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Was am deutschen Pazifismus faul ist

Karl Heinz Bohrer, der Herausgeber des Merkur, ist im neuen Heft in großer Form. In seinem Essay analysiert er „den GAU der deutschen Außenpolitik“:

„Und wenn man nach der Libyen-Entscheidung mit jüngeren, durchaus informierten und intelligenten Berliner Diplomaten sprach, bekam man bei solchen, die die Reaktion ihres Ministers nicht unbedingt unterstützen, den Eindruck, dass sie weit entfernt davon sind, den Tatbestand einer Isolation und die Gründe dafür wirklich ernst zu nehmen. Es wird höchstens im Jargon eines diplomatietechnischen Für undWider erörtert, ob man nicht am Ende recht behalte. Die Rückschläge der westlichen Koalition über Libyen wurden mit einer gewissen Schadenfreude kommentiert. Und was Syrien betrifft, lagen die beflissenen Erklärungen des Außenministers abermals dicht an der Peinlichkeit, einerseits offene Türen einzurennen, andererseits gar nichts Substantielles sagen zu können. Offenbar ist von den deutschen Akteuren verdrängt worden, was einigen kritischen Beobachtern sofort auffiel: Dass eine Art GAU die deutsche Außenpolitik befallen hatte, seit sie sich mit Russland, Indien und China in einem Boot wohlfühlte.
Allein schon die einschlägigen Rechthabereien, während das Kind längst im Brunnen lag, belegen das Urteil, dass eine erstaunliche Weltunerfahrenheit die Ursache des Dilemmas ist. Die Sache wird aber erst richtig brenzlig, wenn man zu dieser Einschätzung hinzufügt, dass eine Mehrheit der Deutschen aus allen Schichten sich der eingangs erwähnten Begründung solcher Distanz zu denWeltläuften, nämlich keine wirkliche koloniale Erfahrung zu haben, sogar rühmen würde.
Was drückt sich darin aus? Abgesehen von einer kurzen Periode vor dem Ersten Weltkrieg gab es keine deutschen kolonialen Aspirationen, weil es keinen deutschen Staat gab, der solche Art Machtinteresse hätte artikulieren können. Als er es schließlich für eine kurze Zeit vor allem in Afrika tat, geriet dieses Machtinteresse nicht zufällig zu einer moralischen und zivilisatorischen Katastrophe. Unerfahren in Machtausübung, stattdessen von einem einzigartigen provinziellen Rassedünkel geprägt,  veranstalteten Kolonialmilitärs wie der Generalleutnant Lothar von Trotha ein Massaker unter den aufständischen Hereros. Trotz der Proteste deutscher Parlamentarier ist diese düstere Affäre im Nachhinein aber auf das Konto europäischer Kolonialherrschaft überhaupt überschrieben worden, statt die spezifisch deutsche, in mangelnder Machterfahrung kombiniert mit Rasseidentität begründete Ursache zu erkennen.
In falscher Übertragung wurde die Kolonialherrschaft, vor allem die der Briten, vorpolitisch-moralisch, also zivilisatorisch-historisch negativ bewertet. Mehr noch: Machtausübung als solche wurde sehr bald einem abstrakten Moralismus, einem Reinlichkeitsprinzip unterworfen, das dann behauptete »Sie sagen Gott und meinen Kattun« − eine Rede, die heute in deutschen Urteilen über das angelsächsische Engagement im Nahen Osten nachklingt.“

