Lesezeichen
 

Ein Prinz in Ekstase

UPDATE: SCHÖN WARS!!

Heute Abend eine kleine, feine Pflichtveranstaltung für Freunde des ekstatischen und doch gut anhörbaren Jazz: Jeanfrancois Prins, ein fantastischer, sehr geil swingender Gitarrist trifft auf Heinrich Köbberling, den wunderbarsten Drummer der Gegenwart. Muss man sehen. 22.00 im A-Trane.

 

Für den Weltfrieden

Es soll ja Leute geben, die haben so viel Geld, dass sie gar nicht mehr wissen wohin damit. Erstmal ein äußerst beneidenswerter Zustand, aber das kann ja auch schnell langweilig werden. Wir wissen nicht, ob es dem Herren Nassiri so ergangen ist, vielleicht ist er auch einfach ein unfassbar guter Mensch. Der amerikanische Multimillionär iranischer Herkunft pilgert nun jedenfalls im fortgeschrittenen Alter (64) mit seiner Friedenshymne „Love sees no colour“ durch die Länder dieser Welt und trifft einflussreiche Menschen wie Nelson Mandela oder den Papst.
Gerade hat er in Ägypten, Palästina und Israel Teile seines Musikvideos gefilmt, morgen dreht er in Berlin, danach geht es weiter nach Russland, China und in weitere 6 Länder. Locations sind symbolträchtige Orte wie das Taj Mahal, die große Mauer oder das Brandenburger Tor. Gemeinsam mit Kindern der verschiedenen Nationen singt er den Refrain seines Liedes in der jeweiligen Landessprache und will so seine Botschaft für den Weltfrieden rund um den Globus schicken.
Ein ehrgeiziges Projekt, aber praktischerweise spielt Geld ja keine Rolle. Wer sich das Spektakel anschauen möchte, der begebe sich morgen (Freitag) gegen 14:30 unauffällig zum Brandenburger Tor.

Hier erklärt Herr Nassiri persönlich seine Vision.

Wünschen wir uns nicht alle ein bisschen den Weltfrieden?

 

Musik aus Neuseeland

Das Land am anderen Ende der Welt, irgendwo da unten zwischen Australien und der Datumsgrenze, ist bei uns nicht unbedingt Synonym für 1a Musik. Sondern für Natur, Wandern und, Peter Jackson sei dank, phantastische Filme. Damit tun wir den Kiwis aber unrecht. Aber ganz schön! Ich gebe zu, ich war gerade längere Zeit down under und habe mich dabei natürlich unweigerlich mit dem äußerst ansteckenden Neuseeland-Virus infiziert. Viel Kiwi-Kultur findet sich in Berlin leider nicht. Aber natürlich hat sich auch bis down under herumgesprochen, dass Berlin rockt und jede Kiwi-Band, die durch Europa tourt, gibt mindestens einen Gig bei uns.

The Datsuns rocken auch, aber hallo!, und am Sonntag tun sie das im Lido. Das Konzert lohnt sich also auch für alle, die keine Neuseeland-Addicts sind und auf lustige Ansagen in Kiwi-Englisch hoffen. Und auf jede Menge echte Kiwis im Publikum. Eeeeeexellent!

The Datsuns, 8.10. ab 21 Uhr im Lido, Cuvrystr. 7. Die Karten kosten ca. 17 Euro.

www.thedatsuns.com/

 

Der große, schöne Einheitsausflug

Es hat Tradition bei uns, dass wir immer am Tag der Deutschen Einheit nach Chorin fahren. Chorin liegt im Biosphärenreservat Schorfheide, ist eine schlappe Bahnstunde von Berlin entfernt und eine wunderbarer Austritt aus dem Raum-Zeit-Kontinuum. Man fährt also von Berlin aus ein Stündlein mit der Bahn, steigt am Bahnhof Chorin aus, tappt die Bahnhofstraße hoch, biegt rechts ab in die Dorfstraße, geht links den Hüttenweg herunter, verlässt die Ortschaft und geht dann rechts die neue Klosterallee hoch, die in die alte Klosterallee mündet. Wer gut zu Fuß ist, schafft all dies in einer guten halben Stunde. Man kehre sodann in der Immenstube ein, einem Hotelrestaurant mit „Honig-Bar“; zig verschiedene Honigsorten können dort probiert und gekauft werden. Man speist dort rustikal und lecker, trinkt mehrere „Odin-Trunk“-Honigbiere und kraxelt dann einigermaßen verstrahlt am Amtssee vorbei, bergauf Richtung der Kloster-Ruine von Chorin, die auf einer Berganhöhe prangt.

