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Ist Nawal El-Saadawi ins Exil gegangen? Ägyptischer Feministin droht offenbar Apostasie-Prozess

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Die ägyptische Autorin Nawal El-Saadawi

Foto: Ashraf Talaat

Die prominenteste Feministin der arabischen Welt, die Ägypterin Nawal El-Saadawi, musste sich kürzlich vor dem Generalstaatsanwalt in Kairo wegen „Apostasie“ verhören lassen.
Sie befindet sich derzeit auf Reisen. Sie war letzte Woche in Brüssel und wird in der kommenden Woche an der University of Michigan zu einem Gastvortrag erwartet.
In Ägypten geht derweil das Gerücht, es handele sich nicht nur um eine Vortragsreise, sondern um eine Flucht ins Exil auf Dauer.
So stellt die Autorin selbst die Geschehnisse dar:

A few days before I came to this conference, on 28 January 2007, I was interrogated in court, by the general prosecutor. A trial has been filed against me and my daughter (Dr. Mona Helmy who is a writer and a poet) accusing us of apostasy.
Why? Because she wrote an article in a weekly (Rosel Youssef 21 April 2006) demanding that the name of the mother should be respected and not ignored, and said that she will include both her mother’s and her father’s name when she signs her articles and books.

My crime is my writings, and my struggle against the patriarchal language in religion and politics, when I say that God is not male nor female, that God is a symbol of justice, freedom and love, as my peasant grandmother said to me more than 65 years ago.

Hier ein Interview vom letzten Mai, in dem sich der Konflikt ankündigt: Die Tochter hat offenbar durch das Tragen des Namens der Mutter die patriarchal-klerikale Machtstruktur herausgefordert. Und selbstverständlich ist auch Nawal El-Saadawi eine glühende Anti-Amerikanerin:

 

Faith-based fashion für coole Kreuzfahrer

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Diese schicken Modelle für den katholischen Hipster gibt es hier.

(Die rote Mütze ehrt den letzten Papst, die blaue den neuen Papst. Habe auch einen Moment gebraucht, um’s zu kapieren. Ein evangelisches Äquivalent (Church of freedom!) fehlt bislang noch. Muslime schauen sich bitte hier um.)

 

Islam: Der reine, klare, starke Gott

Ich habe für die morgige Print-Ausgabe den Beitrag zum Islam geschrieben (in unserer Reihe über Weltreligionen).
Über Reaktionen würde ich mich freuen. Ich lasse mich auch gerne von allen Seiten verdächtigen – als trojanisches Pferd der Islamisierung Europas und als islamophober Hetzer. Es sollte für alle etwas dabei sein. JL

 

Arbeiten am Tempelberg eingestellt

Der Jerusalemer Bürgermeister Uri Lupolianski hat nach den gewalttätigen Protesten der letzten Tage angeordnet, die Bauarbeiten am Tempelberg vorerst einzustellen. (Siehe meinen Post hier.)
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U. Lupolianski
Jetzt soll in Gesprächen mit allen Beteiligten klargestellt werden, dass Israel keine Absichten hegt, das islamische Heiligtum in irgendeiner Weise zu beschädigen oder umzuwidmen:

He ( Lupolianksi) told associates Sunday that „the plan to construct the walkway engendered a wave of rumor and speculation about Israeli intentions regarding the [Al-Aqsa] mosque.“

„We therefore decided to be totally transparent with all residents about the walkway construction plan, so they will know clearly where it is to be built and to allow members of the public to express their positions to the zoning board,“ Lupolianski continued.

Lupolianski setzte sich damit gegen schweren politischen Druck durch, nicht „gegenüber den Arabern einzuknicken“. Vor allem radikale Siedler greifen ihn derart an. Sie wollen den Tempelberg als jüdische heilige Stätte restitutieren. (Das ist einmal keine arabische Verschwörungstheorie.) Um so wichtiger, dass ihnen ein mutiger Mann wie der Jerusalemer Bürgermeister entgegentritt, damit der Tempelberg nicht zum „Tschernobyl des Nahen Ostens“ (Haaretz). Nun wird er bereits als Nachfolger für Ehud Olmert als Premierminister gehandelt.

