Tag drei der Zeugenvernehmungen zum Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße von 2004: Erneut sagten traumatisierte Opfer aus, zudem ein Sachverständiger, der die Wirkung der Bombe nachgestellt hat – das Ergebnis: Der Sprengsatz hätte im Umfeld von wenigen Metern Menschen töten können. Durch Zufall blieb es bei Verletzungen der 22 Betroffenen. „Der Anschlag ist nun aufgeklärt, vermessen und kartografiert worden (…). Zurück bleiben die Menschen in der Keupstraße“, schreibt Per Hinrichs von der Welt.
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Im Vergleich zu den emotional aufgeladenen Zeugenaussagen wirkte die Analyse freilich etwas blass – doch sie war von zentraler Bedeutung für die strafrechtliche Aufarbeitung der Bombentat: Ihr Ergebnis stützt die Anklage der Bundesanwaltschaft, die den Anschlag als versuchten Mord wertet. Die Auswertung zeigte außerdem, „wie sorgfältig die ganze Tat geplant gewesen sein muss“, analysieren wir bei ZEIT ONLINE. So suchten sich die mutmaßlichen Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ausgerechnet die Straße als Anschlagsziel aus, die das Zentrum des türkischen Lebens in Köln darstellt. „Gab es also einen Helfer vor Ort, der die beiden auf ein passendes Ziel aufmerksam machte?“
Den übrigen Teil des Gerichtstags füllten Vernehmungen mehrerer Anschlagsopfer. Sie hätten sich „durchgehend ohne Belastungseifer und Wichtigtuerei“ geäußert, resümiert Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online. Aus dieser Reihe fiel ihrer Meinung nach jedoch die Aussage einer Anwohnerin, deren Leiden von Ärzten nicht in Zusammenhang mit der Explosion gebracht wurden. Wenn derlei minder betroffenen Menschen Raum für ihre Schilderungen gegeben werde, „fällt ein Schatten auf die gesamte Nebenklage“.
Auf eine andere Aussage konzentriert sich Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung. Ein ehemaliger Offizier aus der Türkei habe angesichts des Sprengstoffgutachtens erfahren, „dass es ihn viel schlimmer hätte treffen können“.
„Bei vielen Opfern des Anschlags sind die psychischen Spätfolgen offenbar weit gravierender als die körperlichen Beeinträchtigungen“, beobachtet Harald Biskup vom Kölner Stadtanzeiger. Dazu gehöre „die unbestimmte Angst, es hätte eine zweite Bombe hochgehen können“.
Tim Aßmann vom Bayerischen Rundfunk greift den großen Besucherandrang während der Aufarbeitung des Anschlags auf. In den drei Tagen bildeten sich vor dem Gericht Schlangen. Auch wenn das im Vergleich zu den übrigen Prozesstagen eine Ausnahme ist, gelte: „Jeder Tag, an dem dann der Platz nicht reicht, ist eigentlich ein Tag zu viel.“ Ein gutes Zeichen sei jedoch, dass ein großes öffentliches Interesse am NSU-Prozess bestehe.
Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 26. Januar 2015.