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Gutbürgerlich

Heute hat mein Vater eine Schweinsbrust ausgebeint, gefüllt und gebraten. Ein Gericht, wie es vor Jahrzehnten noch auf vielen Speisenkarten stand, gutbürgerlich im besten Sinne des Wortes.
Natürlich macht das mehr Arbeit (insgesamt ca 2h Arbeit und 3h Garzeit), als ein Stück Roastbeef im computergestützten Ofen bei niedriger Temperatur zu braten. Und ja, Schweinebrust und Bauch sind auch ein bischen fetter als es Putenbrust ist.
Aber es schmeckt, es begeistert und die Flanke des Schweins (Brust und Bauch) wird ganz verarbeitet, nichts bleibt übrig. Die Semmeln vom Vortag finden auch noch gute Verwendung.
Mein Vater hat 1954 den Beruf des Küchenmetzgers erlernt, einen Lehrberuf, den es so heute nicht mehr gibt, der die Schnittstelle zwischen Metzger und Koch besetzt. Später ist er Metzger- und Küchenmeister geworden. Seit fast 50 Jahren ist er mit meiner Mutter selbständig, führt nach Jahren als Gastwirt und Hotelier nun den Gasthof Bezold, zusammen mit der Villa Mittermeier in Familienbesitz. Mittlerweile, mit 70 Jahren, kocht er solche Gerichte nur noch, wenn er Lust darauf hat. Er ruft dann ein paar Leute an, die noch heute mittag der Schweinebrust den Garaus machen.
So eine Schweinebrust herzustellen ist anspruchsvoller, als einen Hummer abzukochen. Es gibt in der gutbürgerlichen Küche etliche Zubereitungen, bei denen es auf viel Gefühl, Erfahrung und Sachverstand ankommt. Ich meine dabei eine Küche, in der das Augenmerk auf der Fähigkeit liegt, einem guten, aber einfachen Grundprodukt sein Bestes zu entlocken. Das zu heben, was in jedem Stückchen Fleich oder Fisch liegt, das zu entdecken, was einfache Dinge wertvoll macht. Sich das fachliche Rüstzeug für diese Art von Küche anzueignen, ist harte Arbeit für viele Jahre. Frei von Schnickschnack und Moden, fernab von den Wasabi-Schäumchen dieser Welt und ohne sich auf den zeitgeistig publikumswirksamen Zucht-Perlhuhnbrüstchen auszuruhen.
Man könnte mal darüber nachdenken, wie es um diese Wurzeln solider Küchen-Handwerkskunst bestellt ist. Ob es, wenn sie dann ganz verschwunden sind, wenigsten guten Ersatz gibt?

Nachtrag

hier ist das Rezept

die Schweinebrust so wie auf dem Foto entbeinen. Wer das noch nie gemacht hat, findet da, wo er die Brust kauft, auch einen Metzger. Aus zwei Gründen ist es besser, hier den Fachmann ranzulassen:

  • ein falscher Schnitt, der zu tief geht, macht alles zunichte, weil die Brust sich dann nicht mehr füllen lässt
  • selbst Profis benutzen für diese Arbeit Stichschutz-Weste und Stichschutz-Handschuh. Safety first.

Den freundlichen Metzger Ihres Vertrauens können Sie dann gleich noch um Wurstgarn und um 800g Kalbsbrät bitten, die brauchen Sie später noch. Leihen Sie sich bei ihm auch gleich eine Garn-Nadel aus.

Untergreifen können Sie mit einem langen, dünnen, scharfen Messer selbst. Schneiden Sie dazu von der schmalen Seite her eine Tasche in die Brust. Lassen Sie an drei Seiten 5cm stehen. (s.Foto)

Für die Füllung:

8 Stück 2 Tage alte Semmeln in Scheiben geschnitten

1 grosse Zwiebel goldgelb angeröstet

½ l Milch

6 ganze Eier

20 g Salz (nicht zuviel! Lieber nachschmecken, weil Brötchen und Brät schon gesalzen sind)

Würzmenge Muskat und Pfeffer

abgeriebene Schale einer unbehandelten Zitrone

1Bund flache Petersilie, gewaschen und gehackt

800g Kalbsbrät

Vorbereitung:

die Hälfte vom halben Liter Milch erhitzen, auf die Brötchenscheiben giessen und abdecken, 10 min stehenlassen

die andere Hälfte der Milch mit den Eiern verkleppern

Die Zutaten nach und nach vermengen, die Masse in die Brust einfüllen und mit dem Wurstgarn zunähen. Ein gut ausgewaschenes Leintuch straff drumwickeln, mit dem restlichen Garn straff, aber nicht zu fest zuschnüren. In leicht gesalzenem Wasser bei ca 80°C für eine gute Stunde brühen.

