Was Putins Hecht mit der Schwulenverfolgung in Russland zu tun hat

Dies ist ein Artikel über die Unterdrückung von Schwulen in Russland, über die Olympiade in Sotschi und den drohenden Boykott. Aber erst muss ich etwas zu dem Hecht sagen, zu Putins tollem Hecht.

Also, die Sache mit dem Hecht scheint nun doch ziemlich nach hinten loszugehen. Der russische Präsident hatte bei einem Sibirien-Trip nach Kreml-Angaben einen 21-Kilo-Hecht aus dem Wasser gezogen. Es gibt ein YouTube-Video vom Drill und von Putins eher ungeschickten Landungsversuchen. Der Mann hat nicht viel Ahnung vom Angeln. Immerhin, er hat diesen Fisch gefangen.

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Die „Achse des Guten“ gegen schwule Parasiten

„Achse des Guten“ war einmal ein radikal liberales Blog, stolz darauf, sich keine Denkverbote auferlegen zu lassen und den mittigen Mainstream herauszufordern. Seit Jahren beobachte ich ein Abdriften in eine Ressentiment-Rhetorik – wenn ich denn mal einen Link zurückverfolge, den ich irgendwo finde. Ich vermeide es, diese Seite regelmäßig zu lesen, ebenso wie PI – es bringt einfach nichts. Man regt sich uff und hat nischt von, wie es in Berlin heißt.

Als ich diesen Text las, war ich einigermassen geschockt. Dass Tsafrir Cohens Einsatz für die Menschenrechte der Palästinenser von Broder nicht goutiert werden würde – geschenkt. Man kann auch durchaus der Meinung sein, Gruppen wie medico international, für die Tsfarir arbeitet, seien zu einseitig in ihrem Focus auf die Leiden der Palästinenser unter der Besatzung. Ich teile diese Kritik zwar nicht, aber sie ist natürlich legitim.

Henryk M. Broder aber nimmt nun merkwürdiger Weise eine Meldung von medico über palästinensische Menschrechtsverletzungen zum Anlass, gegen medico und andere NGOs zu polemisieren.

Zitat aus der Mail von medico, die auch Broder aufgreift:

„Erst vor einigen Tagen wurde der Menschenrechtsaktivist Mahmoud Abu Rahma von der medico-Partnerorganisation Al Mezan in Gaza von drei vermummten Angreifern mit Messern verletzt. Die Täter begründeten den Überfall mit einem jüngst von Abu Rahma veröffentlichten Artikel. Darin warnt er vor einem System der Rechtlosigkeit und der Willkür, das entstehe wenn Regierung und Widerstandsgruppen das Recht auf Meinungsfreiheit oder auf physische Unversehrtheit weiter mit Füßen treten.
Die Berichte aus dem Arbeitsalltag der Gazaer Menschenrechtsorganisation sind erschreckend. Sowohl Fatah wie auch Hamas setzen willkürliche Verhaftungen und Folter zur Einschüchterung des politischen Gegners im innerpalästinensischen Machtkampf ein. Al Mezan liegen Hunderte Fälle von Folter sowohl in der Westbank als auch Gazastreifen vor, die in mehreren Fällen mit dem Tod endeten. Die palästinensischen Quasiregierungen verweigern dazu Auskünfte und seriöse Untersuchungen.“

Man kann darauf mit der Retourkutsche reagieren: „Ach, das merkt ihr aber spät!“

(Auch wenn es nicht stimmt, dass medico auf die Menschenrechtsverletzungen der palästinensischen Regierungen nicht hingewiesen hat. Warum sonst sollte sie Al Mezan unterstützen? Zitat von der medico-Website vom Juli 2010:

„Zum anderen sind es aber auch die beiden palästinensischen Verwaltungen, deren despotische Tendenzen gegenüber der eigenen Bevölkerung zunehmen. Dabei werden Einschränkungen von Menschenrechten immer häufiger religiös begründet. Oder mit einem Fingerzeig auf den politischen Gegner. Der Zwist zwischen Fatah, die in der Westbank herrscht und der Hamas im Gazastreifen droht nicht nur die durch die israelische Trennungspolitik verursachte innerpalästinensische Spaltung zu zementieren, sondern führt dazu, dass die beiden palästinensischen ‚Regierungen‘ die Rechte des jeweiligen politischen Gegners mit ‚Sicherheitsgründen‘ begründen, um diese dann systematisch einzuschränken.“)

Dass Broders Darstellung der Arbeit von medico unfair ist – geschenkt.

