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Andreas T. sollte selbst im Yozgat-Fall ermitteln

Andreas T. ist alles andere als ein Zwerg. Mit seiner auffälligen Halbglatze stößt er beinahe an den Türrahmen in dem Kasseler Internetcafé, in dem am 6. April 2006 der Betreiber Halit Yozgat mutmaßlich vom NSU erschossen wurde. T. war damals Gast in dem Café – gab jedoch an, vom Mordgeschehen nichts bemerkt zu haben. Deshalb baten ihn die Ermittler knapp zwei Monate nach der Tat noch einmal in die Räumlichkeiten an der Holländischen Straße. In einer Videorekonstruktion sollte T. nachstellen, wie er damals das Café verließ. Der kurze Film verstärkt die Zweifel, dass der 1,90 Meter große Mann den Sterbenden nicht hinter seinem Schreibtisch liegen sah.

T. arbeitete damals beim hessischen Landesamt für Verfassungsschutz, nutzte den Aufenthalt im Café für Internetflirts. Weil er sich nicht selbstständig bei der Polizei meldete, geriet er zwischenzeitlich in den Kreis der Tatverdächtigen und wurde festgenommen. In bislang drei Vernehmungen ist es dem Oberlandesgericht München nicht gelungen, T. der Lüge zu überführen. Andererseits schaffte es T. auch nicht, in den Verhandlungen an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Der Fall des mittlerweile suspendierten Verfassungsschützers ist am 91. Prozesstag erneut Thema.

In dem Video steht T. von dem Computer auf, den er am Tattag benutzt hatte. Er braucht rund zehn Sekunden bis zu dem Tresen, an dem er bezahlen will. Doch dort sitzt niemand. Er geht zur Tür hinaus und schaut nach links und rechts. Er geht wieder nach hinten in den Computerraum, kehrt schließlich an den Tresen zurück und legt ein Geldstück hin. Seine Blickachse reicht offensichtlich über den Rand des Tisches hinaus. Konnte er dort den blutenden Körper und den umgefallenen Stuhl übersehen haben? T. bleibt bis heute bei dieser Version. Nach rund 50 Sekunden verlässt er im Video das Café und steigt in sein Auto.

Den Kollegen mehr erzählt als den Ermittlern?

Antworten auf ihre drängenden Fragen an den Beamten suchen an diesem Tag auch viele Nebenkläger. Angehörige aus drei Opferfamilien sind erschienen, darunter Yozgats Eltern und drei Geschwister. Ismail Yozgat, der Vater, will erneut eine Erklärung zum Mord an seinem Sohn abgeben. Doch Richter Manfred Götzl bremst ihn unwirsch, als Yozgat wie bei seinen bisherigen Äußerungen die „Familienangehörigen der Märtyrer“ begrüßt.

Es kommt zu einer Diskussion zwischen dem Richter und Yozgats Anwalt Thomas Bliwier. Der Anwalt sagt, er werde „nicht unseren Mandanten entmündigen“. Yozgat wolle über „die Gefühle der Familie“ reden. Doch Götzl bleibt dabei – der Vater dürfe sich nur zum Beweisthema äußern. Schließlich lässt Bliwier seinen Mandanten die Erklärung zurückstellen.

Im Anschluss untersucht das Gericht, ob T. in seiner Behörde möglicherweise mehr erzählt hatte als gegenüber den Beamten. Dafür gibt es Anhaltspunkte: In einem abgehörten Telefonat sieben Wochen nach der Tat lobte ein Mitarbeiter T., dass er sich gegenüber dem Landesamtsdirektor Lutz Irrgang nicht „so restriktiv wie bei der Polizei“ verhalten habe. Als Zeugen geladen sind zwei Kollegen mit höherem Dienstgrad, von denen sich einer krankgemeldet hat. Irrgang soll am Mittwoch aussagen.

In den Zeugenstand tritt T.s ehemalige Kollegin Jutta E. Sie arbeitet noch heute in der Kasseler Dienststelle. Ihrer Erinnerung nach hatte sie damals einmal mit T. über den Fall gesprochen.

Über den Mord bemerkenswert gut Bescheid gewusst

Yozgat war an einem Donnerstag ermordet worden. Am Tag darauf hatte T. frei. Ihr Vorgesetzter habe E. beauftragt, T. am nächsten Montag anzuweisen, zu dem Mord Informationen in Erfahrung zu bringen: Er sollte zum Staatsschutzkommissariat der nordhessischen Polizei fahren, um sich nach dem Vorfall und dem Namen des Opfers zu erkundigen. Der Zeuge, der sich bis dahin nicht zu erkennen gegeben hatte, sollte also selbst Ermittlungen in dem Fall aufnehmen. Das war für ihn jedoch offenbar kein Anstoß, von seinem Aufenthalt am Tatort zu erzählen. T. habe lediglich gesagt, er kenne das Café, weil es auf seinem Heimweg liege, sagt die Zeugin.

