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Im Nachtbus nach Rio de Janeiro

Busarmada an der Raststätte nachts um drei Uhr
Busarmada an der Raststätte nachts um drei Uhr (Foto: Christian Spiller)

Ich fliege nicht gern. Ich hasse die Starts, mag keine Landungen und dazwischen ist es auch nicht viel besser. Leider ist dieses Brasilien verdammt groß und ich habe mein WM-Büro in Rio de Janeiro bezogen, in jener Stadt, auf deren Inlandsflughafen man nach einem der irrsten Landeanflüge der Welt aufsetzt. Sie können das ja mal googlen, Santos Dumont heißt der Flughafen, die Startbahn ist kurz und der Zuckerhut im Weg, weshalb die Piloten kurz vor der Landung eine fiese Kurve fliegen müssen. Nichts für mich, wirklich nicht.

Also fahre ich Nachtbus.

Nachtbusse sind in Brasilien die Flugzeuge des kleinen Mannes. Fliegen ist zwar billig hier, aber Nachtbusse sind billiger. Eine Nacht gibt es schon für 30 Euro, so günstig ist kein WM-Hotel. Die Busse sind modern, sauber, in vielen gibt es sogar Fleecedecken, Nackenkissen, Knabberzeugs und Kopfhörer gratis. Sie sind zudem überaus pünktlich und fahren überall hin, kreuz und quer durch das ganze Land. Das Herz einer brasilianischen Provinzstadt ist der Busbahnhof. Wer genug Sitzfleisch hat, kann von Porto Alegre im Süden bis nach Belém im Norden fahren. 4.000 Kilometer in 64 Stunden, ein Drei-Nächte-Bus sozusagen.

Trotzdem ist eine Nachtbusfahrt die Hölle. Vielleicht bin ich ein mitteleuropäisches Pinzchen. Aber immer wenn ich im Morgengrauen aus einem Nachtbus falle, fühle ich mich nicht, als ob ich in einem gefahren wäre, sondern er über mich drüber. Nicht nur einmal, sondern 64 Stunden lang.

In Brasilien ist jeder Ayrton Senna

Das liegt vor allem am Fahrstil der Busfahrer. Jeder einzelne von ihnen möchte das Vermächtnis seines Landsmanns Ayrton Senna fortführen, des größten Rennfahrers aller Zeiten. Und so prügeln sie über brasilianische Landstraßen als säße ihnen Alain Prost im Nacken. Kaum eine Kurve, die nicht voll ausgefahren wird. Gebremst wird erst, wenn die Räder auf der Kurveninnenseite die Bodenhaftung verloren haben. In Verbindung mit den Lombadas, das sind brasilianische Bodenwellen aus Beton, die all die Pseudo-Sennas zur angemessen Geschwindigkeit erziehen sollen, wird der Passagier im Bus umhergeschleudert wie eine Socke in der Waschmaschine.

Der nächste Killer: die Klimaanlage. Immer volle Pulle. Wenn sich wieder einmal ein brasilianischer Fußballer in Deutschland über den strengen Winter beschwert, ist er wahrscheinlich nie Fernbus gefahren. Die Busse sind mit Sicherheit die kühlsten Orte im ganzen Land. Es sind auch die einzigen, an denen ich Brasilianer mit Daunenjacken gesehen habe. Kein Scherz, die Jungs und Mädels sitzen mit Winterjacken im Bus, wahrscheinlich sind die Klimaanlagen eine Erfindung der Jackenindustrie.

Schön sind auch die regelmäßigen Pausen. Klar, die Fahrer müssen sich erholen, die Passagier aufs Klo und an den Futtertrog. Doch nachts um drei vom grellen Neonlicht einsamer Raststätten aus den einzigen zehn Minuten Schlaf in den nächsten sechs Stunden gerissen zu werden, ist wenig erbaulich. Ich schwanke dann der Meute hinterher, die zuerst geschlossen auf die Klos trippelt, die riesig wie eine Turnhalle sind.

Anschließend wird man durch das angeschlossene Restaurant mit Buffet gelotst. Sie glauben gar nicht, wie viele Menschen sich mitten in der Nacht den Bauch vollhauen. Weil die Brasilianer verrückt nach Bohnen sind, können Sie sich auch vorstellen, wie es nach sechs Stunden in so einem Bus riecht.

