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„eingemachtes Kalbfleisch“ – Pfingstsonntagsessen

so heißt bei uns das klassische Kalbsfricassee.
In Zeiten ohne Kühlmöglichkeit und technischer Küchenausstattung schnitt man die Schmorstücke vom Kalb (Schulter, Hals, Brust) in ca. Walnußgroße Stücke und setzte sie mit einem Bund Suppengün, Gweürzen und Salz auf.
Nach ca 1Std. und 30 Min. Kochzeit, je nach Alter der Kalbes wurden die Stücke ausgestochen, der Fond passiert und in einem separaten Topf eine helle Mehlschwitze angesetzt. Mit dem Fond auffüllen und mindestens 20 Min. köcheln lassen, damit die Stärke verkocht ist. Das Fleisch und einen kleinen Schuss Essig zugeben, noch einmal gut durchkochen lassen.
In einem Steingut Topf aufbewahrt, oder für längere Haltbarkeit in Einmachgläsern eingekocht, war dieses Gericht eine gute Möglichkeit das Fleisch zu konservieren.

Heute kochen wir das eingemachte Kalbfleisch mit etwas Sahne und Kräutern in der Sauce, als Beilagen gibts Spätzle oder breite Nudeln und Spargelspitzen.

 

Der erste deutsche Bär…

da kommt ein wohl italienischer Pezzy auf seiner Wanderung durch die Alpen (alle Autobahnen und das Inntal überquert!) in Bayerisches Gebiet, und schon soll es krachen.
Da sieht man einmal, wie aufgeschreckt wir reagieren, wenn Tiere, die scheinbar in unseren Breiten nicht mehr zu uns passen, plötzlich auftauchen.

Natürlich ist es für einen Landwirt nicht witzig, wenn der Ziegen- oder Schafstall einen nächtlichen Besuch bekommt, und es hinterher ein paar Ziegen weniger gibt. Bei uns werden jedes Jahr tausende Rehe, Wildschweine und Damhirsche überfahren, da regt sich fast niemand darüber auf.

Aber der Bär ist ja kein Standwild und wahrscheinlich führt ihn sein Weg weiter, denn junge männliche Bären streunen auf ihrem Erkundungsweg auf der Suche nach neuen Lebensräumen eben umher.

Man sagt so einfach, er soll abgeschossen werden, aber das ist gar nicht so einfach wie es scheint. Erstens braucht man ein dickeres Kaliber als beispielsweise für Rehbock oder Gams, und wenn man ihn beim ersten Schuss nicht richtig trifft… ich möchte den angeschossenen Bären nicht suchen müssen!

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Bild: PhotoCase.com

dazu erschienen auf ZEIT online:

Jagd auf Petzi

Erstmals seit 170 Jahren hat ein wilder Braunbär wieder seine Tatzen auf bayerischen Boden gesetzt. Der unverhoffte Gast wird zum Politikum

http://www.zeit.de/online/2006/21/Braunbaer-in-Bayern

 

Tante Dorles‘ Käsekuchen

So, ausnahmsweise heute kein Rezept, sondern die Antwort auf Vincents‘ Bemerkung: „Abfall ist die Mutter aller neuen Gerichte“.
Man nehme:
Tante Dorle aus Rastatt, die Schwester meines Vaters, die ab und zu auf Besuch in ihr Elternhaus kommt, und immer einen ganz besonderen, köstlichen, selbstgebackenen Käsekuchen und einen Kirschplotzer mitbringt.

Tatort: Samstag Vormittag A5 Karlsruhe Richtung Basel, zwischen Ausfahrt Lahr und Ettenheim, Tante Dorle und ein Reisebus kommen sich in die Quere, der Golf ist Totalschaden…..

Nach kurzem Check in der Klinik lässt sich Tante Dorle nicht vom eingeschlagenen Weg ins Münstertal abbringen und lässt sich mit dem Taxi ins Münstertal fahren, im Gepäck die Kuchen, auch Totalschaden…

Unser Patissier David Müller nimmt sich dem Malheur an, und zaubert einen Kabinettpudding der Extraklasse…

In einer Terrinenform pochiert, in Scheiben geschnitten, paniert und in Butterschmalz gebacken.
Mit Vanillesauce und einer Erdbeer-Rhabarbergrütze serviert, einfach köstlich !