„Die Entpolitisierung der Machtidee und ihre Existentialisierung, die sich damit äußerte, waren schon die Folge mangelnder Macht und mangelnder Machterfahrung, was sich in der Politik derNazis, die samt und sonders, verglichen mit britischen oder amerikanischen Politikern, keinerlei Welt- und Machterfahrung besaßen, dann nicht zufälligerweise zuspitzte.
Diese Vorgeschichte der aktuellen Enthaltsamkeit muss man im Auge haben, wenn man ihren apolitischen Moralismus richtig benennen will. Dann ergeben sich zwei unerquickliche Einsichten.
Erstens: der radikale Pazifismus. Er charakterisiert noch immer die deutsche Mehrheit, aber auch die Intellektuellen dieses Landes, und dieser Pazifismus ist nichts anderes als das Pendant des ehemaligen Militarismus. Das fast konform zu nennende Verhalten vieler Intellektueller in Universität und Feuilleton in dieser Frage wird auch nicht besser dadurch, dass französische Intellektuelle in eitlen Selbstdarstellungen zum Pro und Contra des Krieges sich lächerlich machten. Der  deutsche Militarismus entsprang einem absoluten, nicht erfahrungsgesättigten Prinzip. Darin unterschieden von der kriegerischen Haltung der Briten, die ihre Interessenmit der Waffe durchsetzten, ohne deshalb militaristisch zu werden. Insofern ist auch das Argument, man habe aus der Vergangenheit gelernt, das im Diktum des beliebtesten deutschen Außenministers mündete, kein Krieg dürfe mehr von deutschem Boden ausgehen, eine pathetische, nichtssagende Erklärung. Sie wurde deshalb auch nie von den westalliierten Partnern wirklich ernst genommen, sogar eher verächtlich behandelt.
Der springende Punkt ist ja: Wie einleuchtend kann es sein, wenn jemand, der zweimal ein Haus anzündete, beim Brennen eines weiteren Hauses erklärt, er würde nicht beim Löschen helfen, weil er nie mehr wieder mit Feuer zu tun haben wolle? Jedenfalls nimmt sich der erst jetzt zögernd revidierte deutsche Grundsatz, jenseits der eigenen Grenzen militärisch eigentlich nicht aktiv werden zu können, genauso aus: Derjenige, der zwei Weltkriege anzettelte, überlässt in Zukunft das Kriegführen den anderen. Eine solche Position wird auch nicht besser, wenn den jeweiligen Kriegführenden bei ihren Aktionen schwere militärische und politische Fehler unterlaufen. Sich darauf zu berufen, macht die Enthaltung noch peinlicher. Etwas anderes wäre nämlich eine klarere, selbstbewusstere Begründung der deutschen Abstinenz, bei der die verheerende militärische Geschichte des Landes im letzten Jahrhundert offen zur Sprache käme und die ihr folgende pazifistische Haltung der deutschen Öffentlichkeit. Dem könnte man einen gewissen Respekt zollen.“

 

Warum Deutschland keine Panzer an die Saudis verkaufen sollte

Mein Leitartikel aus der ZEIT von morgen:

Deutschlands Botschaft an den arabischen Aufstand ist 10,97 Meter lang, wiegt 67,5 Tonnen und hat 1500 PS. Die Bundesregierung hat die Ausfuhr von bis zu 200 Panzern des Typs Leopard an das saudische Königshaus genehmigt. »Leos« für Riad? Ausgerechnet jetzt?
Was wohl die fünf Frauen von dem Geschäft halten, die am Mittwoch vergangener Woche in der saudischen Hafenstadt Dschidda festgesetzt wurden? Ihr Vergehen: Sie hatten das Fahrverbot für Frauen missachtet. Am Sonntag erwischte es dann in der Hauptstadt Riad 20 Demonstranten. Sie hatten die Freilassung politischer Gefangener verlangt.
Was diese Menschen über den Panzer-Deal denken, wird man nicht erfahren: Wer im Golf-Königreich für Menschenrechte und gegen die Apartheid der Geschlechter kämpft, landet im Knast – schneller denn je übrigens, seit die Demokratiebewegung an den arabischen Thronen sägt. Aber nicht mehr alle in der Region sind so leicht mundtot zu machen.
In Blogs, auf Twitter und Face­book ist die Panzer-Botschaft so angekommen: Deutschland glaubt nicht an uns. Die Deutschen haben den Arabischen Frühling abgehakt. Es ist unvergessen, dass Deutschland sich im März weigerte, dem libyschen Diktator in den Arm zu fallen. Und jetzt Kampfpanzer für den geschworenen Gegner jeder Demokratisierung in der Region? Die Saudis haben dem tunesischen Tyrannen Ben Ali eine Heimstatt gegeben, sie standen bis zuletzt an Mubaraks Seite. Deutsche Waffen für die Herrschenden in Riad, das bedeutet, in Abwandlung eines deutschen Dichterworts: Krieg den Hütten, Friede den Palästen.

