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Innereien

Jetzt habe ich doch beinahe meinen Text vergessen. Um zu diesem Blog zu kommen muss man an einer BH-Körbchenwerbung vorbei. Also, hmm, über Körbchen könnte ich ja auch stundenlang referieren.

Trotzdem, Innereien: Sie sind sehr komplexe Lebensmittel. Zum einen sind sie Filterorgane, wie beispielsweise Nieren, Bries und Leber. Bei unsachgemäßer Tierhaltung bleibt da Einiges drin hängen. Herz und Magen (Kutteln) könnte man jedoch als Transitorgane bezeichnen. Im Herz pulsiert das Blut und in Kutteln und Därmen die verdaute Nahrung. Deshalb kann man Herz sehr häufig essen und Kutteln ebenso. Bei Leber und Nieren kommt es darauf an, was diese Körperteile leisten mussten, d.h. welcher Umweltbelastung (Tierquälerei) sie ausgesetzt waren. Deshalb kauft man letztere Spezialitäten, schon gar nicht das Kalbsbries, im anonymen Handel. Man muss unbedingt wissen wo die Ware herkommt. Generell sind die Kontrollen in Deutschland sehr gut. Von ausländischer Ware würde ich ganz die Finger lassen.

Insgesamt ist es aber so, da es streng genommen überhaupt keine unbelasteten Lebensmittel mehr gibt, es geht nur noch um Minimierung von Umweltgiften, also um die Summe von Giften die wir zu uns nehmen. Das war auch vor hundert Jahren schon weitgehend so. Selbst Urmeersalze waren Naturkatastrophen ausgesetzt. Mal spuckten die Vulkane Schwefel ins Jurameer, mal wurden Schwermetalle ausgespült etc.

Kurzum, den besten Gesundheitsschutz genießen heutzutage nicht unbedingt biobewusste Leute, sondern der Chaosesser. Mein Vater ist so einer, alles was seine Neugierde weckt, wird weggefuttert. Unsere Märkte haben schließlich eine fast unübersehbare Vielfalt. Deshalb Innereien Ja, wenn man weiß woher und dann eben möglichst nicht drei Tage Kalbsleber, und dann wegen schlechtem Gewissen Kopfsalat bis man grün im Gesicht wird.

Es gibt Gäste, die frage ich was sie nicht mögen und was sie bevorzugen. Oft kommt es vor, dass sie antworten: „Ich mag alles, wenn es gut bereitet ist!“ Unter diesen Leuten war in meiner 35 jährigen Wirtezeit nie ein Gast dabei, der bleich, der gar kränklich aussah. Wirklich uneingeschränkt waren sie alle pumperlgsund, allesamt sind sie der Schrecken der Ärzte.

 

Landbutter

Bei uns im Münstertal wird in den kleinen Bauernhöfen, die ihre Milch nicht an die Genossenschaft abgeben, Landbutter hergestellt.

Nach dem Melken wird die Milch mit einer Zentrifuge entrahmt, die Magermilch den Kälbern oder Schweinen verfüttert und der Rahm kaltgestellt.
2x wöchentlich wird der mild gesäuerte Rahm dann im Butterfass geschlagen.
Die recht geschmeidige Butter wird dann in ein geschnitztes Holzmodel gedrückt, ein Pfund oder ein halbes Pfund, und in kaltem Wasser so lange schwimmen gelassen, bis sie hart ist.
Auf dem Foto gut zu sehen, die Butter mit dem Kuhmodel ist schon von Grünfuttermilch, bei der mit der Blume ist der Hof so hoch oben, dass die Kühe noch nicht draußen sind, weil das Gras witterungsbedingt noch nicht gewachsen ist.

In Pergamentpapier verpackt wartet die Butter dann auf den Käufer. Und das ist gar nicht so einfach…..
Diese Butter darf ausschließlich ab Hof verkauft werden, und dann nur an Privatpersonen, keinesfalls an gewerbliche Betriebe oder auf dem Wochenmarkt. Das hat mit den Rechtsbestimmungen für die Direktvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen zu tun, unter Punkt 5.

