In meinem letzten Eintrag habe einen Zielkonflikt in der europäischen Stabilisierungspolitik formuliert. Um die Ungleichgewichte im Währungsraum zu beseitigen, ist eine Preisanpassung nach unten im Süden und nach oben im Norden nötig. Der Konflikt: Je mehr die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Süden gestützt wird, desto geringer die Anpassung von Löhnen und Preisen, je mehr auf Stützung verzichtet wird, desto höher die sozialen und – über Hysterese – ökonomischen Kosten.
Das Postulat eines Zielkonflikt basiert auf der plausiblen Annahme, dass die Nachfrage für Preis- und Lohnentwicklung entscheidend ist, weil die Löhne steigen, wenn die Kapazitätsauslastung zunimmt – und fallen, wenn sie abnimmt. Mit anderen Worten: Wir brauchen den Boom im Norden genau so wie die Rezession im Süden, um die Ungleichgewichte abzubauen.
Auf der INET-Konferenz in Berlin habe ich heute mit Sebastian Dullien über dieses Thema gesprochen – und er hat einen ziemlich klugen Einfall: Statt die Löhne über die Nachfrage zu steuern und damit enorme Kollateralschäden in Kauf zu nehmen, sollten wir sie lieber direkt steuern. Also: Konzertierte Aktionen, runde Tische, Bündnisse für Arbeit und ähnliches – die Tarifparteien zusammenbringen – und eine Lohnpolitik vereinbaren, die einen Abbau der Ungleichgewichte erlaubt.
Die Sozialpartner wären gewissermaßen für die Preissetzung zuständig – und dadurch würde sich Spielraum für die Geldpolitik oder die Finanzpolitik ergeben, die Nachfrage zu stützen, um so die Kosten der Anpassung zu senken.
Bedenkenswert!