Islamkritik ist rassistisch

Das wollen uns jedenfalls die Islamverbände einreden.

Bei der „Internationalen Woche gegen den Rassismus“ treten diesmal der Koordinierungsrat der Muslime und der Interkulturelle Rat gemeinsam auf. Sie wollen den „Kampf gegen den Rassismus“ als „Kampf gegen Islamophobie“ definieren. In ihrem gemeinsamen Flyer findet sich folgender Satz: „Islamfeindlichkeit ist die gegenwärtig am meisten verbreitete Form von Rassismus in Deutschland.“

Das ist ein freches Manöver zur Ausschaltung jeglicher Kritik am Islam mit der Rassismuskeule. 

Es ist schon rein begrifflich Unsinn, „Islamfeindlichkeit“  schlichtweg als „Rassismus“ zu bezeichnen. (Was übrigens soll das sein? Das Gegenteil von Islamfreundlichkeit?) Denn die vermeintlichen „Islamfeinde“ verwenden ja gerade kein „rassisches“ Kriterium, sondern sie sind (angeblich) einer bestimmten Glaubensrichtung gegenüber feindselig eingestellt. Und behaupten Sprecher des Islam nicht selbst immer wieder, dieser Glaube kenne keine Rassen, sondern sei eine universale Tatsache? Wie also kann seine Ablehnung also „rassistisch“ sein?

Es ist ein sehr durchschaubares Spiel, das hier getrieben wird: Man will die Muslime als Opfer definieren und rückt sie darum in die Nähe der Juden, die unter Antisemitismus zu leiden haben. (Der muslimische Antisemitismus ist natürlich kein Thema.) Ich habe bereits einmal gründlich zu dem falschen Konzept der „Islamophobie“ Stellung genommen. Man muss das aber offenbar immer wieder tun. Und darum bin ich Necla Kelek sehr dankbar, dass sie in der heutigen taz in gebotener Deutlichkeit dargelegt hat, wie die Muslimverbände den Rassismusbegriff zur kleinen Münze machen und von eigenen Problemen ihrer Anhängerschaft ablenken wollen:

Islamfunktionäre, die einerseits in allen möglichen staatlichen Gremien und Konferenzen sitzen und die Integrationspolitik mitbestimmen, beklagen sich wortreich darüber, in Europa ausgegrenzt zu werden.

Die türkische Tageszeitung Hürriyet schreibt täglich darüber, wie schrecklich es den Türken und Muslimen in Deutschland geht, gibt aber gleichzeitig Tipps, wie man nach Deutschland kommen kann, ohne einen Deutschkurs zu belegen. Nämlich: Man wird schwanger. Es gibt im Türkischen ein Sprichwort, das lautet: „Die Katze, die nicht ans Futter kommt, sagt, es sei verdorben.“ So kann man sich auch einem Dialog entziehen, indem man Kritik zu Beleidigungen umdeutet und der Bevölkerung ein Feindbild suggeriert, weil die eigenen Konzepte scheitern.

Da solche Kampagnen aus der Türkei über den regierungstreue türkischen Islamverband Ditib nach Deutschland transportiert werden, macht es Sinn, dass sich der KRM, in dem die Ditib großen Einfluss hat, sich an solchen „Rassismus“-Kampagnen beteiligt.

Irre ist es auch, weil KRM und Interkultureller Rat dann wiederum aus „rassistischer“ Diskriminierung (öffentliches) Kapital zu schlagen versuchen. Rassismus ist wie Nazismus und Antisemitismus das Schlüsselwort, um zum Beispiel öffentliche Gelder zu akquirieren. Wer es schafft, Rassismus, Antisemitismus und Islamkritik und -feindlichkeit in einem Atemzug zu nennen, der steht kurz davor, seine Koranschulen und Moscheeführungen mit Mitteln aus den Fonds gegen Rechtsradikalismus zu finanzieren.

Es gibt einige Projekte, die gegründet wurden, um Aufklärungsarbeit gegen Rassismus zu leisten, die werden auf diese Weise „umgewidmet“. Veranstalter, die Fortbildung in Sachen Antifaschismus anbieten, erweitern ihr Geschäftsfeld auf den Bereich „Islamophobie“. …

Es wird mit Schlagworten wie „Völkerverständigung und Toleranz“ versucht, einen „Schulterschluss der Opfer gegen Rassismus und Diskriminierung“ herzustellen, wo es gar keine ursächliche Übereinstimmung gibt, weil die Ausgangslage grundverschieden ist. Nach dem Motto „Wir glauben alle an den einen Gott und werden von den Deutschen diskriminiert“ wird eine Pseudo-Solidarität postuliert.

In dem oben erwähnten Flyer heisst es: Die „islamischen Religionsgemeinschaften setzen sich für die Freundschaft und Solidarität der Menschen untereinander und gegenüber anderen Glaubensangehörigen sowie für die prinzipielle Ablehnung von Gewalt ein. Diese Ziele entsprechen den Grundsätzen des Islam. Islam bedeutet Frieden, Sicherheit und die freiwillige Hingabe an Gott. Im Islam wird das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen ebenso befürwortet wie die Völkerverständigung und Toleranz.“

Im Islam wird das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen befürwortet?

