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Immer mehr Jobs ohne gesellschaftlichen Nutzen

Adair Turner, der Chef des New Yorker Institute for New Economic Thinking, hat vor einigen Tagen in einem Blogpost bei Project Syndicate die These vertreten, dass immer mehr Menschen in Nullsummenjobs landen. Das sind Jobs, auf die eine Volkswirtschaft leicht verzichten kann, selbst wenn die solcherart Beschäftigten nichts gegen diese Art der Arbeit haben oder sie sogar toll finden. Niemandem außer den unmittelbar Betroffenen würde etwas fehlen, wenn es diese Jobs eines Tages nicht mehr gäbe.
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Frankreich und das „diktat germanique“

In unserem kleinen Ferienort am Mittelmeer gibt es eine épicerie, einen Kramladen, und der führt genau vier Tageszeitungen, zwischen denen wir wählen können – le Monde, le Figaro und zwei Regionalblättchen: l’Indépendant und Midi libre. Heute war der konservative Figaro dran.

Im Leitartikel auf Seite 1 wird die „Rettung“ Griechenlands beschrieben, als handle es sich de facto um ein germanisches Diktat, um den Sieg der nordeuropäischen Buchhalter (comptables), die jetzt Griechenland „besitzen“ und dort das Sagen haben, auch wenn das den „Idealisten“ (!) des Südens nicht gefällt. Mit der deutsch-französischen Zusammenarbeit und gemeinsamen europäischen Zielen sei es lange vorbei. Heute regierten die Gläubiger. Man solle sich keinen Illusionen hingeben: Es geht nicht mehr um Transfers von den reichen an die armen Länder, Solidarität bestünde heute darin, die Wirtschaftspolitik dem deutschen Vorbild anzupassen. Weiter„Frankreich und das „diktat germanique““

 

Von Japan lernen

Japan gilt in Deutschland als Paradebeispiel dafür, dass eine expansive staatliche Fiskalpolitik einer Wirtschaft nicht aus der Krise helfen kann. Holger Steltzner spricht vielen deutschen Ökonomen aus dem Herzen, wenn er schreibt:

Dass ausgerechnet Krugman vor verlorenen Jahren à la Japan warnt, ist ein Treppenwitz, verschrieben doch zuvor er und andere Ratgeber aus Wall Street den Japanern die keynesianische Medizin. Seit mehr als zwanzig Jahren betreibt Tokio eine ultralockere Geld- und eine extrem expansive Fiskalpolitik.

Und um noch einen obendrauf zu setzen:

Könnte man mit Schulden Wachstum kaufen, wäre Japan das wachstumsstärkste Land der Erde. Und Griechenland der Motor in der Eurozone.

So ist es, möchte man da rufen – allein es ist nicht so. Weiter„Von Japan lernen“

 

Brüsseler Schnapsidee

Wenn es stimmt, was die SZ heute schreibt, dann muss die Verzweiflung in Brüssel wirklich groß sein.

Der EFSF soll also am Sekundärmarkt aktiv werden und spanische Staatsanleihen kaufen, um so deren Renditen zu senken.

Das wäre pure Geldverschwendung, bei der sich die Anleihebesitzer auf Kosten der Steuerzahler gesundstoßen.

Der EFSF verfügt noch über freie Kapazitäten von 148 Milliarden Euro. Wie Christian Schulz von der Berenberg Bank vorrechnet: Wenn der Fonds wie die EZB auf dem Höhepunkt ihres Anleiheprogramms 20 Milliarden pro Woche ausgibt, ist er in sieben Wochen leer.

Wahrscheinlich würden die Investoren sogar die Gelegenheit nutzen, ihre Anleihen möglichst schnell loszuwerden, weil sie wissen, dass die Ressourcen begrenzt sind. Das Ganze wäre also möglicherweise sogar kontraproduktiv.

Eine Intervention hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn sie massiv ist. Frei nach Colin Powell: Wenn man rein geht, dann mit überwältigender Kraft. Das bedeutet hohe, idealerweise unbegrenzte Feuerkraft. Dazu muss der EFSF mit einer Banklizenz ausgestattet werden, so dass er sich bei der EZB refinanzieren kann.

Wenn man das nicht will, sollte man es bleiben lassen.

 

Ulf Poschardts Krise

Es ist ein alter journalistischer Trick: Man nehme seine persönliche Agenda, eine krisenhafte Zuspitzung in der realen Welt, behaupte eine Verbindung zwischen beidem und fertig ist die scheinbar objektive Begründung einer subjektive Sichtweise.