 

Nierchen

Lammnierchen, die schmecken richtig klasse. Interessant wäre die Frage warum? Ganz einfach, alle Nieren schmecken tagesfrisch köstlich. Allerdings, was die Schweine angeht, schmecken sie auch nach dem Stall aus dem sie kommen und dann wäre noch das Futter relevant.

Kauft man sich eine Kalbsniere, so ist das im Grunde etwas sehr Edles, selbst das Kalbsnierenfett ist jeden Lobgesang wert. Lammnieren sind häufig besser, Ziegennieren auch. Es liegt daran, dass sich letztere Tiere nicht so zusammenpferchen und manipulieren lassen wie beispielsweise die Schweine. Bei den Kälbern ist die Aufzucht oft auch kriminell und wer Lammnierchen anonym, irgendwo kauft, womöglich noch alte, darf sich nicht wundern wenn er durch die Pfannendünste Fluchtgedanken bekommt.

Früher war es so, Innereien wurden nur am Schlachttag bereitet. Basta! Hat man nun wirklich gute Nieren, so erübrigt sich die Frage nach Rezepten. Die Dinger in dünne Scheiben schneiden oder in dünne Streifen. Dicke Nierenbrocken (Ausnahme frz. Fettniere, eigentlich verboten) widerstehen mir schnell. Wird die frische Butter in der Pfanne braun, die Nierchen rein, reichlich groben, schwarzen Pfeffer dran und feingeschnittenen Rosmarin mit Meersalz drüber.

Nach einer halben Minute wenden, nach einigen Atemzügen auf den Teller und ein Baguette dazu, vielleicht noch Salat und fertig. Das ist meine Lieblingsvariation, die man freilich mit einigen Spritzern Aceto Balsamico ablöschen könnte. Es gibt noch vielerlei Rezepte mit starker Würzung und oft auch sauer. Fast alle Rezepturen wurden wegen widriger Umstände erfunden, nämlich den Saichgeschmack alter Ware zu übertönen. Man merke sich: „Abfall ist die Mutter aller neuen Gerichte!“

Vincent Klink

 

Super-geniale Gewürze

Mein alter Arbeitskollege in den glorreichen Zeiten der „Schweizer Stuben“, Wertheim -Bettingen, Sternekoch und Gewürz-Papst Ingo Holland vom Restaurant Altes Rentamt in Klingenberg/ Main hat jetzt sein erstes Buch geschrieben, in dem natürlich seine Leidenschaft zu Gewürzen, deren Anwendung und, wie von ihm nicht anders zu erwarten, Gewürz-orientierte Rezepte im Mittelpunkt stehen.

Auf je einer Doppelseite präsentiert er Wissenswertes und z.T. Erstaunliches zu jeweils einem Gewürz/einer Gewürzmischung und dazu das passende Rezept. Jedes Rezept wurde von Geschmacks-Experte Jürgen Dollase verkostet und beurteilt – teilweise mit seinen eigenen Überlegungen zu Abwandlungen.

Vielfach bilden eigene Gewürzmischungen oder Variationen bekannter Gewürzmischungs-Klassiker die Basis für Ingo Hollands ungewöhnliche Rezepte und Kombinationen.
Seinem Credo folgend unterstreichen in seinen Rezepten Gewürze die Aromen der Gerichte – ohne sie zu dominieren; setzen überraschende Akzente und entfalten nebenbei noch ihre positiven Wirkungen in unserem Körper.
Wer die Gewürz-Dimensionen jenseits von Riesel-Prisen-Salz, bunten Pfeffermischungen und Fertig-Curry entdecken und nachkochen möchte, der sollte dieses Buch besitzen.
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ISBN 3-937963-32-4
Tre Torri Verlag, Wiesbaden € 39,90

 

Spaghetti alla Ducchessa

Ich schreibe hier nicht gerne Rezepte, dafür ist der Komplize Karl-Josef zuständig. Oder anders, der ist noch unverbrauchter. Ich selbst muss wöchentlich ungefähr 6 bis 7 Rezepte aus meinem Hirnschmalz destillieren und testen, was man mir bedauerlicherweise ansieht.

