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Frühling an den Aktienmärkten (wird bald vorbei sein)

Wenn die Märkte lange Zeit gefallen sind, kann es schnell zu einem Kursfeuerwerk kommen. Das gilt nicht nur für Aktien, sondern auch für Öl und andere Rohstoffe. Selbst in Japan, wo die wirtschaftliche Lage geradezu katastrophal ist, haben sich die Kurse in den letzten Monaten um mehr als 20% erholt. Dennoch sieht es bislang nicht nach einer echten Wende aus, vielmehr nach einer weiteren von mehreren Bear Market Rallies, die wir seit Ausbruch der Krise im August 2007 erlebt haben. Die Fundamentaldaten sind einfach noch zu schlecht.

Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass das globale BIP 2009 im Durchschnitt um 1,3% unter seinem Vorjahreswert liegen wird. Das ist auf der Basis von Kaufkraftparitäten gerechnet – nimmt man aktuelle Wechselkurse, dürften eher knapp -3% herauskommen. Die Unternehmensgewinne werden sich für’s erste nicht erholen können, wenn diese Vorhersagen stimmen. Und wenn bei den Gewinnen nichts läuft, läuft auch nichts bei den Kursen.

Das Preisniveau wird in den reicheren Ländern in diesem Jahr sinken. Auch durch Gesundbeten kommt man nicht um die Feststellung herum, dass sich das wie eine Deflation anfühlt. Angesichts der immer noch zunehmenden Outputlücken wird es zu immer intensiveren Preiskämpfen kommen; auch die Arbeitnehmer haben einen schweren Stand. So oder so, das Deflationsrisiko ist bis auf weiteres größer als das Inflationsrisiko. Daher sind die Rentenmärkte relativ fest. Sie profitieren zudem von niedrigen Notenbankzinsen und dem immer verzweifelteren Bemühen von Lebensversicherungen und Pensionskassen, ihre Renditeversprechen angesichts schwacher Aktienmärkte einzuhalten.

Eine nachhaltige Wende zum Besseren wird es dann geben, wenn der Lagerabbau beendet und der Ersatzbedarf immer dringender geworden ist, wenn die Einstiegskurse bei Aktien und Immobilien noch attraktiver sind als heute und wenn die Finanzpolitik trotz hoher staatlicher Defizite die Konjunktur so lange stimuliert, bis die private Nachfrage wieder anspringt. Das wird noch dauern.

Ausführliches zur Lage der Weltwirtschaft und den Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – April 2009*) (pdf, 215 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Frohe Ostern – reales BIP könnte um 11,5% gesunken sein

Wer gedacht hatte, mit dem Rückgang des deutschen BIP um 8,2% im vierten Quartal (Veränderung ggü. dem 3. Quartal, auf ein Jahr hochgerechnet, wie in den USA üblich) sei das Schlimmste überstanden, hat sich leider geirrt. Es geht im freien Fall nach unten, und wenn ich mir die Auftragseingänge ansehe, also den zuverlässigsten Frühindikator, ist noch keine Wende in Sicht. Nur in Japan ist die Rezession ähnlich tief. Beide Länder leiden unter ihrer strukturellen Konsumschwäche und dem Einbruch der Kapitalgüterexporte. Weiter„Frohe Ostern – reales BIP könnte um 11,5% gesunken sein“

 

Rücksichtslose deutsche Sparer

Am Mittwoch hatte Marco Annunziato von der italienischen Bank UniCredit unter der Überschrift „Reckless Thrift“ die Überschussländer China und Deutschland massiv angegriffen – sie seien wegen ihrer gewaltigen Leistungsbilanzüberschüsse mitverantwortlich für die globale Krise. Sie sparten zuviel, und insbesondere Deutschland setze auf eine Erholung des Welthandels statt die Rezession durch eine kräftige Stimulierung der Inlandsnachfrage abzumildern und zu verkürzen. Ebenso wie die anderen Länder des Euroraums verlasse es sich zu sehr auf die automatischen Stabilisatoren – steigende staatliche Defizite durch Steuerausfälle und höhere Sozialleistungen – und kritisiere die Ausgabenpläne der amerikanischen und britischen Regierungen, hoffe aber gleichzeitig, dass sie die konjunkturelle Wende bringen. Die größte europäische Volkswirtschaft wieder einmal als Trittbrettfahrer! Weiter„Rücksichtslose deutsche Sparer“

