Lesezeichen
 

Kultur im Gängeviertel

Wer im Dezember „in die Gänge kommt“, kann Klangskulpturen im Kunsthaus Speckstraße besichtigen und Textilien im LaDöns bedrucken lassen.

Trotz der beginnenden Großrenovierung des Gängeviertels – die bunte Siedlung in der Neustadt bleibt ein Ort für Kultur. Auch im Dezember lohnt sich eine Stippvisite. Im Kunsthaus Speckstraße wird aktuell die Masterarbeit Beginning End Beginning von Julian Terbuyken ausgestellt. Er studierte Sound & Vision an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und zeigt von 17 bis 20 Uhr seine kinetischen Installationen und Klangskulpturen. Einen Mini-Spaziergang (150 Meter) entfernt, widmet man sich in den Räumen der Produktionsdesign- und Arbeitskooperative LaDöns den Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest. Im Siebdruckverfahren kann hier jeder von 14 bis 20 Uhr Textilien zu Einzelstücken veredeln lassen. Unterschiedliche Motive und Farben stehen zur Auswahl. Ein gutes Geschenk. Übrigens: In diesem Gebäude war früher eine Puppenwerkstatt ansässig.

Text: Lena Frommeyer

 

DJ Vito & Friends

Das Hip-Hop-Familientreffen des Deluxe-Soundsystem-DJs steigt im Knust. Mit dabei sind unter anderem Miss Leema, Saint One und John Known.

Für einen Teil von Hamburgs Hip-Hop-Szene wird die Bescherung in diesem Jahr auf den letzten Samstag vorm heiligen Abend gelegt. DJ Vito vom Deluxe Soundsystem feiert seinen legendären Geburtstagsbash und das verspricht ein außergewöhnlicher Abend zu werden. In den letzten Jahren versammelte der Plattenaufleger dabei eine große Schar alter und neuer Bekannter: Samy Deluxe, Afrob, Megaloh, Flo Mega, Ali A$, MoTrip, Mine, Matteo Capreoli, DJ Stylewarz, DJ Dynamite & DJ Saint One sind nur einige Namen, die sich in den zwei vergangenen Birthday Bashes das Mikrofon in die Hand gaben. Wer sich diesmal zum Familientreffen einfindet, bleibt teilweise noch geheim. Über seine Facebook-Seite verrät DJ Vito aber schon einige beteiligte Akteure, darunter Miss Leema, DJ Saint One und John Known. By the way: Das Video da unten ist sehenswert. Nette Moves, Jungs!

 

Frappööös

Zum Design- und Kuriositäten-Markt nebst Trödelbasar lädt die Künstlergemeinschaft Frappant e.V. in die Viktoria Kaserne.

Die Viktoria Kaserne lebt. Ins ehemalige Gestapo-Gebäude zog die Künstlergemeinschaft Frappant e.V.. Kreative Menschen der Bereiche Design, Freie Kunst, Fotografie, Stadtplanung, Film, Mode, Illustration, Architektur und Medienkunst arbeiten hier unter einem Dach. Da entsteht allerhand Erstaunliches, das beim legendären Design- und Kuriositätenmarkt Frappööös #5 von 12 bis 21 Uhr der Öffentlichkeit präsentiert wird. Über die gesamte Veranstaltungsfläche des Frappant e.V. (inklusive Kachelraum) bieten Künstler und Designer die Produkte ihres Geistes feil. Im ersten Stock findet ein Floh- und Trödelbasar statt. „Flanieren, schnabulieren, kommunizieren, oxidieren“, ist das Motto des Tages, welches es zur Musik von DJ Benjo und der Band NO sowie „frappierenden Köstlichkeiten und Getränken“ umzusetzen gilt.

Text: Lena Frommeyer

 

Die starke Gertrud

Emanzipation statt Selbstzerstörung: Das Stück um Aufbruch und Neuanfang im Leben einer ehemaligen Opernsängerin läuft zum letzten Mal im Thalia in der Gaußstraße.

Als Hjalmar Söderberg 1906 Gertrud schrieb, schuf der bekannteste schwedische Autor der Jahrhundertwende eine Figur, die ihrer Zeit weit voraus war. Der Schreibantrieb kam von einem selbst erlebten Liebesfiasko: Kurz vorher hatte Söderberg von dem Verhältnis seiner Geliebten zu einem viel jüngeren Mann erfahren. Dieser Betrug beschäftigte ihn noch Jahre später und lag auch seinem Roman Ein ernstes Spiel zugrunde. Das Schauspiel Gertrud entstand innerhalb weniger Wochen. Die ehemalige Opernsängerin langweilt sich in ihrer Ehe, in der sie sich unverstanden fühlt, und beginnt ein Liebesverhältnis mit einem deutlich jüngeren Mann. Doch auch von diesem fühlt sie sich verraten und entscheidet sich schließlich gegen alle Männer, die ihr Leben bestimmen. Gertrud wird oft in einem Zug mit Strindbergs Fräulein Julie und Ibsens Hedda Gabler genannt, doch Söderbergs Protagonistin geht einen großen Schritt weiter, statt Selbstzerstörung bricht sie aus der von Männern dominierten Gesellschaft aus, um ein eigenständiges Leben zu führen. Der norwegische Regisseur Eirik Stubø inszeniert den nach wie vor aktuellen Stoff als eine Geschichte von Aufbruch und Neuanfang.