Womöglich war es der Zeitpunkt, an dem T. das erste Mal über seine Beziehung zur Tat log. Auf einen Vorhalt hin bestätigt E., dass bestimmte Internetcafés für Verfassungsschützer tabu waren: eines in der Nähe der Dienststelle, zum anderen solche an der Holländischen Straße – weil dort viele Ausländer verkehrten, in deren Kreisen das Landesamt Beobachtungen unterhielt.

Götzl erkundigt sich, wieso der Vorgesetzte überhaupt Erkundigungen zu dem Fall angeordnet hatte. Die Zeugin antwortet, man habe abklären wollen, ob die Tat „im islamistischen Bereich war“, denn das Opfer war ja türkischer Herkunft. Auch T. führte Quellen aus dem islamistischen Milieu. Außerdem habe er „die besseren Kontakte“ zur Polizei gehabt.

Über den Mord wusste er bemerkenswert gut Bescheid, wie E. sich erinnert: Er habe gewusst, dass es sich um eine Serientat handeln könnte, weil die Pistole bei mehreren anderen Morden eingesetzt worden war. In der Woche nach der Kasseler Tat sah E. ihren Kollegen zum letzten Mal, fuhr anschließend in den Urlaub. „Als ich zurückkam, war er schon verhaftet.“

 

Rechtes Geflecht in Kiesewetters Umfeld? – Das Medienlog vom Dienstag, 11. März 2014

Eine Zeugin aus dem Thüringer Untersuchungsausschuss könnte bald womöglich für den NSU-Prozess wichtig werden: Anja W., eine Bekannte der in Heilbronn erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter, hatte offenbar umfangreiche Kontakte ins rechtsextreme Milieu, wie Tanjev Schultz in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Demnach war die Thüringer Polizistin bis 2007 die Lebensgefährtin von Kiesewetters Onkel und fuhr mit dem späteren Opfer in Urlaub. Nach der Beziehung mit dem Onkel heiratete sie einen Mann, der in den neunziger Jahren in einem Prozess gegen Uwe Böhnhardt ausgesagt hatte.

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91. Prozesstag – Verfassungsschützer sagen über Ex-Kollegen T. aus

Am Dienstag sind in München zwei Mitarbeiter des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz geladen. Der damalige Vorgesetzte und eine weitere Beschäftigte äußern sich zu ihrem früheren Kollegen Andreas T., der beim Mord an Halit Yozgat 2006 in Kassel am Tatort war. T. behauptet, er habe von den tödlichen Schüssen auf Yozgat nichts mitbekommen. Das Gericht will nun herausfinden, was T. damals in der Behörde zu dem Fall sagte.

Weiterhin sagt ein Polizist aus, der während der Ermittlungen die Tat rekonstruierte. Ein Arzt stellt zudem ein Gutachten über den Zeugen Martin A. vor, der neben der Polizistin Michèle Kiesewetter saß, als diese mutmaßlich von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen wurde. Auch A. hatte damals ein lebensgefährlicher Schuss getroffen.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Eine Zusammenfassung des Prozesstages veröffentlichen wir am Abend auf diesem Blog. Weitere Berichte fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Keine Berichte zum NSU-Prozess

Auch am Montag, 10. März, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 11. März 2014.

 

Drei ganz normale Nachbarn? – Das Medienlog vom Mittwoch, 5. März 2014

Drei gewaltbereite Rechte wohnen jahrelang zwischen ganz normalen Bürgern – und niemandem fällt etwas auf. Das Leben in der Normalität gelang dem NSU-Trio, weil die Einstellung seiner Nachbarn sich gar nicht so sehr von jener der rechten Szene unterschied, schreibt der Nebenklage-Anwalt Eberhard Reinecke in einem Gastbeitrag für die Huffington Post. Dass die drei unbehelligt in Chemnitz und Zwickau leben konnten, sei nicht nur der Unterstützung aus der Szene, „sondern auch dem Gleichklang ihrer rechten Gesinnung mit der ihres Umfeldes“ zu verdanken.

