Ditib, KRM, ZMD, VIKZ, IGMG – und die DIK

Ich habe gestern eine Veranstaltung der Katholischen Akademie in Berlin über den Dialog mit dem Islam moderiert. Ich konnte also nicht selber mitdiskutieren, wie ich es an mancher Stelle allerdings gerne getan hätte. Und entsprechend werde ich auch die Redebeiträge der Teilnehmer nicht kommentieren. Zwei Dinge aber konnte ich loswerden.

An Stelle des angekündigten Bekir Alboga nahm Rafet Öztürk teil, auch er für die Ditib tätig, und zwar als „Koordinator für den interreligiösen Dialog“. Alboga konnte nicht kommen, weil in den Islamverbänden immer noch um eine gemeinsame Haltung zur Deutschen Islamkonferenz gerungen wird. Am Mittwoch dieser Woche soll eine erste Arbeitssitzung stattfinden.

Folgendes habe ich an die Adresse von Herrn Öztürk gesagt: „Ich will Ihnen gerne mal erläutern, wie sich der derzeitige Streit unter den Verbänden für einen Medienvertreter darstellt. Ich muss meinen Kollegen in der Redaktion klarmachen, warum wir eventuell noch einen Kommentar zum Thema der Islamkonferenz brauchen. Ich fange also an zu erklären: Die Ditib hat den ZMD dafür kritisiert, die DIK durch eine Boykottdrohung zu gefährden, weil ja bekanntlich der Islamrat, der eigentlich IGMG ist, als Mitglied des KRM nicht mehr an der DIK teilnehmen soll. Der VIKZ verhält sich neutral…. Zu diesem Zeitpunkt sind alle meine Kollegen in Sekundenschlaf verfallen. Und ich kann ihnen nicht einmal übel nehmen, dass sie sich für dieses Akronym-Chaos nicht mehr interessieren. Zwischen den genannten Organisationen gibt es keine nennenswerten theologischen oder politischen Unterschiede, die für ein deutsches Publikum interessant wären. Diese Unterscheidungen, lieber Herr Öztürk, haben mehr mit ihrer Herkunft als mit der Zukunft der Muslime in diesem Land zu tun. Wenn Sie sie nicht überwinden können, werden sie sich selbst marginalisieren, und dies vielleicht ganz zu Recht.“

Zweitens war es mir am Ende der Diskussion ein Bedürfnis herauszustreichen, dass Deutschland – anders als die Debatte manchmal suggeriert – ein Land mit ungeheurer Dynamik und Veränderungsbereitschaft ist. In wenigen Jahrzehnten sind hierzulande fast 2.700 Moscheegemeinden entstanden und mehrere Millionen Muslime (bis zu 4, je nachdem wie man rechnet) wurden aufgenommen. Viele der aktiven Muslime konnten hier erstmals erfahren, was Religionsfreiheit heißt: Der Imam wird eben nicht vom Staat geschickt (es sei denn, man geht in eine Ditib-Moschee). Die Gemeinden sind frei, ihre Dinge nach eigenem Gusto selbst zu verwalten. Und vom Geheimdienst wird man auch nur beobachtet, wenn es gute Gründe dafür gibt (anders als in vielen Heimatländern). Es ist auch ohne negative Folgen (jedenfalls seitens der staatlichen  Stellen) möglich, „Kulturmuslim“ oder Atheist zu sein. In anderen Worten: Deutschland ist ein besseres Land für Muslime als viele der Herkunftsländer.

Nach den Morden an den christlichen Missionaren in Malatya vor drei Jahren brachte der Hürriyet-Chef Ertugrul Özkök es auf den Punkt: „Wo ist die muslimische Toleranz für den anderen Glauben?“, fragte der Chefredakteur. „Türken haben in Deutschland mehr als 3000 Moscheen, und wir halten ein paar Kirchen und ein Dutzend Missionare nicht aus?“ Auch wenn 3.000 Moscheen wohl eher die Zahl der (türkisch geprägten) Moscheen in ganz Europa ist, hat er absolut den Punkt getroffen.