An der Raststätte nachts um drei Uhr (Foto: Christian Spiller)
An der Raststätte nachts um drei Uhr (Foto: Christian Spiller)

Wer nicht pennt, weckt andere

Nach dem Essen ist es dann oft gar nicht so einfach, den richtigen Bus wiederzufinden. Weil Nachtbusfahren in Brasilien hipper ist als Sambatanzen, stehen dort manchmal 20 Busse nebeneinander. Meist sehen sie gleich aus, weil sie von derselben Busgesellschaft sind. Jedes Unternehmen hat seine Lieblingsraststätten, in denen es sicherlich auf jede verspeiste Bohne ein bisschen Provision gibt. Wer im durchgeschleuderten Zustand nicht aufpasst, landet wieder am Ausgangsort.

Ein großer Spaß sind auch die anderen Mitfahrer. In dieser Hinsicht sind sich Flugzeug und Nachtbus gleich: Schon beim Einsteigen hofft man, dass der etwas kräftigere, schnaufende Bluthochdruckpatient nicht derjenige ist, dessen Körper in den kommenden sechs Stunden über die Armlehne quillt. Des Öfteren spürt man einen Kopf, der nächtens übermüdet auf die eigene Schulter fällt. Das ist nur in absoluten Ausnahmefällen ein schönes Erlebnis.

Doch auch ich, der Deutsche, bin ein Ärgernis in solch einem Nachtbus. Weil ich nicht schlafen kann, wälze ich mich hin und her und habe damit schon manchem Sitznachbarn tiefe Ringe unter die Augen gegraben. Neulich ist mir beim Wälzen mein Handy aus der Hosentasche gefallen. Es landete auf dem Boden, mit einem Scheppern, das mitten in der Nacht einem startender Düsenjet nahe kam. Sofort waren alle wach, meine Sitznachbarn und deren Nachbarn und deren Nachbarsnachbarn. „Desculpa„, sagte ich und lehnte mich in die nächste Kurve.

Ein Brasilien-Blogger hat kürzlich zehn Gebote zum Busfahren aufgeschrieben. Zum Beispiel, auch nicht ganz unwichtig: Du sollst nicht in Nähe der Toiletten sitzen. Er resümiert mit dem zehnten, den letzten Gebot: Du sollst fliegen. Amen. Ich werde mir Santos Dumont nochmal genauer anschauen.

 

Auf der Fähre sind wir alle gleich

Dodo

Fern hallt das Rattern ihrer Dieselmotoren. Noch kann ich sie in der schwarzen Nacht Brasiliens nicht sehen, weiß nicht, ob sie sich nähert oder ob sie sich entfernt. Das Rattern verrät es nicht. Ich sehe ein schwaches Licht, das stärker wird. Eine Maschine taucht auf aus dem Dunkel, gespenstisch, archaisch wie der Flammenwerfer in Dr. No, einem der ersten James-Bond-Filme aus den 60ern, mit dem der Bösewicht die Inselbewohner glauben machte, er wäre ein feuerspeiender Drache. Das ist sie, die Fähre von Santo André, die mich und die vielen anderen Wartenden über den Rio João de Tiba bringen wird, der den nördlichen vom südlichen Teil des Dorfs trennt.

Ich bin während meiner Zeit in Brasilien wie die meisten deutschen Journalisten auf der südlichen Seite des Dorfes untergebracht. Was bedeutet, dass wir fast jeden Tag zwei Mal auf den Drachen warten. Einmal morgens, einmal abends nehmen wir die Fähre. Morgens zum DFB-Camp auf der Nordseite, abends nach Hause.

Der Fährunternehmer hat auf die Anwesenheit der vielen Journalisten reagiert, er setzt eine zweite Fähre ein. Die eine heißt Dodo, die andere Cascavel. Cascavel ist der große Bruder von Dodo. Ich glaube, ich kann ihr Rattern auseinanderhalten. Vielleicht täusche ich mich aber auch.

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Cascavel trägt etwa zwölf Autos. Oft machen sich auch Kleinbusse oder Transporter breit, neulich gar ein Wagen mit Pferden. Sie scheuten nicht auf während der Fahrt, vermutlich hat sie das Rattern beruhigt. Auch an Bord: viele Fußgänger. Manche von ihnen lassen ihr Auto auf der einen Seite stehen und steigen auf der anderen bei Kollegen zu. Dodo und Cascavel bringen uns zusammen.

Vorbei ziehen wir an einer Dschungellandschaft aus Sumpf, Kokosnuss- und Mangrovenbäumen. Wir passieren ein Stück Land, das kein Tourist betreten wird. Leben dort wilde Tiere? Wir fahren nur wenige Meter vom Ufer entfernt, es ist eine andere Welt.