Give me a break.

Warum kann dann ein orthodoxes Priesterseminar in der Türkei nicht eröffnet werden? Warum werden die Bahai im Iran verfolgt? Warum gehen Schiiten und Sunniten sich im Irak an die Gurgel? Warum können Bahai in Ägypten nicht einmal einen Personalausweis bekommen? Warum werden die Millionen von Aleviten in der Türkei zur Anpassung an die Sunniten gezwungen?

Es ist eine Frechheit, dass dieselben Verbände, die zu alledem schweigen, sich anmassen, Islamkritik in Deutschland unter Rassismusverdacht zu stellen.

 

Warum Israel sich bedroht fühlt

Der Historiker Benny Morris schreibt über die Hinter-Gründe für den Angriff auf die Hamas in Gaza, und ich kann aus dieser Sicht verstehen, warum es zu der Operation gekommen ist (halte sie aber immer noch für falsch):

Erstens hätten die arabischen Länder und die islamische Welt im weiteren Israel nie das uneingeschränkte Existenzrecht zugestanden -trotz der Friedensverträge von 1979 (Ägypten) und 1994 (Jordanien).

Zweitens schwinde die internationale Unterstützung des Westens für Israel in dem Maße, wie der Holocaust eine schwache Erinnerung wird.

Drittens ist Israel im Norden von der schiitisch-fundamentalistischen Hisbollah bedroht, die parasitär im libanesischen Staat lebt und von anderen Mächten der Region unterstützt wird.

Benny Morris

Viertens werde Israel im Süden von Hamas bedroht, die die Auslöschung des israelischen Staates anstrebe.

Fünftens lauert im Osten der Iran, der die Atombombe anstrebt, dessen Präsident gegen Israel hetzt und die Hamas unterstützt.

Sechstens ist Israel durch die Demografie in seiner Identität bedroht: die arabische Minderheit im Lande kann, bei gleichbleibenden Geburtenraten, schon 2040 die Mehrheit werden. Die arabischen Israelis haben sich in jüngster Zeit radikalisiert, schreibt Morris.

„What is common to these specific threats is their unconventionality. Between 1948 and 1982 Israel coped relatively well with the threat from conventional Arab armies. Indeed, it repeatedly trounced them. But Iran’s nuclear threat, the rise of organizations like Hamas and Hezbollah that operate from across international borders and from the midst of dense civilian populations, and Israeli Arabs‘ growing disaffection with the state and their identification with its enemies, offer a completely different set of challenges. And they are challenges that Israel’s leaders and public, bound by Western democratic and liberal norms of behavior, appear to find particularly difficult to counter.“

Mehr hier.

 

Amis raus?

Und noch eine interessante Umfrage. Sind US-Militärbasen in der Golfregion eine gute Idee? In den USA denken 70 Prozent so. Und dann wirds dünn. In keinem anderen Land wird eine Mehrheit der Befürworter erreicht bei dieser Frage. In Deutschland ist nur jeder Dritte der Meinung, es sei eine gute Idee. In Frankreich etwas mehr, da scheint die Kolonialvergangenheit durch (i.e. man weiß noch, was eine mission civilatrice ist).

Und unser künftiger NATO-Partner (Gott bewahre!) Ukraine denkt darüber ganz ähnlich wie das russische Brudervolk. (Oder wie die Palästinenser.) Was für eine Schnapsidee, die Ukraine in die NATO aufzunehmen! (Nicht nur aus diesem Grund.)

Auch interessant: In der Türkei finden ganze 6 Prozent, die USA gehören an den Golf – auch dies ein NATO-Land. In Pakistan und Ägypten bewegte sich die Zustimmung erwartungsgemäß im nicht meßbaren Bereich.

Hat jemand eine gute Erklärung für die Zahlen aus Nigeria und Kenia?

Quelle.

 

Muslime und Evolution

Wir kennen alle die Berichte über die Wissenschaftsfeindlichkeit der Evangelikalen in den USA. Wie bizarr auch immer deren Gefechte wider die Evolutionstheorie, die wahr Herausforderung für die wissenschaftliche Weltsicht liegt nicht im „Bible Belt“ der Vereinigten Staaten, sondern in der Breite der öffentlichen Meinung in der islamischen Welt.

Eine Erhebung aus den Jahren 1996-2003 zeigt die wachsende Popularität des Kreationismus in der islamischen Welt. Das Sample für die Türkei scheint mir mit etwas über 700 Befragten ein wenig zu klein, um wirklich zuverlässig zu sein. Aber immerhin bekommt man hier einen Einblick. Schockierend sind die Zahlen für Indonesien und Malaysia, und auch die für Ägypten.

Warum ist Kasachstan relativ wissenschaftsfreundlich? ich vermute, das ist ein Erbe der Sowjet-Zeit.

Ansonsten: finster, finster.

Quelle.


 

Der Scheich und der Händedruck

Scheich Tantawi, Oberhaupt der al-Azhar-Universität in Kairo, hat Schimon Peres die Hand geschüttelt, bei einem UN-Treffen im November.