 

Worum es am Tempelberg wirklich geht

Ein lehrreicher Artikel in Haaretz über die tieferen Gründe für die muslimische Kampagne gegen die Grabungsarbeiten am Tempelberg: Es geht um nichts weniger als den Anspruch auf Jerusalem.
Den Juden soll jedes Recht auf Jerusalem abgesprochen werden. Ihre historische Präsenz dort sei nur kurzfristig gewesen. Der Tempel habe in Wahrheit anderswo gestanden. Jerusalem sei mithin eine rein islamische Heilige Stätte.

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Der zweite Tempel in einer Rekonstruktion des 19.Jahrhunderts

Who among us knows, for example, that the al-Aqsa Mosque, which according to contemporary studies was built some 1,400 years ago, is now claimed to have been built at the time of the world’s creation, during the days of Adam or Abraham? And who is aware of the fact that increasing numbers of Muslim academics and religious leaders claim it existed even before Jesus and Moses and that Islam preceded Judaism in Jerusalem?

Today, thousands of Islamic rulings, publications and sources deny the Jewish roots in Jerusalem and its holy places. They claim that the Temple didn’t even exist in Jerusalem but was located in Nablus or Yemen. An Islamic legal pronouncement (fatwa) on the Jerusalem Waqf (Muslim religious trust) Web site says King Solomon and King Herod did not build the Temple at all, but merely refurbished an existing structure that had been there from the days of Adam. Today, many Muslims call the Temple „the greatest fraud crime in history“ and many Muslim adjudicators attach the world „so-called“ to the word „temple.“

On the southern Islamic movement’s Web site, Mohamed Khalaikah cites Israeli archaeologists in support of his theory that there is no trace of the Jews‘ Temple. He distorts the writings of these archaeologists, whose studies provided findings from Biblical sources corroborating the Temple’s existence.

Muslim religious figures attempt to portray the Jewish presence in Jerusalem as having been short-term. The Western Wall is a Muslim site, they argue, and say Jewish affinity for it was invented for political purposes and dates only to the 19th and 20th centuries. Their aim is to disprove the centrality of Jerusalem to Judaism. Above all they stress the „precedence and supremacy of Islam over Judaism, which contaminates the city’s Muslim character.“

Muslim religious leaders, with at least partial academic backing, are today rewriting Jerusalem’s history and introducing new terms and content into Muslim and Palestinian discourse. These terms are total nonsense, even according to known Muslim historians like al Makdessi (who lived in the 11th century). In recent years, this new terminology has penetrated the discourse of Palestinian and Muslim politicians as well. Ehud Barak, Shlomo Ben-Ami and the members of the Israeli delegation were horrified to hear it at the Camp David Summit of 2000 from Yasser Arafat and members of his delegation.

It is therefore easy to understand why the Muslims are so afraid of archaeological digs, not only on the Temple Mount itself but also around it, although these digs also shed light on Jerusalem’s Muslim history. Muslims fear these excavations, not because they physically endanger al-Aqsa’s foundations, but because they undermine the tissue of lies proclaiming that the Jews have no valid historical roots in the city and its holy sites.

 

Ungläubige aller Konfessionen – vereinigt Euch!

Atheisten haben es schwer im Klima der neuen Religiosität. Der Glaube spielt weltpolitisch eine grosse Rolle – sei es in Form des Evangelikalentums, des revitalisierten Katholizismus oder des islamischen Bruderkampfes zwischen Reformern udn radikalen (oder zwischen Sunniten und Schiiten). Was wird da aus den Gottlosen?

