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Warum es in Afghanistan riskanter wird

Und wie die Politik sich dazu verhalten müsste – jenseits der Entsendung von Panzerhaubitzen -, habe ich zusammen mit den Kollegen Peter Dausend und Heinrich Wefing in einer Seite 3 der aktuellen Nummer der ZEIT zu erklären versucht:

Die Gefallenen der letzten zwei Wochen können zwar nicht einem Strategiewechsel zur Last gelegt werden. Denn das Partnering wird frühestens vom Sommer an umgesetzt. Dass dieses aber mehr Gefechtssituationen mit sich bringen wird wie jene, in denen die sieben Soldaten in den letzten Wochen gestorben sind, ist zu erwarten.

Die Regierung müsste die Öffentlichkeit also jetzt darauf vorbereiten. Sie müsste erklären, welchen Gefahren sie die Soldaten aussetzen wird – und warum. Darauf zielt die kleine Anfrage des grünen Verteidigungspolitikers Omid Nouripour im Bundestag: »Wie bewertet die Bundesregierung die potenzielle Gefährdung deutscher Kräfte durch die Umsetzung ihres neuen Ansatzes des ›Partnering‹?« In der Antwort der Regierung, die der ZEIT vorliegt, heißt es im altbekannten Abwiegelungston, »der neue Ansatz des ›Partnering‹« bringe eine »vergleichbare, potenzielle Gefährdung wie bisher«. Eigene Bewegungen würden durch den Einsatz in der Fläche »unberechenbarer für den Gegner«. Deshalb sei »zu erwarten, dass sich die Bedrohung für deutsche Kräfte dadurch mittelfristig verringern wird«.

Die Botschaft ist: Es wird sicherer, jedenfalls »mittelfristig«. Dass kurzfristig das Risiko für die Soldaten enorm steigt, wird verschleiert. Das Beispiel zeigt, dass das neue Reden vom Krieg, das Minister Guttenberg eingeführt hat, durchaus keinen Bruch mit der alten Verharmlosungsrhetorik aller bisher mit dem Konflikt befassten Regierungen – von Rot-Grün über die Große Koalition zu Schwarz-Gelb – bedeuten muss. Ist das Reden vom Krieg bloß ein Placebo für eine realistische Debatte?

Hier alles lesen.

 

Die Taliban greifen Deutsche an, weil sie als schwach gelten

Morgen gibt die Bundeskanzlerin eine Regierungserklärung zum Krieg in Afghanistan ab – die vierte in sechs Monaten.

Interessantes Interview auf unserer Homepage zu den Problemen der Deutschen und zur neuen Strategie mit Ahmed Rashid:

Frage: Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die deutschen Soldaten mehr „Präsenz in der Fläche“ zeigen. Wie hoch ist das Risiko, dass die Taliban ihre Angriffe aus dem Hinterhalt auf deutsche Soldaten noch verstärken werden?

Rashid: Die Taliban zielen auf diejenigen, die sie als schwache und verwundbare Nato-Mitglieder betrachten: Dazu gehören spanische, italienische und deutsche Soldaten, in deren Heimatländern verstärkte Abzugsdiskussionen geführt werden. Alles deutet darauf hin, dass die Taliban-Führung ihre Kommandeure im Norden Afghanistans angewiesen hat, Bundeswehrsoldaten ins Visier zu nehmen. Erschwerend kommt für die deutschen Soldaten hinzu, dass sie nur eine geringe Kenntnis von ihrem Einsatzgebiet haben und zu wenig Feindaufklärung betreiben. Sie haben ihre Lager bisher zu selten verlassen. Oftmals wissen sie nicht zu unterscheiden: Wer ist ein Taliban – und wer nicht? Dagegen haben die US-Soldaten und die Briten in ihren Einsatzregionen sehr viel mehr Zeit darauf verwendet, mit Dorfältesten zu sprechen und Dorfversammlungen abzuhalten. Dies wurde leider von den Deutschen sehr stark vernachlässigt.

 

Eine türkisch-islamische Selbstkritik

Ein fantastischer Essay von Hakan Turan, einem jüngeren türkischstämmigen Intellektuellen aus Stuttgart, auf seinem Blog erklärt viel besser als ich das könnte, warum die (meist türkischen) Muslime in Deutschland sich nicht nur kaum für die Islamkonferenz interessieren, sondern überhaupt viel zu passiv dem öffentlichen Diskurs gegenüber stehen.