Die Brust auswickeln und die Schwarte gleichmässig einschneiden, um die Spannung rauszunehmen. Achtung: nicht zu tief reinschneiden.

Auf der Schwartenseite nochmals leicht salzen, in einen Bräter setzen und bei ca 180°C schieben. Nach einer halben Stunde Röstgemüse zugeben, die Schweinebrust beim Garen immer wieder mit dunklem Bier übergiessen. Wenn sie in ihrem inneren 70°C heiß ist, kann sie tranchiert werden.

Varianten:

Gefüllte Kalbsbrust geht ganz genau so

die Füllung verträgt sich prima mit Pistazien und/oder gerösteten Mandeln/andere Nüsse

Eine Bereicherung sind kräftige Gewürze wie Kreuzkümmel, Quatre Epice o.ä.

Die gefüllte Schweinebrust ist ein sehr selbstbewusstes Gericht und verträgt herzhafte Würzung.

Was mir an diesem Rezept besonders gut gefällt: sie brauchen dazu unbedingt ihren Metzger, er wird sich freuen, wenn Sie ihn damit herausfordern.

Und nochwas: Ich hab nicht versprochen, dass das im Handumdrehen geht. Aber wenn Sie sich herantrauen, werden Sie mit einem Weltklasse-Ergebnis belohnt. Ich freue mich auf Feedback, natürlich mit Beweisfotos! Nur Mut!

 

Da kriegst du die Motten…

© *lahja*/Photocase

Ein herzliches „Grüss Gott!“ zusammen.
Mein Name ist Christian Mittermeier und ich freue mich sehr, hier ab und zu schreiben zu dürfen.
Über Angelegenheiten, die meinen Alltag ausmachen und die vielleicht von allgemeinem Interesse sein könnten.

Zum Anfang hätte ich da etwas auf der Pfanne, was eher zu den unangenehmen Aufgaben eines Kochs gehört, aber auch der Umgang mit Reklamationen will geübt sein.

Vor einiger Zeit hat mir eine Dame feinstes Gewürz zurückgeschickt, das sie bei mir gekauft hat, und hat gleich einen echauffierten Brief dazugelegt.
Wie es wohl sein könne, dass der Piment d´Espelette voller Mottengespinst sei, ihr dann gar eine Motte beim Öffnen der Dose entgegengeflogen kam. Ekelerregend wäre das und nun schon die zweite Dose des selben Herstellers, alle beide mit demselben Ungeziefer-Problem.
Bitte umgehend um Erstattung des Kaufpreises auf Konto xxx, Porto usw., das Übliche in so einem Fall. Ich kann es mir ja auch wirklich vorstellen, dass die Dame sich geärgert hat. Gibt einen Haufen Geld für Piment d`Espelette aus und dann sowas…
Dennoch, zu diesem Thema gibt es die berühmte andere Seite:
Motten sind mir in den letzten Wochen schon einige untergekommen. So im April auf einer Show-Bühne, mitten während einer Kochvorführung, auf der SlowFood-Messe. Eine Packung Demeter-Haferflocken war komplett befallen, zu erkennen am Gespinst des Zünslers. Ich habe es gleich im Abfalleimer verschwinden lassen.
Müsli und Mehl sind beliebte Ziele für Motten, aber mir war neu, dass diese Viecher sich jetzt sogar in scharfem Paprika vermehren (Respekt!).
Doch ines war sicher: das Gewürz war nicht chemisch behandelt, es befanden sich offensichtlich keine künstlichen Lebensmittel-Zusatzstoffe darin, die eine Motten-Vermehrung verhindert hätten und radioaktiv bestrahlt ist das Gewürz nach dem Verpacken auch nicht worden.
Und das ist ja immerhin schon mal bemerkenswert.
Ich will ja niemandem diese fiesen Flattermänner schönreden. Schädling ist Schädling.
Aber: Überlegen wir uns eigentlich manchmal, mit was wir die Sicherheit erkaufen, die uns so heilig ist? Welchen Preis es hat, Verderb auszuschließen? Darauf gibt es bestimmt keine einfache Antwort.
Klar, es gibt Schädlinge, die sind noch schlimmer als die Zusatzstoffe. Und klar, es gibt Lavendel, Orangenduft und Terpentin, die helfen gegen die gemeinen Mehlmotten (die heißen wirklich so).
Dennoch: wenn mir ab und zu mal eine entgegengeflogen kommt, dann schaue ich schon, dass ich sie erwische, schau auch, wo sie herkommt. Aber letztendlich bin ich froh, Lebensmittel rund um mich herum zu haben, die o.k. sind.
Und der Dame, die sich zuerst so aufgeregt hat, habe ich eine freundliche Mail geschrieben. Und eine ebenso freundlich-versöhnliche zurückbekommen. Wir sind einig.