Nun wird ihm diese menschliche Geste zum Verhängnis. In Ägypten rufen führende Zeitungen ihn zum Rücktritt auf.

Tantawi hat sich bereits auf die (schwache) Linie zurückgezogen, er habe den Herrn gar nicht erkannt, der ihm da in New York die Hand entgegengestreckt habe. (Wenn das stimmt, dann sollte der Scheich wirklich zurücktreten!) Welch eine Demütigung.

Mohammed Sayed Tantawi

Es ist eine schändliche Vorstellung: der Scheich fährt zum „interreligiösen Dialog“ nach New York und drückt dem Staatsoberhaupt eines Nachbarstaates, zu dem Ägypten Beziehungen hat, die Hand – und die Folge ist ein Kesseltreiben der fanatisierten Öffentlichkeit.

Israelische Quellen sagen, Tantawi sei auf Peres zugekommen, und es habe eine sehr gute, ernsthafte Unterhaltung gegeben.

Was einen irritierenden Schluß nahelegt: das Problem sind vielleicht gar nicht mal die Scheichs und Muftis und Ajatollahs, sondern die breite Öffentlichkeit der islamischen Welt.

Aus einem Bericht der BBC:

Senior Egyptian politicians regularly meet with Shimon Peres.

Egyptian President Hosni Mubarak played host to the Israeli president just two months ago.

But Sheikh Tantawi, say commentators, is the leader of Sunni Islam and by shaking the hand of the Israeli president, he’s seen as normalising relations with Israel while at the same time associating himself with the Egyptian regime, which is deeply unpopular in many quarters.

 

Alkoholverbot in Kairoer Nobelhotel

Islamonline berichtet, dass der Streit um das Kairoer Grand Hyatt eskaliert.

Dessen saudischer Besitzer hatte im Mai in einer spektakulären Aktion sämtlichen Alkohol aus den Hotelbars und -restaurants entfernen lassen. Hunderte Liter alkoholischer Getränke wurden demonstrativ in den Nil geschüttet. Das Hotel steht spektakulär auf einer aufgeschütteten Insel in dem großen Fluß.

Nun droht die ägyptische Regierung, dem Besitzer drei der fünf Sterne abzuerkennen. Das würde sich stark auf die Zimmerpreise auswirken und enorme Verluste verursachen. (Aber Herrn Ibrahmi, dem saudischen Scheich und Hotelbesitzer, scheint Geld eh nicht so wichtig zu sein. Wichtiger ist offenbar die kuturrevolutionäre Tat für den Scharia-Islam saudischer Prägung.)

Die meisten der Sommergäste in dem Hyatt sind traditioneller Weise Saudis, die Ägypten vor allem wegen seiner verhältnismässigen Leichtlebigkeit schätzen. Eine Sittenpolizei saudischen Typs gibt es hier (noch) nicht.

Die ägyptische Regierung kämpft einen Kampf gegen den saudisch-wahhabitischen Kulturimperialismus. Für sie geht es ums Überleben. Wenn die Ausbreitung der Scharia in der Hotellerie die Runde macht, ist die ökonomische Grundlage des Landes gefährdet. (Nicht dass es einem um das Folterregime leid täte. Aber vor allem würden die einfachen Leute leiden, deren Lebensunterhalt vom Tourismus abhängt. Und die Muslimbrüder bekämen Aufrieb und könnten aus Ägypten ein Groß-Gaza machen.)

In Ägypten gibt es kurioser Weise das Gebot, dass jedes Hotel über dem Zweisterne-Status Alkohol servieren muss.

Wie lange noch?Verdammte Barbaren!

Rufen wir die heilige Umm Kalthoum zu Hilfe, die große Sängerin der ägyptischen Moderne, bevor die engherzigen Ikhwan anfingen, das Großstatdtleben in Ägypten mit ihrer Prüderie zu ersticken:

 

Warum der Begriff Islamophobie nichts taugt, obwohl es eine arge Islamfeindlichkeit gibt (und warum es in diesem Blog doch weitergeht)

Ein Vortrag vor dem „3. Zukunftsforum Islam“ der Bundeszentrale für Politische Bildung in Brühl vom 17. Mai 2008, der vielleicht erklärt, warum dieses Blog abgeschaltet wurde und nun doch weitergeht:

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe ein Problem: Der Begriff, unter dem ich mich hier bereit erklärt habe anzutreten, taugt nämlich eigentlich nichts.
Islamophobie – mit diesem Konzept werden ohne Unterschied irrationale und rationale Ängste im Bezug auf den Islam zu Symptomen einer Art psychischen Krankheit erklärt.
Eine Phobie ist schließlich etwas anderes als ideologische Voreingenommenheit – wie sie uns etwa in Form einer rassistischen Einstellung, eines religiösen Fanatismus oder politischer Parteilichkeit begegnen. Eine Phobie hat man, unter einer Phobie leidet man, merh noch, sie hat einen, sie nimmt einen in Beschlag. Die Phobie muss behandelt werden wie andere bedrohlich psychische Erkrankungen. Der Phobiker verhält sich zwanghaft. Er kann anderen zur Gefahr werden und wird zugleich als Opfer einer Krankheit betrachtet, statt als Subjekt mit Überzeugungen und Meinungen, wie fragwürdig auch immer.
Wollen wir wirklich in solchen Begriffen von der öffentlichen Debatte um den Islam reden, wie sie sich bei uns in den letzten Jahren entfaltet hat? Ich halte das nicht für sinnvoll. Trotzdem will ich über das Thema „Islamophobie – die Rolle der Medien“ sprechen. Denn ich kann sehr wohl verstehen, warum sich bei manchen Muslimen der Eindruck einer generellen Islamfeindlichkeit festgesetzt hat. Dies auf eine sich immer weiter verbreitende „Islamophobie“ zurückzuführen, hielte ich dennoch für falsch.
Denn dadurch werden bestimmte Redeweisen und Einstellungen von vornherein in den Bereich der Angst gerückt und somit psychologisiert. Man rückt sie damit aus dem Bereich des Verstehbaren und Widerlegbaren heraus und hat sie somit zum Schein neutralisiert. Mit einem Phobiker kann man nicht debattieren. So enifach geht es aber nicht.
Schauen wir uns kurz ein paar prominente Versuche an, Islamophobie zu definieren. Dann wird das Problematische dieses Begriffs deutlich werden.
Der Begriff wurde durch eine Studie des britischen Runnymede Trust 1997 in die Debatte eingeführt. Runnymede Trust ist eine unabhängige Lobbygruppe für eine multi-ethnische, multireligiöse und multikulturelle Gesellschaft.
Eine islamophobe Einstellung kommt nach einer Definition des Trust in folgenden Meinungen zum Ausdruck:

* Der Islam sei ein allein stehender monolithischer Block, statisch und für Veränderung unempfänglich.

* Der Islam sei gesondert und fremd, er habe keine gemeinsamen Ziele und Werte mit anderen Kulturen; weder sei er von ihnen beeinflusst noch beeinflusse er sie.

* Der Islam sei dem Westen unterlegen, barbarisch, irrational, primitiv und sexistisch.

* Der Islam sei gewalttätig, aggressiv, bedrohlich, den Terrorismus unterstützend und in einen Kulturkampf verstrickt.

* Der Islam sei eine politische Ideologie, die für politische oder militärische Vorteile genutzt werde.

So weit die Definition des Forum Against Islamophobia and Racism (FAIR). Islamophobie und Rassismus stehen hier nahe beieinander, was auch problematisch ist: Denn ich kann sehr wolh feindliche Gefühle gegenüber dem Islam als Religion hegen, ohne Muslime dabei rassistisch abzulehnen. Sonst wäre Islamkritik und Islamfeindlichkeit vonseiten geborener Muslime ja nicht möglich. Auch dies ist ein Versuch, jede Kritik am Islam von vornherein als rassistisch zu diskreditieren.
Ausserdem bin ich der Meinung, dass alle die „islamophoben“ Ideen, die der Runnymede Trust hier auf den Index gesetzt hat, prinzipiell unter dem Schutz der Meinungsfreiheit stehen.
Der Islam wird von manchen Muslimen als politische Ideologie verstanden. Das bestreiten am allerwenigsten jene Muslime, die sich dagegen verwehren. Ja, der Islam hat ein gewalttäiges, aggressives und bedrohliches Gesicht. Terrorismus und Kulturkampf sind ihm nicht fremd. Ist der Islam dem Westen unterlegen? Ist er sexistisch? Ist er barbarisch? Letzteres würde ich nicht sagen, aber Barbaren im Namen eines bestimmten Islam gibt es zweifelsohne. Sie bringen mit Vorliebe andere Muslime um, wie wir mit Schrecken jeden Tag im Irak sehen können. Sexismus? Wer hier möchte aufstehen und sagen, dies sei ein völlig absurder Vorwurf? Dass der Islam dem Westen „unterlegen“ sei, ist die große Angst und der ANTRIEB aller muslimischen Reformdenker der letzten 200 Jahre. Warum sollten wir diese Aussage also tabuisieren? Nur weil es nicht in Ordnung ist, wenn Nichtmuslime sagen, was Muslime seit 200 Jahren sagen? Genauso verhält es sich mit der Aussage, der Islam sei ein allein stehender monolithischer Block, statisch und für Veränderung unempfänglich.
Es ist einfach Unsinn, diese Aussage als Indiz für „Islamophobie“ anzusehen. Manche Muslime sehen des Islam genau so, manche Muslime kämpfen wiederum gegen jene, weil sie Veränderungen wollen. Eine Aussage, die Gegenstand eines innermuslimischen Streits ist, zum Symptom für „Islamophobie“ zu erklären, wenn sie aus dem Mund von Nichtmuslimen zu hören ist, das geht einfach nicht. Das ist eine Gefahr für die freie Debatte, für die freie Forschung. Das ist eine Attacke auf dem wissenschaftlichen Fortschritt. Und wie verhält es sich mit der letzten Aussage, die Runnymede als signifikant erklärt: Der Islam sei gesondert und fremd, er habe keine gemeinsamen Ziele und Werte mit anderen Kulturen; weder sei er von ihnen beeinflusst noch beeinflusse er sie. Der letzte Teil dieses Satzes ist historischer Unfug. Natürlich ist der Islam beeinflusst von anderen Kulturen, und natürlich beeinflusst er auch sie. Ob der Islam „gesondert und fremd“ sei, ob er „gemeinsame Ziele und Werte“ mit anderen Kulturen habe, das ist genau der Kern des Streits, um den sich alles dreht in unserer Debatte. Noch einmal zur Erinnerung: Auf allen Seiten gibt es Vertreter der einen oder anderen Richtung: Muslime, die das Fremde betonen, Muslime, die ökumenisch denken. Nichtmuslime, die das Gemeinsame sehen, Nichtmuslime, die sich keinen Konsens vorstellen können. Es ist dumm, diese Debatte zensieren und regulieren zu wollen. Sie muss ausgetragen werden. Wir müssen alle zusammen da durch.
Noch ein Beispiel für einen unglücklichen Definitionsversuch:
In seiner sozialwissenschaftlichen Studie „Deutsche Zustände. Folge 4“ macht Wilhelm Heitmeyer Islamophobie im Rahmen einer Befragung u.a. an der Zustimmung zu folgenden Aussagen fest:

* „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden.“
* „Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“
* „Es sollte besser gar keine Muslime in Deutschland geben.“
* „Muslimen sollte jede Form der Religionsausübung in Deutschland untersagt werden.“
* „Für mich sind die verschiedenen islamischen Glaubensrichtungen kaum zu unterscheiden.“
* „Die Mehrheit der Muslime hält große Distanz zur restlichen Bevölkerung.“
* „Viele Muslime in Deutschland wollen lieber unter sich bleiben.“
* „Die islamistischen Terroristen finden starken Rückhalt bei den Muslimen.“
* „Ich hätte Probleme in eine Gegend zu ziehen, in der viele Moslems leben.“
* „Ich werde nur solche Parteien wählen, die gegen den weiteren Zuzug von Moslems sind.“

Umgekehrt gilt ihm auch die Ablehnung der folgenden Aussagen als Indiz für eine islamophobe Einstellung:

* „Der Islam hat eine bewundernswerte Kultur hervorgebracht.“
* „Die muslimische Kultur passt durchaus in unsere westliche Welt.“
* „Ich würde mein Kind auch in einer Schule anmelden, in der eine moslemische Frau mit Kopftuch unterrichtet.“
* „Es ist allein Sache der Muslime, wenn sie über Lautsprecher zum Gebet aufrufen.“
Auch mit dieser Art der Erfassung habe ich Probleme: Was, wenn ich den Gebetsruf ablehne, wie ich auch das Glockenläuten ablehne, weil ich am Sonntag (oder Freitag) nicht gestört werden will, oder weil ich überzeugter Säkularist oder Atheist bin, der Religion nur im Stillen für akzeptabel hält?
Muss ich den Islam nicht nur hinnehmen, sondern sogar bewundern, um nicht als islamophob zu gelten? Ist die Ablehung einer bekopftuchten Lehrerin – gerade unter Türken weit verbreitet – schon islamophob? Und was ist mit den Türken, die Kreuzberg verlassen, weil sie für ihre Kinder bessere Schulen wollen? zu sagen, die islamistischen Parteien fänden „starken Rückhalt bei Muslimen“ ist, global gesehen, ein Irrtum, wie wir aus vielen Umfragen wissen. In Ägypten ist es die reine Wahrheit.
Und so weiter, und so fort: Sie sehen schon, was mir an dem Begriff Islamophobie nicht gefällt, ist die Tatsache, dass er – in meist bester Absicht – die notwendigen, peinigenden Debatten einfach abschneidet, statt sie führbar zu machen. Der Islamophobie-Begriff, wenn er sich durchsetzen sollte in der Breite, in der ich ihn hier skizziert habe, hätte fürchterliche Folge für unsere liberale Öffentlichkeit. Er wäre ein Instrument, um jede mißliebige Debatte zu ersticken. Diejenigen muslimischen Gruppen, die ihn in Großbritannien propagieren, sind durch die Salman-Rushdie-Affäre entstanden. Ich halte das nicht für einen Zufall. Die Verwendung des Islamophobie-Begriffs seitens dieser Gruppen ist ein Versuch, den in der Rushdie-Affäre gewonnenen Boden zu verteidigen und zu vergrößern.

Wer aber die Wahrnehmung der Menschen verändern will, ist schlecht berufen, mit Verboten, Tabus und Sprachregelungen zu arbeiten. Besser wäre es, der Öffentlichkeit ein anderes Image des Islam zu präsentieren. Allerdings darf das nicht bloß eine Art beschönigende Gegenpropaganda sein. Es muß ein authentisches Gegenbild sein, dass die problematischen Dinge nicht ausblendet und von echter Auseinandersetzung mit ihnen zeugt. Dazu später.
Nachdem ich jetzt so viel Zeit damit verbracht habe, den Begriff, auf dem mein Vortrag fußt, kaputtzumachen, muß ich endlich zum zweiten Teil meiner Überschrift kommen: die Rolle der Medien.