Was ich besonders beeindruckend finde, ist der ernsthafte Ton der Selbstbefragung, den Turan in diesem Stück anschlägt.

Am liebsten würde ich gleich alles zitieren. Ich belasse es aber bei folgender Passage über die historischen Wurzeln des türkischen Obrigkeitsdenkens und erteile für den Rest einfach einen Lesebefehl:

Es ist dieses grundlegende Misstrauen gegen alles, was sich kritisch oder öffentlich mit den eigenen identitätsstiftenden Begriffen befasst, das eine weitere Beschäftigung z. B. mit DIK obsolet erscheinen lässt.
Nun wäre es erfreulich, wenn skeptische Muslime sich selbst aktiv in die Debatten einmischen würden – jedoch scheitert dies in den meisten Fällen an einem dritten Problem, nämlich am unerschütterlichen Glauben, dass der Durchschnittsmuslim in dieser Welt niemals eine faire Chance bekommen wird öffentliches Gehör zu finden, geschweige denn etwas zu verändern. Geradezu übermächtig erscheinen in ihren Augen die türken- und moslemkritischen Stimmen in Deutschland – boshafte Stimmen, die man unter Schmerzen und Bauchkrämpfen aushalten muss, bis sie verstummen und sich einem anderen Thema widmen.

In ihren Augen muss man lediglich etwas gegen den Islam haben um in Kürze aufzusteigen und bei den Deutschen Gehör zu finden. Dieses Ohnmachtsbewusstsein ist mehr als eine reine Opferhaltung. Es ist Ausdruck eines tief verwurzelten Obrigkeitsdenkens, in dem der Staat und die mediale Öffentlichkeit eine Art transzendente Sphäre darstellen, die von oben herab jederzeit Segen, oder Sturm und Hagel senden kann, die umgekehrt für uns jedoch sowohl unerreichbar, als auch unveränderbar ist – ganz wie die ewige, gottähnliche translunare Sphäre jenseits des Mondes in antiken und mittelalterlichen Kosmologien. Ewig und unveränderlich ist diese Sphäre – so wie auch der türkische Staat seit der Gründung der Republik seinem Volk beigebracht hat, dass der Bürger angesichts des Staates annähernd unbedeutend ist.

Zugespitzt könnte man die kritische Seite des Verhältnisses des türkischen Staates zu seinen Bürgern so beschreiben: Wer sich in der Öffentlichkeit assimiliert genug zeigt, braucht keine Angst zu haben – wer jedoch nicht in das vorgeschriebene Schema passt und öffentlich seine konservative, kurdische, christliche oder jüdische Seite darstellt, riskiert es zum inneren Feind erklärt zu werden, der das System bedroht und mit allen Mitteln des Staates zurechtgewiesen oder bekämpft werden muss. So hat z. B. das anatolische Volk Aufklärung überwiegend als staatlich vorgeschriebene, blinde Assimilation an eine europäische Lebensweise erfahren – ein Weg in die Moderne mit Hut und Walzer statt mit dem Mut zum Gebrauch des eigenen Verstandes.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die Vordenker der heutigen Republik gebildete und westlich orientierte und in einem bestimmten Sinn aufgeklärte Männer waren. Das von mir umschriebene Problem betrifft in erster Linie ihr Verhältnis zum Volk und ihre fraglichen Mittel das Volk zu homogenisieren um es für die eigene Lebensweise und Weltanschauung zu gewinnen. Das unangepasste und oft ungebildete Volk erfuhr Kontrolle, Zurechtweisung und gewann den allgegenwärtigen Eindruck, dass der Staat, seine Organe, und die staatsnahen Medien etwas sind, das für das Volk unerreichbar und unkontrollierbar ist und ausgehalten werden muss. Opposition galt dem Volk als aussichtslos und Demokratie und öffentliche Diskursmöglichkeiten als Augenwischerei – wurde nicht der erste in freien Wahlen gewählte Ministerpräsident Adnan Menderes noch 1961 am Ende eines höchst umstrittenen Prozesses, der von der Militärjunta eingeleitet wurde, gehängt? Haben die türkischen staatlichen Instanzen nicht noch bis in die jüngste Zeit hinein oft genug unter entscheidender Beteiligung staatsnaher Medien mit dem Militär gemeinsame Sache gegen das unbelehbare Volk und seine gewählten Vertreter gemacht, statt auf Demokratie und Diskurse zu setzen? Auch wenn sich in den letzten Jahren einiges zum Positiven verändert hat – das Grundmisstrauen zwischen Staat und Volk bzw. den Volksvertretern an der Türkei ist geblieben. Von einer Normalität ist man heute leider noch weit entfernt.