Gezeigt habe sich dies in Zeugenvernehmungen ehemaliger Nachbarn: Auf deren Facebook-Seiten hatten die Nebenklage-Anwälte unterstützende Äußerungen für NPD-Kampagnen, rechte Bands und sogar ein Bild der Comicfigur Paulchen Panther gefunden – die im Bekennervideo des NSU die grausame Mordserie präsentiert. In der Frühlingsstraße 26 in Zwickau, der letzten Wohnung des Trios, trafen sich die Nachbarn zum Biertrinken unter einem Portrait von Adolf Hitler. „In dieser ‚Normalität‘ musste das Trio nicht tief untertauchen“, kommentiert Reinecke.

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Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 6. März 2014.

 

Keine Berichte zum NSU-Prozess

Am Dienstag, 4. März, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.

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Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 5. März 2014.

 

Pause im NSU-Prozess

In dieser Woche sind im NSU-Prozess keine Verhandlungstage angesetzt. Weiter geht es am 11. März. Dann widmet sich das Gericht voraussichtlich erneut dem Fall des hessischen Verfassungsschützers Andreas T., der bei dem Mord an Halit Yozgat 2006 in Kassel anwesend gewesen sein soll. Auch der Direktor des hessischen Verfassungsschutzes, Lutz Irrgang, soll in der kommenden Woche gehört werden.

 

Schluderten BKA-Ermittler bei Waffenuntersuchung? – Das Medienlog vom Montag, 3. März 2014

Richter Manfred Götzl hat den Ermittlern des Bundeskriminalamts (BKA) Nachbesserungen aufgegeben: Sie sollen sieben Schusswaffen aus der letzten Wohnung des NSU-Trios auf Fingerabdrücke untersuchen, wie der Focus berichtet. In dem ausgebrannten Haus in Zwickau wurden demnach elf Waffen sichergestellt, jedoch nur vier davon auf Fingerabdrücke untersucht. Nicht geprüft worden sei auch die Pistole Ceska 83, mit der laut Anklage neun Menschen erschossen wurden.

Der Fall wirft die Frage auf, ob den Ermittlern Versäumnisse vorzuwerfen sind. Das BKA verteidigte seine Arbeit – die Asservate seien „auf Grund der Brandeinwirkung für eine entsprechende Untersuchung nicht geeignet“, teilte es in einer Stellungnahme mit. Anders sieht das Nebenklage-Anwalt Jens Rabe: „Das Vorgehen der Polizei ist für mich völlig unverständlich“, zitiert ihn das Magazin. Die Arbeit der Ermittler müsse „ständig hinterfragt und kontrolliert werden“.

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Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 4. März 2014.

 

Verfahren gegen Mandy S. könnte eingestellt werden – Das Medienlog vom Freitag, 28. Februar 2014

Zum zweiten Mal ist die als NSU-Unterstützerin verdächtigte Mandy S. am 90. Verhandlungstag vor Gericht erschienen. Wie am Tag zuvor hatte sie viele Fragen zu ihrer Zeit in der rechten Szene zu beantworten – was ihr nach Ansicht von Prozessbeobachtern durchaus glaubwürdig gelang. Doch einige Zweifel an der Vergangenheit der Zeugin seien geblieben. S. wurde „möglicherweise instrumentalisiert, ohne es zu ahnen“, berichtet Frank Jansen im Tagesspiegel. Aus Ermittlerkreisen hieß es, das Verfahren gegen sie werde vermutlich eingestellt.

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Mandy S., die treue Helferin

Es muss Mitte Februar 1998 gewesen sein, als der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) in das Leben von Mandy S. trat. An einem Abend stand Achim F. vor der Tür ihrer Chemnitzer Wohnung, wie sie ein Mitläufer in der rechten Szene. Wahrscheinlich hatte ihn einer der Anführer geschickt. Da seien drei Kameraden, die „Scheiße gebaut“ hätten und sich verstecken müssten, sagte F. Mandy S. wollte helfen, aber in ihrer Wohnung sollten die Flüchtigen doch bitte nicht unterkommen.

Sie fragte ihren Freund Max-Florian B. Der willigte ein, die drei bei sich einzuquartieren und fuhr mit F. zu sich nach Hause. Erst später lernte S. das Trio selbst kennen: Es handelte sich um Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, wie Rekonstruktionen von Ermittlern ergaben.

Die 38-jährige S. wohnt mittlerweile in Schwarzenberg im Erzgebirge, nur wenige Kilometer entfernt von ihrem Geburtsort. Sie ist Leiterin eines Friseursalons, hat eine Tochter, mit der rechten Szene hat sie angeblich nichts mehr zu tun. Weil das einmal anders war, kamen im November 2011 Beamte der Kriminalpolizei in den Salon – und hatten einige unangenehme Fragen. Mehrmals gab S. daraufhin die Geschichte der Unterbringung zu Protokoll.