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Der vollständige Name Gottes, vom spanischen

Kabbalisten Abulafia grafisch aus 72 Kurzformen

zusammengestellt Abb.: Jüdisches Museum

Zwar glauben immer weniger Menschen an Gott, aber die meisten sind nur lauwarme Gottlose aus Metaphysik-Müdigkeit und könnten kaum begründen, warum sie nicht glauben. (Auch interessant, dass sich hier die Beweislast verschoben hat!)
Eine unzeitgemässe Betrachtung des Scharfdenkers Burkhard Müller im neuen Merkur (hier online) verspricht Abhilfe. Warum wir das Konzept Gott nicht brauchen, ist lange nicht mehr so selbstbewusst dargelegt worden:

„Daß es etwas gibt und nicht vielmehr nichts, ist das große Wunder überhaupt. Alle weiteren Merkwürdigkeiten, bis hin zum Dasein der Lebewesen und des Menschen, treten dahinter als dessen bloße Modifikationen zurück. Die Welt schreit nach einer Begründung und Erklärung. (…)

Alles was ist, will erklärt werden, und jede Erklärung dreht sich auf dem Absatz um und bietet sich als neues Rätsel dar.

Hier nun scheint es sich sehr zu empfehlen, daß man festsetzt: Es war Gott, der die Welt erschuf. Damit hebt die Heilige Schrift an. Welche Aufgabe fällt dabei Gott zu? Er soll den unendlichen Regreß der Fragen zum Stillstand bringen. Aber das vermag er letztlich nur dadurch, daß er als das begriffgewordene Frageverbot auftritt. Gott ist, was nicht weiter begründet werden muß und erklärt werden kann, was da ist. An Gott glauben, heißt das so haben wollen; Gott lieben, es als Erleichterung zu empfinden. Nimmt man die Sache aber einmal nicht psychologisch, sondern logisch und ökonomisch, so wird man bemerken, daß man dasselbe Ergebnis bedeutend preiswerter haben könnte: Man sieht Gott nicht, man muß eigens Mut zum Unsichtbaren fassen und ihn glauben. Das kostet Kraft. Bliebe man beim Sichtbaren und wäre man bereit, dessen starre Majestät anzuerkennen und auf sich beruhen zu lassen, so hätte man es ebenfalls mit der Unzugänglichkeit des Urrätsels zu tun, jedoch bei deutlich geringerem Aufwand an Ehrfurcht und Behauptungsenergie.

Wer an Gott glaubt, findet genau genommen nicht nur eine unerklärte Grundtatsache vor, sondern gleich deren drei: zunächst Gott selbst; dann den von ihm ausgehenden Schöpfungsimpuls (denn warum sollte der Erhabene sich zu dieser kleinteiligen Bastelei herablassen?); und schließlich das Mißverhältnis des vollkommenen Urhebers zu einem Produkt, das hängt und klemmt an allen Enden. Platon hat das Problem, daß ein vollkommener Gott die unvollkommene Welt geschaffen haben soll, gespürt und die Zwischeninstanz seines Demiurgen eingeführt, des Handwerkers, dem die Schaffung der Welt von Gott übertragen wurde – das heißt die Frage hierarchisch, gewissermaßen auf dem Dienstweg, überspielen wollen. Funktionieren kann es nicht.“

 

David Byrne über unseren angeborenen Hang zur Gottsuche

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Einer der grossen Helden der Pop-Musik – und einer ihrer grossen Intellektuellen – nämlich David Byrne (Talking Heads), schreibt ein erstaunliches Blog. Ich entnehme seiner Ausgabe vom 20. November diese Stelle über die menschliche Neigung zur Religion, die mich frappiert hat. Ich würde sie gerne übersetzen, aber mir fehlt die Zeit:

This is why intelligent people can be religious. That’s an arrogant statement — it presumes that religion and intelligence are incompatible, that anyone with any sense wouldn’t believe in unproven supernatural faith-based scenarios. But of course that is not the case. I personally might believe (believe!) that many religious beliefs are irrational and verge on lunacy — but I can both see their efficacy — their attraction and usefulness — and sense their beauty. One does not have to be a Catholic to stand in awe of the Sistine Chapel ceiling; be Muslim to hear the lure of the soulful cry of the muezzin and sense the power of the mass dance of the faithful in prayer; be Hindu or Jewish to read and enjoy a text that is often chock full of amazing and surprising metaphors and analogies. These dances, music, images, metaphors are, I sense, deep-rooted — they are like the neural propensities for grammatical structures that Chomsky goes on about — and are therefore similarly genetically inheritable. The dance that is religion has evolved within us, to be released and expressed in a thousand different forms, none of which make logical sense, and all of which, if looked at literally, require a large helping of denial. God is in the wiring, bequeathed by the genes.