 

Leider nur ein Strohfeuer

Will denn diese Rezession gar nicht enden? Die Marktteilnehmer können und wollen nicht glauben, was da täglich an schlechten Nachrichten auf sie einprasselt. Es muss doch irgendwann Licht am Ende des Tunnels zu sehen sein. Alles ist doch so unglaublich billig und die Geldpolitiker und Finanzminister geben so viel Gas wie noch nie, da müssten doch Nachfrage, Konjunktur und – natürlich – auch die Aktienkurse endlich wieder anspringen.

Surprise, surprise, es hat sich tatsächlich etwas getan, das Flehen wurde erhört. Weiter„Leider nur ein Strohfeuer“

 

Ich verkaufe der Oma ihr klein‘ Häuschen

Niemand kann mir vorwerfen, dass ich zu optimistisch bin, was die Konjunktur angeht. Aber die Zahlen für die deutschen Auftragseingänge im Januar, die am Mittwoch veröffentlicht wurden, haben mich doch umgehauen: real und saisonbereinigt lagen sie um sage und schreibe 35,2% unter ihrem Vorjahreswert. Dabei beschönigt das noch die Situation. Aus dem Vergleich Januar zu Juli ergibt sich eine Verlaufsrate, also eine von sechs Monaten auf ein Jahr hochgerechnete Veränderung, von –51,4%. Wenn das so weitergeht, kann bald die halbe Industrie zumachen. Weiter„Ich verkaufe der Oma ihr klein‘ Häuschen“

 

Eingepreister Pessimismus

Für Anleger sind die Hauptthemen immer noch der Konjunktureinbruch und der Rückgang der Inflationsraten. Sie haben es mit keiner normalen Rezession zu tun, sondern mit einer „Bilanzrezession“ – Schuldenabbau ist für viele Haushalte und Unternehmen angesichts stark geschrumpfter Vermögenswerte überlebenswichtig. Sie müssen ihre Ausgaben einschränken und werden auch dann dabei bleiben, wenn die Zinsen Null erreichen und die Steuern gesenkt werden. Allein ein kräftiger Anstieg der Staatsausgaben kann helfen, auch wenn es dadurch zu zweistelligen Haushaltsdefiziten kommt. Trotzdem wird sich nicht vermeiden lassen, dass das globale BIP in diesem Jahr stark schrumpfen wird. Mit ihm vermindern sich die Realeinkommen.

Die Frage ist, ob ein solches Szenarium schon in den Aktienkursen, Bondpreisen und Immobilienpreisen enthalten ist. Wenn ja, ist die Welt voller günstiger Kaufgelegenheiten, denn schlechter kann es nicht kommen. Irgendwann werden auch die massiven monetären und fiskalischen Gegenmaßnahmen greifen. Ich habe da allerdings meine Zweifel, dass wir vor einem Ende des Abwärtstrends stehen. Jedenfalls brauchen sich die Anleger nicht zu beeilen.

Ausführliches zur Lage der Weltwirtschaft und den Aussichten für Aktien, Bonds, Rohstoffe und Wechselkurse in meinem neusten Investment Outlook:

Wermuth’s Investment Outlook – March 2009*) (pdf, 205 KB)

*) Den Investment Outlook von Dieter Wermuth in englischer Sprache gibt es einmal im Monat und er wird zunächst kostenlos auf Herdentrieb zum Herunterladen bereitgestellt. (ur)

 

Konsum hält sich, Exporte und Investitionen brechen weg

Die Zahlen zum deutschen Bruttoinlandsprodukt, genauer: zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, waren, was das Gesamtergebnis angeht, nicht überraschend. Das reale BIP ist im letzten Quartal des Vorjahres mit einer Verlaufsrate von 8,2% gesunken und lag damit um 1,65% unter seinem Vorjahresstand.

