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Todgeweihte Feldbiene

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Jahrtausende lang lebten Biene und Mensch gut zusammen.
Jetzt geht das alles perdu, weil die Firma Bayer in Gestalt von rücksichtslosen Chemikern und Managern im Jahr 600 Millionen Euro Umsatz machen will. Mit ihrem systematischen Insektizid wird das Saatgut von Raps, Sonnenblumen und Mais weltweit gebeizt – bis auf ein paar Länder wie z. B. Frankreich, wo diese Präparate verboten sind. So sterben die Bienenvölker dahin. Das sind keine düsteren Prophezeiungen, sondern Fakten.

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© ddp

Keine Sorge, verteidigt sich die Gift-Firma, wir sind bereits dabei, eine Notlösung zu finden, wenn wir die Honigbiene ausgerottet haben, entwickeln wir chemische Hormone. Solche Hormone gaukeln der Blüte vor, bestäubt worden zu sein. Diese »Jungfernfrüchtigkeit« erzeugt dann Früchte ohne Samen. Bei Melonen ist das schon gelungen, Versuche mit Tomaten, Birnen und Äpfeln laufen.

Wer möchte solche Früchte essen? Wer möchte Parteien wählen, die aus Angst vor der Chemie-Physiker-Lobby in Parlamenten, Gremien und Kommissionen den Untergang unserer Kultur abnicken? Joe Cummings, Genetikprofessor an der Universität Ontario, erklärte sich dieses Versagen der Politik so: »Meine Erfahrung mit Bayer CropScience ist, dass sie aggressiv sind und ihre Kritiker mit allen Mitteln bekämpfen.«

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Kein Mief in Napoli

Die Vorarbeiten zum nächsten Häuptling laufen schon auf Hochtouren. Nachdem der momentane Häuptling ( www.haeuptling-eigener-herd.de ) sich mit der Arabischen Küche beschäftigt, widmet sich der kommende dem Thema “Lärm und Gestank” und obendrein natürlich gewaltig der Küche Kampaniens.

Was also lag näher, als am vergangenen Wochenende nach Napoli zu fliegen und sich den Müll anzusehen und die Küche dort zu erforschen.

Es kam ganz anders: Ich war von der Stadt so angetan, dass ich einen Tag länger blieb, dienstags meine Köche anrief und erklärte: “Ich schwänze noch einen Tag”!

1. In Napoli stinkt es nicht, es duftet. Und eine müffelnde Fritteuse, wie ganzjährig auf dem Stuttgarter Schlossplatz, konnte ich nicht erschnüffeln.

2. Die Müllschlagzeilen waren ein Schock für die Stadt und die Italiener sind schnell im Handeln. Noch nie habe ich so viele Straßenkehrer gesehen wie in den Vormittagsstunden in Napoli.

3. Die Menschen sind rundum fröhlich und hilfsbereit. Bus und Bahn funktionieren auf die Sekunde. Meiner Frau wurde die Handtasche nicht entrissen, was ihr aber in Zürich und mal in Bern passiert ist.

4. Alles dreht sich um’s Essen, die Fischküche ist großartig, vor allem aber die Stimmung in den Restaurants. Mit der kulinarischen Perfektion nehmen es die Köchinnen und Köche am Vesuv nicht so genau, wobei der Einheimische wahrscheinlich besser bekocht wird als der Tourist. Eine große Ausnahme gibt es aber, nämlich Don Alfonso in Sant’ Agata sui due Golfi. Dort herrscht Sterneperfektion, aber nicht der Groove wie in der Altstadt von Napoli. Man kann nicht alles gleichzeitig haben.

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Nichts deutet darauf hin, dass hinter dem Tor ein Paradies beginnt (im Hintergrund schon wieder ein Straßenkehrer).

Wunderbares, kleines Hotel mit angemessenen Preisen, mitten in der Altstadt: www.costantinopoli104.com

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PS: Mit den Taxifahrern ist es ein Kreuz. Am ersten Tag kostet alles doppelt soviel. Sie merken aber wenn man sich eingegroovt hat. Mit jedem Tag wird es billiger.