Trotzdem jetzt doch ein Rezept. Es ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern Joseph von Westphalen, ein anderer Komplize hat es mir erzählt. Der Graf ist veritabler Schriftsteller, Schöpfer philosophischer Essays, unter Pseudonym Verfasser unzähliger Kochbücher und obendrein im Hochadel zuhause. Er kommt also an Insiderinformationen ran, da könnte sich der ARD-Adelsexperte Seelmann-Eggebrecht die Pfoten schlecken. Deshalb dieses Rezept exklusiv hier an dieser Stelle. Ich weiß nicht mehr, war es die Isabella von Savoyen oder die Giulia d’Este?

Nee, die d’Este muss es gewesen sein, denn es war eine Ducchessa, also eine Herzogin. Wir wissen’s, auch hoher Stand schützt nicht vor Geiz. Die Schlossküche wurde aus Kostengründen vom Gärtner nebenbei bewältigt. Der Gärtner lag aber im Krankenhaus weil er sich beim pressen des Komposts die Hüfte gebrochen hatte. Kein Wunder – er war steinalt und musste arbeiten wie ein Gaul. Die Duccessa, auch steinalt und von hakennasiger Silhouette einem alten Gaul ähnelnd, war mit Spaghetti in der Schlossküche zugange. Die engere Verwandtschaft musste verköstigt werden. Zu einigen gehackten Tomaten, einer klein geschnittenen Zwiebel und etwas Olivenöl hatte die Großzügigkeit der alten Scharteke gereicht. Knoblauch war auch noch im Haus. Die dampfenden Spaghetti wurden in die Arme-Leute-Salsa geworfen und nun suchte die Ducchessa die Knoblauchpresse.

Die verdammte Quetsche war nicht zu finden und die Spaghetti drohten jenseits des legendären Aldente-Rubikons zu verkleistern. Höchste Not. Die Ducchessa stopfte sich die Knoblauchknolle zwischen ihre freiliegenden Zahnhälse und kaute verzweifelt. Eine Minute heftig mahlende Kiefer genügte, dann hellten sich ihre Züge auf. In hohem Bogen spuckte sie den Knoblauch in die Pasta. Der Knoblauch war besser zerkleinert als es die heute so cybermäßig aussehenden WMF-Knoblauchpressen (die es sogar mit Radio gibt) je hätten leisten können.

Alter Parmesan verhalf der herzöglichen Pasta zum sensationellen Pfiff. Die hochnoble Speisegesellschaft war euphorisch. Ganz zu schweigen von der alten Ducchessa, deren Bäckchen leuchteten backfischartig. Wie sagte der Dichter Rühmkorf: „Es gibt Gerichte, die werfen einen um Jahre zurück.“

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Bild: PhotoCase.com

 

Nochmal Kohlsuppe

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Jeder reagiert anders auf Kohl. Bei mir ist es so, dass ich aufgewärmten Kohl nicht vertrage. Der betonierten Mär, Kraut, Sauerkraut etc.schmecke erst gut nach dem dritten Aufwärmen, kann ich nicht folgen. Vielleicht liegt es daran, dass der „Arme-Leute-Kohlgeruch“ aus meiner Internatszeit mir einen Dauerschaden beschert hat.

Es geht auch anders, Kohl, frisch und knackig – obwohl ich gar kein Verfechter der „Al-Dente-Gemüse“ bin.

Eine kleine, feingeschnittene Zwiebel mit einer Knoblauchzehe und einer in dünne Scheiben geschnittenen Kartoffel in Butter andünsten und mit einem Liter Milch auffüllen. Alles ziemlich weich kochen, das dauert mindestens 15 Minuten. Nun alles zermixen und anschließend feine Kohlstreifen hineingeben. Nochmal fünf Minuten kochen und fertig.

Halt, jetzt würzen wir: Muskatnuss, Pfeffer, Salz und ganz vorzüglich zwei TL Gemüsebrühenpulver dazu. Ich nehme immer Würzl oder Raso. Gibt es im Bioladen, und auf der Zutatenliste erkennt man, dass keine Geschmacksverstärker drin sind.

Nun könnte man die Suppe auch ethnisch verändern. Mit gemörsertem Kreuzkümmel kommt die Suppe in die Anmutung des Morgenlandes. Mit Curry dran wird es indisch, Thymian und Rosmarin lassen ans Mittelmeer denken u.s.w.. Man verfahre ganz so wie das Herz Sehnsucht verspürt.