Dieses Obrigkeitsdenken beginnt natürlich nicht erst 1923 mit der Gründung der Türkischen Republik, sondern lässt sich weit in die Zeit des Osmanischen Reiches zurückverfolgen. Es überrascht nicht, dass das Obrigkeitsdenken und der Autoritätsgehorsam heutzutage in den meisten politisch relevanten Kreisen der Türkei, von den religiösen, über die kurdischen bis zu den kemalistischen, verblüffende Ähnlichkeiten aufweist. Und: Dieses Denken ist implizit noch bei dem Großteil der türkischen Jugend in Deutschland verbreitet. Insofern muss man sich auch diese Einflüsse auf die Mentalität vieler Türken hierzulande vor Augen halten, wenn man sich weitere Perspektiven überlegen will. Jedenfalls spricht das hier geschilderte Problem auch nicht für einen überragenden Erfolg des so oft gescholtenen deutschen Bildungssystems – offensichtlich gelingt es den Schulen nicht bei muslimischen Jugendlichen Vertrauen in eine Praxis der demokratischen Beteiligung und des öffentlichen Diskurses zu wecken.

Wow!

 

Teheraner Prediger: Sexy Frauen verursachen Erdbeben

Endlich mal ein Hodschatoleslam (eine Art minderer Ajatollah), dem ich zustimmen kann: der Teheraner Freitagsprediger Kazem Sedighi wird mit der aus meiner Erfahrung zutreffenden Deutung zitiert, dass „aufreizend gekleidete Frauen Erdbeben auslösen“ können.

„Many women who do not dress modestly lead young men astray and spread adultery in society which increases earthquakes,“ he said.

Genau so war es in meinem Leben. Bis heute habe ich mich von der Wucht der Erschütterungen nicht ganz erholt. Missen möchte ich sie aber auch nicht, ehrlich gesagt. Und da scheiden sich dann leider meine Wege von denen des Hodschatoleslam.

p.s. Ob ich die Sache auch als Bewohner einer Erdbebenregion wie dem Iran so lustig finden würde? Die Geistlichen des Regimes reden sich wirklich um Kopf und Kragen.

 

Israels Moment der Wahrheit über die Besatzung und Iran

…zeichnet sich ab in den erstaunlichen Äußerungen des Verteidigungsministers Ehud Barak am gestrigen Gedenktag für die gefallenen Soldaten.

Erstens sagt er klar wie kaum ein israelischer Politiker vor ihm, dass die Besatzung enden muss:

„The world isn’t willing to accept – and we won’t change that in 2010 – the expectation that Israel will rule another people for decades more,“ he said. „It’s something that doesn’t exist anywhere else in the world.“

„The alienation that is developing with the United States is not good for Israel,“ Barak said during a Memorial Day radio interview. „We have strong ties with the United States, a bond, long-term friendship and strategic partnership. We receive three billion dollars from them each year; we get the best planes in the world from them.“

„For all these reasons we must act to change things,“ Barak said, while voicing doubt that Prime Minister Benjamin Netanyahu would soon enjoy the same warm ties with the White House as his predecessors did when President George W. Bush was in office.

In anderen Worten: Obamas Haltung macht Eindruck.

Zweitens rüstet Barak demonstrativ ab in der Rhetorik gegenüber Iran:

„I prefer to refrain from speculation about the future,“ Barak added. „Right now, Iran does not pose an existential threat to Israel. If Iran becomes nuclear, it will spark an arms race in the Middle East. This region is very sensitive because of the oil flow. The region is important to the entire world. The fact that Iran is not an immediate threat, but could evolve into one, means that we can’t let ourselves fall asleep.“

Damit wäre Israel auf der gleichen Wellenlänge wie die fünf permanenten Mitglieder des Sicherheitsrates und Deutschland, die sich gerade um neue Sanktionen bemühen.

 

Warum Islamkritik weiter nowendig ist

Johannes Kandel von der Friedrich-Ebert-Stiftung antwortet auf einen Essay von Carolin Emcke, der dem „Liberalen Rassismus“ galt:

Es werde, so die Behauptung, ständig ungerecht auf die Defizite bei Muslimen hingewiesen – Homophobie, Patriarchalismus, Machismo –, aber gezielt übersehen, dass es ähnliche Überzeugungen auch im konservativen Lager gegeben hat oder immer noch gibt.