Am Mittwoch packte sie erneut aus: im NSU-Prozess in München, wo S. als Zeugin geladen war und an diesem Donnerstag erneut gehört wird. Auf die Angaben der Friseurin hatten Prozessbeobachter mit Spannung gewartet. Weil S. Beate Zschäpe später ihre Personalien zur Verfügung gestellt haben soll, ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gegen sie. Dass sie aussagt, ist eine Überraschung, denn S. hätte schweigen dürfen.

Mit Bomberjacke und Springerstiefel

Keine Überraschung ist hingegen das, was sie sagt: S. gibt nur zu, was garantiert verjährt ist. Und es ist nicht einmal sicher, ob das der Wahrheit entspricht.

Denn die Sache mit dem Quartier für das Trio erzählte Max-Florian B. bei der Polizei ein wenig anders: Er sei auf einem rechten Konzert in Ungarn gewesen. Als er nach Deutschland zurückkehrte, habe ihn seine Freundin zum Gespräch gebeten: Mit ihrem Zweitschlüssel habe sie drei Kameraden in seine Wohnung gebracht und dort schlafen lassen. B. habe sich schließlich einverstanden erklärt.

S. wehrt sich bis heute gegen diese Darstellung – Fremde in die Wohnung anderer Leuten zu lassen, das würde sie nie tun, sagte sie. Es ist ein eigentümliches Verständnis von Moral: Menschen zu verstecken, die vor der Justiz auf der Flucht waren, das war nach dem Wertekanon von S. anscheinend kein Problem.

In jedem Fall wollte Mandy S. immer loyal und angepasst sein, zumindest den Kameraden aus der Szene gegenüber. Ein Lebenspartner führt sie in das Milieu ein. Auf Demonstrationen machen sich die anderen lustig, weil sie normale Kleidung trägt. Sie geht in ein Geschäft und kauft sich Bomberjacke und Springerstiefel. Dazu rasiert sie sich den Kopf. Als Mitglied einer „Hilforganisation“ schreibt sie Rechten im Gefängnis, sie verteilt Flugblätter, nimmt an einem Marsch für Rudolf Heß teil.

Die wohl wichtigste Hilfe leistet sie allerdings dem NSU-Trio. Mehrmals trifft sie die Untergetauchten in der Wohnung von B., wo sie mindestens zwei Monate lang wohnen. Bei einem Besuch krümmt sich Beate Zschäpe vor Schmerzen. Sie müsse dringend zum Frauenarzt, habe aber keine Krankenversicherungskarte. Mandy S. hilft mit ihrer eigenen aus. Kurze Zeit darauf liegt das Dokument wieder in ihrem Briefkasten. Einmal holt sie einen Personalausweis vom Einwohnermeldeamt ab, der für einen der Männer gedacht ist – damit will das Trio offenbar einen Reisepass beantragen, um das Land verlassen zu können.

Das sei es dann gewesen, sagte S. den Ermittlern, mehr habe sie nicht getan. Seit Frühsommer 1998 habe sie keinen Kontakt mehr zu den dreien gehabt.

Zschäpes Adresse im Erzgebirge

Stutzig machen jedoch Beweisstücke, die Ermittler in dem niedergebrannten Haus in Zwickau sicherstellten, das der NSU zuletzt bewohnt hatte: auf ihren Namen lautende gefälschte Mitgliedsausweise zweier Tennisclubs im Umkreis von Nürnberg – dort hatte S. zeitweilig gelebt. Auf einem klebte das Foto von Zschäpe, daneben stand eine Adresse von S. Im Erzgebirge. Die Wohnung hatte sie erst im Jahr 2004 bezogen.

Ebenfalls im Brandschutt lagen zwei Notizzettel mit S.‘ Handynummer, unter der sie erst seit August 1999 zu erreichen war. „Das ist der Hammer“, antwortete S. verblüfft, als Polizisten ihr in einer Vernehmung die Zettel vorlegten. Für die Zeugin wurde es eng.

Der Bundesanwaltschaft genügten die Indizien, um ein Verfahren gegen S. einzuleiten. Die Sachlage begründe den Verdacht, dass S. noch sehr viel länger mit dem Trio in Kontakt stand und von den Zielen des NSU wusste. Beate Zschäpe nutzte offenbar bis zum Auffliegen der Terrorzelle S.‘ Identität – und zwar mit der Billigung der Zeugin. Damit wäre die Verjährungsfrist von zehn Jahren keineswegs abgelaufen.

Wohnungen und Ausweise sind nicht die einzige Verbindung zwischen S. und dem NSU: Zur Schule ging sie mit den Brüdern André und Maik E. André E. hielt über die Jahre engen Kontakt mit Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt, heute sitzt er mit auf der Anklagebank.