Abstoßend ist Broders Wortwahl, wo es darum geht, Tsafrir Cohen zu disqualifizieren. Er läßt sich lange und eingehend über Tsafrirs Homosexualität aus. Man wird darüber informiert, dass Tsafrir vor langer Zeit einen Schwulen-Guide für Berlin geschrieben hat, bevor er vor einigen Jahren das medico-Büro in Ramallah übernahm. Was genau das über die politische Zuverlässigkeit Cohens oder medicos besgt, bleibt im Dunkeln. Der Text gipfelt schließlich in der höhnischen Bemerkung:

„Wo sich doch medico international und Hunderte anderer NGOs um die Not leidende Bevölkerung kümmern! Tag und Nacht, von vorne und von hinten.“

Und schließlich heißt es über die NGOs in den palästinensischen Gebieten: „So lange dieses parasitäre Pack nicht von seinem ‚Recht auf Rückkehr‘ Gebrauch macht, wird es keinen Frieden in Palästina geben.“

Der Gegner ist schwul und „parasitäres Pack“ – das ist eine rechtsextreme Rhetorik, die der Broder, den ich einmal kannte, einfach nur widerlich gefunden hätte.

 

 

Ist ein schwuler Außenminister ein Problem (in der Türkei zum Beispiel)?

Wohl eher nicht, wie gestern die Milliyet berichtete:

„Der homosexuelle Freund und das diplomatische Protokoll. Was passiert, wenn der schwule Minister in die Türkei kommt?“, fragt sich die liberale Tageszeitung angesichts der Tatsache, dass der mögliche zukünftige deutsche Außenminister, Guido Westerwelle, seinen Lebensgefährten zu Staatsbesuchen mitnehmen werde. Ein Zuständiger aus dem türkischen Außenministerium habe dazu folgendes erklärt: „Wir haben noch nie eine derartige Erfahrung gemacht. Wir haben keine vorgefertigten Pläne, wie wir handeln würden. Weltweit gibt es keinen einheitlichen Umgang damit. Wenn Herr Westerwelle mit seinem Lebensgefährten kommt, werden wir einen Mittelweg finden und eine angemessene Behandlung dieses Umstands vornehmen“.

In anderen Worten: Das Protokoll wird stillschweigend so angepaßt, dass dann eben Michael Mronz ins Begleitprogramm des Staatsbesuchs integriert wird.

Es wird also überhaupt kein Problem sein. Westerwelle wird auch kein großes Thema daraus machen, möchte ich wetten. Warum sollte er auch?

Schwulsein ist nicht abendfüllend, wie der göttliche Max Goldt einmal gesagt hat. Es wird also auch keine „schwule Aussenpolitik“ geben, ebenso wie es unter Fischer keine grün-alternative gab. Es gibt nur eine deutsche Aussenpolitik.

Sollte irgendein Land signalisieren, dass es Probleme mit der sexuellen Orientierung des wahrscheinlichen deutschen Aussenministers hat, kann ihm das hierzulande nur nützen: Guido Westerwelle als Opfer von Diskriminierung – er würde endlich als Mensch wahrgenommen werden, nicht mehr nur als neoliberale Terminatormaschine, die sich bloss menschelnd umprogrammieren hat lassen.

Die bloße Tatsache allerdings, dass mit Westerwelle ein geouteter Schwuler unterwegs ist, der kein Aufhebens von seiner Orientierung macht, ohne sie aber zu verstecken, wird in vielen Ländern, besonders in den islamischen (aber auch z. B. in Schwarzafrika), eine kulturrevolutionäre Wirkung haben.

Es hat weltweit noch keinen offen schwulen Vizekanzler gegeben. Mich macht das ein bisschen stolz auf Deutschland, bei aller Skepsis gegenüber der Person. Das wird nolens volens eine stumme Menschenrechtspolitik werden.

(Und ich weiß genau, welche Mitblogger mir das nun wieder als „Obsession“ auslegen werden…)

 

Schwulenbewegung trauert um George Bush

Aus „The Onion“:

„While I tried to be commander in chief first and a homosexual man second, I knew that everything I did would be judged through the lens of ‚America’s first gay president,'“ Bush said during an interview with ABC’s Charles Gibson broadcast Dec. 1. „Looking back, my personal need to prove my manhood definitely influenced my actions. The arrogant swagger, invading Iraq, my ruthless support of the death penalty—heck, even setting back gay rights 25 years—all of it seems so silly now.“

Former press secretary Ari Fleischer agreed, saying that Bush carefully cultivated his image as a masculine, simple-minded, heterosexual male in order to combat his insecurities about appearing weak before the international community.

