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Motorpsycho

Fans der Trondheimer Rockinstitution können sich im Gruenspan auf einen lauten und psychedelischen Jazz-Prog-Rock-Abend freuen.

The more the things change, the more they stay the same„, heißt es in einem Song der Band Rush. Für die Norweger von Motorpsycho, ähnlich freigeistig zwischen Jazz, Prog, Rock und Hymne changierend wie das kanadische Stadion-Gegenstück, bedeutet das in schlichteren Worten: Veränderung als Konstante. Immer wieder trug die Band, seit Ende der 1980er Jahre aktiv, ihren Sound um die Ecke. Vor zwei Jahren forderten sie ihre Hörer mit dem Prog-Jazz-Monolithen The Death Defying Unicorn heraus, zur Belohnung gab es anschließend mit Still Life with Eggplant und zuletzt mit Behind the Sun wieder leichtgängigeres Material. Aber täuscht euch nicht: Das Konzert von Motorpsycho wurde, wie die Veranstalter mitteilten, wegen „ihrer Vorliebe für lange und sehr laute Shows im Interesse ihrer Fans und der Anwohner des Schanzenparks“ ins Gruenspan verlegt. Ihr könnt euch also auf einiges gefasst machen!

Text: Ingo Scheel

 

„Altonale Pop Nacht“

Elektro, Folk und Loop-Maschine: Mini-Festival mit 13 Bands in vier Konzerträumen rund um den Platz der Republik

Runde zwei für die altonale Pop Nacht. Nach dem Auftakt 2014 haben sich auch dieses Jahr wieder 13 Bands für das Mini-Festival rund um den Platz der Republik angekündigt. Serviert wird auf den vier Bühnen der perfekte Mix für einen lauen Sommerabend: mit melancholischen Electro-Beats der Hamburger Fuck Art Let’s Dance über Pop von Nörd aus Berlin und Rock/Alternative von Trupa Trupa aus der diesjährigen Partnerstadt Danzig bis hin zum 1970er-Jahre-Folk-Pop der dänischen Band NovemberDecember ist für jeden etwas dabei. Neben den Letztgenannten das Highlight des Abends: die australische Singer-Songwriterin Kat Frankie, die mit ihrer Stimme und einer Loop-Maschine einen ganz besonderen Sound erzeugt. Orte des Geschehens sind neben dem Rathaus Altona und der Christianskirche die Alfred Schnittke Akademie sowie der Gemeindesaal der St. Petri-Kirche. Für die Aftershow-Sause bitten die DJs von 917xfm ab 23 Uhr im Innenhof des Altonaer Rathauses zum „Tanz unterm Sternenzelt“.

Text: Theresa Huth

 

„Sternbrücken Bambule“

Electro umsonst und davon ganz viel gibt es am Freitag schon nachmittags bei der Bambule unter der wohl musikalischsten Brücke Hamburgs.

Man kennt diese Abende, an denen man leicht uninformiert in einen Club stolpert, die Musik nicht so das Wahre ist und man dafür auch noch einen beachtlichen Schein hingelegt hat. Da schafft die Sternbrücken Bambule am Freitag Abhilfe. Nicht nur, dass es gute elektronische Musik en masse in mehreren Locations gibt, das Ganze kostet euch exakt nichts. Nachmittags laden Surya und Klingel3 in den Sterngarten, die Rappelkiste und Gut Drauf später ins Fundbureau. In der Astra Stube gibt’s außerdem Harmonie im Bassgewitter u.a. mit Richard Elcox und Kevin Eulenberg oder Elektorlachs und im Wasserschaden legen die All Stars Dr. Berger, Fabs# und Einfach Paul auf. Jetzt braucht es nur noch ein, zwei schmale Scheine für die Drinks eurer Wahl und ein paar Regeln für einen harmonischen Abend, der ganz der Musik gewidmet sein soll: Geht respektvoll miteinander und der Umwelt um. Nazis, Sexisten, Pöbelanten und Müllrumwerfer können also gleich zu Hause bleiben – und damit kann sicher jeder leben.

Text: Andra Wöllert

 

Bambounou

Frickeliger Techhouse gekreuzt mit Garage, Ghetto Tech und Bass Music erwarten uns beim Set des französischen DJs im Baalsaal.