Solche Immunisierungsversuche habe ich schon in zahllosen »Dialogrunden« und Talkshows erlebt und finde sie nur noch ärgerlich. Denn die historische Konstellation etwa der fünfziger und sechziger Jahre in Deutschland ist überhaupt nicht mit den autoritären Regimen in der islamischen Welt zu vergleichen: Dort ist Opposition lebensgefährlich, während es natürlich schon zu Adenauers und Erhardts Zeiten in der deutschen Gesellschaft massiven Widerspruch gegen die repressive Sexualmoral der CDU gab. Widerspruch, der zur Liberalisierung der Gesellschaft erheblich beigetragen hat.

Nein, in der Bundesrepublik sind wir über alle parteipolitischen Lager hinweg in puncto Homosexualität und in der Frauenfrage um Lichtjahre weiter als jene muslimischen Verbände, die hierzulande den Ton angeben und die »Anerkennung« ihres konservativ-orthodoxen bis islamistisch orientierten Islams verlangen – von der islamisch geprägten Welt ganz zu schweigen.

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Lamya Kaddor über Islam im Schulalltag

Lamya Kaddor spricht im Tagesspiegel über ihre Erfahrungen als Lehrerin mit dem Islam ihrer Schüler:

Na ja, ich gehe eigentlich nie in eine Moschee.

Bitte?

Mir passt vieles nicht, was da gepredigt wird – etwa, wenn es um die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau geht. Fast immer spielt die Politik hinein: In der einen Moschee wird gegen Israel gewettert, in der anderen kriegen Sie die türkische Staatspolitik serviert. Auch die Art des Predigens, dieses ständige Ermahnen, gefällt mir nicht.

Sie gelten als Vordenkerin der liberalen Muslime in Deutschland. Viele Menschen bezweifeln, dass es das überhaupt gibt: liberale Muslime.

Und ob es die gibt! Leute wie ich sind die Mehrheit. Wir sind hier aufgewachsen, haben eine Ausbildung gemacht oder studiert. Wir leben hier gut, und wir identifizieren uns mit diesem Staat. Nur glauben wir eben an den Islam.

(…)

Sie schreiben, einige Ihrer Schüler seien entsetzt gewesen, dass Sie kein Kopftuch tragen.

Ja, für viele der Mädchen gehört das Kopftuch einfach dazu, wie bei anderen die offenen, langen blonden Haare – es geht dabei nicht um religiösen Zwang oder ein politisches Symbol. Keine Einzige konnte mir bislang erklären, warum sie es trägt. Sie sagen: Das steht im Koran. Dann frage ich: Wo denn? Antwort: Das weiß doch jeder, dass das da drin steht! Ich selbst halte das Kopftuch hier im Deutschland des 21. Jahrhunderts einfach für unzeitgemäß. Im 7. Jahrhundert, als Mohammed den Koran empfangen hat, war man ohne das Tuch angreifbar, fast vogelfrei. Diese Schutzfunktion braucht es in der heutigen Gesellschaft nicht mehr, da mich Recht und Gesetz schützen. Ob ich meine Haare zeige oder nicht, ist völlig egal. Ich habe natürlich nichts dagegen, dass jemand Kopftuch trägt, aber ich finde, man sollte wissen, warum.

(…)

Warum begehren die Jugendlichen nicht gegen diese überkommenen Traditionen auf?

Weil sie gar nicht in der Lage sind, zu hinterfragen. Ihnen fehlt es an Bildung.

Oder trauen sie es sich nicht, weil es in den Familien sehr autoritär zugeht?

Bei den meisten gibt es gar keine Autorität. Die Mutter ist überfordert, der Vater schlägt zu oder ist abwesend, weil er arbeitet oder in einer Teestube rumsitzt. Bei unseren deutschstämmigen Schülern sieht es zu Hause nicht besser aus. Die Jugendlichen können sich dann auch nicht anders wehren als durch schreien und schlagen. Morgens sind viele schon so aggressiv aufgeladen, dass man ihnen am liebsten lauter Sechsen geben würde. Die Ehrgeizigen werden gemobbt oder leben in ihrer eigenen Welt. Kaum einer meiner Schüler hat jemals von seinem Vater gesagt bekommen: Ich habe dich lieb. Zuwendung bekommen sie höchstens von der Mutter. Ich habe sie mal gefragt: Findet ihr das nicht komisch? Das ist denen auch aufgefallen, dass das komisch ist.