Die Fähre ist ein Zeitfresser. Erst wartet man, dann treibt sie in stoischer Langsamkeit dem anderen Ufer entgegen, das hinter einer Biegung liegt. Auch Auf- und Abladen dauert. Die Polizei hat Vorfahrt. Als ich einmal vom Camp zurück auf die andere Seite musste, um Geld abzuheben, hat mich das zwei Stunden gekostet. Auf der Fähre pulsiert das Leben Brasiliens, und zwar in einer sehr niedrigen Frequenz.

„Hier kommt man runter“, sagen alle, oder „eine herrliche Entschleunigung“. Auf der Fähre finden wir die Ruhe und Konzentration, um all die wichtigen Informationen und Eindrücke aufzunehmen, die auf den Pressekonferenzen und Trainingseinheiten auf uns einprasseln.

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Egal wann und auf welcher Seite man aufsteigen will, es bildet sich eine Schlange von Autos, Motorrädern und Lastern. Ein Junge verkauft aus dem Rollwagen Wassereis am Stiel mit Limettengeschmack. Ein mobiler Bäckerstand bietet Kaffee. Schnell noch einen für die Fahrt. Der erste schmeckte mir zu süß, inzwischen habe ich mich daran gewöhnt.

Auf und an der Fähre kommt man ins Gespräch. Hier hört man Reisetipps für Salvador oder die neuesten Gerüchte aus der Mannschaft. Oder Debatten über Spaniens 0:2 gegen Chile, Tiki-Taka ohne verliert gegen Tiki-Taka mit Testosteron. Manche wollen Spaniens Aus schon immer kommen gesehen haben. Andere sagen: „unglaublich“.

Beliebtes Thema unter Journalisten auf der Fähre: die Hierarchien der Medien und ihr Verhältnis untereinander. Können die Fernsehleute mit den Schreibern? Pflegen die Fernsehleute untereinander Rivalität? Wie verstehen sich Print und Online? Sind die Schreiber alle Fatzkes?

Auf der Fähre selbst gibt es keine Hierarchien. Auf der Fähre sind wir alle gleich. Ob Bild oder Lokalzeitung, ob Sport1 oder Hörfunk. Wer ein bisschen Portugiesisch kann, spricht mit den Einheimischen in ihren gelben Trikots. Neulich fuhr die DFB-Spitze um den Präsidenten Wolfgang Niersbach mit. Dodo fuhr nicht eine Spur schneller als sonst. Und sein Diesel ratterte wie immer.

Auch die deutschen Spieler müssen übers Wasser, allerdings nur zu den Spielen. Nach dem Sieg gegen Portugal sangen sie auf der Fähre, sie heulten den Mond an, wollten das Rattern übertönen.

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Jetzt ist es früher Abend, in Brasilien heißt das Nacht. Nachts fahre ich am liebsten. Jetzt hört man das Klopfen der Diesel besonders. Und man sieht nur die Silhouette des Dschungels im Mondlicht, sie zieht langsam vorbei. Jemand Das Herz der Finsternis von Joseph Conrad gelesen?

Auf einem der Laster ruht sich ein Arbeiter aus. Er hat sich auf die Bierkisten gelegt, ein Bein ist angewinkelt. Als Dodo mit zwei knallenden Schlägen seine Rampe an das Betonufer kratzt, wacht er auf. Am Kiosk neben dem Ticketverkauf sitzen deutsche Journalisten und verqualmen ihren Feierabend. Dem kleinen Fernsehgerät entfährt ein Torschrei. Kroatien hat getroffen.

Ich hab sie verflucht, ich hab ihr hinterhergerufen, dass sie doch noch zwei Minuten auf mich hätte warten können. Ich habe mich geärgert, als ich auf Cascavel wartete und Dodo an der Rampe an uns vorbeidrängelte. Was Dodo mit heißen Abgasen erwiderte. Doch nicht erst jetzt, wo er mich wieder mal sicher ans Ufer schifft, wird mir klar: Ich werde sie nie vergessen, sie wird mir fehlen, die Fähre, die mich zu Jogi Löw bringt, und das Rattern ihrer Diesel.

