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Kein Wort über das rechte Netzwerk – Das Medienlog vom Freitag, 11. Dezember 2015

 

Rund 90 Minuten lang sagte Beate Zschäpe am Mittwoch – per Verlesung durch ihren Anwalt – im NSU-Prozess aus. Die Einlassung wurde in der Berichterstattung durch die Bank als Farce und Lüge aufgenommen. Doch steckt in den knappen Worten auch etwas Greifbares? „Gänzlich wertlos ist die Aussage nicht“, merkt Frank Jansen vom Tagesspiegel an.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

So hätte ihre Aussage in zwei Fällen den Verdacht geschwächt, es könnten Dritte beteiligt sein: beim Bombenanschlag auf ein Lebensmittelgeschäft in Köln und beim Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November 2011 in einem Wohnmobil. Auffällig sei gewesen, dass sie von den Mitangeklagten nur Holger G. erwähnte, nicht aber etwa den langjährigen mutmaßlichen Helfer André E.

Bei E. wie auch beim ebenfalls angeklagten Ralf Wohlleben seien bei der Aussage keine Zeichen von Anspannung zu sehen gewesen, hat Andreas Speit für den Blick nach rechts beobachtet: „Vertrauten sie ihrer langjährigen Mitstreiterin einfach, weiterhin nichts zu verraten, was nicht schon öffentlich verhandelt wurde?“ Zschäpe habe ihren Anwalt nichts vom weithin vermuteten Unterstützernetzwerk verlauten lassen.

War Zschäpe aktives NSU-Mitglied oder eine untergeordnete Mitläuferin, wie sie behauptet? Bekam sie von den Mordvorbereitungen nichts mit, obwohl sie mit den Uwes auf engstem Raum lebte? Die Widersprüche in ihrer Aussage fasst ein Artikel der dpa zusammen.

Zwei Interviews beleuchten, wie die Aussage bei den Anwälten der Nebenklage wahrgenommen wurde – nämlich wie in der Presse als halbherziger Vertuschungsversuch. Thielko Grieß sprach im Deutschlandradio mit Thomas Bliwier, der die Eltern des in Kassel getöteten Halit Yozgat vertritt. Stephan Heller interviewte im NDR, deren Mandanten die Angehörigen des Hamburger Mordopfers Süleyman Tasköprü sind.

Unter dem Titel „Entpolitisierung rechter Gewalt“ analysiert Maximilian Pichl Zschäpes Aussage im Verfassungsblog.

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 13. Dezember 2015.