Und dazu sollte man als Muslim in Deutschland auch gelegentlich mal was sagen, statt sich bloß über „Islamophobie“ zu beklagen. Wie islamophob kann ein Land sein, dass ohne große Aufwallungen (wenn man mal von den schändlichen Mordtaten wenige Jahre nach der deutschen Einheit absieht, die aber nicht explizit antimuslimisch waren, sondern ‚bloß‘ xenophob, und sie hatten die „Lichterketten“ zur Folge) die Bildung von 2.700 Moscheegemeinden in wenigen Jahrzehnten verträgt?

Bei allen Problemen ist das ein Grund zum Stolz auf dieses Land, und den sollten die Muslime, die davon profitieren, offensiv vertreten. Sie tun das aber nicht, sondern flüchten sich allzu oft eine unpolitische Opferhaltung.

Nach der Veranstaltung wurde ich von mehreren Verbandsvertretern aus dem Publikum auf diese Aussage angesprochen. Zu meinem eigenen Erstaunen stimmten sie mir zu.

 

Wie die Islamkonferenz gelingen könnte

Ich komme optimistisch aus der Pressekonferenz der DIK (II), die soeben im Berliner Palais am Festungsgraben zuende gegangen ist.

Der erste Grund dafür: Ich glaube, dass Innenminister  Thomas de Mazière  der Sache gewachsen ist. Am Ende der PK kam eine (ziemlich dämliche) Frage, an der man deutlich machen kann, welchen Kräften ein Minister im Zusammenhang der Konferenz ausgesetzt ist. Ein Presse-Kollege fragte den Minister „jetzt mal ganz persönlich als evangelischen Christen“, wie er es denn fände, wenn man seine heilige Schrift – die Bibel – nach Anknüpfungspunkten für Gewalt und Extremismus durchkämmen würde, wie es jetzt allenthalben mit dem Koran passiert. Und wie es ja offenbar auch in der DIK beabsichtigt sei, die sich mit der Abgrenzung von Islam und Islamismus beschäftigen werde. Das sei doch per se schon beleidigend.

De Maiziere konterte, er lasse sich durchaus fragen, welche Anknüpfungspunkte für Gewalt in der Bibel zu finden seien. Die Geschichte des Christentums kenne schließlich fürchterliche Gewaltzexzesse – Kreuzzüge, Religionskriege – die zum Glück (aber unter welchen Kosten!) überwunden seien. Natürlich sei also die Frage nach der Kraft der Religion, Gewalt zu generieren, legitim.

Sehr gut gegeben! Das war weder bigott noch politisch korrekt. Auf solcher Grundlage kann man debattieren.

Zweiter Grund: Die Islamkonferenz ist ohne Islamrat und Zentralrat womöglich arbeitsfähiger als vorher, wie ich hier schon verschiedentlich vertreten habe. Die muslimische Repräsentanz ist in der zweiten Runde auf eine breitere Basis gestellt worden. Zu den teilnehmenden türkischen Verbänden (Ditib, VIKZ) sind nämlich die bosnischen Muslime als einzelner Verband noch hinzugekommen, sowie der Verband marokkanischer Muslime. Ausserdem nimmt die eher sakuläre TGD (Türkische Gemeinde in Deutschland) teil – eine gewisse Kuriosität, die aber der türkischen Community hier durchaus entspricht. In anderen Worten: Auch ohne Islamrat (i.e. IGMG) und ZMD kann man an einem Konsens über Religionsunterricht und Imamausbildung arbeiten. Und ich verwette das Häuschen meiner Oma darauf, dass mindestens der ZMD dann bald wieder an die Tür klopfen wird. Wie schon Herbert Wehner so treffend sagte: „Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.“

Der Vertreter der Ditib, der Theologieprofessor Ali Dere, hatte vorher schon erkennen lassen, dass er das Fortbleiben von ZMD und Islamrat nicht als entscheidende Beeinträchtigung der Arbeit empfindet. Vielleicht rechnet er sich sogar einen Vorteil dadurch aus?

Der unabhängige Teilnehmer Hamed Abdel-Samad machte in seinem Statement klar, dass dies nicht bedeuten kann, Ditib als der übrig gebliebene Großverband übernehme nun den ganzen Laden. Er plädierte heftig und überzeugend dafür, die „Abnabelung der islamischen Theologie von den Herkunftsländern“ zu betreiben. Dort sei die Theologie autoritätshörig, sagte Abdel-Samad, und das könne hier nicht weiterhelfen. Er beschrieb die Chance der Islamkonferenz als „ein Stück islamische Aufklärung“. Die DIK sei ein „Verhandlungsprozess“ – erstens der muslimischen Gruppen mit dem Staat, zweitens aber auch der Muslime untereinander, die sich hier in ihrer Pluralität miteinander auseinander setzen müssen. (Ein wichtiger, oft vernachlässigter Punkt: Wo sonst treffen sich Aleviten, Schiiten, Sunniten (aus Bosnien, der Türkei, Marokko etc.) und muslimische Säkulare verschiedenster Couleur?)