 

 

Durch die WM mit der brasilianischen Wunderbeere

Baskets of acai berries sit on a truck waiting to be taken to market in Abaetetuba
Die Beere in Reinform (Foto: Paulo Santos/Reuters)

Sie werden lachen, aber so eine WM ist eine anstrengende Sache. Das Turnier hat noch nicht einmal begonnen, schon hat mich der brasilianische Alltag so gut wie verschlissen. Dass ich mit meiner Wohnung in Rio de Janeiro auch zwei Katzen gemietet habe, kann ich, obwohl eher Hundetyp, noch verschmerzen. Sie verheddern sich am liebsten in meinen mitgebrachten Ladegeräten, von denen eines (Smartphone) problemlos in brasilianische Steckdosen passt, das andere (Notebook) jedoch nicht. Ein technisches Rätsel, das ich wohl bis zum Finale nicht gelöst haben werde.

Schon anstrengender: Für den Erwerb einer brasilianischen SIM-Karte sollte man sich als Ausländer mindestens einen halben Tag Zeit nehmen. Nur das geballte Wissen von etwa sechs SIM-Karten-Verkäuferinnen kann am Ende des (halben) Tages weiterhelfen. Wer dann fröhlich aus dem Laden läuft und träumend eine erste SMS in die Heimat tippt, der wird durch die Gefahren des Straßenverkehrs wachgerüttelt. Autos und Busse brettern durch Rios Straßen, dass einen der Fahrtwind fast vom Bürgersteig fegt.

Und selbst am Strand, dem Sehnsuchtsort jedes Teutonen, ist alles nicht so einfach. Schon von Weitem fallen wir auf, mit unseren blassen, schlappen Körpern. Die Brasilianer sitzen breitbeinig daneben, grinsen und streicheln über ihre braun gebrannten, öligen Muskeln. Wer es dann noch wagt, ein Buch in die Hand zu nehmen, braucht sich nie wieder hintrauen. Ein Buch! Am Strand! Wo es da doch so viel zu sehen gibt. Gehst du auch mit einem Buch ins Fußballstadion? Das fragte mich mal ein braun gebrannter, öliger Muskelmann.

Ja, sie raubt schon jetzt Kraft, diese WM. Doch es gibt Hilfe. Eine kleine, dunkelblaue Beere wird mich durch das Turnier tragen. Eine wahre Wunderbeere, ohne die in Rio de Janeiro schon längst nichts mehr geht. Sie ist eine natürliche Droge, Rios Red Bull, bloß ohne Dosen. Vergessen Sie die Strände, den Samba, den Jesus. Der einzig wahre Grund in diese wundervolle Stadt zu reisen heißt: Açaí.

Vor 20 Jahren kannte die kleine, dunkelblaue Beere außerhalb der Amazonas-Region noch niemand. Sie wächst nur dort auf den sogenannten Kohlpalmen. Mittlerweile ist sie Teil der brasilianischen Strandkultur. Jede Saftbar, jeder Sandwichladen, der sie nicht im Angebot hat, kann eigentlich dicht machen. Die Beere macht stark, gibt Energie und soll auch als Aphrodisiakum wirken. Es gibt Erzählungen, wonach sich der Kinderwunsch bei einigen brasilianischen Paaren erst nach regelmäßigem Açaí-Konsum eingestellt hat.

Dabei sieht das Zeugs zunächst einmal aus wie ein Haufen Schlamm. Açaí wird halbgefroren als eine Art Sorbet gelöffelt. Der Geschmack erinnert an eine Mischung aus Himbeeren, dunkler Schokolade und einer Handvoll Mutterboden. Erst nach einem halben Becher fängt es an, zu schmecken. Nach zwei Bechern ist man süchtig.

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Die Beere zum Löffeln (Foto: Christian Spiller)

Açaí soll vor Herzinfarkt und Krebs schützen. Die Beere strotzt vor Vitaminen und hat Kalorien ohne Ende. Oft gibt es sie mit viel Zucker, geschreddertem Müsli und anderen zermanschten Früchten. Die großen Becher nennen sich dann Açaí Bombada oder Super Energético. Wie gemacht für die körperbessenen Cariocas, die Einwohner Rios. Tim Wiese würde es lieben.

Das Schöne an der Beere: Sie verdirbt schnell, weshalb sie in ihrer echten Form nicht weit über Brasilien hinauskommt. In den USA gab es vor ein paar Jahren mal einen Boom, allerdings mussten die Amerikaner sich mit der Pulverform begnügen. Ein toller Anachronismus im Zeitalter der Globalisierung: In einem Teil der Welt wollen es alle, in einem anderen hat man noch nie etwas davon gehört.

Darauf ein Buch am Strand.