Schon mal zu einem Science-Fiction-Roman getanzt? Ginge auch nur bedingt. So im eigenen Kämmerlein mit Buch in der Hand vielleicht. Hier ein mehr als angenehmer Kompromiss: Bambounous neues Album klingt wie futuristische Fantasy-Lektüre und passender Weise spielt er am Freitag live in Hamburg. Der DJ und Produzent aus Paris bedient sich beim House und Techno und mischt das ganze gekonnt mit Spuren von Garage, Ghetto Tech und Bass Music. Resident Advisor vergleicht seine Musik mit den Klängen eines großen belebten Rummelplatzes bei Nacht. Und deshalb ist auch unser Dauer-Nightlife-Rummel Reeperbahn der place to be, wenn es um Bambounous Set geht. Mitten auf der Meile der Sünder, Tanzwilligen, Drogis, Touris und Co. weilt der Baalsaal. Und wenn Musik und Ambiente schon mal zu so einer Symbiose zusammenkommen, dann sollte man definitiv dazukommen.

Text: Andra Wöllert

 

Luxembourg Sounds Like…

Math-Rock, Afrobeat, Elektro oder Post-Rock – so klingt Luxemburg. Geht für Umme auf musikalische Reise in den Kleinstaat.

Ein kleines Land ist es, unser Nachbarland, gleich links neben Rheinland-Pfalz und irgendwie gibt es da doch auch so eine Königsfamilie. Was wissen noch über Luxemburg? – Gefühlt nichts. Vor allem, was deren Musikszene angeht. Das Exportbüro des Kleinstaates will das jetzt ändern. music:LX lädt zwei Bands ins Molotow ein und zeigt uns for free what Luxembourg Sounds Like…

Geht man nach diesen Bands, klingt Luxemburg laut: Mutiny On The Bounty, die einige vielleicht noch vom Reeperbahnfestival kennen, machen Math-Rock mit elektronischen Anleihen. Die vierköpfige Band lasse eine dunkle Atmosphäre entstehen, die aber immer von dem für sie typischen kraftvollen Groove gezeichnet sei, heißt es in der kryptischen Beschreibung. Der ungewöhnliche und komplexe Sound der zweiten Gäste macht eine Einordnung nicht minder leicht. Das Quartett No Metal In This Battle ist beeinflusst von nigerianischem Afrobeat, Post-Rock und Math-Rock. Ihre Punk-Attitüde gibt dem Sound den letzten Schliff – und viel Energie bei den Live-Shows.

Gute Musik, unbekannte Bands, kein Eintritt – und endlich mal mehr Wissen über Luxemburg. Eine Win-Win-Situation für alle.

Text: Andra Wöllert

 

„Underdog“

Was sich erst mal nach bösem Disney-Film anhört, ist in Wirklichkeit eine Kritik an den Verhältnissen in Ungarn – zu sehen im 3001.

Ein Mädchen fährt auf seinem Fahrrad durch die menschenleeren Straßen von Budapest. Ihr hinterher jagen Hunderte von streunenden Hunden. Diese Szene aus Underdog erinnert an Hitchcocks Die Vögel, denn die Tiere sind hochaggressiv und greifen Menschen an. Anführer der Meute ist Hagen, ein eigentlich freundlicher Mischlingshund. Er gehört der 13-jährigen Lili (Zsófia Psotta), wurde ihr aber weggenommen und ausgesetzt, weil auf Bastarde eine hohe Steuer erhoben wird. Hagen fällt einem brutalen Kampfhundtrainer in die Hände, kann sich aber retten und später aus einem völlig überfüllten Tierheim befreien. Nun nimmt er Rache an all den Menschen, die ihm Leid zugefügt haben. Underdog, vom ungarischen Regisseur Kornél Mundruczó inszeniert, ist eine gesellschaftskritische Parabel auf die undemokratischen Verhältnisse in Ungarn und eine spannende Story darüber, warum ein zahmes Haustier zu einer Kampfmaschine mutiert. „Wild und wunderschön“, beschreibt die New York Times, den in Cannes prämierten Film. Zu sehen ist er seit gestern in den großen und kleinen Lichtspielhäusern der Stadt – wie dem 3001 Kino.

Text: Heinrich Oehmsen

 

„Das Licht der Welt“

Avantgardist Klaus Wyborny bereiste die ganze Welt und filmte dabei, wie andere seine Filme schauten – um daraus einen neuen Film zu machen.

Klaus Wyborny sagt: „Ich bin kein Experimentalfilmer. Ich weiß, was ich tu…“. Viele Jahre war Avantgardist Wyborny ein Weltreisender. Es gibt die tollsten „Seestücke“ von ihm. Auf festem Boden entstanden seine Studien zum Untergang des Abendlandes, am Sandtorkai, in New York, in Mombasa. Auch mit diesem Film ist Wyborny auf Reisen gegangen. Wenn er unterwegs in einem Kino lief, hat Wyborny die Leinwand gefilmt und das Publikum seines Films. Daraus ist nun „Das Licht der Welt“ entstanden, der seine Uraufführung im Metropolis erlebt. Wyborny, der 1968 Mitbegründer der Hamburger Filmemacher Cooperative gewesen ist, sagt: „Es ist vielleicht als eine Art Schwanengesang auf die klassische Filmvorführung zu verstehen.“ Noch den ganzen Juni lang sind in der Metropolis-Bar Wybornys Pazifische Installationen zu sehen – visuelle Mitbringsel von einer Reise in die Südsee mit Tilda Swinton und Hanns Zischler.