Im Innenhof des Klosters kann man sich auf der Wiese ablegen und vor sich hin dösen, aber auch auf dem dortigen Markt sich weiter das Wämslein mit leckeren Sachen füllen.

Ein schöner Tagesausflug, der von den Entfernungen her auch für eventuell mitgezerrte Kinder gut zu bewältigen ist und selbige rotbewangt und glücklich auf der Rückfahrt im Regional-Express einschlafen lassen wird.

Stets aktuell: Bahnverbindungen nach Chorin

Wunderschöne Fotos.

 

Die Deutsche Oper knickt ein

Aus Angst vor möglichen islamistischen Protesten hat die Deutsche Oper in Berlin die Mozart-Oper „Idomeneo“ aus dem Programm genommen. Die ab 5. November geplante Wiederaufnahme des Werks ist soeben vom Spielplan gestrichen worden. In der Oper geht es um den Aufstand der Menschen gegen die Götter. Im Epilog zieht der Titelheld aus einem blutigen Sack die enthaupteten Köpfe von Poseidon, Jesus, Budda und Mohammed.

Das ist übrigens kein Witz, sondern wird hierorts den heutigen von allen Nachrichtenagenturen verbreitet.

Wenn man jetzt noch wüsste, vor wem die Deutsche Oper am meisten Angst hat: Vor den alten Griechen, wütenden Christen, den bekanntermaßen brandgefährlichen Buddhisten oder dem Islam? Schwierige, sehr sehr schwierige Frage.

Könnte eine Marktlücke für Versicherungen werden: Spezielle Kultur-Außendienstler für Theater und Konzerthäuser, die sämtliche Werke seit der Steinzeit auf potenziell religiöse Gefühle verletzende Stellen durchforsten.

 

Schnauzbärtige Kettenraucher kucken!

Cineastische Bildungslücken können derzeit im Kino Blow Up gestopft werden: Das Off-Kino in der Immanuelkirchstraße holt die alten Filme des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki zurück auf die Leinwand. Noch bis zum 04.10. läuft „Schatten im Paradies“, danach jeweils für zwei Wochen: „Hamlet goes Business“, „Ariel“, „Leningrad Cowboys go America“, „I hired a contract killer“, „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ und „Das Leben der Bohème“.

Die Hauptdarsteller in den meisten Filmen rauchen wie die Schlote, meist geht es darum, wie Leute mit miesen oder gar keinen Jobs, merkwürdigen Frisuren, hässlichen Wohnungen und ungesunden Trinkgewohnheiten erst einmal gar nicht und am Ende doch noch zueinander finden und sich ansonsten irgendwie durch ihr Leben lavieren. Und eines sind die Filme sicherlich nicht: dialoglastig. Im Gegenteil – die drei, vier Sätze lohnen das Synchronisieren nicht, so dass man sich an Finnisch mit Untertiteln erfreuen kann, wenn denn mal gesprochen wird. Meist schauen Kati Outinen (die Hauptdarstellerin in den meisten Filmen) und Matti Pellonpää (der besagte Bart- und Zigarettenträger) nur durch die verschmierten Scheiben von sonderbaren Autos, ausgesucht ungemütlichen Bars oder ausnahmsweise mal das jeweilige Gegenüber an, machen dabei aber nie viele Worte.

Kaurismäkis Finnland (oder im „Killer“: England) ist nicht besonders anheimelnd, meist düster, oft verregnet und morbide. Es geht nicht um das Portrait von Menschen am Rande der Gesellschaft – weil die Gesellschaft eigentlich sowieso nur aus Rand besteht, und die Leute mal weniger, mal stärker über dem Abgrund hängen, sich letztlich aber doch noch immer irgendwie wieder fangen. Und genau das ist auch der Grund, weshalb man zu Beginn der hässlichsten Berliner Jahreszeit unbedingt ins Blow Up gehen sollte und mit vielen, vielen leeren Kinosesseln um sich herum Kaurismäki kucken sollte.

 

Ein Kreuz mit dem Südkreuz

Gestern mit dem Zug aus Hamburg im blitzblanken, neuen Bahnhof „Südkreuz“ angekommen – und verzweifelt. Wie um Gottes Willen soll bloß ein Ortsfremder sich hier zurechtfinden? Wer aus dem Untergeschoss mit dem ICE angekommen ist, den Fahrstuhl zur S-Bahn nimmt und von dort weiterreisen möchte, der ist verloren. Auf den ersten Blick sieht man weder einen Netzplan („Spinne“), noch erheischt das Auge einen Fahrkartenautomaten. Nach mehreren Umrundungen der Szenerie an den Enden der Bahnsteige ganze zwei (!) Fahrkartenautomaten gefunden, auf denen pappen dann auch die Netzpläne. Das ist zu wenig! Da findet sich nicht mal ein Berliner zurecht. Mustergültig hingegen die Beschilderung und Benutzerführung im neuen Hauptbahnhof. Klar, deutlich, präzise.