 

Merkels klebrige Finger

Wir haben um Kreativität gebeten, und sie bekommen. Wir wollten wissen, was Ihnen zu diesem nicht photogeshopten Angela-Merkel-Jubelbild einfällt.

Angela Merkel beim Hessenfest der CDU (Foto: Eventpress Hermann)

471 Vorschläge sind bei uns eingetrudelt, die unseren Redaktionsbetrieb lahm legten. Eine fachkundige Jury musste stundenlang sichten, sortieren, grübeln. Hier einen Gewinner zu küren, ist ähnlich undankbar wie die Entscheidung zwischen Klose und Gomez, Linkslahm oder Rechtslahm, Müller-Hohenstein oder Kahn. Aber hilft ja nix, es muss. Laut gelacht haben wir vor allem über die Kommentare, die dieses Bild schon einmal irgendwo gesehen zu haben glaubten. Zum Beispiel Corinna Zipprich, die bei der Frau Bundeskanzlerin eine Ähnlichkeit mit Wickie festgestellt hat. Oder Joe, der sich ans Finchen erinnert fühlte. Ein Fleißbienchen geht an Fred Binsenschneider für seine unzähligen, aufwändigen Vorschläge.

Aber kommen wir zur Preisverleihung. Der Textilexperte bms166, der eine Übertragung aus Afghanistan vermutet, landet auf dem dritten Platz: „Karzai, live aus Kabul: ‚Ihr bekommt auch alle einen Teppich‘.“

Ebenfalls großartig ist die Einordnung von Max Stadtbäumer: „Juhu, Gomez trifft! Das bedeutet, die integration junger Menschen spanischer Abstammung in den deutschen Arbeitsmarkt funktioniert!“ Dafür gibt es Silber.

Da der Fußball, wie wir ja seit Platini alle wissen, aber bei diesem Turnier ganz und gar unpolitisch ist, gewinnt bei uns der Kommentar von Stillmann: „Endlich, endlich kleben meine Finger nicht mehr zusammen!!!! Juhuuuuuuu!!!“

Wir bitten den Gewinner um Zusendung der Adresse an online-sport (at) zeit.de. Er bekommt ein Fußballbuch aus dem Verlag Die Werkstatt. An alle anderen: Es sind noch genug Bücher da.

 

Wer spielt edel, wer schläft nur so?

„Wie man sich bettet, so spielt man“ lautet eine alte Fußballerweisheit. Kein Wunder, dass die Mannschaften der Europameisterschaft ganz genau darauf achten, wo sie sich nun betten. Luxus trumpft dabei Reisezeit: Neben dem Gastgeber haben nur zwei weitere Mannschaften (Frankreich und Schweden) ihr Lager in der Ukraine bezogen. Der Rest hat sich auf polnischem Boden eingenistet und darf sich auf weite Wege durch Osteuropa freuen.

Doch was sagen die Häuslichkeiten über die Teams aus? Wer spielt edel und wer schläft nur so? Wir wagen eine Analyse.

Deutschland

© Marcus Brandt/dpa

Schon das Lager der deutschen Nationalmannschaft versprüht mehr Lenor als Jogi Löw beim Hemdenkaufen. „Dwór Oliwski“, Olivaer Hof, heißt das Teamhotel. Es liegt im Danziger Stadtteil Oliwa, auch „Tal der Freude“ genannt, und ähnelt einer Dorfidylle wie man sie sonst nur aus polnischen Heimatfilmen kennt. Ähnlich schmalzig bezeichnete der DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die Wahl als „Liebe auf den ersten Blick“. Dabei sollte man nach den jüngsten Leistungen der Mannschaft eine etwas härtere Gangart erwarten. Soll heißen: mehr Trainingscamp und weniger Wohlfühl-Bubble. Vielleicht brauchen die Deutschen diese provinzielle Idylle aber auch, bevor der BVB-Block sich abspaltet und nächstes Mal als eigenes Team aufläuft. Teilen sich Hummels und Mertesacker eigentlich ein Zimmer?

Griechenland

© Peter Andrews / Reuters

In Griechenland gibt es derzeit wahrlich wenig zu lachen. Deswegen sind die meisten Griechen-Witze noch schlechter als die Quoten auf einen zweiten EM-Sieg. Um es den gebeutelten Südländern dennoch so angenehm wie möglich zu machen, versuchen es die Gastgeber mit Palmen, Marmor und antiker Architektur. Pech nur, dass die Mannschaft auch in der Post-Rehakles-Ära ähnlich altertümlich und oft mit der Grazie eines Baby-Elefanten (im Bild rechts) spielt. Immerhin, das Wein-Angebot des Warszawianka Hotel in Jachranka soll einen hohen Stellenwert genießen.

