Der Großvater unserer Autorin hat das grausame Verbrechen an den Armeniern überlebt. Erzählt hat er darüber kaum. Versuch einer Annäherung an das Unsagbare
Ein siebenjähriger Junge kommt von der Schule nach Hause. In der Stube riecht es nach Ofen und Weihrauch. Der Junge setzt sich ans Fenster und beobachtet die Gendarmen, die mit geraden Rücken und wichtigen Gesichtern durch die Straßen von Ordu reiten, Geld einsammeln und gar nicht merken, welche Fratzen auf ihren Rücken kleben.
Auf dem Platz vor dem Haus sammeln sich Leute, sie schreien, aber was sie schreien, versteht der Junge nicht. Irgendwann fliegt ein Stein. Dann noch einer. Der Junge erkennt den Schneider, auch er hat einen Stein in der Hand. Das Fenster zerbricht, und die Splitter der Scheibe liegen auf dem grauen Steinboden verteilt, grau glänzend, wie das eine Auge der Mutter, das die Kinder immer im Blick hat, auch jetzt. Das andere Auge erlosch beim Kochen durch heißes Öl. Trotzdem ist die Mutter schön mit ihrem runden Gesicht und den schweren, vollen Haaren. Der Junge kauert in einer Ecke, das Auge der Mutter ruht auf ihm. Weiter„Das Grauen wiederholt sich jeden Tag“