 

Wolfsbarsch im Künstlertopf

Zum Essen trinke ich nicht gerne korrespondierende Weine. Am liebsten zur Vorspeise weiß und zum Hauptgang rot, oder, je nachdem, nur Weißwein. Aber mindestens eine Flasche. Die Weine, die ich gerne trinke, haben soviel Charakter, dass man sich manchmal daran gewöhnen muss. Nicht der erste Schluck muss schon knallen. Ich bin ja kein Weintester. Wirklich gute Weine werden mit jedem Glas schöner.

Mit den Gerichten ist es ähnlich, einen wirklich bleibenden Eindruck habe ich, wenn ich beispielsweise so einen gedünsteten Wolfsbarsch mit meiner Frau verspeise. Wir waren sozusagen die Versuchskaninchen. Mittlerweile haben wir dieses Gericht auf der Karte. Wolfsbarsch im Muschel-Safransud, mit Fenchel u.s.w..

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Der Eisentopf ist ein Unikat, wiegt 10 Kilo und ist vom Künstler Berthold Hofmann aus Nürnberg.

Einen haben wir schon ein Jahr, nun haben wir endlich den zweiten, denn wenn ein Tisch dies Gericht bestellt, dann wollen alle anderen auch.

1974 habe ich mit meiner Elisabeth bei Bocuse einen Wolfsbarsch “en croûte” gegessen. So etwas vergisst man nie wieder. Umgekehrt nach einem 15-Gang-Menü, egal wie toll, weiß man am nächsten Tag meist gar nichts mehr. Oft neutralisieren sich die jeweiligen Gänge und aus der Mathenachhilfe weiß ich noch wie man nach langer Rechnerei, trotz vielem Gedöhns, wieder bei Null anlangen kann.

 

Übles Glutamat

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Der Brühwürfel oder aber Suppenpulver, das sind Alltagsartikel, über die man sich keine Gedanken mehr macht und bei denen man schon gar nicht das Kleingedruckte auf der Verpackung liest. Dort fände man oft die Chemiezutat Monosodiumglutamat, meist kurz Glutamat genannt.

Gluten sind was ganz anderes. Steht glutenfrei drauf, bedeutet das, dass kein Getreidekleber enthalten ist, Getreide-Eiweiße, gegen die mancher allergisch ist. Das hat nichts mit Glutamat zu tun, sondern dient manchmal nur dazu, von dieser Beigabe abzulenken.

Von Glutamat bekomme ich jedes Mal einen heißen Kopp, Wallungen, als wäre ich in den Wechseljahren. Gefäßkranke, Herz- und Kreislaufgeschädigte können sich davon noch üblere Reaktionen holen. Das Kleingedruckte auf Würzartikeln ist aber umfangreicher. Da steht etwa noch „natürliches Aroma“. Das bedeutet klipp und klar was anderes, nämlich: künstlich. Findet man in den klitzekleinen Texten den unverfänglich-tückischen Sammelbegriff „Suppenwürze“, dann verbirgt sich dahinter die Apotheke der Industrie.

Man begebe sich also in einen Bioladen, muss aber dort auch sehr genau aufs Etikett schauen. Bei den Produkten der Firma “Erntesegen” findet man keine verdächtigen Beimischungen und bei den Produkten von „Rapunzel“ ist auch alles o.k. Eine gute Bio-Gemüsebrühe bietet die Firma Bruno Fischer, in Würfel oder Pulverform nennt sich das „Würzl“ Auf der Verpackung steht aus oben genannten Gründen sogar ausdrücklich, dass Würzl keine Speisewürze enthält.

Es steht noch eine andere Botschaft drauf: Bleibt in meiner Liebe Joh. 5/9. Was sich anhört wie ein neuer Eurovisionsschlager ist nichts anderes als die pure Durchsage des wahren Meisters. Da fällt selbst der agnostische Rezensent in Kontemplation. Kurze Pause. Unter der Heilsbotschaft stand: Infotelefon 02243-81122. Ich rief an, keiner ging ran, Jesus war womöglich gerade selbst einkaufen.