Spanien

© Peter Andrews / Reuters

Was ist eigentlich mit den Spaniern los? Erst belegt der Verband die Spieler mit einem Twitter-Verbot, dann nehmen sie ein ganzes polnisches Dorf in Beschlag. Selbst die Bewohner Gnewins dürfen die nächsten Wochen nur noch mit Zutrittsberechtigung „einreisen“. Sind das erste Anzeichen von Star-Allüren? Ein Erwachen imperialistischer Wurzeln? Oder hat die „rote Furie“ angesichts der großen Erwartungen einfach Muffensausen? Abgesehen von viel Ruhe bietet das Mistral Hotel auch ein großes Billard-Angebot. Können die Spanier das überhaupt? Einlochen. Ok, doofe Frage.

England

© Kacper Pempel / Reuters

Ganz anders als die Spanier hausen die Engländer. Der gemeine englische Fußballer gilt als geselliges Wesen, bisweilen etwas zu gesellig. Deswegen vergraben sich die Engländer auch nicht in abgesperrten Arealen, sondern beziehen ihr Quartier mitten in Krakaus Innenstadt. Da ist das Leben, da sind die Fans und es ist auch nicht weit, um nach dem Dinner noch einige Pint im nah gelegenen Pub zu zünden oder sich vor den britischen Tabloids zu blamieren. Vielleicht haben die Engländer aber auch mehr Stil als man denkt. Die Zimmer des Hotel Stary jedenfalls sind beeindruckend in Größe und Eleganz, ganz anders als John Terrys Charakter also. Unklar ist, ob auch in Doppelzimmern die Badewanne neben dem Bett steht. Aber wie gesagt: Die Engländer sind ja gesellig.

Portugal

© Reuters

„Wo befreundete Wege zusammenlaufen, da sieht die ganze Welt für eine Stunde wie Heimat aus.“ Dieses Zitat von Hermann Hesse ist in den flauschigen Teppich des Hotels in Opalenica gewoben. Hier gastiert die portugiesische Mannschaft. Erstaunlich, vermutet man hinter Spielern wie Cristiano Ronaldo angesichts seiner Freistoßzelebration doch eher einen Fan gediegener Wildwestliteratur. Sonst hat die Behausung weniger mit der südländischen Heimat als mit nordischem Minimalismus zu tun. Einzig der Preis ist so heiß wie die Sonne an der Algarve: Mit 33.000 Euro pro Tag ist es das teuerste aller EM-Quartiere, Haargel und der Frisör von Fábio Coentrão exklusive. Vielleicht wollten sie es tatsächlich – frei nach Hesse – nur für eine Stunde (oder Vorrunde) buchen.

Schweden

© Gleb Garanich / Reuters

Im Gegensatz zu den Luxushotels der Konkurrenz haben sich die Schweden pragmatisch eingenistet. Das Platium Hotel (nein, hier wurde kein ’n‘ vergessen) außerhalb Kiews versprüht schon von Außen einen Charme zwischen Tanke und Rastplatz. Im Inneren ist es nicht besser: Die Badezimmer sind in stilsicherem Braun gehalten (oder ist das schon Terrakotta?), die Hometrainer sehen aus, als würde an ihnen noch der Schweiß aus UdSSR-Zeiten haften. Das passt einerseits zum schwedischen Spiel (ernst, kompakt, ohne Schnickschnack), stößt sich andererseits an schwedischen Designmaximen (offen, hell, ästhetisch schön). Ob dieser Kulturschock mal gut geht. Was wohl der Lebemann Zlatan Ibrahimović über diese Wahl sagt?

 

Warum das Blog zum EM-Blog wird

In Moskau erstarrte Boris Gelfand, als die Schach-Weltmeisterschaft vor wenigen Tagen entschieden wurde. Wie unser Reporter Ulrich Stock bloggte, bekam der Herausforderer rote Flecken vor Aufregung. Am Schachbrett war mehr Anspannung als vorm Elfmeterschießen mit Arjen Robben. Kann man das steigern? Geht noch mehr Drama? Wollen wir mal sehen.

In einigen Stunden wird die Europameisterschaft 2012 angepfiffen. Fußball! Auf vielen Titelseiten, Werbebroschüren, Busplakaten ist es das wichtigste Thema. Einige sagen EM, andere Euro, alle meinen das Spiel mit dem Ball und den Ausnahmezustand, der eintritt, wenn EM (oder WM) ist.