Eigentlich schade, denn in einem Bauernhaus gibts halt keine Hygieneschleuse und einen separaten Bearbeitungsraum, denn bei ein paar Pfund Butter in der Woche müssten ganze Generationen buttern um die Entstehungskosten für eine solche Einrichtung zu verdienen.

Das Wichtigste zum Schluss: Die Butter schmeckt phantastisch, denn 1. können die Bäurinnen buttern, und 2. dem Rahm ist es egal in welchen Gebäude er verbuttert wird.
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Ab ins Kino

„We feed the world“

In allen Kinos Deutschlands läuft jetzt der Film „We feed the world“. Es geht um die Herstellung von Nahrungsmitteln und welche Verbrechen dabei begangen werden. Der Film klagt nicht an, sondern liefert nur intensive Bilder. Mein Wunsch wäre, dass sich die Besucher dieser Homepage diesen Film anschauen.


„In Wien wird täglich soviel Brot vernichtet, wie Graz verbraucht“

 

Kutteln

„Du musst aber gute Kutteln haben“, das sagt man hier im Münstertal, wenn man jemandem ein Kompliment über seine Standfestigkeit ausspricht.

Gemeint ist damit der Magen, theoretisch von allen Paarhufern die auf einer Speisekarte vorkommen verwendbar, in unseren Breiten werden die Rinderkutteln am häufigsten verarbeitet.
Kalb, Lamm und Ziege liefern für mich eine noch bessere Qualität, werden leider viel zu selten oder gar nicht angeboten.
Im Südbadischen heißen sie eigentlich „Sulz“, das hat nichts mit der Sülze zu tun, und nördlich der Mainlinie wird Hundefutter daraus gemacht und es wird als Pansen gehandelt.

Für die Küche interessant ist der Pansen von Wiederkäuern (der berühmte Saumagen aus der Pfalz stammt ja von einem nicht wiederkäuenden Tier), mit den „Untermägen“ Netz, Lab und Blättermagen, vovon letzterer nicht verwendet wird. Genau genommen sind ganz junge Kälber, Lämmer, Zicklein auch noch keine Wiederkäuer, denn sie bekommen ja nur Milch zu saufen.

Und gestern ließ ich ein Milchkalb schlachten, schickte meinen Sous-Chef zum Metzger und der hat die Kutteln nach dem Schlachten geputzt. Zuerst wird der Mageninhalt mit viel kaltem Wasser rausgespült und die Kutteln mit heißem Wasser gebrüht. Dann werden sie mit einer Metzgerglocke solange gekratzt bis sie schön hell sind. (Achtung: es gibt auch gebleichte, die schmecken nicht!)
Nochmals gut waschen und in einem leichten Essigwasser mit einem Bund Suppengrün ca. 1 Std. weichkochen.
In Julienne geschnitten können die Kutteln auf vielerlei verschiedene Arten zubereitet werden, bei uns stehen sie so auf der Karte:

Kalbskutteln im Tomaten-Schalottensud mit Bärlauch und breiten Nudeln
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Butter

Endlich haben wir genügend Nachschub an Rohmilchbutter, wir bekommen sie von einem Straßburger Käsehändler. Bisher hatte ich mich nicht intensiv um Butter gekümmert, ist sie doch anfürsich bereits ein Qualitätsbegriff. Jeder denkt, Butter ist Butter und damit sei alles in Butter. Weit gefehlt – Butter ist heutzutage weitgehend eine Industriepampe.

Ich dachte, Rohmilchbutter sei in der EG verboten, auch das stimmt nicht. In Frankreich ist sie in bewusst lebenden Kreisen immer auf dem Tisch. Wir Deutschen sind nur dermaßen der Hygiene-Angstmache aufgesessen, dass sie hier verschwunden ist. Ganz klar sie muss intensiv auf Keime überprüft werden. Die Herstellung erfordert äußerste Sorgfalt, deshalb kostet diese Butter doppelt so viel wie die normale. Ich bin sehr für ein konsumreduziertes Dasein, gute Butter aber, das sollte ein Grundrecht sein. Wer frische Rohmilchbutter mal probiert hat, der weiß was ich meine.

