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Prominente sind Modeartikel!

Weil die Menschen einsam sind, erschaffen sie sich Prominente. Und wenn sie genug von ihnen haben, entsorgen sie ihre Geschöpfe wieder im Dschungel oder anderswo.

Prominente sind Modeartikel!
Copyright: Andreas Rentz/Getty Images

Adele, komm mal her! Mach Sitz! Und hör gut zu. Heute erkläre ich dir die Prominenz.

Menschen, liebe Adele, sind eigentlich Rudeltiere, genau wie ihr Hunde. Heutzutage sagen sie zwar dauernd, sie möchten unbedingt ihre Ruhe haben und ihre sogenannte Privatsphäre, aber das sind meistens halbe Lügen, wenn nicht gar ganze. Tatsächlich wollen sie nicht allein sein, sie wollen vielmehr, dass man sie beachtet und sich um sie kümmert. Und am liebsten würden sie natürlich geliebt.

Leider sind die Menschen dabei so anspruchsvoll geworden, dass es ihnen keiner mehr recht machen kann. Kaum kümmert sich jemand um sie oder liebt sie gar, da leiden sie schon unter „Zugroßernähe“ oder anderen Gemütskrankheiten. Kein Mensch kann heute noch, bildlich gesprochen, einen Abend lang auf dem Sofa liegen und sich den Bauch kraulen lassen, ohne dabei um seine Integrität als selbstständiges Individuum zu fürchten. Du, liebe Adele, kannst das sogar vollkommen unbildlich! Weiter„Prominente sind Modeartikel!“

 

Ein bombiger Sommer

Jedes Jahr flammt sie auf, diese heuchlerische Diskussion über junge Mädchen in Hotpants. Unsere Autorin überrascht sich selbst mit der Lösung: Her mit der Schuluniform! 

Tragt Schuluniform statt Hotpants! – Freitext
© Reuters

Ich schätze den Berliner Hauptbahnhof ganz besonders: Wenigstens die Rolltreppen funktionieren in der Regel. Verlässlich schwebt man auf ihnen in die obere Gleiswelt, direkt unter den unübertrefflich treffenden Werbeschriftzug auf der Westseite des Gleisdaches: „Bombardier“. In Riesenlettern. Ein bombiges Wort, in Berlin und der hiesigen Geschichte am richtigen Platz.

Letzte Woche passierte es dann. Die Bombe wurde – wirklich. Unmittelbar vor meiner Nase schwebte sie auf der Rolltreppe in Gesichtshöhe vor mir. Gehörte, ich sag jetzt mal: einer Amerikanerin. Sie erleben hier die krude Verwendung eines nationalen Klischees, exakt so, wie es in Wirklichkeit vorkommt. Amerikanerin! Reden hörte ich sie nicht, die beiden jungen Frauen ein paar Stufen über mir, jede mit blonden dicken Zöpfen und noch sehr viel dickeren, weißen, perfekt rasierten, im Übrigen aber eben stämmigen, sprich prall gefüllten, halbnackten Beinen. Eine trug Strümpfe bis zum Knie. Helle Spitze. Der Rest: Haut, gefolgt von einem weit oben sitzenden Hosensaum. Sehr weit oben.

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Der Satiriker rettet die Grundwerte

Zwei Tage vor seiner Ermordung schrieb Stéphane Charbonnier, Chef von „Charlie Hebdo“ einen Essay. Sein „Brief an die Heuchler“ ist ein Fanal gegen soziale Feigheit.

charb

Anfang Januar, zwei Tage vor seiner Ermordung, gab Stéphane „Charb“ Charbonnier, Chefredakteur der Pariser Satirezeitschrift Charlie Hebdo, einen längeren Essay zur Veröffentlichung frei. Nun ist dieser Essay auch auf Deutsch erschienen. Die Debatte, in die er eingreift, mag speziell französisch sein und der Grund für die Übersetzung vielleicht nur, dass er ungewollt als eine Art Märtyrervermächtnis dasteht. Doch er konfrontiert eine Gesellschaft mit ihrer eigenen Feigheit. Damit wird er auch in Deutschland zur dringlichen Lektüre. Weiter„Der Satiriker rettet die Grundwerte“

 

Hier bin ich Gott, hier darf ich sein

Nun also wieder Bayreuth: Während sich Upperclass und Musik-Jetset um den Perlwein versammeln, entdeckt unsere Autorin das Sexuelle an Richard Wagner.

© Reuter/Michaela Rehle
Wagner-Puppen auf dem Grünen Hügel (© Reuters/Michaela Rehle)

Der Fernbus entlässt mich mit 40 Minuten Verspätung vor einer verschlafenen Bäckerei. Ein Spaziergang durch die Nebenstraßen macht es nicht besser: In Bayreuth dämmert nichts, schon gar nicht dämmern die Götter, hier döst alles so vor sich hin. Lieblos aneinander geschobene Nachkriegsbauten, Kleinstadtstraßen, flackernde Dönerbudenschilder, musikalisch unterlegt von Verkehrsrauschen und dem Surren der Ampel.

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Am Beckenrand dieses Sommers

Wie viel Mensch verträgt das Wasser? Es ist heiß und im Freibad ist die Hölle los. Vorsicht beim Reinspringen!

