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Zschäpes Schweigen verlängert den Prozess – Das Medienlog vom Montag, 20. April 2015

 

Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Verfahrensbeginns am 6. Mai steht der NSU-Prozess vor einer weiteren Wegmarke: dem 200. Sitzungstag am Donnerstag. Dies gibt Anlass, Fazit zu ziehen. Die Nachrichtenagentur dpa widmet sich der Aussageverweigerung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe: „200 Tage Schweigen“ seien „einer der Hauptgründe, warum der Prozess (…) so lange dauert“, schreiben die Autoren Christoph Trost und Christoph Lemmer. Mit einem Urteil in diesem Jahr rechne kaum jemand, denn das Gericht müsse „ein Mosaik aus Tausenden Teilen zusammensetzen“.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

In weiteren Berichten geht es um Wasserstandsmeldungen zu parallelen Entwicklungen des Prozesses:

Ermittlungsverfahren: Die Bundesanwaltschaft ermittelt weiter gegen neun Verdächtige – mutmaßliche Helfer des NSU-Trios. Von diesen steht bislang noch niemand vor Gericht. Informationen aus den Verfahren haben allerdings Eingang in den Münchner Prozess gefunden. Sie „vervollständigten das Bild einer weit verzweigten, auch international vernetzten Szene mit zahlreichen Verbindungen zu Rockergruppen und kriminellen Milieus“, heißt es.

Der Taschenlampenanschlag: Aus „verfahrensökonomischen Gründen“, teilt die Bundesanwaltschaft mit, wird ein Anschlag von 1999 nicht zur Anklage genommen. Damals sollen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eine als Taschenlampe getarnte Rohrbombe in einer Nürnberger Kneipe platziert haben. Als ein Putzmann sie einschaltete, explodierte sie und fügte ihm schwere Wunden zu. Die Tat sei den beiden NSU-Mitgliedern „zugeordnet“ worden, teilte die Anklagebehörde mit.

Florian H.: Der ehemalige Neonazi verbrannte 2013 wenige Stunden vor einer Vernehmung in der Nähe von Stuttgart in seinem Auto. Vor dem Auffliegen der Zwickauer Terrorzelle hatte er angeblich den NSU als Mörder der Polizistin Michèle Kiesewetter benannt. Sein Tod wurde binnen weniger Stunden als Selbstmord eingestuft. Dabei war das Auto offenbar nicht gründlich nach Beweismitteln abgesucht worden. Wegen möglicher Versäumnisse laufen derzeit Disziplinarverfahren gegen drei Polizisten. Der Stand dieser Verfahren soll heute im baden-württembergischen Untersuchungsausschuss erläutert werden.

Den Banküberfällen des NSU widmen wir uns in einem Beitrag auf ZEIT ONLINE. Im Fokus steht der doppelte Überfall auf eine Filiale in Stralsund in den Jahren 2006 und 2007. Mundlos und Böhnhardt, die mutmaßlichen Täter, gingen mit der Tat „ein ungewöhnlich hohes Risiko ein“, analysieren wir. Gleichwohl war die Tat akribisch geplant: Um ihr Ziel auszusuchen, nutzten Mundlos und Böhnhardt offenbar eine Adressliste mit Banken und Sparkassen, auf der sie schließlich die Stralsunder Filiale markierten – und zuschlugen.

Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 21. April 2015.