Vielleicht ist die Rohmilchbutter auch verschwunden, weil die Milchindustrie eine sehr mächtige Lobby hat. Beispiel: Vor 20 Jahren wollte ein Freund von mir im Bayerischen handwerklichen Joghurt machen. Es lief gut. Die Minifirma war den Giganten (Müller-Milch) aber ein Dorn im Auge. Die Industrie belaberte die Bauern. Der kleine Ein-Mann-Betrieb bekam nirgends mehr frische Milch und musste sie kurz vor seiner Pleite 150 km aus dem Bayerischen Wald ankarren. Dann war Schluss.

 

Gänseleber

Vor einigen Tagen demonstrierten Mitglieder der Tierschutzorganisation PETA vor den Türen eines Sternelokals, verscheuchten die Gäste und der Koch guckte recht ungehalten. Mit meinen Mitarbeitern redete ich über den Vorfall und drängte meine Leute um Stellungnahme. Köchinnen und Köche beriefen sich auf die Tradition dieser köstlichen, seit Jahrhunderten gefeierten Köstlichkeit. Eine Köchin fand aber die Proteste der Tierschützer berechtigt.

Nun zu mir: Als Bub wurde ich von meinen Eltern immer zu einem Bauern ins Nördlinger Ries verfrachtet. Das Ries war damals eine berühmte Gänsegegend. Als Kind hatte ich unter anderem die Gänse zu hüten und die Oma auf dem Hof hackte aufwändig Brennesseln zu Spinat um sie den Tieren zu füttern. Es gab dann noch torpedoartige, bananengroße Teignudeln. Die Gänse stellten sich bei Oma an, rissen den Schnabel auf und die Trümmer wurden von den Tieren verschlungen. Immer wieder stellten sie sich an. Gänse sind das Verfressenste das man sich vorstellen kann. Bei Enten ist es genauso – „reindrücken wie ein Schlicker (Ente)“ sagt man im Schwäbischen. Die Tiere waren glücklich und das Prozedere konnte man grundsätzlich artgerecht nennen. Die Tiere waren feist und auch ihre Lebern gediehen prächtig, das aber sehr langsam.

Heutzutage muss es schnell gehen. Vor fünfundzwanzig Jahren kostete ein Kilo Gänseleber inflationsbereinigt ca. 150 Euro. Es war die Luxusspeise, die ich in den Anfängen meines Restaurants (bereits mit Michelinstern) mir gar nicht leisten konnte zu kochen. Heute kostet das Zeugs im Großhandel gerademal um die 60 Euro. Ich sage Zeugs, weil ich mir auch sogenannte artgerechte Aufzuchten angeschaut habe. Es gibt große Unterschiede, von grausam bis einigermaßen akzeptabel. Eines muss aber gesagt sein: artgerechte Gänseleberproduktion gibt es nicht.

Ich frage mich und fordere auf: Warum kommt niemand auf die Idee, dieses Kulturgut so herzustellen wie die Oma und Gänselieseln das damals machten? Ich wette es gäbe viele Gourmets, die bei artgerechter Garantie den dreifachen Preis bezahlen würden. Schließlich müssen Köstlichkeiten rar bleiben und sind auch nicht für alle Tage. Bis es so weit ist, gibt es bei mir keine Gänseleber mehr. Das Leben eines guten Kochs geht auch so weiter, und dass man ohne Gänseleber seinen Michelinstern gefährdet, das mag ich einfach nicht glauben. Und nochwas:

Vor Fundamentalisten gehe ich niemals in die Knie, vor Gänsen schon!