Nach dem Debakel der Libyen-Entscheidung hatten Merkel und Westerwelle betont, man fiebere mit den Rebellierenden und wünsche den Sieg der Demokratie. Den Saudis den besten Panzer zu verkaufen, den es auf dem Weltmarkt gibt, ist damit schwer zu vereinbaren. Mit Panzern wie dem »Leo«, heißt es in Berlin, könne man nicht gegen Demonstranten vorgehen, darum sei die Lieferung unproblematisch.
Sicher? Der Leopard in seiner neuesten Va­rian­te 2A7+ ist speziell für »asymmetrische Situationen« ausgerüstet. Weil die Zeit der Panzerschlachten zwischen Nationen vorbei ist, hat man den »Leo« für die Aufstandsbekämpfung umgebaut – mit Räumschaufeln und »nicht letalen Waffen«. Ein Bundeswehrvideo rühmt, dass schon »seine Präsenz lähmt und abschreckt«.
Die Saudis ließen Anfang März ihre Panzer nach Bahrain rollen, um dort der De­mo­kra­tie­bewe­gung den Garaus zu machen. Werden wir demnächst auf al-Dschasira das Spitzenprodukt der deutschen Rüstungsindustrie in Aktion sehen? 44 Exemplare sind bereits ausgeliefert.
Der Panzer-Deal ist ein Bruch mit den Prinzipien der deutschen Außenpolitik. In den »politischen Grundsätzen« der Bundesregierung für Waffenexporte wird der »Beachtung der Menschenrechte« im Bestimmungsland »besonderes Gewicht beigemessen«. Und im »Gemeinsamen Standpunkt« der EU verpflichtet sich Deutschland, »mit Entschlossenheit zu verhindern, dass Militärgüter ausgeführt werden, die zu interner Repression« eingesetzt werden können.
Dreißig Jahre lang hat Deutschland dem Drängen des Golfstaats nach dem »Leo« widerstanden. Zu Zeiten der Kanzlerschaft Helmut Schmidts wäre es fast zur Lieferung gekommen. Damals ging es um den Schutz der saudischen Ölquellen, während die Russen in den Irak und nach Afghanistan vordrangen. Weil die Saudis Feinde Israels waren, kam es nie dazu. Auch Helmut Kohl sagte Nein.
Warum gibt die deutsche Regierung die Zurückhaltung auf? Denkbar ist nur ein möglicher, geopolitischer Grund: Irans Aufstieg und seine Atomrüstung. Tatsächlich erhebt Israel angesichts dieses gemeinsamen Feindes jenseits des Golfs keine Einwände. Wer die Saudis aufrüstet, so die Logik, verhindert die Verschiebung des regio­na­len Gleichgewichts zugunsten der aufstrebenden Großmacht Iran.
Darum die deutschen Panzer? Als George W. Bush vor vier Jahren mit der gleichen Begründung Raketensysteme für 20 Milliarden Dollar an Riad lieferte, fielen Berliner Politiker von CDU und FDP über diese »primitive Form der Realpolitik« her. Merkwürdig, dass nun die schwarz-gelbe Regierung, die sich Abrüstung auf die Fahne geschrieben hat, der Bush-Doktrin folgt.
Für die deutsche Rüstungsindustrie ist das saudische Geschäft eine willkommene Gelegenheit, den Nachfragerückgang wegen der Bundeswehrreform und der Sparprogramme auszugleichen. Bisher galt, Beschäftigungspolitik dürfe nicht den Ausschlag für Rüstungsexporte geben. Gilt das noch? Deutschland ist drittgrößter Waffenexporteur weltweit, gleich nach Amerika und Russland. Der »Kultur der militärischen Zurückhaltung« (Westerwelle) spricht das Hohn.
Niemand weiß, ob der Arabische Frühling Erfolg haben wird. Das Scheitern der alten westlichen Stabilitätspolitik in der Region aber ist nicht zu übersehen. Die schlimmsten Kriege der vergangenen drei Jahrzehnte resultierten aus der Hybris der Gleichgewichtspolitik: die Feinde unserer Feinde aufzurüsten – Saddam gegen die Ajatollahs in Iran, die Taliban gegen die Russen. Am Ende führte der Westen stets gegen die Freunde von gestern Krieg. Das ist die Lektion unseres Scheiterns: Wer ein Land als Waffe betrachtet, muss darauf gefasst sein, dass sie sich dereinst gegen ihn selbst richtet.

 

Wozu der Leo gut ist

Ich muss mich bei den Unentwegten bedanken, die dieses arme verwaiste Blog durch fleißiges Klicken am Leben erhalten. Leider konnte ich in den letzten Wochen nichts posten, weil mich eine Reise durch den deutschen Salafismus in Beschlag nimmt. Wird ein Dossier, das demnächst erscheinen soll.
Und nun hält mich die Beschäftigung mit dem angeblichen Waffen-Deal mit den Saudis auch noch davon ab, diesen Text endlich abzuschließen.

Manche Kollegen haben darauf verwiesen, dass der Leopard-Panzer wohl kaum in der Lage sei, Aufstände zu bekämpfen. Darum könne das Argument nicht ziehen, Deutschland liefere den Saudis ein Instrument zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung. Clemens Wergin hat das zum Beispiel auf seinem sehr lesenswerten Blog „Flatworld“ so gedeutet. Ich fürchte, das kann man so nicht sagen, wie dieses Bundeswehrvideo über den neuen, umgerüsteten Leo 2a7+ zeigt. Ich muss sagen, ich finde es dann doch ein bisschen erklärungsbedürftig, dass wir den Saudis dieses Instrument verkaufen, das speziell umgerüstet wurde für Insurgency-Situationen, in denen sich das Regime eines Tages auch gegenüber der eigenen Bevölkerung vorfinden könnte.