Wenn ich recht sehe, hat man sich drei Ziele gesetzt. Erstens: Voraussetzungen schaffen für islamische Theologie und Religionsunterrocht an deutschen Hochschulen bzw. Schulen. Damit verbunden ist die Frage der Anerkennung islamischer Gemeinschaften als Ansprechpartner der staatlichen Stellen (auf Länderebene). Es  geht dabei nicht darum, „den Islam anzuerkennen“, wie es manchmal mißverständlich heißt. Der Islam ist eine welthistorische Tatsache, und ein weltanschaulich neutraler Staat hat prinzipiell keine Weltreligion anzuerkennen. Auch das Christentum per se ist bei uns nicht „anerkannt“, sondern die Konfessionen sind Partner des Staates in ihren konkreten kirchlichen Ausformungen. Dito die jüdische Vertretung durch Zentralrat und die liberalen Gemeinden.

Es geht also lediglich um die Anforderung an die islamischen Gemeinschaften, die rechtlichen Kriterien für die Kooperation mit dem Staat auf Länderebene zu erfüllen – also zum Beispiel eine klare Mitgliederstruktur aufzuweisen. Die bisherigen Dachverbände entsprechen dem nicht. Entweder sie reformieren sich und streben Einzelkooperationen an, oder sie formieren sich zu „Schuras“ wie etwa in Niedersachsen oder Hamburg.

Zweitens: Geschlechtergerechtigkeit vorantreiben. Dazu soll eine Studie erstellt werden über die Frage, was an der Benachteiligung von Frauen in islamisch geprägten Communities  religiös begründet ist – und was andere Ursachen hat. Das wird für alle Seiten der Debatte spannend.

Drittens: Islamismus definieren und genuine Islamfeindlichkeit von anderen Formen der Xenophobie und des Rassismus abgrenzen. (Dazu hätten wir hier einiges beizutragen…)

Man wird also genauso über jene islamisch geprägten Rollenbilder sprechen, die Mädchen und Frauen den Weg zur Gleichberechtigung verbauen, wie über die Ablehnung von kopftuchtragenden Frauen durch deutsche Arbeitgeber oder die schlechteren Chancen von Menschen mit türkischen Namen auf dem Wohnungsmarkt.

Das ist eine sehr ehrgeizige Kombination von pragmatischen und gesellschaftspolitisch langfristigen Zielen. Die Islamkonferenz lebt.

Schon vor der Sommerpause tagt der Ausschuss der DIK, der dann konkrete Projektgruppen beauftragen soll.

 

Warum die Islamkonferenz auch ohne den „Zentralrat der Muslime“ auskommt

Am kommenden Montag will Innenminister Thomas de Maizière die zweite Rundes der Deutschen Islam Konferenz feierlich im Berliner Palais am Festungsgraben lancieren. Heute ließ der „Zentralrat der Muslime in Deutschland“ (ZMD) verkünden, der für ihn reservierte Stuhl werde leer bleiben. Was soll eine DIK ohne den ZMD?

In Wahrheit steht nicht der Sinn der Islamkonferenz in Frage, sondern die Legitimation des so genannten „Zentralrats“. Denn andere, teils größere, Verbände nehmen weiter teil – wie etwa die türkische Ditib, die Aleviten, der Verband Islamischer Kulturzentren und der Verband bosnischer Muslime. Ausserdem dabei: eine hochkarätige Auswahl von 10 nicht organisierten Muslimen, darunter Theologen, Islamwissenschaftler, Anwälte und andere zivilgesellschaftliche Akteure.