Freibad: Am Beckenrand dieses Sommers
Reuters/Bernadett Szabo

Der Sommer ist nun endlich da mit seiner ganzen Pracht. Es ist so prächtig, dass man seinem Hund, wenn man einen besitzt, das Wasser wegtrinken möchte. Wir stehen, schwitzen, trinken die Hälfte unseres Vorrats. Die Sonne macht weiter. Wir sind nicht die Schlauesten gewesen, wir hätten zwei Stunden eher losgehen sollen. Wir müssen eine Stunde lang warten, bis wir endlich hineinkönnen. Der Mann, der die Eintrittskarten verkauft, sitzt hinter Glas auf einem Drehstuhl und schwitzt nicht. Ich poche mit den Fingern gegen die Scheibe und frage: „Ist das Panzerglas?“ Er grinst und sagt: „Braucht man bei den Temperaturen!“ Weiter„Am Beckenrand dieses Sommers“

 

Lasst uns über Frauen lachen

Männer stempeln Frauen gern als humorfrei ab. Und den Feminismus gleich mit. Was für ein erbärmlicher Versuch, mit der Angst vor dem anderen Geschlecht umzugehen.

Lasst uns über Frauen lachen - Freitext
Getty Images

Lasst uns über Frauen lachen. Über Frauen, die Witze machen. Witze über Politik, über Religion, über Männer, über alles. Natürlich auch Witze über sich selbst – die werden Frauen, die komisch sind, ja immer als erstes abverlangt. Damit Männer, die nicht komisch sind, keine Angst haben müssen. Denn über sich selbst zu lachen gilt bei Männern, die nicht komisch sind, als hinreichender Nachweis von Schwäche, als Geste der Unterwerfung. Sodass sie die komischen Frauen dann gewähren lassen können.

Ja, die Männer, die nicht komisch sind: Geißel der Menschheit. Und eine von deren Lieblingsvokabeln, wenn sie über Frauen reden, ist „humorfrei“. Weiter„Lasst uns über Frauen lachen“

 

Wir sind das Gemüse

In Berlin-Kreuzberg kündigt ein Investor einem türkischen Lebensmittelladen und entfesselt damit einen Sturm der Empörung. Ein Spaziergang ins Herz des Widerstands

 

1. Juli 2015

Es ist Mittwoch, ein warmer Sommerabend, die Sonne scheint, voller Kampfeslust gehe ich die Wrangelstraße entlang. Die Wrangelstraße, die vom Mariannenplatz zur Taborkirche reicht, ist zurzeit ständig in den Medien. Wegen Bizim Bakkal. Bizim Bakkal ist Türkisch und heißt „Unser Lebensmittelladen“. Bizim Bakkal ist der letzte Gemüseeinzelhändler in der Gegend, die letzte Bastion gegen Konzerne, die Globalisierung, die durchkommerzialisierte Stadt. Jetzt soll Bizim Bakkal schließen. Der neue Eigentümer des Hauses mit der Nummer 77 hat der Familie Çalişkan, die seit 28 Jahren im Erdgeschoss Gemüse verkauft, gekündigt. Ende September soll sie raus. Das will die Nachbarschaft nicht zulassen. Seit fünf Wochen gibt es Proteste. Jeden Mittwoch versammeln sich mehr und mehr Menschen vor Bizim Bakkal und demonstrieren dafür, dass er bleibt, wo er ist.

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Endstation Reiswaffelmutter

Wenn Kinder nicht mehr Sandy und Kevin, sondern Luise und Konrad heißen, muss die Welt noch lange nicht besser sein. Ein Tag auf dem Spielplatz.

Ein Tag auf dem Spielplatz
Adam Berry/Getty Images

Auf dem kleinen Spielplatz in der Hasenheide, einem Berliner Park zwischen Kreuzberg, Neukölln und dem Tempelhofer Feld, steht plötzlich, nachdem ich der Tochter Schwung gab, ein Junge vor mir und sagt: „Kannst du mich schaukeln?“ Ich nicke, hebe ihn auf die andere und gebe ihm Schwung. Er trägt ein türkisfarbenes T-Shirt mit dem Schriftzug „Meine Mutter ist schöner als deine“. Als er vorschaukelt, sehe ich auf der Rückseite das Wort „Wirklich“. Weiter„Endstation Reiswaffelmutter“

 

Klein Hitler versteht die Welt nicht mehr

Heißt Integration, so zu werden wie der handelsübliche Kleinbürger? Mit Parolen und dumpfem Volksstolz? Da hilft selbst kein Dackelkauf!

Auf den dummen Ausländer stoße ich im Wirtshaus. Deutschland führt, wir brüllen wie Lottokönige. Mann mit Glatze zerreißt Serviette in Schnipsel, wirft sie in die Luft. Kinder schnappen nach Schnipseln wie Echsen nach Libellen. Weiter„Klein Hitler versteht die Welt nicht mehr“

 

Einmal den perfekten Moment, bitte

Sommerferien sind die vorprogrammierte Überforderung. Und Luxussorgen der Extraklasse. Dieses Jahr müssen es trotzdem die schönsten aller Zeiten werden.

© Robin Utrecht/AFP/Getty Images
© Robin Utrecht/AFP/Getty Images

Das grüne Leuchten ist ein Film von Éric Rohmer – ich habe ihn ungefähr 16-mal gesehen. Es gab Zeiten, da gab ich sogar Essen, um meinen Freunden – nach der Pasta – den Film zeigen zu können. Aber die meisten mochten ihn nicht. Trotz der vorzüglichen Nudelgerichte nur Unverständnis für meine Begeisterung.

Das grüne Leuchten erzählt die Geschichte einer jungen Frau in Paris, die einen Tag vor den großen Sommerferien von ihrem Freund sitzen gelassen wird – oder war es ihre Freundin? – und nicht mehr weiß, wie sie den Sommer verbringen soll.

Alle verlassen Paris, also fährt auch sie zu Freunden aufs Land, geht alleine wandern, mit einer drallen Blondine ans Meer. Aber nirgends kommt sie wirklich an. Bis am Ende…, aber man verrät ja keine Filmenden. Weiter„Einmal den perfekten Moment, bitte“