Für 2008 insgesamt kam es noch zu einer Zuwachsrate von 1,3%. Der zyklische Höhepunkt wurde im 1. Quartal 2008 erreicht, seitdem sinkt der Output (Y). Nach der international üblichen Definition herrscht also seit dem 2. Quartal 2008 in Deutschland Rezession. Weiter„Konsum hält sich, Exporte und Investitionen brechen weg“

 

Reden wir über Bilanzrezessionen!

Am Mittwoch hat Martin Wolf in der Financial Times einen Artikel über Balance Sheet-Rezessionen geschrieben und ist mir damit etwas zuvorgekommen. Seit einigen Tagen lese ich in der S-Bahn das im vergangenen Sommer erschienene neue Buch von Richard Koo, dem Chefökonom des Nomura Research Institute. Es heißt „The Holy Grail of Macroeconomics“ und ist eine erweiterte und aktualisierte Version seiner bahnbrechenden, wenn auch lange Zeit nicht sehr ernst genommenen Studie zur „Balance Sheet Recession“ vom Februar 2003.

Richard Koo schreibt unterhaltsam, belegt alles anschaulich mit empirischem Material und vor allem: Seine Analysen haben sich als außerordentlich wertvoll erwiesen, schon weil es so wenig Vergleichbares über die Prozesse nach dem Platzen von Asset Price-Blasen gibt. An den Universitäten war das Studium der Makroökonomie lange Jahre wenn nicht verpönt, so doch im Vergleich zu Finance und Mikro als ziemlich irrelevant angesehen worden, und dass es so etwas wie eine Depression noch einmal geben könnte, wurde angesichts der angeblich wundervoll funktionierenden Märkte schlichtweg geleugnet. Nun ja, das ändert sich gerade dramatisch. Weiter„Reden wir über Bilanzrezessionen!“

 

BIP sinkt mit einer Rate von 8,2% – Politik muss gegensteuern!

Ich weiß, die –8,2% klingen reißerisch – es handelt sich aber einfach um die Hochrechnung der heutigen BIP-Zahl für das vierte Quartal von real und saisonbereinigt -2,1% q/q auf ein ganzes Jahr und entspricht dem Wert von -3,8%, den die Amerikaner kürzlich für ihr viertes Quartal veröffentlicht hatten. Die hochgerechnete Verlaufsrate gibt die aktuellen Trends besser wieder als der Vorjahresvergleich. Bei dem kam im vierten Quartal für Deutschland übrigens -1,7% heraus. International üblich sind Verlaufsraten allemal.

Das reale BIP ist also noch schlechter ausgefallen als befürchtet, allerdings angesichts dessen, was sich in der Industrie tut, nicht so schlecht, wie es hätte sein können. Im laufenden Quartal wird es im selben Rhythmus weitergehen, so dass sich unter den Annahmen, dass der Rückgang im zweiten Quartal „nur“ noch 1,0% q/q beträgt und es danach zu einer Stagnation kommt, im Jahresdurchschnitt 2009 beim realen BIP im Vorjahresvergleich ein Rückgang von 4,7% errechnet. Das gab es seit den dreißiger Jahren nicht mehr. Weiter„BIP sinkt mit einer Rate von 8,2% – Politik muss gegensteuern!“

 

Die Lage ist ernst

Nach den Zahlen für die Industrieproduktion im Dezember zu urteilen, wird das deutsche Sozialprodukt im 4. Quartal gegenüber dem 3. Quartal real und saisonbereinigt um ein bis zwei Prozent geschrumpft sein. Das bedeutet, dass es im Vorjahresvergleich zwischen 0,6 und 1,6 Prozent zurückgegangen ist.

Um die Sache mal dramatischer darzustellen – oder so dramatisch, wie sie wirklich ist: Die Industrieproduktion einschließlich Bau lag im Dezember um 12,0 Prozent unter ihrem Vorjahreswert. Der Absturz läuft seit September: Wenn man den Rückgang von August bis Dezember auf’s Jahr hochrechnet, ergibt sich eine Verlaufsrate von –33,6% (104,6/119,9 hoch drei, da vier Monate ein Drittel eines Jahres sind). Das ist ein deutlich stärkerer Rückgang als etwa in den USA (-16,0 Prozent) oder in Großbritannien (-17,6 Prozent). Auch im Vorjahresvergleich ist der Rückgang in Deutschland größer. Weiter„Die Lage ist ernst“