 

Warum wir wählen gehen sollten.

Die zitty titelt in der aktuellen Ausgabe: „Darum gehen wir nicht mehr wählen“. Was auch immer die Antworten sein mögen, das Nichtwählen wäre in diesem Jahr ganz besonders dämlich, denn in diesem Jahr bekommen wir einen vierten Stimmzettel, der die Teilnahme an einer Volksabstimmung erlaubt: Es geht um nicht weniger als eine Verfassungsänderung.

Artikel 62 und 63 der Berliner Landesverfassung könnten geändert werden. Diese beiden Artikel regeln die Bestimmungen zu Volksbegehren bzw. Volksentscheiden. Ein Volksbegehren ist damit bereits angenommen, wenn 20.000 Unterschriften (statt bisher 25.000) zusammengekommen sind. Die genauen Fassungen von Arikel 62 und 63 sind hier nachzulesen.

Wählen lohnt sich diesmal wirklich.

 

Konsequent Berlin oder ziemlich Potsdam?

Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Ich will nicht FDP wählen. Aber ich sollte. Sagt der Wahlomat, nachdem ich ihm 20 intime, hoch politische und brennend-brennende Fragen (z.B. meine Meinung zur „Wiedereinführung für Kopfnoten wie Fleiß und Betragen“ oder einem potenziellen „Ausbau der Binnenschifffahrtswege in Berlin?“) beantwortet habe. Ich habe also 20x auf „stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“ geklickt und soll jetzt FDP wählen. Ich könnte natürlich auch eine der anderen 22 Parteien wählen. Wäre gar kein Problem. Könnte – zack! – am 17. September bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin die „Grauen“ wählen, in deren Wahlprogramm steht, wie’s geht, mit der Welt:

„Ehrlichkeit ganz oben auf der Wunschliste… und wir hätten Geld ohne Ende.“

Ah, ach so! Einfach nicht mehr lügen, und rummsdibumms ist Geld in der Kasse. Mit anderen Worten, habe ich genug Kohle, kann ich lügen wie gedrückt. Nein, eine solche Partei ist nicht meine Tasse Tee.

Könnte natürlich auch die PSG wählen, die „Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale“. Hui, das klingt aber ganz schön Heinermülleresk. Haupt-These: „Arbeit zu finden, ist ein soziales Grundrecht.“ – och nöh. Ich finde, es soll jeder machen, was er will, und Stein findet das auch.

Vielleicht die Humanwirtschaftspartei? Die hat zwar ganz schöne Ideen („Die Abschaffung sämtlicher Steuern auf den Faktor ‚Arbeit‘ (Lohn- und Einkommenssteuer) [ausschließliche Besteuerung von ‚Verbrauch‘] sowie die Reduzierung der Kapitalkosten durch die ‚Umlaufsicherung'“), aber erst 35 Mitglieder, und gerade eine so vernunftorientierte Partei wird wohl verstehen, wenn ich im Sinne einer persönlich-politischen Investitionssicherheit hier erst mal ein bissl Angst habe ein Kreuzlein zu machen.

Der Wowereit! So nett sieht der aus. So ein feines Kerlchen! Denn will ich wählen. Aber ich kann nicht: Weil auf seinen Plakaten steht: „Konsequent Berlin“. Ich kann so nicht wählen! Konsequent Berlin. Das ist wie: „Ziemlich Potsdam“. Oder „Ganz schön Bremen“. Wenn nicht gar „Mein lieber Scholli Travemünde“.

Ich weiß nicht, was ich wählen soll. Ich mach den Wahlomat einfach nochmal von vorne.

 

Wie sieht Gott aus?

UPDATE: UND SO WAR’S DA.

Warum gibt es in meinem Supermarkt andauernd einen so genannten „Storno“? Wie belpt man einen Rodiot? Gibt es das Perpetuum Mobile doch? Fragen dieser Art werden am kommenden Samstag auf dem Bebelplatz geklärt. 112 hochdekorierte Wissenschaftler aus aller Welt werden simultan 100 dergestalt existenzialistischer Fragen gleichzeitig beantworten, gefilmt von 112 Videokameras. Krank? Klasse! Das Projekt wird unter www.droppingknowledge.org online begleitet und von meiner Kollegin Juliette Guttmann besucht. Am Sonntag also mal unter www.zeit.de reinschauen und den Artikel genießen.