Ulf Poschardt zeigt in der Welt, wie es geht:

Die europäische Idee braucht eine neue Erzählung. Ein Weiter-so mit größenwahnsinnigem Staat, absurder Bürokratie, unbezahlbaren Sozialleistungen und aufreizender Bequemlichkeit darf es nicht geben. Aber wer soll das den Europäern beibringen?

Der größenwahnsinnigste Staat in Europa ist Dänemark, mit einer Ausgabenquote von 59,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Irland liegt mit 44,2 Prozent sogar unter Deutschland. Wo bleibt bloß die dänische Krise?

Bei den Sozialleistungen liegt Schweden ganz vorne (und übrigens auch Deutschland). Spanien und Irland ebenfalls recht weit hinten. Wo ist die schwedische Krise?

Bei den Urlaubstagen wiederum sind wir Deutschen an der Spitze. Nicht die Griechen. Wo ist die deutsche Krise?

Vorschlag: Vielleicht hat die Krise in der Währungsunion auch ein bisschen was mit dem Konstruktionsprinzip eben jener Währungsunion zu tun?

 

Was ist für Jakob Augstein links?

Ich schätze die Kolumne von Jakob Augstein sehr und ich bin nicht unbedingt als Anhänger der Regierungspolitik bekannt, aber was er diese Woche geschrieben hat, kann man so nicht stehen lassen

Am Süden ist Merkels Austeritätspolitik in der vergangenen Woche gescheitert. Im Süden liegt das soziale Korrektiv des Kontinents. Und wenn schon die Deutschen linke Politik verlernt haben, im Süden beherrscht man sie noch.

Ist es links, wenn wie in Griechenland die Reichen keine Steuern bezahlen? Ist es links, wenn der Arbeitsmarkt wie in Spanien den Jugendlichen auch in guten Zeiten praktisch keine Chance gibt?  Ist es links, wenn wie in Italien bis zum Regierungswechsel ein halbseidener Medienzar das Land beherrscht? Weiter„Was ist für Jakob Augstein links?“

 

Die Legende vom deutschen Zahlmeister

Eines der wiederkehrenden Themen in der Rettungsdebatte ist die Behauptung, Deutschland zahle ja schon so viel. Wie Florian Eder in der Welt wettert:

Mit fast 300 Milliarden Euro stehen die Deutschen im Risiko. Das ist kein kleiner Beitrag für Europa. Es ist jetzt Zeit für eine unerhörte Tugend: zu den eigenen Beschlüssen zu stehen.

Nun ja. Aber tatsächlich ist über Garantien und Bürgschaften ziemlich viel deutsches Geld im Feuer. Credit Suisse beziffert die tatsächliche Haftung aus laufenden bilateralen (Griechenland) und multilateralen (ESM/EFSF) Programmen auf 113 Milliarden Euro. Wenn die Rettungstöpfe voll ausgeschöpft sind, steigt die Haftung auf 401 Milliarden Euro. Werden nun auch noch mögliche Verluste der EZB in den Krisenländern einbezogen, wächst die Summe auf 671 Milliarden Euro an. Weiter„Die Legende vom deutschen Zahlmeister“

 

Wir haben die Mark zurück

Durch Zufall ist mir die morgige Ausgabe der Welt in die Hände gekommen:

Bevor hier jemand Panik bekommt oder Freudentänze aufführt – es ist die Ausgabe vom 19. Juni 1948. Aber vielleicht können sie die Schlagzeile ja bald wieder machen.

In der Ausgabe wird übrigens über eine interessante Rede eines gewissen Oberdirektors Dr. Pünder berichtet zum Thema Währungsreform. Ich zitiere:

Was die Währungsreform nimmt, das sind keine echten Vermögenswerte mehr gewesen, sondern zerstört werden eigentlich nur Illusionen. Wenn die Millionen deutscher Sparer in den nächsten Wochen über das endgültige Schicksal ihrer Spargelder aufgeklärt werden, dann mögen sie sich sagen: Diese Spargelder wurden vernichtet, als Adolf Hitler seinen verbrecherischen Krieg vorbereitet und führte, als er Hunderte von Milliarden deutschen Volksvermögens sinnlos vergeudete. 

Auch etwas in diese Richtung wird man vielleicht schon bald wieder lesen können.