Halt – es gibt noch ein anderes mir gut bekanntes und erprobtes Spitzenprodukt. Wer also Bibelsprüche nicht mag, ist dort gut und gleichwertig aufgehoben. Gehen Sie mal auf diese Website: www.raso.de

 

Walnussöl

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Walnussbad
©General Photographic Agency/Getty Images

In der Ditzinger Ölmühle wird seit 1862 aus Kernen und Früchten Öl gepresst. Die neunzigjährige Chefin, Oma Hermine, hat nun die Buchhaltung und den Verkauf an Sohn Albert übergeben. Für ihn ist der Einkauf der Ware mittlerweile ziemlich unübersichtlich geworden. Es wimmelt von Signets wie Bio, Öko oder Natur etc., so dass man sich nur noch auf die chemische Analyse der Rohware verlässt.

Sind die Nüsse im Haus, macht sich Bruder Manfred darüber her. Er ist in diesem Trio sozusagen der Maschinist.
Mit einer Ölpresse kann man so manches anstellen. Der Qualitätsbegriff „kaltgeschlagen“ oder „kaltgepresst“ ist bei Ölen ein heuchlerischer Evergreen, den sich fast jede Qualität anheften darf. Beide Bezeichnungen besagen nichts anderes, als dass mit einer Presse unter Druck das Öl herausgequetscht wird. Leider wird nie erwähnt, dass große Firmen über Pressen verfügen, die durch den enormen Druck die Ware auf über hundert Grad erhitzen können. Auf dem Etikett steht trotzdem kaltgepresst. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise aus vier Kilo Walnüssen mindestens zwei Liter Öl pressen. Die Ditzinger Mühle schafft nur die Hälfte. Klar, dass dieses Öl teurer sein muss. Der Viertelliter kostet siebenfünfzig.

Viele teure Öle wären mit dem Etikett „heißgepresst“ richtiger bezeichnet. Obendrein sind sie meist geröstet. Nach der Rösterei wird womöglich ganz aufrichtig kaltgepresst. Alle Öle aus gerösteter Ware schmecken vordergründig ähnlich, nämlich leicht verbrannt und bitter, oft auch ganz nach angenehmen Röstaromen. Nicht nur die bessere Ausbeute ist der Grund für diese Herstellungsverfahren, sondern durch Rösten verflüchtigen sich Umweltgifte und Spritzmittelrückstände. Auffallend viele Bio-Öle sind deshalb so behandelt.

Wer übrigens Öl gut beurteilen will, der muss nach den gleichen Kriterien verkosten, wie man das auf Weinproben handhabt. Man nehme einen Teelöffel voll auf die Zunge und balsamiere damit den gesamten Mundraum. Nun kann man ausspucken und weiß viel besser Bescheid, als wenn noch Salatblätter die Degustation irritieren. Hat man endlich gutes Öl im Haus, so sollte kein Vorrat angelegt werden. Beim Öl können wir die Hamsterei vergessen. Viele Produkte des Einzelhandels sind bereits in den Regalen ranzig. Schuld am raschen Verfall sind ungesättigte Fettsäuren, sie oxydieren schnell und schmecken dann ranzig.

Wie muss eigentlich Walnussöl schmecken? Die Antwort ist einfach: Ganz genau so wie eine frisch geknackte Walnuss aus neuer Ernte. Wie aber eine solche schmeckt, ist auch nur schwer zu erjagen, auch sie sind häufig von alter Ernte, überlagert und ranzig.

Ölmühle Ditzingen
Albert und Manfred Störzbach
Johannes-Fuchs-Str. 5
71254 Ditzingen
Tel. 07156-8249 Fax:07156-8372
www.oelmuehle-ditzingen.de

Die Ditzinger Mühle verkauft direkt, man kann also sein Öl dort abholen oder es sich mit der Post schicken lassen.

 

Koch sein II

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So soll es sein: Ein Koch will kochen, andere Leute satt machen und dafür entlohnt werden. Ginge es nur um den Erlös, dann wäre er in einer Fabrik mit angenehmeren Arbeitsbedingungen besser aufgehoben. Nein, nicht nur der Lohn ist es, sondern der Beifall der Esser, die ihn vorantreiben. Schafft man es nicht, diese Hürde zu überwinden, dass nämlich ab und zu Anerkennung den Koch anhebt, dann ist Kochen ein elender Brotberuf.
 
