nahrungsmittel- und der dafür schleimenden Werbeindustrie vergehen sich an diesem Gesetz.

Wie aber funktioniert Würde, wenn man kaum Geld hat? Nun bringe ich wieder mal den türkischen Händler Kadir ins Spiel. Sein Laden nennt sich Einkaufsparadies und hat ungefähr die Ausstattung und den Charme eines damaligen DDR-HO-Ladens. Dort kaufen keine reichen Leute, sondern türkische Familien und schlaue Deutsche. Unter sechs Sorten Tomaten macht es der Händler nicht. Das Gemüseangebot ist in Originalkisten auf dem Boden, aber absolut gourmetmäßig.

Könnte es sein, dass gewisse Kreise, die so mitfühlend gegenüber ihren sozial schwachen Mitbürgern sind und aus ihrem satten Polstersessel Solidarität herausheulen, solche Underdogläden nie betreten würden? Wissen sie wegen einer chronischen Aldiinfektion gar nicht, wo man sich intelligent, preiswert und gut versorgen kann?

Dann ist es vielleicht auch so, dass der Deutsche, sozial schwach oder stark, ein Recht auf Scheißfraß und Betrug hat. Viele machen davon Gebrauch. Zu denken geben mir auch die Gelbe-Müllsack-Haufen, in dem sich die Betrugsverpackungen schlechter Nahrungsmittel drängen. Diese sind um so größer je ärmer die Leute sind. Wer es nicht glaubt, der fahre mal am Sammeltag gewisse Straßen ab.

Ich weiß schon, was jetzt wieder kommt: „Es gibt viele unverschuldet Arme, alleinerziehende Mütter, gefeuerte Fünfzigjährige.“ Ich höre auch schon: “Herr Klink, sie sind zynisch!“ Verdammt, ganz klar, aber die paar Prozente unverschuldet Verarmter, so betrüblich sie sind, von denen war hier nicht die Rede.

 

Glückliche Gartenbiene

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Kann gar nicht verstehen, wie man vor Hornissen, Bienen oder Wespen Angst haben kann.
Von der Imkerei habe ich nicht die totale Ahnung, aber ich habe Kumpels die mich retten, wenn ich nicht mehr weiter weiß.

Meine Imkerfreunde leben auf dem Land und haben über den Winter immer wieder große Ausfälle. Sie wundern sich warum bei mir im allgemeinen die Bienen sehr gesund sind. Ich denke es hängt mit den Gärten an den Stuttgarter Hängen zusammen. Dort wird nicht gespritzt, wie in Weingebieten und wie auf den Feldern. Monokulturen sind für Bienen nie optimal, aber das Blütendurcheinander der privaten Gärten schon. 
 
Perlhuhnbrust mit Honig und Gewürzen

2      Perlhuhnbrüste
1 EL    Waldhonig (Kastanie wäre 1a)
2      Schalotten
1      Knoblauchzehe gequetscht
2 EL    Dijon-Senf
1/4     Chilischote, fein gehackt
1/2 TL   Zimt
1/2 TL   Ingwerpulver
1 EL    Olivenöl
1 TL    schwarzen, groben Pfeffer 
 
Die Perlhuhnbrüstchen pfeffern, salzen und in Olivenöl von beiden Seiten sanft anbraten. Die feingehackte Schalotte dazu und wenig später den Knoblauch. Beides braun rösten und dann den Honig zusammen mit allen anderen Zutaten in die Pfanne. Die Brüstchen ständig schwenken, so dass der Honig karamelisiert und das Fleisch glaciert. Pfanne zur Seite stellen und noch etwas ruhen lassen.

Sehr gut dazu passt Früchtereis, also Reis mit gewürfelten Birnen, Äpfeln, vielleicht Rosinen, Nüsse etc..

Mein Opa war ein großer Imker vor dem Herrn, wir Buben mussten immer helfen und hassten Bienen inniglich. Wenn er wüsste, dass ich jetzt selber imkere, würde es ihn sehr freuen. Allerdings, dass ich Honig karamellisiere, also erhitze, darob würde er noch im Grab rotieren. Ich halte trotzdem dagegen, es schmeckt wunderbar, auch wenn einige der Inhaltsstoffe zum Teufel gehen.