 

Hitlers Dschihad

Der Rheinische Merkur berichtet über die Forschungen des amerikanischen Historikers Jeffrey Herf zur NS-Propaganda in der arabischen Welt:

In bestem Arabisch produzierte ein Kurzwellensender in Berlin eigens für Nordafrika und den Nahen Osten zugeschnittene Programme mit Musik, Nachrichten und Kommentaren.

Und das die gesamte Kriegszeit über. Zwischen Herbst 1939 und März 1945 entstanden so 6000 Stunden an Hörfunkmaterial. Der vom Leiter des Orientreferats, Kurt Münzel, geführte Stab in der Propagandaabteilung des Reichsaußenministeriums war nach dem für die Ostfront zuständigen der mitarbeiterstärkste. (…)

Lange galten die Tonbandaufzeichnungen der Sendungen als verschollen. Dass Berlin Propaganda in den arabischen Raum sendete, war bekannt. Doch was genau ausgestrahlt wurde, konnte nur erahnt werden. (…)
Aus den von Herf zitierten Dokumenten lassen sich immer wieder Grundmotive herauslesen: ein unbändiger Judenhass, der Appell an die Größe des Islam und der arabischen Nation und das Abschütteln des britischen Jochs. (…)  In der massiven und mit hohem technischen Aufwand betriebenen Propaganda liest sich aber zugleich die Überzeugung der Nazis, ideologisch eine Brücke zum Islam schlagen zu können – eine Verzahnung von Nationalsozialismus und radikalem Islamismus.

„Ordnung“ und „Stärke“ seien jene zwei Grundprinzipien, auf denen das neue Deutsche Reich fuße. Und, so der Kommentar des Rundfunksprechers an seine arabischen Zuhörer, sei dies nicht auch von alters her dem Islam immanent? Dreh- und Angelpunkt war die in den Sendungen massiv geschürte Agitation gegen die „jüdische Weltverschwörung“. Sich gegen die Juden zu erheben sei die heilige Pflicht eines jeden Muslims. Juden hätten nicht nur Schandtaten jeglicher Art zu verantworten, sondern erst recht das Niederhalten der arabischen Nation. Briten und Amerikaner seien nichts anderes als willfährige Büttel in deren Händen. Das Übel mit der Wurzel auszurotten müsse daher mit gleichem Eifer durchgeführt werden wie in Europa.

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Neue Argumente für ein Burkaverbot…

…liefern heute die pakistanischen Taliban, die über 40 Menschen – die meisten Flüchtlinge, viele Schiiten – bei zwei Selbstmordanschlägen ermordet haben:

KACHA PAKHA, Pakistan (Reuters) – Two suicide bombings at a center for people displaced by a Pakistani military offensive against militants killed at least 38 people and wounded 65 on Saturday, an official said.

The first of two male attackers, disguised as a woman in an all-enveloping burqa dress, was followed seconds later by a teenager who blew himself up, said local commissioner Khalid Khan Omarzai.

„It was huge and caused most of the deaths,“ he said of the second explosion.

They struck as about 300 people displaced by fighting were registering at an office in the village of Kacha Pakha in the northwest of the country, hoping to get food items, officials said.

Pakistan’s military has carried out a series of crackdowns against homegrown al Qaeda-backed Taliban fighters seeking to topple the government, destroying some of their bases.

But the measures have failed to weaken the resolve of the Taliban, whose violent suicide bombings have raised questions over the stability of U.S. ally Pakistan.

„The blasts were so powerful that the limbs of people scattered throughout the area. People are searching limbs of their dear ones in nearby crop fields,“ said resident Mohammad Qasim. Shoes and bloodstained clothes lay strewn on the ground.

A group affiliated with Pakistan’s Taliban claimed responsibility for the attacks.

The military says its latest operations, in the Orakzai and Khyber and Kurram regions, have killed hundreds of militants, tolls that were not possible to confirm independently. The Taliban usually disputes casualty figures released by the military.

Suicide bombings and the Taliban’s version of Islamic rule, which can involve public beheadings and floggings, have angered many Pakistanis.

„How can anyone call them human beings? They are beasts who are killing innocent people. The government should finish them off once and for all,“ said Jabbar Ali, whose leg was wounded in Saturday’s bombings.