So gesehen ist Anerkennung fast wichtiger als der Lohn. Leicht zu begreifen ist auch, warum gute Köche ohne gewisse Eitelkeit nicht dorthin gelangen, wo die Auszeichnungen angesiedelt sind.

Gastronomie und ihr Umfeld sind traditionell nicht gerade mit intellektuellem Grundrauschen gesegnet. Die Bundesagentur für Arbeit schickt hoffnungslose Fälle gerne mit dem tückischen Hinweis in die Welt: „Gehen Sie in die Gastronomie, da kann man jeden gebrauchen!“

Berufsschullehrer wissen ein Lied davon zu singen. Dementsprechend hat sich dort auch das „Gegenüber“, die Gastrokritik, mit zahlreichen ziemlich dürftigen „Kritikern“ angesiedelt. Der eitle „Ausgehschreiber“ und der von kurzlebigen Erfolgen selbstbesoffene Koch – beide Spezies befeuern die Demimode der Gastronomie bis heute. Es ist ein Kommen und Gehen und ein Elysium der Epigonen.

Beide sind Erfüllungsgehilfen der mehrheitlichen Erwartungen, und dass bei der Mehrheit nicht der kritische Geist angesiedelt ist, das beklagten schon die alten Griechen. Immer dem neuesten Trend hinterherrennen, immer in Mode und in den Schlagzeilen bleiben – so findet der Koch keinen eigenen Ankerpunkt. Er hat keine Zeit und Muse, um tiefere Überlegungen anzustellen, und so kann nichts Eigenständiges entstehen, sondern nur das, was gerade „angesagt“ ist, und was heute in Mode ist, ist es morgen schon nicht mehr. Um eine charaktervolle berufliche Handschrift zu bekommen, braucht es Ausdauer und nicht die Jagd nach Tageserfolgen. In der Gastronomie passiert das Gleiche wie in der Musik. Schallplattenfirmen geben vor, wie der Sound momentan zu klingen hat. Die Musiker sind perfekt ausgebildet und das Ergebnis kann nicht anders sein, als dass einer klingt wie der andere. Alle aus demselben Reagenzglas.

Nun scheint sich langsam das düstere Bild zu lichten. War früher der gastronomische Beruf oft der „last exit“ des Arbeitsamtes, so pochen heute ehrgeizige Eltern bei ihrer Brut nun nicht mehr ums Verrecken auf eine akademische Laufbahn, denn dort ist das Elend bald höher und das Abstellgleis der Geringverdiener bald schneller erreicht als bei den Malochern in der Fabrik. Tja, und mittlerweile lässt sich mit Kochen, Servieren, mit Hotel-Hauben und Restaurantarbeit das persönliche Ansehen besser heben als in vielen anderen Berufen.

Das alles lässt hoffen, aber das richtige Denken und Fühlen ist nach wie vor in der Gastronomie nicht so richtig angekommen. Wer dort arbeitet, es womöglich zu einer gewissen Bekanntheit bringt, wer am Firmament der Eitelkeiten wie ein Komet entlangstreift, ist oftmals nach kurzer Zeit farblos oder ganz erloschen.

Ehrgeiz, handwerkliches Können reichen nicht aus, um von der Lehre bis zur Rente die Nase über der Suppe zu halten. Reich wird man sowieso nicht, also müssen dringend einige ethische Stützstreben in den Hirnkasten verpflanzt werden. Ohne Sinn kann das Leben angenehm sein, aber es bleibt trotzdem sinnlos. Außer mit all dem handwerklich gastronomischen Können muss sich ein junger Koch, der sich ja von Berufs wegen mit einem Teil der schönen Dinge dieser Welt beschäftigt, auch mit den anderen schönen Dingen der Welt beschäftigen. Ein schön angerichteter Teller (einstürzende Foodbauten), glaubt das Köchlein, sei bereits Kunst.