Auch wir können und wollen nicht anders. Christian Spiller, der SportChefvomDienst in der Berliner Sportredaktion von ZEIT ONLINE, wettet darauf, dass Italien weiter kommt als Holland. Eike Kühl glaubt die Spanier zu verstehen. Tobias Jochheim, eigentlich Experte für Dogdance, fühlt sich mit dem (Achtung!) EM-Underdog aus Irland patenschaftlich verbunden.

Oliver Fritsch ist unser Mann im Koffer von Joachim Löw. Gemeinsam mit der ZEIT-Reporterin Anna Kemper wird er im DFB-Trainingslager in Danzig unwissenden Nationalspielern das korrekte Hinterlaufen erklären. Und ich, ich sitze wegen dieses fußballgeschuldeten Ausnahmezustands vier Wochen in Kiew, schaue auf etwas Lautes und will verstehen, was die EM mit der Ukraine und die Ukraine mit der EM macht.

Gemeinsam haben wir als EM-Team von ZEIT ONLINE was vor. In der Gesprächsserie „EM-Schnack“ wollen wir mit unterschiedlichen Persönlichkeiten abwechselnd und täglich über ihre EM-Abende sprechen – vom ukrainischen Stabhochspringer Sergej Bubka über den polnisch-deutschen Boxer Darius Michalczewski bis hin zum reichsten Mann Polens.

Für unser EM-Tweet-Projekt suchen wir zu jedem Spiel die beste Spielzusammenfassung in 140 Zeichen. Schicken Sie uns Ihren #emtweet und verfolgen Sie unsere Gedanken auf @zeitonlinesport. Wenn Sie uns auf Twitter folgen, verpassen Sie zudem auch so gut wie keine Bewegung unserer Reporter vor Ort.

Während des Turniers wird jede EM-Mannschaft zusätzlich von jeweils einem ZEIT-ONLINE-Redakteur oder -Autor begleitet, unseren EM-Paten. Die Patentanten und -onkels haben ihre Teams bereits vorgestellt. In Anschluss an die EM-Spiele verfassen sie ihren persönlichen Spielbericht.

Und: Alle Spiele und Tore gibt es in unserem Live-Ticker, die wichtigsten Partien bloggen wir an Ort und Stelle, hier also, hoffentlich gewohnt unterhaltsam live.

Walerij Lobanowskyj

Falls es Ihnen nach der Protzerei noch nicht aufgefallen ist: Gemeinsam haben wir in etwa so viel Fußballsachverstand wie die Trainerlegenden Lobanowskyj, Rehhagel und Basler zusammen. Dank der Übersetzungshilfen von Daria Ignatenko vielleicht gar etwas mehr. Um dem unmittelbarer gerecht zu werden, wird dieses Sportblog für einen Monat zum EM-Blog des ZEIT-ONLINE-Sportteams.

Wir wollen diesen Kanal nutzen, um Momente zu teilen, etwa aus dem Speisesaal des deutschen Teamhotels oder aus Kiews U-Bahn. Vielleicht posten wir hier Kurzweiliges, vielleicht schlechte Witze aus dem Redaktionsalltag, vielleicht den allerbesten EM-Tweet. Wollen wir mal sehen …

 

Übrig blieben nur Handschuh und Flasche

Leser, Sportfreunde! Ihre Kreativität ist wieder gefragt, unser Gewinnspiel geht in die letzte WM-Runde. Was fällt Ihnen zu diesen Bildern ein?

© Christof Köpsel/Getty Images Sport
© Christof Köpsel/Getty Images Sport

© Martin Rose/Getty Images Sport
© Martin Rose/Getty Images Sport

Schreiben Sie Ihre Antwort unten in die Kommentarspalte! Der originellste Beitrag gewinnt ein Fußballbuch aus dem Verlag Die Werkstatt. Einsendeschluss ist Mittwoch, 14 Uhr. Den Rechtsweg können Sie sich übrigens sparen.

Und hier ist die Auflösung von der letzten Ausgabe, eine mehrköpfige, ressortübergreifende Jury hat entschieden:

Sanne ist die Siegerin: “Tja Silvia, die Aliens wollten sie … Puff hat’s gemacht, und übrig blieben nur Handschuh und Flasche. ‘Nur keinen Neid‘ ham se noch gesagt.“ Auf den Rängen Matthias („Nun sei nicht so bockig! Jeder muss mal den Müll vom Rasen wegräumen. Gestern war die Birgit dran, heute Du!“) und cg („Na, da haste mir ja was Schönes eingebrockt! Was mache ich jetzt nur mit den 22 Kaffeeservices?“).