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zweimal junger Kohl

oberes Bild: Vincent Klink

unteres Bild: PhotoCase.com

 

Apfel-Rhabarberstrudel

Apfel-Rhabarberstrudel mit Muskatellersabayon

Rezept für 4 Personen:

200g geschälte, gewürfelte Äpfel
200 g Rhabarber
150 g Bisquitwürfel 1×1 cm
5 Blätter Strudelteig ( gekauft ) 30×40 cm
50 g flüssige Butter
60 gZucker
30 gMarzipan
50 g süße Semmelbrösel vom Gugelhupf

0,2 ltr. Muskatellerwein süß
4 Eigelb
80 g Zucker

Zubereitung:

Die Strudelblätter mit Butter bestreichen und aufeinanderlegen.
Den Rhabarber putzen und in Würfel 1×1 cm schneiden, zuckern, etwas Wasser ziehen lassen und mit den Äpfeln und den restlichen Zutaten vermengen. Danach einstrudeln, mit der restlichen Butter bestreichen. Auf einem Backblech in den auf 200°C vorgeheizten Ofen schieben und ca. 15-20 Minuten backen
Wein, Eigelbe und Zucker über Wasserdampf zur Bindung aufschlagen, evtl. nachsüßen.
Den fertig gebackenen Strudel mit Puderzucker bestreuen, in Stücke schneiden und mit der Sabayon anrichten.
Als Ergänzung können marinierte Erdbeeren und ein Vanilleeis serviert werden.

 

Kohlsuppendiät

Hier ist wahrlich kein Ort um Witze zu reißen, aber ab und an muss eine Nachricht raus, die aus dem wirklichen Leben sich in unsere Idylle schiebt. Hier ist auch nicht der Ort um über Diäten zu reden, denn ich bin einer der denkt wie mein Komplize Wiglaf Droste: „Diät ist Mord am ungegessenen Knödel.“ Trotzdem, wir reden jetzt über Diät, über die Kohlsuppendiät.

Gestern erzählte mir Kerstin diese absolut wahre Geschichte aus ihrem Bekanntenkreis. Junges Ehepaar steht an der Kasse eines Superbioladen, der Mann muss raus, denn die Kohlsuppendiät macht sich mit erheblichen Blähungen mausig. Sylvia übernimmt, zahlt und schleppt die Tüten raus. Sie hetzt mit Tunnelblick durch den Regen zum Auto, denn ihr Bauchgrimmen ist auch erheblich. Autotür auf und dann entladen sich bei der zierlichen Frau unwetterartige innere Winde mit dem Lärmpegel einer Marschkapelle. Puh, so was wirkt erleichternd wie eine Sturzgeburt. Sie schaut auf, schaut ihren Mann an und merkt: Iiihhh, das ist ja gar nicht mein Mann. Ihr Kopf leuchtet wie eine rote Verkehrsampel. Wahnsinnige Peinlichkeit, Entschuldigungsgestammel und sofortige Flucht. Nichts wie schnell rüber in den eignen Brotkastenvolvo. Bloß weg hier.

Nicht weit, springt die Ampel auf rot als grüße sie Sylvia als Familienangehörige. Die hat sich noch kaum beruhigt als es an der Seitenscheibe klopft. Verdammt – es ist der Mann aus dem verpupsten Auto! „Sie, entschuldigen Sie, Sie haben ihre Handtasche vergessen.“

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Bild: Josephine Gärtner, PhotoCase.com

 

Zeit-Ernährung – Chapeau

Dieses Blog mit der Ernährung und die darin präsentierten Rezepte, das gefällt mir extrem gut. Ich finde das Lernen von Basisrezpten wichtiger als all die exquisite Hobbykocherei. Eigentlich ist das der richtige Weg. Geschmack lernt man, wie mit allen Erkenntnissen, besser von unten nach oben als umgekehrt. Wir leben in einer Zeit, -oder war es immer schon so- da versuchen viele mit Abkürzungen schneller ans Ziel zu kommen. Jedenfalls, die Gerichte die dort veröffentlicht werden, die sollte man beherrschen bevor man sich an einem Hummer vergreift.https://blog.zeit.de/ernaehrung/?p=21

Vincent grüßt