 

Tschechow-Abend

Das Monsun-Theater bringt eine sehr kurzweilige Collage aus weniger bekannten Komödien des russischen Meisters auf die Bühne.

„Und Sie glauben, weil Sie ein poetisches Wesen sind, so dürfen Sie mich ungestraft beleidigen?“, entgegnet der Gutsbesitzer Smirnoff der Witwe Popowa, nachdem sie ihn als Bauer, Walross, Monstrum – und Bär beschimpft. Der Bär, den Anton Tschechow selbst mit „Scherz in einem Akt“ untertitelte, gehört zu den eher selten aufgeführten Bühnenstücken des russischen Dramatikers und Schriftstellers. Aber in einer Zeit, da Tschechows Komödien in Hamburg Hochkonjunktur haben, findet auch dieser Einakter zurück auf die Bühne, und zwar gleich mehrmals. Erst im März zeigte der Mojo Club die No-Budget-Inszenierung Der Bär. Vor wenigen Tagen wurde das Stück im Rahmen der Privattheatertage aufgeführt, und auch das Monsun Theater greift es nun an seinem Tschechow-Abend auf, hier allerdings als Teil einer sehr kurzweiligen Collage aus Der Bär, Der Heiratsantrag, Die Hochzeit und anderen Komödien in der Regie von Ariane DeMelo und Hans-Peter Kurr.

Text: Sabine Danek

 

Calle 13

Ausgelassenes und schweißtreibendes Vergnügen: Die Puertoricaner Residente und Visitante lassen im Stadtpark die Luft zittern.

Auch wenn die Karriere der beiden Straßen-Hip-Hopper von Calle 13 mit dem politischen Song Querido FBI begonnen hat und ihre Haltung eindeutig linksorientiert ist, kann man die Musik der puertoricanischen Band auch einfach als Party-Musik genießen. Die beiden Halbbrüder Residente und Visitante, die Calle 13 vor zehn Jahren gegründet haben, heuern für ihre Tourneen mehr als ein Dutzend Sänger und Musiker an, jeder für sich ein Könner und vertraut mit den unendlich vielen Rhythmen, Tänzen und Gesängen Lateinamerikas. Cumbia, Salsa, Afro-Cuban Jazz, Tango verbinden sich mit Reggaeton, einer Neuschöpfung aus Reggae, Dancehall und Merengue. Konzerte mit Calle 13 sind ein ausgelassenes und schweißtreibendes Tanzvergnügen. Nachdem Calle 13 zuletzt in der Fabrik für ein ausflippendes Publikum gesorgt hat, steigt diese Reggaeton-Party jetzt als Open Air im Stadtpark.

Text: Heinrich Oehmsen

 

„Atlantic“

Poesie und Politik: Das 3001 zeigt die Geschichte des Marokkaners Fettah, der 300 Kilometer über den Atlantik nach Europa surft.

Fettah, der Sohn eines marokkanischen Fischers, kann vom Fischen kaum leben. Doch dank seiner Fähigkeiten als Trainingspartner europäischer Surftouristen herrscht an Geld und Anerkennung in seinem Leben kaum Mangel. Stattdessen wächst in ihm eine seltsam diffuse Sehnsucht, den reichen, schönen Gästen noch näher zu sein – und damit der verwegene Plan, nach Europa zu surfen. Regisseur Jan-Willem van Ewijk, selbst begeisterter Surfer, hat seinen Film Atlantic, der im 3001 Kino gezeigt wird, im marokkanischen Surf-Spot Moulay entwickelt. Über die Untiefen seiner Geschichte gleitet er nobel hinweg. Andererseits ist er wach genug, um zu zeigen, dass zum Gefolge der Spaßtouristen nicht nur smarte Blondinen, sondern auch Lidl-Tüten gehören. Im Falle Fettahs kommt noch ein gehöriges Maß an Entfremdung hinzu. Der Film sucht sie zu überwinden, indem er das Meer als das eigentliche Lebenselement Fettahs zeigt. 300 Kilometer über die offene See – doch trotz der großartigen Naturaufnahmen bleibt ein Rest Unbehagen: Auf die Politik reagiert das Kino mit Poesie, vielleicht ein letztes Mal, ehe wir von Torpedoabschüssen auf Schlepperboote vor der nordafrikanischen Küste und womöglich vom Kollateralschaden versenkter Surfbretter hören.