„Believe me, sister, he overcompensated with a capital ‚compensated,'“ Fleischer said. „But when the cameras stopped rolling and the podium was put away, he was just fabulous. We had a fabulous, fabulous time.“

Quelle.

Und damit „Frohes Fest“ allerseits!

 

Schwule Taliban?

Aus Anlass unserer Debatte hier eine Erinnerung an den sensationellen Fund des Magnum-Fotografen Thomas Dworzak in Kandahar:

 

In der schwulen Türkendisco

Muslime gehen nicht in die Disco, und wenn sie doch in die Disco gehen, sind sie keine Muslime mehr. (Diese Meinung wurde hier im Forum von Muslimen und Islamkritikern bereits vertreten.) Die gleiche Logik greift bekanntlich bei der Homosexualität.
Was ist dann mit schwulen Muslimen, die in der Disco tanzen gehen und trotzdem Muslime bleiben wollen?
Wie ist der rege Zulauf zu den Discoabenden im Kreuzberger SO36 zu erklären, wenn dort „Gayhane“ (türk. hane = Haus, Zuhause) stattfindet? Die volle Tanzfläche straft die Meinung Lügen, Homosexualität sei für Muslime „kein Thema“. An dem Thema zeigt sich vielmehr exemplarisch, wie und ob Muslime mit der westlichen Moderne zurechtkommen.
gayhane.jpgNachtleben im Gayhane
Und es tut sich durchaus etwas: Türkische Homos bevölkern Internetforen wie etwa Delidivane. Dort trägt der meistgelesene Artikel bezeichnender Weise den Titel: Wie steht der Koran zur Homosexualität? Der Artikel ist der Versuch eines frommen schwulen Muslims, den Koran für sich und seinesgleichen zu retten.
Eine schöne Reportage von der Gayhane-Party für schwule und lesbische Araber und Türken hier in der Herald Tribune.
Sie endet ziemlich düster:
K., a 22-year-old Turk from Hamburg, said: „For us, for Muslims, it’s extremely difficult. When you’re gay, you’re immediately cut off from the family.“

He had recently moved to Berlin not long after being cut off from his mother because he is bisexual. „A mother who wishes death for her son, what kind of mother is that?“ he asked, his eyes momentarily filling with tears.

Hasan, a 21-year-old Arab man, sitting at a table in the club’s quieter adjoining cafe, declined to give his last name, saying: „They would kill me. My brothers would kill me.“ Asked if he meant this figuratively, he responded, „No, I mean they would kill me.“

„I’m living one life here and the other one the way they wish me to be,“ Hasan said, referring to his parents. He said he still planned to marry, but when he turned 30 rather than right away, as his parents wished. „I have to have children, to do what Islam wants me to do,“ he said. „I would stop with everything in the homosexual life. I would stop it.“

He stood up from the table and called to his two friends. „All right, boys, let’s go dance,“ he said. „We’re here to have fun.“ And they marched off to the dance floor, smiling.

 

Der Dschihad für die schwule Liebe

Der indisch-amerikanische Filmemacher Parvez Sharma hat eine erstaunliche Dokumentation geschaffen – über Menschen, die das Pech haben, zugleich homosexuell und gläubige Muslime zu sein.

Sharma – selbst ein frommer schwuler Muslim – ist durch viele Länder gereist und hat homosexuelle Muslime interviewt. Viele von ihnen kämpfen mit der Verdammung ihrer Art zu lieben durch die religiösen Autoritäten.

Manche lesen die islamischen Quellen neu und suchen nach einer Interpretation, die mit ihrem Leben vereinbar ist. Manche haben sich für ein Exil im Westen entschieden. Aber auch dort bleibt der Stachel, dass ihre Weise nzu lieben von der offiziellen Religion ihrer Väter und Mütter verdammt wird. Oftmals führt das zu dem Wunsch, die eigene sexuelle Identität ablegen zu können, sich durch Kasteiungen und Enthaltsamkeit „gesundbeten“ und normalisieren zu können.

Das ist beileibe kein rein islamisches Thema. (Man denke etwa an Tony Kushners großartiges Stück (und Filmepos) „Angels in America“, in dem solche Konflikte unter schwulen Juden und konservativen Christen im New York der Achtziger dramatisiert werden.) Aber endlich ist es zum Thema geworden.

Die sexuelle Revolution im Islam hat begonnen.

Sie wird nicht morgen oder übermorgen siegen. Auch bei uns hat sie fast siebzig Jahre gebraucht – von der Veröffentlichung der „Traumdeutung“ (1899) bis zur Aufhebung des Chatterley-Banns (1960).

Hier ein Ausschnitt. Hier ein Bericht in der Herald Tribune.