© Rainer Jensen/Bongarts/Getty Images
© Rainer Jensen/Bongarts/Getty Images

Wir brauchen eine Postanschrift, damit wir die Bücher verschicken können, auch von den Siegern aus den vergangenen Runden. mailto: online-sport [at] zeit.de

 

Was fällt Ihnen zu diesem Bild ein?

Liebe Leser, Fußballfreunde, Ideengeber! Ihre Kreativität ist gefragt. Was fällt Ihnen zu diesem Bild ein, das uns gerade direkt von der Frauenfußball-WM in Berlin in die Hände fiel?

© Wolfgang Kumm/picture alliance/dpa
© Wolfgang Kumm/picture alliance/dpa

Schreiben Sie Ihre Antwort unten in die Komentarspalte! Der Leser mit dem originellsten Beitrag gewinnt ein Fußballbuch aus dem Verlag Die Werkstatt. Einsendeschluss ist Mittwoch, 16 Uhr. Dann geben wir den Sieger bekannt, den eine redaktionsinterne Jury wählt – natürlich völlig willkürlich. Den Rechtsweg können Sie sich übrigens schenken.

 

Toni, halt den Ball! … Nein!

Hier ist die Auflösung zu Teil 8 unseres Gewinnspiels Was fällt Ihnen zu diesem Bild ein?, in dem es hierum ging:

© Bongarts/Getty Images
© Bongarts/Getty Images

Das 3:2 Burruchagas im WM-Finale 86 – Markus, unser Sieger, hat noch den O-Ton Rolf Kramers im Ohr: Toni, halt den Ball! … Nein! Auch Carsten Rohlfs erweist sich als geschichtskenntlich: Spul mal bitte jemand vier Jahre vor!

Wir bitten den würd’gen Gewinner um eine Postanschrift an online [at] zeit.de Und hier unser neues Rätsel, liebe Leser, was fällt Ihnen zu diesem Bild ein?

© Roberto Schmidt/AFP/Getty Images
© Roberto Schmidt/AFP/Getty Images

Kommentare bitte ins Feld unten, zu gewinnen gibt es “Das Prinzip Uli Hoeneß” von Christoph Bausenweinn aus dem Werkstatt Verlag. Einsendeschluss ist Sonntag, 20.30 Uhr. Wir sind gespannt! Der Rechtsweg führt Sie ins Abseits.

 

Für den Herrn einen Korn und Valium für mich

Hier ist die Auflösung zu Teil 7 unseres Gewinnspiels Was fällt Ihnen zu diesem Bild ein?, in dem es hierum ging:

© John MacDougall/AFP/Getty Images
© John MacDougall/AFP/Getty Images

Unser Gewinner ist Roger Gerhold: Waiter! Für den Herrn hinter mir einen Korn und für mich eine Schachtel Valium. Auf den Plätzen landen jensen, der trocken vermerkt: Fuuuuu*k, jetzt MV hat schon wieder meine Schorle leergetrunken. Und Schmidt, der die Sache umkehrt: Hätte ich doch auch lieber das getrunken, was der Engländer da vorn hatte!

Erwähnenswert auch Gerdl65: Ich könnte so alt werden, wie ich aussehe, und England hätte noch immer nicht gegen Deutschland gewonnen. Und Andreas: Haaaalt Rooney, das ist das falsche Tor!

Als textsicher erweist sich RH, Experte für mickjaggerhafte Schwarzmalerei: I could not forsee this thing happening to you. Ebenso Runaway: I used to love them but it’s all over now. Peter Henning verfasst uns eine Variation auf das Textgut der Rolling Stones (Rollende Steine): We will get a fettes Päckchen.

Wir bitten den ehrwürdigen Gewinner um eine Postanschrift an online [at] zeit.de

Und hier unser neues Rätsel. Liebe Leser, was fällt Ihnen zu diesem Bild ein?

© Bongarts/Getty Images
© Bongarts/Getty Images

Kommentare bitte ins Feld unten, wieder gibt es “Barca oder die Kunst des schönes Spiels” von Dietrich Schulze-Marmeling  aus dem Werkstatt Verlag zu gewinnen. Einsendeschluss ist Samstag, 17.50 Uhr. Wir sind gespannt! Den Rechtsweg können Sie sich schenken.