 

Warum die Mavi Marmara diesmal nicht nach Gaza ausläuft

Ich bin angenehm überrascht von der türkischen Entwicklung in Sachen Gaza-Flotte 2.
Vor kurzem hatte der türkische Außenminister Davutoglu zwar noch gesagt, die türkische Regierung habe keine Möglichkeit, die Hilfsorganisation IHH zu beeinflussen, die hinter der Mavi Marmara steht. Das Schiff, das im letzten Jahr von israelischen Soldaten gestürmt worden war, sollte auch dieser Tage wieder an einer Neuauflage der Antigazablockade-Aktion teilnehmen.
Nun aber hat sich ausgerechnet das Paradeschiff der Blockadebrecher zurückgezogen. Die israelische Regierung hat hinter den Kulissen massiv bei den Türken darauf gedrängt, dass man die IHH von dem Unternehmen abbringt. Die gute Nachricht: Offenbar gibt es wieder eine Verständigung der einstmals engen Alliierten Israel und Türkei.
Was könnte zum neuen türkischen Kurs beigetragen haben? Der arabische Frühling hat die Lage in der Region verändert. Gaza ist nicht mehr im gleichen Maße isoliert. Der Grenzübergang Rafah ist immerhin für Personen offen. Israel schafft auch mehr Güter in den Gazastreifen. Hamas und Fatah haben sich auf eine gemeinsame Regierung geeinigt.
Für die Türken mag auch die Eskalation in Syrien eine Rolle spielen. Man hatte sich des guten Drahtes zum Nachbarland gerühmt und muß nun feststellen, dass Assad sich um keine guten Ratschläge schert. Für die Türkei ist das unmittelbar bedrohlich, siehe das Flüchtlingsproblem an der Südostgrenze. Da kann man nicht noch eine Krise mit Israel brauchen.
Außerdem droht schon die nächste große Nahostkrise im September, wenn die Palästinenser sich von der Uno-Generalversammlung anerkennen lassen wollen. Auch die Türkei wird dazu Stellung beziehen müssen. Die Türkei will in der Region im Aufruhr als ein Faktor der Stabilität wahrgenommen werden. Erneute Sticheleien mit Israel sind da derzeit nicht erwünscht.
Es geht jetzt um mehr: Die palästinensischen Ambitionen auf Staatlichkeit könnten, wenn sie im September frustriert werden, zu einer neuen Intifada führen. Unter Bedingungen des arabischen Frühlings könnte niemand sie mehr kontrollieren, auch die Türken nicht. Dass sie wieder auf die Israelis hören, spricht dafür, dass auch sie diese Entwicklung fürchten. Und das ist auch gut so.

 

Israel vor einer dritten Intifada?

Das syrische Regime, das vor wenigen Tagen erst wieder auf die eigenen Leute geschossen hat – viele Dutzende sollen erst am letzten Freitag wieder bei Demonstrationen umgekommen sein –, hat einen Hoffnungsschimmer am Horizont gesehen:

Eine neue Intifada wäre die Lösung! Und also lässt die gleiche Regierung, die sogar Minderjährige zu Tode foltert, nur weil sie zu Hause Freiheit fordern, Hunderte von Palästinensern ungehindert auf die israelische Grenze zu spazieren. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Umso besser vielleicht, wenn möglichst viele von ihnen getötet werden? Dann kann endlich der Nahostkonflikt wieder den arabischen Frühling überlagern, der selbst vor Damaskus nicht halt gemacht hat.

Die Palästinenser, die bei den Naksa-Märsche gestorben sind, sie sind Assads Kanonenfutter. Niemals wäre es möglich, ohne das gnädige Auge des Diktators in Hundertschaften an der Grenze aufzutauchen.

Leider ist es zwar bei der jetzigen israelischen Regierung nicht auszuschließen, dass auch sie ein Interesse an einer Eskalation hat, weil dies den wachsenden Druck von ihr nehmen würde, wieder in Verhandlungen einzutreten.

Aber: Wer auf eine Grenze zu marschiert und sich weigert, nach mehrfacher Aufforderung stehen zu bleiben, der riskiert halt sein Leben. Das ist keine neue Erkenntnis und keine Besonderheit dieser Grenze.

Die israelischen Grenztruppen haben nach ersten Berichten alle nichttödlichen Mittel erschöpft, bevor sie scharfe Munition zu verwenden begannen. Sie haben mehrfach das Feuer eingestellt, um eine Versorgung der Verwundeten zu gewährleisten. Die Demonstranten haben diese Feuerpausen nicht beachtet und damit den Tod der Verwundeten in Kauf genommen.

Wenn die Palästinenser sich zu friedlichen Protesten gegen die Besatzung entschließen, ist das begrüßenswert. Wenn der Eindruck entsteht, es gehe hier doch darum, auf Teufel komm raus zu provozieren und Märtyrer zu produzieren, wird daraus nichts Gutes entstehen – zumal wenn das Ganze vom syrischen Regime ausgenutzt wird, das Hunderte seiner eigenen Leute umbringt:

“I would note that these protests were carried live on Syrian television” an Israeli official said. “They do not carry the protests against their own regime live. They made a decision to try to exploit this for their own purposes.”