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Bild: PhotoCase.com

 

Kopssalatfröschle

Zugegeben, das Rezept stammt von Vincent, er hat es gekocht als ich einmal in seiner Sendung auf SWR 3 als Käseexperte geladen war.
Trotzdem bzw. gerade deshalb erfreut sich das Gericht großer Beliebtheit. Es ist zudem recht einfach nachzukochen.
Blanchierte Kopfsalatblätter werden gut abgetrocknet und mit angemachtem Frischkäse, ungefähr so groß wie eine Zwetschge, gefüllt.
In einer Sauteuse etwas Butter und Brühe zum kochen bringen, die Fröschle hineinsetzen und in den Ofen schieben.
In der Zwischenzeit in einer anderen Sauteuse kleingeschnittene Schalotten anschwitzen, mit Brühe und Sahne eine sämige Sauce kochen und mit Bärlauch oder Sauerapferjulienne verfeinern. Gut abschmecken und mit einigen kleinen Schmortomaten ausgarnieren.
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Guten Appetit!

 

Wie kommen die Löcher in den Käse?

Habe gerade einen Bergkäse aus eigener Produktion angeschnitten.
Er hat genau die richtigen, gewollt kleinen Bergkäselöcher, „Kirschkerngroß“.
In fast jedem Hartkäse stecken Bakterien, die während der Reifung mehr oder weniger CO2 erzeugen können, wenn man sie lässt.
Das heißt, je kälter der Reiferaum, desto kleiner sind die Löcher, bzw. sie sind gar nicht vorhanden.
Beim Emmentaler wird der Käse einige Wochen in einen Gärkeller bei 23°C verbracht, und so entstehen die großen, typischen Löcher.
Mein Bergkäse lagert bei 9-12°C, und bildet sozusagen Löcher mit angezogener Handbremse. Ein Bergkäse muss im halben Anschnitt immer ein Rechteck darstellen, ohne gewölbe Oberfläche.
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Tutti Frutti senza cervello

Frutarier

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Als Weißwurstvertilger oder Schlachtplattenaficionado hat man mit Veganern weniger Probleme als der Veganer mit den Vegetariern. Für den echten Vegi sind Vegetarier Luschen und Luschinnen. Eine kenne ich, die isst keine Kaninchen, Rehe oder sonstige Pelztiere, weil sie so süß anzuschauen sind. Einen Pelzmantel hat sie. Da ist man als Veganer schnell der bessere Mensch, völlig logisch.
Nun aber droht echte Gutmenschenkonkurrenz. Die Frutarier brechen ins Idyll und stellen die Veganer als Möhrenmörder in die Verbrecherecke. Ganz unrecht haben sie ja nicht. Wie kann man einem Apfelbaum die Äpfel rauben, den Kopfsalat aus dem Humus ziehen und ihn so brutal um die Ecke bringen?

Der Frutarier ist der wesentlich bessere Mensch. Er hat sich mit seinem Pazifismus eine Religion beschafft, die ihn fast neben Gott stellt. Er isst nur das, was vom Baum fällt, Fallobst oder Nüsse. Was, Sie kennen keinen von dieser Sorte? Kein Wunder – sie sind so dünn, dass man sie nur mit Drei-Dioptrien-Brillen ausmachen kann. Besonders ihre Köpfchen sind recht zierlich, nicht viel größer als eine Erbse.

 

Frühlingssalat

So, und wer an Ostern zuviel Marzipaneier, Eierlikörkuchen, Nougatpralinen und Lammkeulen verspeist hat, der mache sich am Ostermontag ein schönes Frühlingssalätle mit gratieniertem Frischkäse.
Für das Dressing ein paar Schalottenwürfelchen anschwitzen, mit Brühe ablöschen, 2 EL Walnussöl und 4 EL Apfelessig dazu, Salz & Pfeffer, fertig.
Der Frischkäse (Kuh oder Ziege) wird mit einer Mischung aus Frühlingskräutern, etwas Knoblauch und Semmelbröseln bestreut, eine Butterflocke darauf und bei großer Oberhitze leicht gratiniert.
Ausgarniert wird mit Bärlauchpesto und kleinen Tomaten.
Ein wenig Löwenzahnsalat gibt dem Salat die richtige Würze.
Guten Appetit!

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