Im letzten Jahr habe ich an vier Debatten zu diesem Thema teilgenommen: in Berlin, 2xFrankfurt und München. Jedesmal saß ich gewissermassen stellvertretend auf der Anklagebank für meine Zunft. Die Unterstellung war: Es gibt immer mehr Islamophobie. Sie (die Medien) sind schuld daran. Was, werter Herr Lau, gedenken Sie also zu ändern? Was ist der „Beitrag“, wurde ich einmal gefragt, den die Medien zum gesellschaftlichen Frieden leisten können?
Ein bißchen trotzig – aber auch aus tiefster Überzeugung – habe ich dazu gesagt: Nichts. Keinen Beitrag. Dafür sind wir nicht zuständig. Ich verbitte mir solche Fragen. Stellen Sie sich einfach vor, unserem Wirtschaftskorrespondenten würde vom Bund der deutschen Industrie vorgehalten, in Deutschland werde das Klima immer wirtschaftsfeindlicher. Immer mehr Geschichten über Korruption bei Siemens und VW, immer mehr Kommentare über Managergehälter, viel zu viel Verständnis für Gewerkschaftsforderungen. Was können wir tun, was können die Medien tun, damit das Klima in Deutschland wieder wirtschaftsfreundlicher wird? Das wäre ein Skandal.
Oder stellen Sie sich vor, der Vorsitzende einer Partei würde sich beschweren, wir würden nur Negativberichte über ihn und seine Truppe bringen. (Ach, es gibt diesen Fall in der Wirklichkeit: Denken Sie an Kurt Beck und die SPD und ihr unglückliches Verhältnis zur „Berliner Hauptstadtpresse“.) Was kann die Presse tun, um das Klima wieder freundlicher für die Sozialdemokratie zu gestalten? Absurd! Werden Sie zu Recht sagen.
Oder nehmen Sie die Chinesen – sie wünschen sich eine andere Tibet-Berichterstattuntg. Wir sollen die Probleme mit diesen paar Mönchlein nicht so hoch spielen, hören wir da. Wir sollen die Tugenden des chinesischen Wirtschaftswunders mehr in den Vordergrund stellen. Wir sollen die Bedeutung Chinas für den Weltfrieden und die Weltökonomie im Blick behalten und nicht so sehr auf einzelnen Menschenrechtsverletzungen herumreiten. Eine Presse, die sich darauf einließe, wäre erledigt.
Warum findet niemand etwas dabei, im Bezug auf den Islam mit den gleichen absurden Zumutungen zu kommen?

Und hier muss meine eigene Erfahrung ins Spiel kommen. Ich habe in den letzten 2 Jahren ein Blog gefuehrt, in dem ich mich im Wesentlichen mit den Themen Islam in Europa, Integration, islamische Reform, interreligioeser Dialog und so weiter beschaeftigt habe. Die wichtigste Kategorie in diesem Blog heisst: Die Freunde und die Feinde des Islam.
Alles hat damit angefangen, dass ein iranischer Freund – der Philosoph Ramin Jahanbegloo – in Teheran verhaftet wurde. Ich wollte täglich ueber seinen Fall berichten, und da schien mir das Internet das richtige Medium. Um Ihnen eine Idee von der Weite des Themenfeldes zu geben: Ich habe über den Dialog des Papstes mit den zunächst 38, dann 138 islamischen Gelehrten geschrieben. Ich habe über eine britische Debatte zur Zulässigkeit des “Burkini” beim Schulsport geschrieben. Die Islamkonferenz, die neueren Repressionen in Iran gegen “unislamische Kleidung”, ein neues Magazin für muslimische Maedchen, die Verhaftung eines Bloggers in Kairo, der Aufstand muslimischer Gelehrter in Nordwestpakistan gegen eine Pflicht zum Barttragen – all dies war Thema bei mir im Blog.
Im 2 Jahren habe ich 660 Posts geschrieben, es wurden ueber 30.000 Kommentare hinterlassen. Ich nähere mich der halben Million bei den Besuchern.
Und doch habe ich vor 2 Wochen fürs erste aufgehoert. Ich hatte keine Lust mehr, und daran waren vor allem die Reaktionen einiger besonders meinungsstarker Kommentatoren Schuld. Es hatte sich ein festes Ritual eingespielt, in dem einige so genannte “Islamkritiker” entweder mir oder anderen Kommentatoren vorwarfen, wir seien naiv im Bezug auf die Reformfaehigkeit des Islams. Wir wurden dargestellt als nützliche Idioten einer schleichenden Islamisierung Europas und unserer Gesellschaft. Ich habe mich bemüht, hoeflich aber entschieden dagegen zu halten, doch die Debatte began sich irgendwann im Kreis zu drehen. Wenn man auch nur darauf verwies, dass es selbstkritische Stimmen aus der islamischen Community gibt, dass es Theologen mit abweichender Meinung zu Frauenrechten, Menschenrechten, zum Wirkungsbereich der Scharia gibt, dann wurde man gescholten, man wolle nur vom “wirklichen Islam” ablenken, in dem es nun einmal keine Reform geben könne. Von anderer Seite wurde ich angegriffen, weil ich diesen so genannten “Islamkritikern” nicht auf meiner Website den Mund verbieten wollte. Ich fand es aber wichtig, dass es ein Forum gab, auf dem sich fromme Muslime (auch einige Konvertiten), interessierte Laien und Islamkritiker argumentativ auseinandersetzen mussten. Ich betrachtete mich als Moderator, der jeweils von den besten (und den schlechtesten) Argumenten lernen konnte.