Allerdings macht gerade diese Situation es um so dringlicher für Israel, zu einem Akteur im Friedensprozess zu werden, statt sich in der Defensive einzuigeln. Wer eine politische Alternative zu dieser dritten Intifada anbietet, nimmt seinen Gegnern ein Instrument aus der Hand. Wer das versäumt, arbeitet ihnen zu.

 

Die Einsamkeit der Soldaten

Gestern sah ich einen aufwühlenden Film mit Tobey Maguire, Jake Gyllenhal und Natalie Portman in den Hauptrollen – „BROTHERS“. Der Film ist ein Remake eines dänischen Films, der auch sehr gut sein soll (den kenne ich aber nicht). Er handelt von zwei ungleichen Brüdern, einem Soldaten und einem Ex-Kriminellen, und der Frau, die beide lieben.
Der eine Bruder geht zum zweiten Mal nach Afghanistan, während der andere gerade nach einer Haftstrafe (wegen Raubüberfalls) entlassen wird. Der Soldat stirbt bei einem Hubschrauberabsturz (oder so scheint es jedenfalls zunächst). Sein Bruder kümmert sich um die hinterbliebene Ehefrau (Portman), zu der eine tiefe Bindung entsteht.
Zusammen lernen die beiden, ohne den Bruder/Ehemann zu leben.
Doch dann stellt sich heraus, dass dieser gar nicht tot ist, sondern von den Aufständischen gerettet und gefangen gehalten wurde. Die Taliban wollen ihn und seinen Kameraden zwingen, auf einem Video die amerikanische Kampagne zu denunzieren. Lange verweigert er sich, trotz fürchterlicher Folter. Sein Kamerad bricht zusammen und macht die Video-Aussage.
Schließlich zwingen die Taliban Tobey Maguire mit vorgehaltener Waffe, seinen für sie wertlos gewordenen Mitgefangenen zu töten.
Er tut es in einem Anfall wahnsinniger Wut und Verzweiflung.
Schließlich wird das Lager der Aufständischen von den Amerikanern überrannt. Der Soldat wird befreit und nach Hause zurückgebracht.
Und hier beginnt für mich der bewegende Teil dieses Films, der mich fort von Afghanistan und zurück in meine eigene Kindheit transportiert hat.
Tobey Maguire ist großartig in der Rolle des Heimkehrers, der nicht wieder zu Hause ankommt. Niemandem kann er erzählen, was er getan hat um zu überleben, auch nicht der eigenen Frau. Vielleicht gerade ihr nicht, weil das Unglück nicht in die Familie getragen werden soll. Seine Kinder nehmen ihm übel, dass er abwesend war, als sie Geburtstag feierten. Er versteht ihre Witze nicht mehr, ihre kleinen Sorgen und Freuden. Er ist allein, eingesperrt in seinen Erfahrungen. Er will wieder ins Feld, zu den Kameraden, die ihn verstehen.
Ich war als Kind von solchen Männern umgeben, den ehemaligen Wehrmachtssoldaten, die an Leib und Seele verstümmelt waren. Der eine ohne Arm, der nächste ohne Bein, mein Onkel ohne Zehen. Ich konnte nicht mit ihnen reden, ich wollte ihre Geschichten nicht hören. Sie haben das als Anmaßung eines Nachgeborenen erlebt, als moralische Überhebung. Dabei war es zunächst einmal nur panikhafte Angst vor dem Grauen, das manchmal aufblitzte, wenn sie etwas erzählten. Mein Onkel Viktor (welche abgrundtiefe Ironie in diesem Namen) war nach vielen Jahren sibirischer Gefangenheit in das Eifeldorf zurückgekehrt, in dem er sein ganzes Leben verbracht hatte. Seine erste Reise war gleich nach Stalingrad gegangen.
Die Erfrierungen an den Füßen waren noch die geringste Wunde, die er mitgebracht hatte.
Einmal erzählte er von seiner Arbeit im Begräbniskommando des Lagers. Tage dauerte es, in dem Permafrostboden Gräber auszuheben. Auch die Leichen waren gefroren, wenn man sie aufeinander stapelte, erzählte er, „machte es ein Geräusch wie Holz“. Einer seiner Freunde erzählte, wie er nach den ersten tödlichen Schüssen auf feindliche Soldaten heulen musste – und wie dann später jegliche Empfindung beim alltäglichen Töten abstarb und es etwas völlig Normales wurde.
Ich antwortete auf solche Erzählungen mit Abscheu und zur Schau getragenen moralischen Grundsätzen, ich wurde Pazifist aus Horror vor den Abgründen, von denen die Männer erzählten. Es war eine Form der Abwehr. „Du hältst dich wohl für was Besseres“, tobte der Onkel, als ich ihm eröffnete, ich würde nicht zur Bundeswehr gehen. „Wir hatten damals keine Wahl.“ Er hatte durchaus Recht, es lag eine gewisse Überheblichkeit in meinem Pazifismus, der mich nichts kostete. Aber er war auch neidisch auf mein Aufwachsen in historischer Unschuld, auf meine „Gnade der späten Geburt“.
Keiner wollte bei uns zu Hause die schrecklichen Geschichten hören. Ich kann das einerseits immer noch verstehen aus der Ungeheuerlichkeit der deutschen Schuld heraus. Aber heute tun mir die stummen, wütenden, verwundeten Männer leid, die damals an den deutschen Küchentischen saßen – und doch nie wirklich heimgekehrt sind.
Viktor war kalt und brutal geworden über seinen Erfahrungen. Alle hatten Angst vor ihm. Er sympathisierte mit den Neonazis, las die „National-Zeitung“. Zeitweilig habe ich ihn gehasst. Nicht alle Veteranen waren so wie er. Manche haben andere Konsequenzen gezogen. Ihm war das nicht gegeben. Sein Weg blieb bis zum Ende das Ressentiment. Er hat eine Spur des Unglücks in seiner Familie hinterlassen. Vielleicht können die Enkel sich eines Tages davon freimachen.
Tobey Maguire findet am Ende des Films die Kraft, von seinen Erlebnissen zu erzählen. Ob er wieder ins Leben zurück findet, bleibt offen. Ein Anfang immerhin ist gemacht.
Mein Onkel Viktor und Hunderttausende andere deutsche Besiegte haben das nach dem Krieg nicht geschafft. Lange konnte ich mir das offenbar nicht erlauben, und damit war ich wahrscheinlich nichts Besonderes: Doch heute erfasst mich Trauer bei dem Gedanken an Viktor, den Verlierer.