 

Das Lächeln der Radieschen

© Miss X/Photocase

How to cook your life ist ein Film von Doris Dörrie aus dem Jahr 2006. Durch einen wunderbaren Zufall geriet ich damals in eine Talkrunde mit Alfred Biolek, Doris Dörrie und Edward Espe Brown, dem Protagonisten des Films und Verfasser des Büchleins Das Lächeln der Radieschen.
Das Thema in der Talkrunde war „Bringt Kochen Erleuchtung?“. Mehr davon später.

Doch jetzt noch schnell eine Radieschenzubereitung, bevor der Fränkische Spargel so richtig loslegt:

Radieschenblättersuppe
Radieschen gehören zur Familie der Kreuzblütengewächse. Einige davon enthalten Senföl. Es besteht eine Verwandtschaft mit Rukola, man kann die Blätter auch fast wie Rukola verwenden, sie sollten allerdings von ungedüngten Radieschen stammen.
Ich rate zur Verwendung von französischen Radieschen, das sind die schlanken rot-weißen. Man kann die Blätter zubereiten wie Spinat, als Salat oder klein geschnitten zum würzen von Risotto oder Nudeln.
Am liebsten koche ich daraus eine Suppe:
etwas Zwiebellauch anschwitzen, mit Geflügelbrühe aufgießen, kurz aufkochen, Löffel Schmand dazu, junge, gewaschene und grob geschnittene Radieschenblätter zufügen, Mixstab reinhalten, abschmecken, fertig.

Als Einlage empfehle ich Croutons, Radieschenscheiben und ein pochiertes Ei. Främkische Verwandte der Radieschen sind die „Eiszapfen“, die mir warm zubereitet auch sehr gut schmecken.
Wer Radieschen an sich einmal anders zubereiten möchte, dem empfehle ich hier eine Zubereitung, die sich besonders gut zum Spanferkel eignet:

Radieschen-Erbsenschotengemüse
200 g Erbsenschoten, geputzt
1 Bund französische Radieschen (weiß-rot)
3 Stangen Frühlingslauch, nur das Weiße und Hellgrüne, fein geschnitten
60 g Butter
2 EL fein geschnittener Schnittlauch
1 EL Sonnenblumenöl

Die Erbsenschoten in einer heißen Pfanne im Sonnenblumenöl kurz anschwenken. Fein geschnittenen Frühlingslauch und halbierte Radieschen zufügen und nur noch kurz erhitzen, da die Radieschen sonst ihre Farbe verlieren. Das Gemüse sollte gerade warm sein und schön knackig (Wok-Style). Mit Salz und Pfeffer abschmecken und die Butter sowie den Schnittlauch zufügen. Sofort servieren.

Buchtipps:
Edward Espe Brown „Das Lächeln der Radieschen – Zen in der Kunst des Kochens“   
Bernhard Glassman „Anweisungen für den Koch – Lebensentwurf eines Zen-Meisters“   

 

Spargel? Kohl?

von links nach rechts: Brokkoli, wilder Brokkoli, grüner Spargel

„Brokkoli“ ist ein Wort, das in vielen Sprachen verstanden wird. Ich vermute, dass es eine Art Ur-Esperanto ist. In Deutschland heißt Brokkoli Spargelkohl.
Der Wildbrokkoli, „cima di rape“, lange Zeit nur in Italien bekannt, wird auch „italienischer Spargel“ genannt. Warum? Ganz einfach! Lange bevor die Röschen in den Mittelpunkt des Interesses rückten, lag das Augenmerk stets auf den Stielen. Erst der gezüchtete Brokkoli bekam größere Röschen und die Stiele wurden dicker und holziger. Der Begriff Spargelkohl geriet dann in Vergessenheit, wohl auch, weil sich Brokkoli einfach interessanter anhört. Alle wollten nur noch die dekorativen, knallgrünen Röschen kochen. Probieren Sie doch einfach mal aus, warum Brokkoli Spargelkohl heißt:

Abreißen der Schale mit einem Officemesser

Mit einem Officemesser werden die Schalen „abgerissen“. Was hart ist, geht mit ab, was dran bleibt, kann in der Regel gegessen werden, so hat es die Natur eingerichtet. Die geschälten Brokkolistangen in mundgerechte Stücke schneiden, in Salzwasser blanchieren und in Eiswasser abschrecken. Zur Weiterverarbeitung einfach an die Spargelrezepte denken…
Die Blätter wie Spinat zubereiten.
Ach ja, die Röschen gibt es ja auch noch – die kann zubereiten wie immer.

Spargelkohl, in seine Bestandteile zerlegt

 

 

Pastinaken – aromatische Wurzeln

Als gehaltvoller Quell für Geschmack und Vitamine sind Wurzeln aller Art unverzichtbarer Teil einer guten warmen Mahlzeit.
Die Pastinake ist eine vorzügliche Speisewurzel, die man dünsten, glasieren, backen, frittieren kann… je nach dem neuesten Küchentrend. Pastinaken sind leicht mit Wurzelpetersilie zu verwechseln – man erkennt sie daran, dass sie am oberen Ende nach innen eingedellt ist.

In der Küche
Der süße und leicht würzige Geschmack der Pastinake, der leicht in Richtung Sellerie geht, macht die Wurzel zu einem vielseitigen Gemüse. Roh schmeckt sie ein klein wenig scharf und grob, aber in Bouillon gedünstet oder als Eintopfzutat entwickelt sie eine angenehme Süße. Mit Kartoffeln zu einem Wurzelpüree verarbeitet oder halbiert und mit etwas Öl und Kräutern im Ofen gebacken wird aus der Pastinake eine himmlische Beilage zu Fleischgerichten. Suppen verleihen die leckeren Wurzeln einen aromatischen Geschmack.
Im Magen
Die schmackhafte Wurzel ist prall gefüllt mit Energie und Ballaststoffen und enthält viel Vitamin B, B9, C und E sowie Eisen, Zink und Calcium.
Auf dem Feld
Pastinaken sind zweijährige krautige Pflanzen, die im ersten Lebensjahr kräftige Wurzeln schlagen, die reichlich Nährstoffe aufsammeln. Im zweiten Jahr wächst die Pflanze und entwickelt Samen – wenn man es ihr erlaubt. Denn wir ernten die Pastinaken schon nach der ersten Saison und laben uns an ihren schönen Wurzeln.
Aufbewahrung
Pastinaken halten sich 2 bis 3 Wochen, wenn man sie im Kühlschrank oder in einem kühlen Keller aufbewahrt. Bei Zimmertemperatur beträgt die Haltbarkeit nur einige Tage.

Mein persönlicher Tipp:
Leckere Fritten
Eine schmackhafte Alternative zu gewöhnlichen Pommes sind Pastinakenfritten: Pastinaken gut schrubben und abspülen und in Stifte schneiden. Mit Olivenöl etwas bestreichen und dann im Ofen knusprig backen. Du kannst die Wurzeln auch in hauchdünne Scheiben schneiden und dann in der Pfanne oder Friteuse in reichlich Öl ausbacken – diese Pastinakenchips sind einfach lecker.

Gebratene Pastinaken mit Meerrettichcreme
4 Portionen / Zubereitungszeit ca. 20 Minuten
500-700g Pastinaken
Salz
200ml entwässerter Joghurt oder Creme Fraiche
geriebener Meerrettich

Die Pastinaken putzen und in Längsrichtung durchschneiden. Größere Pastinaken nochmals teilen, damit die Bratzeit gleich bleibt. Die Wurzeln mit der Schnittfläche nach unten acht bis zehn Minuten anbraten. Zwischendurch ein wenig Wasser dazugeben und mit Salz würzen.
Für das Dressing Joghurt mit Salz vermengen und mit Meerrettich und evtl. einer messerspitze Zucker abschmecken.
Die Pastinaken eine wenig abkühlen lassen, amrichten und zusammen mit der Meerrettichcreme zu Fisch, hellem Fleisch, zu Wurst oder geräuchertem Schinken servieren.