 

Soldaten: Wir sind keine bloßen Opfer!

Erfreulicher Weise ist der Weblog Sicherheitspolitik wieder online – das Forum für die verteidigungspolitische Debatte jenseits von Berliner Aufgeregtheiten. Hier schreiben kühle Beobachter und Kenner – oft auch aus der Perspektive der Soldaten, die in Auslandseinsätzen dienen.

Angesichts der bedauerlichen Tode deutscher Soldaten im Gefolge von Kämpfen in Nordafghanistan mahnen die Blogger dort zu einem anderen Ton beim Gedenken und in der politischen Debatte. Sie stören sich daran, dass auch Soldaten, die im Kampf gefallen sind, als bloße Opfer eines tragischen Geschehens dargestellt werden – ganz so als wären sie einem Unfall oder einer Naturkatastrophe zum Opfer geworden.

Ich finde das sehr verständlich und glaube, dass sich hinter dem Problem des richtigen Gedenkens ein tiefer liegendes Problem mit dem Einsatz in Afghanistan verbindet. Immer noch zögert die Politik und die weitere Öffentlichkeit, ehrlich und realistisch mit dem Konflikt umzugehen – „Kriegs“-Terminologie hin oder her.

Gestern wurde folgender Kommentar auf dem Blog gepostet:

Mit der offenbar wachsenden Präsenz möglicherweise professionellerer internationaler Kämpfer im Norden Afghanistans, der stärkeren Präsenz von Aufständischen im Kunduz-Baghlan-Korridor und der angekündigten stärkeren Präsenz der Bundeswehr dort wird möglicherweise auch ein Anstieg der deutschen Verluste verbunden sein. Die Politik könnte spätestens jetzt damit beginnen, die Öffentlichkeit besser darauf vorzubereiten.  Die Betroffenheitswellen, die nach jedem Vorfall durch Deutschland gehen, mögen gut gemeint sein, sind aber letztlich Ausdruck einer Einstellung, auf deren Grundlage möglicherweise noch höhere Opferzahlen kaum bewältigt werden können.

Wiederholt haben wir die deutsche Afghanistan-Diskussion kritisiert, weil sie aus unserer Sicht durch die Demonstration von Schwäche die Motivation der Aufständischen stärkt. Leider wird den Aufständischen von Politik, Bundeswehr und Gesellschaft weiterhin vermittelt, dass Deutschland auch relativ niedrige Verluste in Afghanistan kaum erträgt und sowohl Bundeswehr als auch Politik dabei sind, den Willen zur Fortsetzung des Einsatzes zu verlieren. Einen stärkeren Anreiz für weitere Anschläge könnte es kaum geben.

Über die Ursache dafür können wir nur spekulieren: Passen Profis nicht in das bei den Medien beliebte Klischee des Soldaten als Opfer?

Ansonsten zeigt der aktuelle Vorfall, dass die Gegenüberstellung von Kampfeinsatz einerseits und Ausbildungseinsatz andererseits in der Praxis nicht funktioniert. Die Politik erweckt gerne den Eindruck, als sei die vorgesehene Verstärkung der Ausbildung der ANA eine Fortsetzung jener Politik, die eigene Risiken durch Passivität minimieren will und dies hinter Euphemismen wie “Vorrang vor zivilen Mitteln” etc. versteckt. Die Begleitung der afghanischen Soldaten im Einsatz durch deutsche Mentoren bringt jedoch fast selbstverständlich auch Situationen mit sich wie jene, bei der gestern mindestens vier deutsche Soldaten fielen.

Es hat Jahre gedauert, bis die Politik minimale Kompromisse an die Realität in Afghanistan eingegangen ist und z.B. den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt dort als solchen (und auch erst nach gerichtlicher Entscheidung) anerkannt hat oder die Verlegung von Panzerhaubitzen ermöglichte. Immer noch leugnet man eine zentrale Realität: In Afghanistan gibt es neben anderen Herausforderungen auch einen militärischen Gegner, der auch deutsche Soldaten in möglichst großer Zahl töten will und dessen zu dessen Überwindung deutsche Soldaten nicht nur in Selbstverteidigung kämpfen müssten.

Wer eine andere Art der Thematisierung kennenlernen will, lese die Aussage von Haupftfeldwebel Daniel Seibert, die hier auf dem Weblog zitiert wird.