 

Was wir Ratko Mladic verdanken

Nachdem Ratko Mladić mit den serbischen Truppen im Juli 1995 Srebrenica eingenommen hatte, verkündete der General, nun werde man Rache „an den Türken“ nehmen – wie die bosnischen Muslime von den Serben (mit Bezug auf die osmanische Herrschaft) genannt wurden.

Und so geschah es dann bekanntlich, unter den Augen der niederländischen Truppen, als beim schlimmsten Massaker der Nachkriegszeit in Europa bis zu 8.000 Jungen und Männer ermordet wurden.

Srebrenica eröffnete als Schandmoment der jüngeren Geschichte einen Reigen von humanitären Interventionen, ja man kann sagen, es wurde das Grunddatum des neueren Interventionismus. Die Vordenkerin des jüngsten Krieges, Obamas Beraterin Samantha Power, war seinerzeit als junge Kriegsreporterin auf dem Balkan. Nie wieder Srebrenica wurde zu ihrem Lebensmotto.

Benghazi darf kein zweites Srebrenica werden – das war der tipping point für den Krieg gegen Gadhafi. Insofern ist es zwar ein historischer Zufall, dass Mladic ausgerechnet jetzt gefasst wurde (und es wird wohl mehr mit den serbischen EU-Aspirationen zu tun haben) – aber eben doch ein sehr passender.

Die deutsche Öffentlichkeit in ihrer verständlichen Kriegsmüdigkeit weiß nichts von solchen Zusammenhängen – und will auch nichts davon wissen. Sie möchte glauben, das Zeitalter des Interventionismus sei vorbei. Es ist gut, dass wir jetzt einen Verteidigungsminister haben, der kühl dagegen hält. Interventionen von Koalitionen der Willigen unter Mandat der UN werden die Zukunft für unsere Streitkräfte sein, ob es uns gefällt oder nicht. Intellektuell und strategisch ist Deutschland darauf nicht vorbereitet. Das Schlüsselwort unseres Außenministers lautet „Abzugsperspektive“, als wäre mit dem notwendigen Abzug aus Afghanistan das Ende der Interventionen erreicht.

Mladićs Verhaftung hat noch einmal in Erinnerung gerufen, dass es ein Massenmord an Muslimen war, der die Welt vor 16 Jahren empört, beschämt und aufgeschreckt hat. Srebrenica wurde darum auch zu einem weiteren Rekrutierungsmittel der Dschihadisten, in deren Weltsicht ein globaler Krieg gegen den Islam geführt wird (von Tschetschenien bis Kaschmir). Was in deren Propaganda ausgeblendet wird, ist die schlichte Tatsache, dass der Westen nach dem Versagen von 1995 mehrfach gehandelt hat und das Leben eigener Soldaten für Muslime im Kosovo, in Afghanistan, in Bagdad, Basra, Mossul und Benghazi aufs Spiel gesetzt hat.