Pastinakensuppe mit Knoblauchbrot
4–5 Portionen / Zubereitung ca. 30 Minuten
700g Pastinaken
400g Kartoffeln
2 Zwiebeln
1 EL Olivenöl
ca. 1 l Wasser
Zitronensaft

Zwiebeln schälen und grob hacken. Kartoffeln und Pastinaken schälen und würfeln. Das Gemüse etwa 5 Minuten in etwas Öl sautieren, ohne dass es Farbe bekommt. Wasser zugießen und das Gemüse kochen, bis es gar ist, ca. 20 Minuten. Suppe mit dem Stabmixer glatt pürieren und mit Salz, Pfeffer und Essig/Zitronensaft würzen.
Die Suppe nach Geschmack mit geschnittener Kresse und knusprigen Knoblauchbrotscheiben servieren.

Knoblauchbrot
4 Scheiben gutes Weißbrot
1–2 Knoblauchzehen
2 EL Olivenöl
Brotscheiben schön knusprig toasten und mit den halbierten Knoblauchzehen einreiben, dann mit etwas Olivenöl beträufeln.

 

Maifisch in Lissabon

Maifisch mit Brotbrei

Ein seltener Genuss ist der Maifisch. Ein anadromer Wanderfisch, der im Frühjahr die Flüsse hinaufzieht, in diesem Fall den Rio Tejo. Zusammen mit portugiesischem Brotbrei ist er eine saisonale Spezialität in Lissabon. Der Maifisch ist köstlich, einfach als Darne (Scheibe) in Maisgrieß gewälzt und gebacken. Der Brotbrei (migas,açorda), der aus eingeweichtem Brot, Knoblauch und Zwiebeln besteht, ist sehr, sehr sättigend. Für mich ist er auch etwas gewöhnungsbedürftig.

Auf jeden Fall mal wieder eine interessante, küchen-historische Erfahrung. Der Brotbrei war in früheren Zeiten sicherlich eine kräftigende Speise für wackere Schiffsbauer.

Conserveria: Unzählige Döschen fein gestapelt.

Kulinarische Souvenirs gibt es in der Conserveria (Rua dos Bacalhoeiros 34). In diesem urigen Fischkonservengeschäft arbeiten noch alle Generationen mit. Völlig unbeeindruckt vom Tagesgeschäft wickelt die Seniorin Konservendöschen aller Art in buntes Packpapier. Ich hab mir die „große Kollektion“ gekauft, um mich an der farbenfrohen Vielfalt zu erfreuen. Wer es nicht so fischig mag, sollte mal nach den Orangenstäbchen fragen.

 

Rote Bete – Trüffel des Nordens

© Aarstiderne
© Aarstiderne

Die ersten Rote Bete der Saison sind schon längst verputzt, Stiele und Blätter sind weg – und doch bleiben Rote Bete den ganzen Winter über eine Delikatesse. Viele meinen, dass Rote Bete nichts Besonderes sind und die einzige essbare Form aus geriffelten Scheiben in einem Glas langweiliger Essiglake besteht. Und das wollen wir ändern!
Bei uns gibt es jetzt rote, gelbe, orangefarbene und gestreifte Rote Bete. Denn wir setzen auf Sortenvielfalt, Variation und ein reichhaltiges Angebot an Gemüsesorten, die ihren ureigenen Charakter und Geschmack und ihre eigene Geschichte haben – anstelle von poppigen Handelsmarken und bunten Verpackungen, hinter denen sich die ewig selben, langweiligen Produkte verstecken.
Rote Bete erleben geradezu eine Renaissance in unserer Küche. Nicht nur Sterneköche ergreifen wieder Besitz von diesem wundervollen Gemüse. Rote Bete, wie wir sie kennen, sind eine der süßesten Rübenarten in unseren nördlichen Breiten. Sie schmecken fantastisch, sehen gut aus, und wenn sie deutlich teurer wären, dann würde man sie wohl als „Trüffel des Nordens“ sehen.
Alle mögen Rote Bete – Kinder, weil sie süß schmecken, Männer, weil sie Saft und Kraft haben, und Frauen, weil sie ansprechend und preiswert sind.
Wenn ihr bereit seid, das Einweckglas hinter euch zu lassen, können Rote Bete wunderbare Geschmackserlebnisse bereiten; ob roh, gebacken oder geschmort. Auch eingelegt sind Rote Bete natürlich nicht zu verachten, weil das Süßsaure gut zur deutschen Hausmannskost passt. Die Vielfalt jedenfalls ist groß, und heute findet man runde, längliche, rote, gelbe und gestreifte Rote Bete im Handel.