Es ist keine Kunst, garantiert nicht, sondern nur schön und womöglich dekorativ. Kunst wird so etwas nur durch den Geist, der dahintersteckt. Da spielt es sogar eine Rolle, wie und wo man das Essen verspeist. Geschmack und Glücksgefühle finden nicht nur auf der Zunge statt. Bis sich ein Gourmet in einem Restaurant richtig wohlfühlt, müssen noch andere Kulturanstrengungen bewältigt werden. Schließlich soll sich der Gast dort nicht zu Hause fühlen, wie dummerweise in Gastronomiekreisen geglaubt und immer wieder verzapft wird. Das wäre nämlich furchtbar, denn nur wenige hausen so, dass man allgemeingültig daraus positive Lebensregeln ziehen könnte.

Egal, wie auch immer, ein guter Koch braucht zu allem Ehrgeiz und sonstigem paranoidem Antrieb einen guten Blick auf sich selbst, eine Einschätzung, wo er steht, wo er hinwill und ob er das richtige Maß seines Antriebs innehat oder eben schon im Pathologischen navigiert. Bei vielen ist das so und die Medien heizen kräftig durch Hitlisten mit an und rücken diesen schönen und beseelten Beruf immer mehr auf die Showrampe und in die Nähe des Spitzensports.

Das braucht der gute Koch nicht, sondern eine innere Überzeugung, sich selbst und damit auch seinen Gästen etwas Gutes zu tun. Nicht mehr und nicht weniger. Es geht also nicht nur darum, dass es gut schmeckt, sondern auch darum, warum es gut schmeckt. Hat man Glutamat nötig, Augenbetrug, Berieselungsmusik, Denaturierung der Lebensmittel, braucht es den ganzen elenden Schein, den man als Realitätsdesign beschreiben könnte?

Um in diesem Beruf lange glücklich zu bleiben, geht es nicht ohne das Hinterfragen: „Luxus ja, aber auf wessen Kosten?“ Wir leben in einer Welt der Denaturierung. Ein Koch hat die Verpflichtung, sich intensiv mit der Natur zu beschäftigen. Auf Dauer will der Gast, der Genießer, der Esser nicht zu einem Koch aufblicken, der große gastronomische Auszeichnungen hat, welche letztlich aus urbanem, oft pathologischem Umfeld kommen, sondern er sucht einen Koch, dem man glauben kann, der Orientierung bietet.

Der Koch ist nicht nur Fachmann für Lust und Gaumenfreuden. Er sollte viel mehr sein, nämlich ein Transformator der unmanipulierten Natur. Er ist der Wahrheit im Essen verpflichtet und nicht der Beschaffung und Vorhaltung von Lebenslügen. So gesehen bestürzt es mich, dass weltberühmte Köche wegen des Geldes Komplizen der Nahrungsmittelindustrie sind. Man kann mit Oberflächenpolitur schnelle Erfolge erzielen, glücklicher Koch ist man nur, wenn man nicht sich selbst und andere belügen muss.

 

Bin kein Promi

Kürzlich erreichte mich eine Frage vom Fremdenverkehrsamt oder einer ähnlichen Institution. Sie wollen die Lieblingsorte von Stuttgarter Promis wissen. Auf das Wort Promi reagiere ich aber allergisch, weil ich mich zu dieser Kaste nicht zugehörig fühle. Schließlich habe ich einen ordentlichen Beruf. Also habe ich nicht geantwortet.

Trotzdem machte ich mir Gedanken welcher Ort mir eigentlich der liebste ist. Lange musste ich nicht überlegen, es ist der Hoppelaufriedhof.

Mit dieser Aussage hätte ich wahrscheinlich nicht die Erwartungen der Fragesteller befriedigt. Die wollten sicher irgendeine Superhype-Location, also genau die Orte, die ich nie freiwillig aufsuchen würde.
Egal, in Stuttgart hat es sehr schöne und verträumte Orte, mehr verrate ich nicht.

 

Einstürzende Foodbauten

Foodfotografie, das ist ein gute Sache. Aber Vorsicht, denn der Verführungen gibt es einige.