Der pompöse Name „Zentralrat“ – in Anlehnung an den Zentralrat der Juden gewählt – war immer schon Anmaßung. Nichts ist „zentral“ an der Schirmorganisation, die schätzungsweise kaum zehn Prozent der hiesigen Muslime vertritt (nach  Studien, auf die sich das Innenministerium beruft, sogar nur maximal 3 Prozent) . Auf der Führungsebene dominieren deutsche Konvertiten wie der Vorsitzende Ayyub Axel Köhler, im Hintergrund agieren zwielichtige Figuren wie der ehemalige Chef der „Islamischen Gemeinde in Deutschland“, Ibrahim El Zayat, der im Verdacht steht, der Muslimbruderschaft anzugehören.Was von Köhlers Führungsstil zu halten ist, zeigte sich im Jahr 2007, als er  El Zayat einfach mit ins Plenum der Islamkonferenz einschleuste, gegen den Willen der deutschen Behörden.

Der ZMD kann keineswegs für die Mehrheit der Muslime in Deutschland sprechen. Er ist ein Relikt aus der Zeit, als der deutsche Staat und die Medien sich wenig auskannten mit den hier lebenden Muslimen. Man suchte händeringend Ansprechpartner, und da kam man bei flüchtigem Googlen eben immer auf den ZMD mit seinen wenigen sprechfähigen Köpfen: Nadeem Elyas, Ayyub Axel Köhler, Aiman Mazyek.

Diese Zeit ist vorbei – und zwar dank der Islamkonferenz. Der Islam in Deutschland hat angefangen, selbst sprechen zu lernen: Aus den türkisch dominierten Verbänden sind einige Köpfe hervorgegangen, die kompetent und eloquent Rede und Antwort stehen können – Bekir Alboga von der Ditib, Ali Ertan Toprak für die Aleviten zum Beispiel.

Immer mehr „Kulturmuslime“ melden sich zu Wort, weil sie sich nicht von den stockkonservativen Verbänden vertreten fühlen. Marokkaner, Bosnier und Iraner haben eigene Persönlichkeiten, die für die Vielfalt des Islams hierzulande stehen. Und auch die vielen Stimmen – sehr oft Frauen -, die sich kritisch mit dem islamischen Erben befassen,  sind hier zu nennen: von der frommen Schiitin Hamideh Mohagheghi über liberale Sunniten wie Lamya Kaddor oder Hilal Sezgin bis zu radikalfeministischen Kritikerinnen wie Seyran Ates und Necla Kelek reicht das Spektrum. Untereinander sind sich manche spinnefeind – aber das zeigt ja gerade, dass Deutschland im realen Pluralismus des islamischen Lebens in Europa angekommen ist.

Wir haben in der aktuellen Nummer der Zeit ein Interview mit drei neuen Teilnehmerinnen der Islamkonferenz. Alle drei sind nicht organisiert. Sie reden unverkrampft über ihren Glauben, über die Mißstände und das Schöne an der islamischen Spiritualität. Ihre Familien stammen aus Marokko, dem Iran und Bosnien. Sie sind unterschiedlich stark religiös, eine von ihnen trägt Kopftuch, die anderen nicht – und doch kann man sehr gut miteinander reden. Sie sind alle auf ihre eigene Art Musliminnen – und sie gehen nicht in die Moscheen der Männer. Diese Frauen sind die Zukunft des Islam in Deutschland.  Nicht die wichtigtuerischen Herren in den Verbänden. Der Innenminister tut recht daran, ihnen eine Stimme zu geben in der Konferenz. Ein reiches Stimmengewirr hat die Verbände an den Rand gedrückt – und das ist gut so!

Natürlich leiden die (meist) Herren darunter, dass ihre Vereine nicht umstandslos als quasi-Kirchen anerkannt werden (obwohl sie auch immer wieder behaupten, genau das wollten sie vermeiden, weil es unmuslimisch sei). Und nur so ist die beleidigte und unpolitische Aktion des ZMD jetzt zu verstehen:

„Die DIK II ist in der jetzigen Form ein unverbindlicher Debattier-Club. Der ZMD wird unter diesen Bedingungen an der DIK II nicht teilnehmen“, heißt es in der Pressemitteilung.