Hier ein paar Tipps für alle, die noch nicht auf der Rote-Bete-Welle schwimmen:
-Such lieber die kleinen als die großen Rüben aus, denn die sind am süßesten und am saftigsten.
-Bereite Rote Bete immer ungeschält zu.
-Gare die Roten Bete lieber etwas zu kurz als zu lang, damit sie ihren leckeren Biss behalten.
-Weil Rote Bete recht süß sind, schmecken sie gut in Kombination mit Saurem, z. B. mit Essig, Zitronensaft oder Joghurt.
-Ihren typischen Geschmack entfalten Rote Bete am besten, wenn man sie im Ofen backt.
-Rote Bete schmecken von Natur aus süß, man darf aber ruhig extra Zucker zugeben, z. B. in Form von Rohrzucker, Honig oder Früchten.

Gebackene und roh eingelegte Rote Bete
1 kg Rote Bete, gern verschiedene Farben
Salz
50 ml Apfelessig
100 ml Olivenöl

Den Boden einer Auflaufform mit reichlich grobem Salz bestreuen und die Hälfte der Roten Bete daraufgeben. Bei 170 Grad 45 Minuten im Ofen backen. Rote Bete etwas abkühlen lassen und dann Strunk und Spitze abschneiden und Schale abziehen. In gleichmäßig große Stücke schneiden und mit Salz und Pfeffer würzen.
Die restlichen Rote Bete schälen und in hauchdünne Scheiben schneiden. Die Scheiben in einer Lake aus Apfelessig und Olivenöl wenden und mit Salz und Pfeffer würzen.

Rote-Bete-Tatar mit Meerrettichcreme
500 g Rote Bete
2 EL Apfelessig
1 EL Senf
2 EL Olivenöl
Salz und schwarzer Pfeffer
1 Apfel
1 Zwiebel
Evtl. gehackte Kräuter
Zucker

Rote Bete schälen und fein würfeln. Die Würfel in einer Marinade aus Essig, Senf, Öl, Salz und Pfeffer einlegen.
Den Apfel fein würfeln. Zwiebel und Kräuter fein hacken.
Beides unter die marinierten Rote Bete heben und mit Essig, Salz, Pfeffer und ggf. etwas Zucker abschmecken. Mit Meerettichcreme servieren und zu gebackenem, gegrilltem oder gebratenem Fisch reichen.

Meerrettichcreme
100–150 g Meerrettich
3 TL Essig
1–2 TL Zucker
2 TL Senf
200 ml Crème fraiche
Salz und Pfeffer

Meerrettich fein reiben und mit Essig, Zucker und Senf verrühren. 5–10 Minuten ziehen lassen und dann die Crème fraiche unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und zu gekochtem oder gebratenem Fleisch, zu Fisch oder zu Rote Bete servieren.

Weitere Rote Bete Rezepte wie unsere Rote Bete Marmelade findet ihr auch auf unserer Seite.

Viel Spaß beim Nachkochen

 

Wie wär’s denn mal mit Topinambur?

topinambur
Bei uns auf dem Hof haben wir vor drei Wochen die ersten Topinambur ausgegraben. Topinambur, auch Jerusalem Artischocke, Erdbirne oder Erdartischocke genannt. Auf Dänisch sagen wir Jordskokker, was man mit „Erdschokke“ übersetzen kann.
Zunächst waren die Knollen noch etwas klein, jetzt haben sie aber schon eine feine Größe. Noch müssen sie ein paar Tage warten, dann beginnt die Ernte. Um etwas zu probieren hat es schon gereicht.

Für die, die dieses alte Gemüse nicht kennen:
Topinambur ist ein etwas seltsames knorriges Gemüse, das die Wenigsten kaufen, weil sie nicht so richtig wissen, was sie damit anstellen sollen – aber Topinambur ist ein vortreffliches Wintergemüse. Es ist schmackhaft, erinnert vom Geschmack ein wenig an Artischocken und ist voller Kraft und Vitamine.