Bilder nähren den Wahn unserer Zeit, man könne alles eins zu eins kopieren. Wir wissen aber von den Chinesen, dass Ähnliches nicht Dasselbe ist. Man kann es an den grauenhaften Louis-Vuitton-Taschen fast täglich beobachten.

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Natürlich Das Original
©Getty Images

Jedenfalls habe ich in meiner nun 40-jährigen Küchenpraxis schon tausende von Flädle gebacken und keines war wie das andere. (Soviel zur Perfektion in der Küche, die halt ganz anders verläuft wie die Perfektion einer CNC-Fräsmaschine.) 

So gesehen ist ein Plagiat eine ziemlich perfekte Angelegenheit, könnte unter Umständen sogar das Original übertreffen, aber eines wird immer fehlen, nämlich der “Groove”.

Man kann anhand eines Fotos eine gewisse Spur halten, man weiß ungefähr, wohin die Reise geht. Wie soll jemand wissen wie eine Schwarzwälder Torte auszusehen hat, wenn er noch nie eine gesehen hat. Das Foto ist also eine gute Ergänzung zum geschriebenen Rezept.

Dem Foto aber sklavisch zu folgen wäre ein zweifelhaftes Vergnügen. Der Fotograf will nämlich ein schönes Bild herstellen. Er will Appetit machen, Lust erzeugen, auch wenn alles mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. So versucht er beispielsweise, um den Teller nicht zu überladen, einiges aufeinander zu türmen. So kam es zu den wunderbaren Schichtungen, die in Makroaufnahme dem abgebildeten Essen einen ungewöhnlichen Reiz geben.

Dass so ein Türmchen auf dem Weg von der Küche zum Essenden umfallen kann, rührt den Fotografen nicht. Auch ist es ihm egal, ob der erste Schnitt, der Versuch, einen Teil des Essens in den Mund zu bekommen, alles zum Einstürzen bringt.

Einstürzende Neubauten? Viel schlimmer ist einstürzendes Essen! Kaum ein Koch kennt die Massaker, welche die Gäste an seinen Kreationen verüben. Aus der Küche kann er diese Verwüstungen nicht beobachten. Überhaupt gehört es zur Diskretion, Essende nicht zu beobachten. Ich selbst sehe es immer nur dann, wenn ich meinen Gästen einen guten Appetit wünsche und es dabei nicht leiden kann, wenn der Teller aussieht, als wäre er ein Mahnmahl für den 11. September.

Deshalb will ich so etwas nicht sehen und die Bestandteile des Essens werden nebeneinander gelegt. Der Gast kann alles einzeln versuchen, probieren, hat aber auch die Freiheit, sich selbst einen “Sauhaufen” zusammenzurühren.

Damit nun zum Schluss: Es soll Restaurants geben, die durch Kameras den Gastraum observieren. Bei Alain Ducasse ist das so und das war sicher ein Grund, warum im Saal so eine verklemmte Stimmung herrschte. Davon ein andermal mehr.

 

Verachtete Pflanzenkost

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©ddp

Restaurantkritiker und solche, die meinen es zu sein, beurteilen Täubchenbrüste, Lammrücken, Kalbsmedaillons, die Soßen undsofort. Kaum einer schreibt vom Gemüse – von dem, was in der deutschen Küche als Beilage definiert wird und immer noch demgemäß verachtet wird. Waren Gemüse, Kartoffeln u.s.w. früher tatsächlich eine Sättigungsbeilage und oft gefährlich in der Nähe der Metamorphose zum Briefbeschwerer, so sind sie heute zum Zierrat verkommen.

Das sind übrigens keine Auswüchse unserer Zeit, sondern sie gehen auf die Feudalküche des alten Frankreich zurück. In Frankreich hat sich das größtenteils bis heute gehalten (große Ausnahme: Restaurant Arpège in Paris, eine Gemüsevorspeise für € 80,00 – wow…). Eigentlich geht der Fleischwahn auf die Steinzeit zurück, als Äcker und Gärten noch unbekannt waren.