Da verteidigte ein säkularer tuerkischer Intellektueller die Hamas, in der er eine legitime Freiheitskämpfer-Armee sieht. Er sah sich dafür (auch von mir) angegriffen, er rede die völkermörderischen Passagen in der Hamas-Charta schön. Ein ostdeutscher Konvertit verteidigte einen konservativen Islam gegen meine Versuche, liberalen Auslegungen ein Forum zu geben. Ein Atheist versuchte zu zeigen, dass alle Religionen schädlich seien, und der Islam gewissermassen nur der Inbegriff des monotheistischen Irrsinns. Eine katholische Debattantin begründete immer wieder, dass die einzig sinnvolle Reform des Islam in der Konversion aller Muslime bestehen muesse. Ein iranischer Arzt aus Süddeutschland unterstützte meine Kritik des Teheraner Regimes und wandte sich zugleich gegen die Dämonisierung des Islams per se.
Das alles war sehr interessant und oft temperamentvoll vorgetragen. Aber am Ende frustrierte mich die Unlust der haeufigsten Kommentatoren, irgendetwas dazulernen zu wollen.
Also habe ich mit diesen Worten das Blog geschlossen:
„Das Thema Islam/Integration/Migration läßt sich einfach nicht mehr verhandeln, ohne zu den immer gleichen Abschweifungen über die muslimische Gefahr, den allzu weichen Westen, die Illusionen des Mulitkulturalismus (dem ich nie gehuldigt habe) etc. anzuregen.
Ich habe keine Lust, die Kommentare abzuschalten.
Ich habe immer weniger Lust, auf die Kommentare der meisten hier zu antworten.
Ich gebe mich vorerst geschlagen und bitte eventuelle unbekannte Mitleser um Nachsicht.“

Jetzt mache ich doch wieder weiter, weil ich es falsch finde, die Web-Öffentlichkeit nur Islamisten und Anti-Islam-Paranoikern zu überlassen. Ich danke allen, die mich darin mit freudlichen Mails oder direktem Zuspruch bestätigt haben.

 

Ein muslimischer Thinktank gegen den Islamismus

Vier junge britische Muslime sind dabei, eine Stiftung gegen den Islamismus zu gründen. Der bekannteste unter den Gründern der Quilliam-Stiftung ist Ed Husain, ein ehemaliges Mitglied von Hizb-ut-Tahrir. Husain hat im letzten Jahr das Aufsehen erregende Buch „The Islamist“ veröffentlicht, in dem er seinen Werdegang  vom entfremdeten Jugendlichen zum führenden Strategen der Hizb beschreibt. Ich habe das Buch hier verschiedentlich schon zur Lektüre empfohlen.

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Ed Husain    Foto: Quilliam Foundation

Mit von der Partei ist auch Maajid Nawaz, ein weiterer Dissident der Hizb-ut-Tahrir, der im letzten Jahr Zeugnis ablegte über sein Engagement in der „Kalifatspartei“.

Die Quilliam-Stiftung – benannt nach dem berühmten britischen Konvertiten Abdullah (William Henry) Quilliam, der die erste Moschee in England baute – will sich der Aufgabe widmen, die Islamisten intellektuell ernst zu nehmen und herauszufordern. Naheliegender Weise wird man sich zunächst der Hizb-ut-Tahrir zuwenden, die unter jungen Muslimen in England eine starke Anziehunsgkraft hat, weil sie eine moderne Weltrevolutionsideologie im Gewand der islamischen Tradition vertritt.

Am 22. April wird die Stiftung im Londoner British Museum ins Leben gerufen. Es gibt prominente Unterstützer aus der islamischen Welt wie etwa Scheich Bin Bayyah und Grossmufti Ali Gomaa aus Ägypten. (Beide gehören zu den islamischen Gelehrten, die den Dialog mit dem Papst führen.) Von britischer Seite sind als Berater etwa Lord Paddy Ashdown und Timothy Garton Ash dabei.

Ich halte dies für eine sehr wertvolle Initiative – weil die Islamismuskritik hier nicht von Aussen formuliert wird, sondern von der Warte eines gemäßigten Islams. Die Zeiten sind vorbei, da islamische Organisationen sich mit dünnen Distanzierungen das Thema Islamismus vom Leib halten konnten. Die Auseinandersetzung hat begonnnen. Zitat von der Website:

„The Quilliam Foundation is a counter extremism think tank. Created by former activists of radical Islamist organisations, who are familiar with the mindset and methods of extremist groups. Now under the guidance of mainstream Muslim scholars, we believe that Western Muslims should revive Western Islam, our Andalusian heritage of pluralism and respect, and thereby find harmony in West-Islam relations.