Das sollte man vielleicht mal öfter erwähnen, wenn von der vermeintlichen Islamophobie des Westens die Rede ist.

Mladićs Rache an den „Türken“ Bosniens wurde somit zum Anlass eines neuen Verständnisses von Menschen- und Völkerrecht, gipfelnd in der noch jungen Norm der „responsibility to protect“, die erstmals im libyschen Fall angewendet wird. Weder rechtlich noch strategisch ist dies zuende gedacht. Wie könnte es auch sein?

Mladić und seine mordenden Truppen haben uns seinerzeit endgültig aus den Träumen von einem Ende der Geschichte herausgerissen. Mich erfasst eine große Genugtuung bei dem Gedanken, ihn demnächst vor Gericht zu sehen.

Welch ein Frühling für Schurken! Wer ist der nächste?

 

Wir sind wieder wer – aber wer? Deutschland zwischen Hegemonie und Selbstverzwergung

Für die aktuelle Ausgabe der ZEIT habe ich mit dem Kollegen Marc Brost eine Einschätzung der deutschen Außenpolitik geschrieben – zum morgen beginnenden G-8 Gipfel. Der Text steht auf der Seite 3 der Zeit von morgen:

Thomas de Maizière hat einen Nebenberuf. Er ist jetzt zweiter Chefdiplomat der Regierung. Seine erste Mission: Reparaturarbeiten im westlichen Bündnis. Der neue Verteidigungsminister lächelt verbissen, als er am Mittwoch der vergangenen Woche vor die Generalität von Heer, Luftwaffe und Marine tritt. Hier, in der Julius-Leber-Kaserne im Berliner Stadtteil Wedding, will er die Truppe für einen historischen Schnitt begeistern – den Umbau der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee. Aber de Maizière hat an diesem Tag noch mehr vor. Er will Signale nach draußen senden: an die Verbündeten.

Nein, liebe Freunde, wir melden uns nicht ab.
Nein, wir gleiten nicht klammheimlich ab, in Neutralismus und Isolation.
Der Neue spricht vom level of ambition seiner Truppe und davon, dass er die Zahl der einsatzbereiten Soldaten steigern wolle – um ein Drittel, auf 10 000 Mann. Dann gestattet er sich noch eine Unfreundlichkeit in Richtung des Kabinettskollegen Westerwelle. Man müsse künftig nicht nur jeden Einsatz begründen, sagt der Minister, sondern auch bedenken, »welche Folgen ein Nicht-Einsatz hat«.
Das Wort Libyen fällt nicht. Aber das Signal an die deutschen Verbündeten ist auch so klar: Wir wissen, dass euch unsere Enthaltung im UN-­Sicherheitsrat nicht eingeleuchtet hat. Wir sind zu verflochten mit der Welt, um uns noch einmal auf einen deutschen Sonderweg zu begeben. Wir hatten uns da nur kurzfristig etwas verlaufen.
Für Angela Merkel kommen diese Signale gerade rechtzeitig. An diesem Donnerstag und Freitag trifft die Kanzlerin auf die Mächtigen der G 8, der wichtigsten Industriestaaten. Und die Agenda dieses Wirtschaftsgipfels ist geprägt von den außenpolitischen Erschütterungen.

Im französischen Deauville wird über die Aufstände in Nordafrika und im Nahen Osten gesprochen werden – und über mögliche Hilfe des Westens. Seit der Libyen-Entscheidung steht Merkel unter Druck. Man konnte es merken, als sie sich etwas übereifrig über bin Ladens Tod freute – als hätte sie bei den amerikanischen Freunden, die sie eben noch ohne Not im Stich gelassen hatte, etwas gutzumachen. So paradox können die Folgen des Nicht-Einsatzes aussehen.
Man wird in Deauville aber auch über Japans Notlage reden, die Folgen der Atomkatastrophe, die Euro-Krise und Afghanistan. Viel hängt dabei von Deutschland ab – schon wegen der Schwäche der anderen. Japans Wirtschaft wurde durch Erdbeben, Tsunami und Super-Gau um Jahre zurückgeworfen. Amerika ist strukturell überschuldet und außenpolitisch überdehnt. Großbritannien unterliegt brutalen Sparzwängen. Frankreich und Italien kommen mit erratischen Chefs schlecht durch die Krise, und beider Länder politische Kulturen sind durch die Skandale um »Bunga Bunga« und Dominique Strauss-Kahn tief erschüttert. Sieht man von den Zaungästen Kanada und Russland ab, läuft alles auf die Deutschen zu, die als Einzige die Krise nahezu unbeschadet überstanden haben.
Merkel wird das zu spüren bekommen, im Kreis der anderen Regierungschefs. Selten war Deutschland so wichtig – und zugleich so isoliert wie heute. Die Regierung agiere »ausweichend, abwesend, und unvorhersehbar«, heißt es in einem Thesenpapier des Thinktanks European Council on Foreign Relations (ECFR). Die Gleichzeitigkeit von Euro-Krise und neuem deutschen Wirtschaftswunder macht Deutschland zu einer unverzichtbaren Nation. Aber ein Land, auf das es derart ankommt, wird auch anders angeschaut. Wir sind wieder wer – aber wer?