Zurück zum Köchlein von heute: Der Pfannenheld, der seine Gäste im Blick behält, der merkt, dass das “Drumherum” immer aufgegessen wird und alles weggeputzt wird, so dass die Hälfte des Fleisch solo zu vertilgen ist. Bleibt das Gemüse liegen, hatte es nicht geschmeckt. Dann war es (wie meist) lieblos durch’s Wasser gezogen oder im Dämpfer ohne Gewürz zu fadem Blickfang destilliert.

Mit meinen Köchen habe ich sehr oft Probleme, dass sie zu wenig Gemüse auf den Teller geben. Nach was richten sich die jungen Leute? Sie sind immerfort von der Foodfotografie beeinflusst, von Tand, Zierrat und von Augenbetrug.

 

Gebrauchsanweisung für Bio-Einkauf

Einführung:
Vorweg bitte keine Griffelspitzerei was Bio eigentlich ist, denn streng genommen ist Motorenöl auch ein Naturprodukt. Wichtig ist, biologische Nahrungsmittel sind bewiesenermaßen gesünder als konventionelle. Zu diesem Schluss kommt eine große Studie. Im Auftrag der EU wurde dieses Projekt mit 18 Mio. Euro unterstützt und über dreißig Forschungsinstitutionen beteiligten sich.

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©ddp

Das bundesdeutsche Biosiegel ist zwar kein Signal für Spitzenqualität wie Demeter oder Naturland, aber immerhin nicht ganz übel und bei kleinem Geldbeutel eine gute Lösung.

Milch:
Es kommt auf die Gegend an. Milch aus Weidewirtschaft ist fast immer in Bioqualität, auch ohne Zertifizierung. Konventionelle Stallmilch kann damit nicht verglichen werden.

Fisch:
Fisch ist gesund, aber die Meere sind leer, also ist er ein absolutes Luxusprodukt. Selbst Zuchtfisch ist problematisch, da die Fische keine Vegetarier sind und höchstens 20% pflanzliche Beimengung vertragen.

Welche Fische noch ausreichend vorhanden sind kann man bei Greenpeace erfahren. Die chemischen Belastungen der Ostsee sind problematisch. Siehe foodwatch.
Man achte bei Zuchtfisch auf nicht verstümmelte, nicht ausgefranste Schwanzflossen und ein unverletztes, unverpilztes Maul. Beides sind Indizien für zu dichte Hälterung.

Fleisch:
Mit Biofleisch habe ich keine guten Erfahrungen. Immer noch ist spürbar, dass die Biobewegung aus dem Vegetarismus hervorging. Der Begriff Weiderind sagt gar nichts, außer, dass das Vieh viel Gras bekommen hat. Davon alleine wird es aber nicht fett und setzt kein geschmackvolles Fleisch an. Viehzucht ist kompliziert und es genügt überhaupt nicht die Tiere zu lieben. Was Rückstände und Quälaufzucht angeht, sind Geflügel und Schwein fast rundweg kritisch anzusehen. Da würde ich unbedingt auf einem Biosiegel bestehen.

Rind:
Rindfleisch immer bei einem Metzger kaufen, der bereit ist die Papiere des Tiers zu zeigen. Kommt es aus Deutschland ist man nicht ganz schlecht dran.

Kalb:
Kalb aus Mastbetrieben muss man unbedingt meiden. Wie aber erkennt man das? Die einzige Möglichkeit wäre, sich immer die Papiere zeigen zu lassen. Ansonsten: Es sein lassen, oder darauf achten, dass das Fleisch dunkelrosa sein sollte. Helles Kalbfleisch kommt von der Milchaufzucht, so die Mär. Nur teilweise ist es auf Milchpulver zurückzuführen, was noch anginge. Katastrophal ist aber der Umstand, den jeder Fachmann verschweigt. Die helle Kalbfleischfarbe kommt auch davon, dass die Tiere im Dunkeln stehen. Ständig! 

Achtung:
Egal wie schlimm ein Fleisch ist, vom Gesundheitlichen hat selbst das schlechteste Fleisch weniger Gift als das meiste Gemüse. Ganz schlimm ist es mit Salat.