Western Muslims should be free from the cultural baggage of the Indian subcontinent, or the political burdens of the Arab world. We were born and raised in a milieu that is different from the Muslim East. As such, our future and progeny belong here. Just as Muslims across the globe have adopted from and adapted to local cultures and traditions, while remaining true to the essence of their faith, Western Muslims should pioneer new thinking for our new times.“

Die Website der Stiftung hat schon einige interessante Zeugnisse und gute weiterführende Links zu bieten.

 

Sie hassen uns nicht

Jedenfalls nicht für das, was wir sind, sondern wenn schon, dann für das, was wir tun. Will eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup herausgefunden haben, von der die WELT heute berichtet:
Die in diesem Umfang und auf diesem Feld beispiellose Untersuchung nahm ihren Anfang unmittelbar nach den Anschlägen vom 11.September und hat Überraschendes zutage gefördert. Etwa dies: Im Iran sprachen sich 85 Prozent der Befragten für die Gleichberechtigung von Mann und Frau aus, in Indonesien sogar 90 Prozent, und selbst im rigiden, patriarchalischen Wüstenstaat Saudi-Arabien waren es noch 61 Prozent.
Verehrung für technologischen Fortschritt und westliche Freiheiten
Oder dies: Muslime in zehn arabisch-islamischen Kernstaaten gaben zu Protokoll, was sie am „Westen“ am meisten verehrten: Technologischer Fortschritt steht da an erster Stelle, dicht gefolgt von der freien Meinungsäußerung, der freien Ausübung der Religion und der parlamentarischen Demokratie, die sich auf eine Verfassung stützt.
Interessant auch, dass die sieben Prozent der Befragten, die sich selbst als „politisch radikal“ einstufen, eine deutlich bessere Bildung aufzuweisen haben als die Mehrheit ihrer Glaubensbrüder. Sie verfügen über überdurchschnittliche Einkommen und über ein sehr waches politisches Bewusstsein, verfallen aber angesichts der trostlosen Lage der Bürgerrechte in ihren eigenen Gesellschaften öfter als ihre moderaten Zeitgenossen in Zynismus und eben Radikalität.
„Selbst die Sympathisanten des islamistischen Terrorismus hassen nicht unsere Freiheit, sie wollen unsere Freiheit, um sich selbst entfalten zu können“, sagt die Muslimin und Co-Autorin Dalia Mogahed über die sieben Prozent „politisch radikalisierter“ Muslime, die die Terroranschläge vom 11.September 2001 rechtfertigen.

Ihr Kollege Esposito sekundiert: „Sie hassen uns nicht für das, was wir sind, sondern für das, was wir tun.“ Antiamerikanismus speise sich nicht aus der Abscheu gegenüber westlichen Werten und Prinzipien, sondern aus dem, was die Muslime an konkreter US-Außenpolitik am eigenen Leib erführen. Konkret heißt das: Parteilichkeit im Nahost-Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zugunsten Ersterer sowie die Unterstützung mehr oder weniger offen diktatorischer islamischer Regime wie Ägypten, Pakistan und Saudi-Arabien.
So sehr die Muslime offenbar westliche Werte schätzen, so wenig halten sie die westliche Leitmacht USA für einen vertrauenswürdigen Protagonisten des Werteexports. Lediglich die Hälfte aller befragten Muslime glauben, dass die Amerikaner tatsächlich demokratische Strukturen in der arabisch-islamischen Welt verankern wollen. 24 Prozent der Ägypter und Jordanier und gar nur 16 Prozent der Türken vertrauen in dieser Frage auf Washingtons Außenpolitik. 81 Prozent der befragten Radikalen und 67 Prozent der politisch Gemäßigten sehen die USA als aggressive Macht, verachten ihren „Unilateralismus“ und ihre „Arroganz“.

 

Muslime gegen Genitalverstümmelung

Der deutsche Abenteurer und Menschenrechtsaktivist Rüdiger Nehberg hat mit seiner Organisation „Target“ einen bedeutenden Schritt zur Ächtung der Genitalverstümmelung getan.
Alle maßgeblichen ägyptischen islamischen Autoritäten unterstützen die Ächtung der FGM (female genital mutilation). Durch Nehbergs Initiative wurde jetzt ein Buch gegen FGM produziert, das in 90.000 Moscheen Ägyptens verteilt wird.
Siehe da: Der Islam trennt sich von einem Brauch, der vielerorts und lange Zeit als islamisch geboten dargestellt wurde. Die Kriterien der Menschlichkeit haben sich verändert – letztlich geht es hier um das Recht der Frau auf körperliche Unversehrtheit und eine eigene Sexualität – , und so verändert sich auch die Herleitung scheinbar unverrückbarer Sitten.
Ich sehe darin einen möglichen Anfang für ein anderes Frauenbild.
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