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De Maizières Bundeswehrreform und die deutschen Interessen

Der Bundesverteidigungsminister hat heute seine Ideen zur Bundeswehrreform vorgestellt. In den nächsten Wochen wird debattiert werden, ob die Reformdaten zu den Ambitionen passen. Was die strategischen Einlassungen angeht, sind bemerkenswerte Verschiebungen zu verzeichnen. Mir ist  in seiner Rede wie auch in den gleichzeitig veröffentlichten „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ etwas aufgefallen, das eine Wendung der sicherheitspolitischen Debatte anzeigt.

Im letzten Jahr haben wie einen Bundespräsidenten verloren, weil der sich wegen Äußerungen zu deutschen Sicherheitsinteressen unverhältnismäßiger Kritik ausgesetzt sah. Horst Köhler hatte dem Deutschlandradio auf dem Rückweg von Afghanistan folgendes gesagt:

„Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.“

Wegen dieser Äußerung brach ein Schwall der Kritik über Köhler herein: Kurz gesagt, er wolle schießen lassen, um die Interessen der deutschen Wirtschaft durchzusetzen. Köhler mag noch andere Gründe fürs Hinschmeißen gehabt haben, aber diese Kritik war der Auslöser.

Thomas de Maizière hat nun das deutsche Interesse an einem „freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen“ ganz offiziell und explizit in seinen Richtlinien festgehalten. In dem Weißbuch von 2006 heißt es noch, es sei im deutschen Intereresse, „den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstands zu fördern und dabei die Kluft zwischen armen und reichen Weltregionen überwinden zu helfen“.

Das ist eine deutliche Akzentverschiebung. In seiner erklärenden Rede in der Julius-Leber-Kaserne sagte de Maizière zu diesem Punkt:

„Unsere Interessen und unser Platz in der Welt werden wesentlich von unserer Rolle als Exportnation und Hochtechnologieland in der Mitte Europas bestimmt. Daraus folgt, wir haben ein nationales Interesse am Zugang zu Lande, zu Wasser und in der Luft.“

Das ist kurz und knapp genau das, was Köhler angedeutet hat. De Maizière in seiner besonnen, ruhigen Art, nimmt man ab, was einen Köhler den Kopf kostet. Vielleicht liegt es gerade daran, dass man ihn für einen seriösen, verantwortlichen Politiker hält, der keine Sprüche macht und sich nicht als Tabubrecher und Klarsprecher inszeniert wie sein Vorgänger im Amt. In jedem Fall finde ich das zu begrüßen.

Noch etwas. De Maizière sagt kein einziges Wort zu der Libyen-Entscheidung, aber die Richtlinien und seine Rede sind nach meinem Eindruck eine scharfe Kurskorrektur – oder sagen wir: der Versuch deutlich zu machen, dass Deutschland sich nicht dauerhaft auf den Kurs des Raushaltens um jeden Preis festlegt, für den der Außenminister steht. In der Rede heißt es:

„Deutschland ist bereit, als Ausdruck nationalen Selbstbehauptungswillens und staatlicher Souveränität zur Wahrung seiner Sicherheit das gesamte Spektrum nationaler Handlungsinstrumente einzusetzen. Das beinhaltet auch den Einsatz von Streitkräften….

Militärische Einsätze ziehen weitreichende politische Folgen nach sich. In jedem Einzelfall ist eine klare Antwort auf die Frage notwendig, inwieweit die unmittelbaren oder sonst außenpolitischen Interessen Deutschlands den Einsatz erfordern und welche Folgen ein Nicht-Einsatz hat.

Deutschland wird in Zukunft von den Vereinten Nationen mehr als bisher um den Einsatz von Soldaten auch dann gebeten werden, wenn keine unmittelbaren Interessen Deutschlands erkennbar sind. Für andere demokratische Nationen ist so etwas längst als Teil internationaler Verantwortung selbstverständlich. Wohlstand erfordert Verantwortung. Das gilt auch für die deutsche Sicherheitspolitik.“

Erstens sind unsere außen- und sicherheitspolitischen Interessen weiter zu ziehen, als mancher sich gerne eingesteht (s. Köhler-Debatte vom letzten Jahr). Zweitens ist Deutschland auch dann gefordert als wichtiger Staat mit einem Interesse an einer Weiterentwicklung des Völkerrechts, wenn es nicht unmittelbar betroffen ist – wie etwa in Libyen.

Aber das habe jetzt ich gesagt.