Topinambur ist problemlos anzubauen, er gedeiht in so gut wie jedem Boden. Auch die Lagerung bis zum Verzehr bedarf keiner besonderen Aufmerksamkeit, denn die Knollen können in der Erde überwintern. So bewahren sie Knackigkeit und Biss.

Die Pflanzen sind mehrjährig, was sehr praktisch ist, denn bei der Ernte ist es so gut wie unmöglich, alle Knollen zu erwischen. Die gelb blühenden Stängel werden schnell über zwei Meter hoch. Deshalb muss man sie so anpflanzen, dass sie anderen Gewächsen nicht zu viel Licht nehmen.

Nach mehreren Jahren Anbau auf demselben Feld kann man zur extensiven Bewirtschaftung übergehen und diejenigen Knollen ernten, derer man habhaft werden kann, während man den Anbau mit den im Boden verbliebenen Knollen fortsetzt.

Tipps:
Frisch geerntete Topinamburknollen erkennt man daran, dass sie saftig und knackig sind.
Die am wenigsten runzeligen Knollen auswählen – das erleichtert das Putzen.
Topinambur gründlich schrubben, aber nicht schälen.
Topinambur kann roh, gekocht, gebraten oder gebacken verzehrt werden.
Roher Topinambur schmeckt knusprig und nussig.
Aufbewahrung am besten in einem Plastikbeutel im Kühlschrank.
Sind die Topinamburknollen ein wenig schlaff, werden sie wieder saftig, wenn man sie in eine Schüssel mit kaltem Wasser legt.

Wer einen Garten hat und etwas Platz darin, sollte einige Knollen in die Erde setzen. Topinambur ist als ”Raumteiler”, Sicht- und Lärmschutz und als Schattenspender gut geeignet.

Topinambur hat eine feine Süße, die gut zur klassischen nordeuropäischen Küche passt. Auch zum Süßen von Chutneys, Currys und Eintöpfen ist Topinambur gut geeignet.

Topinambur mit Äpfeln und Nüssen
300 g Topinambur, geputzt
1 Apfel, entkernt und geschält
Saft von 1 Zitrone
100 ml Walnussöl (oder anderes Öl)
50 g Walnüsse
einige Salatblätter

Topinambur in lange, hauchdünne Streifen schneiden und in eine Schale mit Zitronensaft legen. Den Apfel grob darüber reiben. Öl hinzugeben und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Mischung auf einer Handvoll gezupfter Salatblätter anrichten.

 

Momentaufnahme: Wildkräuter aus dem Vorbachtal

Nach einer schönen und langen Saison neigt sich die Zeit für Wildkräuter ihrem „bitterem“ Ende zu.

Hier noch mal eine schöne Bandbreite, gelesen am Freitag, den 30. Oktober, früh morgens von unserer Wildkräuter-Sammlerin Rosemarie Schlereth.

Kräutersammlung
Bild 1, von links nach rechts:
Chef der Cuisine Jan Heeg, Wildkräutersammlerin Rosemarie Schlereth und meine Wenigkeit

Frau Schlereth ist auch Gärtnerin im Schloss Weikersheim und wir sind froh und dankbar,  dass wir mit ihrer Hilfe noch tieferen Zugang zu echten Wildkräutern gefunden haben.

Denn dies ist nicht ganz einfach. Es gibt draußen in der Natur viele Unwägbarkeiten.
Ist es eine echte Biowiese? Oder ist sie überdüngt?
Ist es dieses oder jenes Kräutlein ? Oder ist es am Ende giftige Verwandtschaft?
Ist es der optimale Standort für das jeweilige Kraut, oder schmeckt es einfach nur bitter, weil der Boden nicht kalkhaltig genug war? Zu trocken? Zu nass?
Zu früh gelesen? Zu spät gelesen ?

Es gibt so vieles, was man darüber wissen muss, dafür kann man auch ganz neue Geschmackswelten erobern. Und das alles vor der Haustür.

Kräuter 002
Bild 2: Wilder Wiesenkerbel
Kräftiger und aromatischer als die gezüchtete Verwandtschaft, die als Kerbelalarm durch die deutsche Spitzengastronomie wandelt.