„Die DIK ist und bleibt eine von der Bundesregierung verordnete Konferenz. Der Staat versucht sich über die Selbstorganisation der faktischen islamischen Religionsgemeinschaften hinwegzusetzen. …

Das BMI ist nicht bereit im Rahmen der Islamkonferenz zusammen mit den legitimierten muslimischen Organisationen und den Vertretern der Länder im Rahmen einer Arbeitsgruppe einen Fahrplan zu entwickeln, der zur Anerkennung als Religionsgemeinschaft führt.“

Die Islamverbände können nicht als Religionsgemeinschaften im vollen sind der deutschen Verfassung  anerkannt werden. Sie haben keine direkten Mitglieder. Ihre Repräsentationsstrukutren sind wenig transparent und demokratisch. Sie haben keine theologische Kompetenz, um als Partner des Staates bei der Entwickung von Curricula helfen zu können. Teilweise (Ditib) hängen sie viel zu sehr vom Ausland ab. Sie müssten sich neu aufstellen, um das zu erreichen. Der Koordinierungsrat der Muslime war kein Aufbruch in diese Richtung, sondern einfach nur eine weitere Dachorganisation über schon bestehenden Dachorganisationen.

Vielleicht ist das ganze Aufhebens um den Köperschaftsstatus ohnehin eine Sackgasse: Denn die dringenden Bedürfnisse der Muslime hierzulande – Religionsunterricht und Imamausbildung, Lehrstühle für islamische Theologie – kann man auch unterhalb dieser rechtlichen Schwelle regeln. Erfolgreiche Feldversuche – etwa in Niedersachsen – weisen in diese Richtung.

Der ZMD hat sich verzockt. Er wollte dem Innenminister eine rechtliche Aufwertung abtrotzen, ohne sich selbst vorher zu reformieren. Thomas de Maizière ist darauf nicht hereingefallen. Sein Ansatz, die Islamkonferenz pragmatischer zu gestalten, ist richtig: Islamunterricht und Imamausbildung beschleunigen, über Geschlechtergerechtigkeit reden, Islamfeindlichkeit und Islamismus als Zusammenhang debattieren. Das ist ein gutes Programm. Es läßt sich auch ohne den Zentrarat der Muslime bearbeiten. Vielleicht sogar besser.

 

Muslime, organisiert euch!

Hilal Sezgin schreibt auf Qantara.de über die neue Zusammensetzung der Islamkonferenz:

Es liegt etwas zutiefst Bevormundendes, sogar Undemokratisches in dieser Art der Besetzungspolitik. Das Ministerium berät, hinter verschlossenen Türen. Die Muslime warten ab, wer sie vertritt.

Natürlich betont man offiziellerseits: „Die Deutsche Islamkonferenz ist nicht die Vertretung der Muslime Deutschlands, sondern die zentrale Plattform des deutschen Staates für den Dialog mit Muslimen in Deutschland.“

Doch das ist ein schwer verständliches Zwitterkonstrukt. Wie kann man in der Islamkonferenz einen Dialog mit den deutschen Muslimen führen, wenn die dort Anwesenden keine Vertreter der Muslime, von diesen weder gewählt noch vorgeschlagen, und teilweise nicht einmal selbst-identifizierte Muslime sind?

Sorry, da komme ich nicht nicht mit: Der Innenminister hat die beiden Kritikerinnen, die die konservativen Verbände am meisten nervten, entfernt – aber die andere Seite hat immer noch nicht genug Entgegenkommen? Er hat versucht, eine neue Pluralität in die Reihe der Einzerpersonen zu bringen: eine Bosnierin, zwei Kurden, eine Schiitin, einen marokkanischen Imam – und alles, was Hilal Sezgin dazu einfällt, ist: Obrigkeitsstaat! Das geht nun wirklich nicht.

Sich repräsentativ und demokratisch legitimiert aufzustellen ist Sache der Muslime selbst. Es gibt solche Organisationen nicht. Die Islamverbände sind kleine Klientelgruppen mit viel zu viel Nähe zum Ausland (Türkei bei Ditib, Muslimbruderschaft und Milli Görüs im Fall des Islamrats und der ZMD).

Es ist ein Widerspruch, dem Staat das Obrigkeitliche vorzuwerfen und dann implizit zu verlangen, er möge die Muslime demokratisch repräsentativ reorganisieren. Die Muslime müssen den Hintern schon selbst hoch bekommen, damit sich da was ändert.

 

Keine religiöse Entschuldigung für Attentat auf Westergaard

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat gegenüber der dpa das versuchte Attentat auf den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard verurteilt. «Für eine kriminelle Handlung darf es keine religiöse  Entschuldigung geben», sagte der ZMD-Vorsitzende Ayyub Axel Köhler am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Köln.

Sehr schön. So weit jedenfalls.