To me, this is why the current (tiny) wave of atheism — the recent books by Dawkins, Dennett and Harris, for example — are also in denial. They deny that this propensity for people to believe is innate. Yes, they admit that religion offers many comforts and assurances, security and community — very attractive and seductive — but they stop short at admitting that we are genetically predisposed to believe, that it is in our very nature, a part of what it means to be human. Maybe an illogical part, but that all our innate evolved characteristics are not practical forever (context changes, the world changes) or even rational, from some points of view (does the peacock’s tail have to be THAT big? Isn’t all that just a wee bit of a wasteful allocation of resources?)

Rationalism can never win on pure sense and logic alone. Granted, religions are regularly used to justify horrors and despicable behavior, throughout history and this will never change — and rational thinking tells us these kinds of beliefs need to be wiped out — judged from the POV of the society or world at large at least these religiously justified behaviors are simply evil, counter to the survival of the species and commonly accepted morals — and in those cases maybe yes, religion needs to be smacked down. But what if the benign effects of religion are intimately tied to the dark side? What if you can’t have the good without the bad? What if the shared sense of community, for example, is tied to the belief that God has given this community a personal mandate, a moral rightness above all others? Is it even possible to mold and deconstruct the religious impulse so that only the socially and personally beneficial effects result?

 

Spanische Muslime bitten den Vatikan: Wir wollen in der Kathedrale von Cordoba beten!

Al Dschasira (English) berichtet, dass spanische Muslime beim Vatikan ersucht haben, dass man sie in der Kathedrale von Cordoba beten lassen solle. Am Dienstag sei ein entsprechendes Schreiben beim Papst eingegangen.

„Wir wollen die heilige Stätte nicht übernehmen“, wird ein Sprecher der spanischen Muslime zitiert, „sondern zusammen mit Ihnen und anderen Glaubensrichtungen einen ökumenischen Ort schaffen, der in der Welt einmalig ist und große Bedeutung für den Weltfrieden hat.“

Eine ähnliche Bitte sei früher bereits vom spanischen Klerus abgewiesen worden. Mansur Escudero, der Generalsekretär des spanischen Muslimrates, beschwerte sich über „reaktionäre Elemente“ in der katholischen Kirche, die gegen Moscheebauvorhaben, Kopftücher und islamischen Religionsunterricht in staatlichen Schulen seien.

Die Kathedrale von Cordoba war ursprünglich eine Moschee, die im 13. Jahrhundert zum christlichen Gotteshaus konvertiert wurde. 

Die Moschee wiederum war auf dem Platz errichtet worden, auf dem zuvor die St. Vincent-Kathedrale stand, die von den muslimischen Eroberern Spaniens zerstört worden war.

Immer wieder versuchen Muslime, in der Kathedrale zu beten. Sie werden von Wärtern aufgefordert, dies zu unterlassen.

Die spanische Bischofkonferenz hatte im Dezember eine Empfehlung an die spanischen Muslime veröffentlicht, in der sie von Gebeten in der Kathedrale abrät.

Erinnert dieser Streit nicht von fern an die Aufregung während des Papst-Besuchs, als türkische Islamisten die Angst schürten, Benedikt werde die Hagia Sophia durch ein Gebet wieder in eine Kirche zurückverwandeln? Und an die merkwürdige Hysterie der türkischen Medien, als der Papst dann in der Blauen Moschee – ja, was denn? – gebetet oder meditiert hatte?

Es ist schon erstaunlich, wie leicht es Muslimen fällt, Ökumene in Cordoba einzufordern, und sie im Gegenzug überall anderswo zu verweigern. Was, wenn etwa der Papst auf die Idee gekommen wäre, die Verwandlung der Hagia Sophia in ein ökumenisches Zentrum zu verlangen?

 

 

Weihnachten!

Ich wünsche allen Lesern und Mitbloggern von Herzen ein gesegnetes, friedliches und besinnliches Weihnachtsfest!