Text: Natalia Sadovnik

 

Smallville Records

Kurz vor Weihnachten veranstaltet das Label noch einmal seinen eigenen Festtag und lädt Kornél Kovács und Gerd Janson in den Mojo Club.

Die letzte Smallville-Elektrobeat-Tanzveranstaltung des Jahres zeigt noch einmal, dass man beim kleinen Label gern große Feste feiert. Die DJs Kornél Kovács (Foto) und Gerd Janson legen am 19. Dezember im Mojo auf. Kovács ist ein musikalischer Frühzünder aus Stockholm, der durch die Kraftwerk-Kassetten seiner Eltern seine Leidenschaft für elektronische Klänge in einem Alter entdeckte, als wir noch die Bravo-Hits im Schrank sortierten. Mit 14 Jahren stand er schon hinter den Turntables der Stockholmer Clubs und ist inzwischen zu einer Institution der Dance-Music herangewachsen – mit eigenem Label namens Studio Barnhus‘. Gemeinsam mit Gerd Janson, dem Resident der Berliner Panorama Bar, gestaltet er die Freitagnacht im Mojo Club. So können sich die gastgebenden Smallpeople alias Dionne und Julius Steinhoff unserer Treue auch fürs kommende Jahr schon mal sicher sein.

 

206 im Molotow

Das Trio rupft die Schnörkel von den Wänden und ruft die „Republik der Heiserkeit“ aus. Ein Abend im Zeichen des New Wave mit deutschen Texten.

Stellen wir uns einen vollgestellten Raum vor, aus dem man so lange die Dinge hinausträgt, bis sich kaum noch etwas darin befindet. Nur noch das, was der Raum in seinem Herzen ist oder sein könnte. Und dieser Raum ist gerade mal so gut beleuchtet, dass man alles erkennen kann, die Atmosphäre jedoch weitab jeder Gemütlichkeit liegt. So sind wir schon nahe herangerückt an die Musik der Band 206. Mit ihrem Debütalbum Republik der Heiserkeit wurden sie 2011 zu Hoffnungsträgern der chronisch Unzufriedenen. Keine Sonne keine Cola, Hallo Hölle, Blutig im Schnee und Kältester Tag der Welt heißen ihre Lieder. Die deutschen Texte des Punkrock/New Wave-Trios schreibt Sänger und Gitarrist Timm Völker. Im Molotow spielen 206 ihr erstes Album in voller Länge sowie einige Songs des sich in Arbeit befindenden Nachfolgers mit dem Arbeitstitel Super USB Mucke.

 

Wrestling Bash

Wenn schon einen draufmachen, dann ordentlich. Das „Rock’n’Roll Wrestling Bash“ vereint Musical, Comedy, harte Muskeln und laute Musik.

Ins Weihnachtsmärchen können ja die anderen gehen. Im Gruenspan widmet man sich lieber einem krassen Gegenprogramm: Wrestling zu Rock-’n‘-Roll-Musik. Im Detail heißt das genau das, wonach es klingt. Während sich das Wrestling Bash Orchestra metaphorisch gesprochen die Gitarren und Bassläufe auf der Bühne um die Ohren haut, tun es ihnen die maskierten Herren und Damen der Galactic Trash Wrestling Alliance im Ring völlig unmetaphorisch gleich. Dabei hegen die Akteure noch den Anspruch, dass ihr Kampf nicht einfach möglichst schmerzhaft aussehen und klingen soll, sondern dem Publikum nebenher eine Geschichte vermittelt wird. So entsteht ein Rock-’n‘-Roll-Musical, das Trash zur gewaltigen Kunstform erklärt und neben stählernen Fäusten auch manch Lachmuskel in Bewegung bringen dürfte.

 

Trash im Lichtmess

Filmjournalist Christian Keßler liest aus seinem Buch „Wurmparade auf dem Zombiehof – 40 Gründe, den Trashfilm zu lieben“ und zeigt Filmausschnitte.