Aber dann das:

Das der Tat zugrundeliegende Motiv zeige aber, wie schmal der Grat zwischen Meinungsfreiheit und der Verletzung religiöser Gefühle sei.

Soll heißen? Si tacuisses, Westergaard? Er hat also doch die „religiösen Gefühle“ verletzt und hätte seine Karikatur besser unterlassen?

Das ist schon wieder das übliche Herumeiern des ZMD. Herr Köhler muss die Karikatur Mohammeds mit dem Bombenturban natürlich nicht goutieren. Er hat aber die Aufgabe, den Muslimen zu vermitteln, dass sie mit so etwas schlichtweg zu leben haben, wie alle anderen Gläubigen auch. Wenn er nun suggeriert, zwischen Meinungsfreiheit und Verletzung religiöser Gefühle gebe es einen „schmalen Grat“, den man nicht überschreiten dürfe, dann ist das eben kein Bekenntnis zu unserer von der Verfassung garantierten Meinungsfreiheit – sondern ein sophistischer Versuch, sie einzuschränken.

Richtig wäre folgender Satz: Meinungsfreiheit schließt (leider) die Verletzung religiöser Gefühle (und des guten Geschmacks) mit ein.

Live with it, Umma!

Der Papst schafft es schließlich auch.

Aber das bringt Köhler nicht. Er wieselt nur wieder herum:

Problematisch sei, dass derartige Vorfälle in der Bevölkerung Ängste vor dem Islam anfachten, sagte Köhler. «Wir tun alles, was in unseren Kräften steht, um aufzuklären und rufen zur Mäßigung auf.»

Problematisch ist erst einmal, dass junge Muslime sich im Namen des Islam berechtigt fühlen, abscheuliche Morde zu planen und zu begehen. Aber Köhler denkt nur an die Islamophobie, das ist ein angenehmeres Thema.
Nun sei die Politik gefordert, solche Ängste und eine wachsende Islamfeindlichkeit einzudämmen. «Sonst droht eine Spaltung der Gesellschaft», mahnte er.

Das ist frech. Die Politik muss die „wachsende Islamfeindlichkeit eindämmen“?  Deshalb müsse das Thema Islamfeindlichkeit auf die politische Tagesordnung. Leider machten Politiker sich die Befürchtungen der Menschen aber oft zunutze, etwa vor Wahlen. Populistische Äußerungen, wie sie in der Debatte um ein Kopftuch-Verbot gefallen seien, seien wenig dienlich. Nötig sei eine «verbale Abrüstung» bei Politikern.
Na klar. Der Somalier mit Al-Kaida-Connections ist eigentlich ein Opfer von Islamophobie. Ebenso wohl der Nigerianer, der seine Unterhose sprengen wollte.
Denn:  Wenn aber Muslime als Fremdkörper in der Gesellschaft betrachtet würden, sei die Reaktion oft eine Abkapselung. Die Islamkonferenz könne einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Muslime als Teil der Gesellschaft akzeptiert werden.

Immer sind die anderen schuld.

O Mann, und der spricht für die moderaten, vernünftigen Muslime!

 

Zentralrat der Muslime: Schwimm- und Sportunterricht ist notwendig

Aiman Mazyek, Generalsekretär der Zentralrats der Muslime, präzisiert die Aussagen des Sprechers des KRM im Gespräch mit der ZEIT folgendermassen:

„Ich bin überrascht über die Berichte, dass der Vorsitzende des ZMD
getrennten Sportunterricht einfordern würde. Das war nie der Standpunkt
des ZMD und auch nicht der des Vorsitzenden. Im KRM findet dies ebenso
keinen Widerklang. Es handelt sich hierbei um eine in der Hektik
entstandenen Aussage

Wir haben immer auf die Notwendigkeit des Schwimm- und Sportunterrichtes
hingewiesen. Sportbefähigung oder die Erlangung des Schwimmabzeichens
wird bei uns gross geschrieben.

Bei etwaigen Problemen sollten die Interessen der Eltern aber auch
berücksichtigt werden. Man sollte mit den Schulen und Eltern gemeinsam
nach pragmatischen Lösung suchen, dies gilt im Besonderen beim
Schwimmunterricht. Diese Methode hat sich im Laufe der
Jahre bewährt. Letzteres meinte sicherlich auch Dr. Köhler.“