Kräuter 003
Bild 3: Löwenzahnblätter
Aromatisch und bitter, in warmem (10 min) und kaltem Wasser (1 Std.) wässern, um ihn zu entbittern. Volksmund: Bettsoachersalat, französisch: Pisenlitt – wegen der harntreibenden Wirkung.

Kräuter 005
Bild 4: Schafgarbe
Auch Soldatenkraut genannt, sehr gut bei der Wundheilung. Angenehme Bitternoten, ein Aufguss vor dem Hauptgang wirkt angenehm den Appetit fördernd.

Kräuter 008
Bild 5: Sommerwicke
Erbsenkraut, schmeckt wirklich verblüffend wie ganz junge Erbsenschoten und sieht mit den Triebspitzen auch aus wie junge Erbsensprossen.

Kräuter 009
Bild 6: Mauerpfeffer/ Tripmadam / Salat – Fetthenne:
Unser Gericht dazu: Silvaner Trifle mit Birne und Mauerpfeffer

Kräuter 011
Bild 7: Weißer Klee
Wird in unser hausgemachtes Brot eingebacken. Kann man auch wie Spinat zubereiten.

Kräuter 012
Bild 8: Wiesenlabkraut
Mein Favorit. Zuerst frisch säuerlich mit Gemüsenoten, dann leicht herb, mit fein-bitterem Nachgeschmack.
Bei uns im Bistro: Gemüserisotto mit karamellisiertem Ziegenkäse und Wiesenlabkraut.

Kräuter 013
Bild 9: Beifuß
Fördert die Fettverdauung. In Bayern auch Ganslkraut genannt. Verwandt mit Wermut und Estragon.
Sparsam einsetzen in getrockneter Form, enthält Thujon, ein Nervengift, das in hohen Dosen Verwirrtheit verursachen kann. (Klar, aus der Verwandtschaft wurde ja Absinth gebrannt.)

Kräuter 015
Bild 10: Giersch/Geißfuß:
War im Mittelalter beliebter als Spinat.
Hinweis an Gartenbesitzer: Esst eure Feinde!

Kräuter 016
Bild 11: Pimpernelle
Schöne fein–säuerliche Note, merke: „pimpt“ den Salat.

Kräuter 019
Bild 12: Rote Taubnessel
Für Salate geeignet.  Blätter auch wie Spinat zu bereiten.

Kräuter 020
Bild 13: Wilder Salbei
Feiner im Aroma als Gartensalbei, aber robuster. Schön zum einwickeln von kleine Grilladen oder bei Hühnern unter die Haut schieben.
(Wenn grad kein Trüffel zur Hand)

Kräuter 024
Bild 14: Sauerampfer
Klar: ab in die Suppe, und alles was lustig macht.

Kräuter 021
Bild 15
Bitter Sweet Symphony End of Season 2009

 

War nicht in Kur, hab nur Fasnet g’macht!

@bruddler: Vielen Dank für den netten Hinweis, ich nehme es mir zu Herzen, war halt mit allem Möglichen beschäftigt, und jetzt geht’s wieder ran….

Wir hatten wieder Metzgede, also unser jährliches Schlachtfest, und da habe ich ein Zwischengericht mit einer Schwäbisch Hällischen Spanferkelschulter ausprobiert.

Die Schultern werden ausgelöst, mit grobem Salz und gestoßenen weißen Pfefferkörnern gewürzt, ca. 10 Std. marinieren lassen und dann in einen Vaccuumbeutel einschweißen.

Im Ofen – man braucht ein sehr gutes Thermostat – bei genau 69°C über Nacht garen.
Das klingt erst einmal sonderbar, funktioniert aber…dann Beutel aufschneiden, die Schwarte mit einem scharfen Messer einritzen und die Schulter auf der Schwarte kurz anbraten, bis sie Farbe genommen hat. Danach in den heißen Ofen, bei 240°C für ca. 8 Minuten schieben, jetzt wird die Kruste schön kross, und das Fleisch bekommt Serviertemperatur, ganz wichtig, sonst schmeckt es nicht!

Als Beilage habe ich Alblinsen, Kartoffeln und eine leichte Rauchsauce aus dem Fleischsaft, mit etwas Speckschwarte und Rahm verkocht, gezogen. Abgeschmeckt wird mit einem Spritzer Apfelbalsamessig und obendrauf kommen ein paar fritierte Kartoffeljulienne…es ist die beste Spanferkelschulter, die es gibt, saftig und  kross!