Der wagemutige Filmjournalist Christian Keßler erkundete ein Genre, das andere wohl als den Dreck unterm Fingernagel der Filmindustrie bezeichnen. Er tauchte ein in die Welt des Trashkinos und schrieb ein Buch über seine Recherche mit dem Titel Wurmparade auf dem Zombiehof – 40 Gründe, den Trashfilm zu lieben. „Es gibt eine Welt, in der menschenfressende Kaninchen und Motorradfahrer mit Truthahnköpfen leben. Sie befindet sich auf der anderen Seite der Leinwand, weit jenseits der gewohnten Unterhaltungsstrategien Hollywoods“, heißt es auf der Homepage des Lichtmess Kino. Hier liest der Autor am 18. Dezember aus seinem Werk und illustriert diesen Ausflug mit Filmausschnitten. Übrigens ist Christian Keßler der Meinung, dass der Begriff „Trash“ viel zu oft mit „Schrott“ gleichgesetzt wird. Er schreibt in einem Facebook-Post:

„Das Wort „Trash“ nagt an mir. Ich habe den Begriff im Untertitel meines Buches verwendet, weil ansonsten fast niemand gewußt hätte, wovon das Buch handelt. Absonderliches Kino? Klabauterfilme? (…) Ich fand es ganz passend, dem Begriff gleich im Vorwort zuleibe zu rücken. Trashkino ist Mist. Mit Trashkino putzt man sich den Popo ab. Was wirklich verherrlichenswert und dokumentierenswert ist, ist Schönheit. Schönheit hat ja manchmal eine krumme Nase oder mulmige Angewohnheiten. Aber man weiß sie zu schätzen, denn sie veredelt den Pfad durch das Schnöde.“

Text: Lena Frommeyer

 

Doppelsechs

Der unkonventionelle Fußball-Talk mit den Journalisten Hendrik von Bültzingslöwen und Ole Zeisler geht am 18. Dezember im Knust über die Bühne.

Noch x Mal schlafen (bitte je nach Datum die verbleibenden Tage einsetzen), und dann ist es soweit: DoppelSechs, die zarteste Versuchung, seit es Fußball-Talk gibt, bittet mal wieder zur alljährlichen Weihnachtsgala. Welche knallharten Themen bringen die zwei Macher, Chefredakteur Hendrik von Bültzingslöwen und Herausgeber Ole Zeisler, wohl diesmal zur Sprache? Enthüllen sie womöglich die Schablone, mit der der DFB-Coiffeur Spielern wie Kroos, Mertesacker, Klose, Lahm und Kramer die Haare rasiert? Oder verraten sie uns die wahren Gründe dafür, warum sich Falko Götzs Trainertraum in Aue ausgeträumt hat? Oder haben die beiden eventuell den Live-Ticker-Volontär der Sportschau mit dabei, der uns seine obsessive Liebe für den RB Leipzig erklärt? Heute gibt’s in gewohnt knallharter Manier die Antworten – mit den Gästen Jan-Philipp Kalla, Patrick Owomoyela und Jeaninne Michaelsen.

 

„Honka“

Die Kriminaloperette über den Altonaer Serienmörder ist ein Mordsspektakel. Weitere Vorstellungen finden am 19., 20., 26. und 27. Dezember statt.

Während im Dezember harmlose Weihnachtsstücke auf den Hamburger Spielplänen stehen, bürstet das Lichthof Theater die allzu besinnliche Stimmung traditionell gegen den Strich. Honka – Frauenmörder von Altona sorgt 2014 dort für die Bescherung. Autor, Regisseur und Bühnenbildner Marcel Weinand bringt bereits zum 13. Mal wenig Märchenhaftes, dafür extrem Unterhaltsames auf die Bühne. Nach Mord nach Spielplan im Jahr 2013 ist Honka nun der zweite Teil einer Trilogie über Serienmörder. 2014 inszeniert er ein Mordsspektakel, zu dem Lichthof-Komponistin Eva Engelbach Songs samt Texten liefert.

Zwischen 1970 und 1975 ermordete Fritz Honka vier Frauen, die nach ihrem Verschwinden niemand vermisste. „Diese Frauen, die ja naturgemäß nie zu Wort kamen, werden wir als Opferchor auftreten lassen“, erläutert Marcel Weinand. Über die Motive des Mörders wurde viel spekuliert, um (verweigerten) Sex soll es gegangen sein. Marcel Weinand zweifelt: „Das ist doch kein Motiv, um eine Frau zu zerteilen, sie in Plastiksäcke zu füllen und hinter eine Gipskartonwand zu packen.“ Dort wurden die Leichenteile 1975 per Zufall in Honkas Wohnung entdeckt. Es folgte ein Medienspektakel enormen Ausmaßes, sogar ein Lied kam auf den Markt: Gern hab‘ ich die Frauen gesägt. Nun wird der historische Kriminalfall zum Musiktheater. Und wenn er nicht 1998 gestorben wäre, dann …

Text: Dagmar Ellen Fischer