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Was soll ich spielen? Magische Sachen fürs Auge

Augen auf!

Willst Du Deinen Sehsinn mal so richtig auf die Probe stellen? Dann sind die 40 magischen Spiele für das Auge das Richtige. Sie zeigen, was unser Gehirn uns so alles vorgaukeln kann. Das ist manchmal ziemlich beunruhigend: Starrt man zum Beispiel 30 Sekunden lang auf einen gelben Fleck, der von einer roten Raute umgeben ist, dann sieht man hinterher eine zweite Raute auf einer völlig leeren Buchseite. Eine Art Rautengeist! Rote und blaue Scheiben zum Durchgucken lassen einfache Zeichnungen so plastisch erscheinen wie 3-D-Kino. Das Buch ist gefaltet wie eine Ziehharmonika: Du kannst es von zwei Seiten durchblättern oder auch auseinanderfalten – dann ist es fünfeinhalb Meter lang. Das Ausmaß, in dem gerade und krumme Linien unsere Augen täuschen, ist ungeahnt!

Àngels Navarro / Sonsoles Llorens:  Mira Mira
– 40 magische Spiele für das Auge

Sauerländer 2010; 24,90 Euro; ab 6 Jahren

 

KinderZEIT Lesesommer 2010: Ich, Gorilla und der Affenstern – Teil 7

Jonna und ihre Adoptivmutter, die Affendame Gorilla, wollen sich einen schönen Abend im Restaurant machen, als ein furchtbares Paar am Nebentisch Platz nimmt. Zurück auf dem Schrottplatz wird es nicht besser, denn da taucht Bürgermeister Tord auf, der schon lange versucht, sie von dort zu vertreiben

Von Frida Nilsson

In der Stadt parkten wir auf dem Marktplatz. Ich hatte so ein prickeliges Gefühl überall. In meinem ganzen Leben war ich noch nie in einem Restaurant gewesen! Um diese Zeit waren die Geschäfte geschlossen und nur noch wenige Menschen draußen unterwegs. Wir schlenderten langsam durch die Straßen, um die Vorfreude noch ein bisschen in die Länge zu ziehen. Aber kurze Zeit später blieben wir vor einer grünen Tür mit Glasscheibe stehen, auf der »Restaurant Zur Gasse« stand. »Da wären wir«, sagte Gorilla.
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Was soll ich lesen? Wünsch Dir was

Wunschbuch

»Morgens loszufahren und abends anzukommen, wobei der Hinweg einfacher sein sollte als der Rückweg.« Was klingt wie ein Rätsel, ist der »erste seltsame Wunsch«, notiert in einem kleinen alten Heft mit ledernem Einband. »Buch der seltsamen Wünsche« steht vorne in krakeligen Buchstaben drauf, und dieses Büchlein beschert Flint, Charlotte, Ben und Jette wahrhaft abenteuerliche Ferien. Anfangs mögen sich die vier sehr unterschiedlichen Kinder nicht sonderlich. Doch das geheimnisvolle Heft, das sie eigentlich bei einem Nachbarn abliefern sollen, stellt ihnen knifflige, manchmal fast unlösbare Aufgaben. Wunsch für Wunsch arbeiten sie sich gemeinsam durch das sonderbare Buch – und finden am Ende weit mehr als bloß neue Freunde.

Angie Westhoff: Das Buch der seltsamen Wünsche
Klopp Verlag 2010, 9,95 Euro, ab 10 Jahren

 

Was soll ich lesen?

Ein Kunstbuch? Auch noch ein Kunst-JAHRBUCH? Das klingt ein bisschen wie ein Geschenk, das der langweiligste Onkel einem machen würde. Aber dieses Buch ist GROSSARTIG! Es beginnt mit einem superwitzigen Vorwort, das die Gebrauchsanweisung dafür liefert, wie es zu benutzen ist. Jeder Monat hat sein Bild, seinen Maler und Malstil. Jetzt im August geht es zum Beispiel um den einohrigen Künstler van Gogh. Du brauchst zu keinem Thema mehr als zwei Seiten zu lesen, aber die haben es in sich! Es gibt Rätselfragen und eigene Malaufgaben für Dich. Du lernst, wie »clever, genial, exorbitant begabt, einfallsreich, durchgeknallt oder nachdenklich« Menschen sind, die sich mit Kunst beschäftigen. Da muss man dabei sein!

Christine Paxmann: Mit Kunst durch das Jahr
Prestel Verlag 2010; 19,95 Euro; ab 10 Jahren

 

KinderZEIT Lesesommer 2010: Ich, Gorilla und der Affenstern – Teil 5

Von Frida Nilsson

Beim Einkaufsbummel glotzen alle Leute Jonna und ihre Adoptivmutter Gorilla an. Das Mädchen schämt sich furchtbar für die Affendame, bei der sie leben muss. Nach einem Fahrradunfall aber gewinnt Jonna ihre Gorilla richtig lieb, und gemeinsam entwickeln sie einen Plan, um auf dem Schrottplatz Geld zu scheffeln

Es war ein kalter, klarer Herbsttag. Mit zufriedenen Schritten machte sich Gorilla auf den Weg die Straße hinunter zum Marktplatz. »Jetzt brauchen wir noch etwas für dich!«, sagte sie beschwingt. »Sonst ist es ungerecht.« – »Nein, nein, nicht nötig!«, sagte ich und hörte selbst, wie unglücklich ich klang. »Wir sollten nach Hause fahren!« Aber davon wollte Gorilla nichts wissen. »Hier gibt es alle Geschäfte, die man sich nur vorstellen kann«, sagte sie und zeigte auf einen Süßwarenladen, ein Spielzeuggeschäft mit Puppen und ein Geschäft mit Farben und Pinseln. »Wir gehen, wohin du willst.« Natürlich wäre es herrlich gewesen, sich nach einer Puppe umzusehen oder nach etwas Süßem, aber das Einzige, woran ich denken konnte, waren die Menschen, denen wir begegneten und wie sie glotzten. Erst auf Gorilla, dann auf mich und dann wieder auf Gorilla. Ich wäre am liebsten gestorben. Weiter„KinderZEIT Lesesommer 2010: Ich, Gorilla und der Affenstern – Teil 5“

 

Was soll ich hören? Kidnapper!

Diese beiden Jungen könnten gegensätzlicher nicht sein: Rico ist ein tiefbegabtes Kind, sein fieser Nachbar Herr Fitzke nennt ihn »Schwachkopf«. Oskar dagegen ist unheimlich schlau, läuft aber aus Angst vor lauernden Gefahren mit einem Schutzhelm durchs Leben. Die beiden Jungen freunden sich nicht nur an, sie stecken plötzlich auch mitten in einem Kriminalfall. Denn in Berlin entführt der unheimliche »Mister 2000« Kinder. Schließlich ist es ausgerechnet der tiefbegabte Rico, der ihm auf die Schliche kommt. Für die knappe Stunde, die das Hörspiel lang ist, musste die preisgekrönte Buchvorlage stark gekürzt werden. Trotzdem bleibt die Geschichte spannend und witzig – herausragend dabei ist der Sprecher des Rico.

Andreas Steinhöfel: Rico, Oskar und die
Tieferschatten
– Das Hörspiel (WDR)
Hörbuch Hamburg 2010, 9,95 €, ab 8 Jahren

 

Kurzgeschichte: Zinnober geht verreisen

Warm und gelb kriecht der Morgen in Zinnobers Wohnung
hinein. Das Eichhörnchen wacht auf und reibt sich die Augen.
Dann, als sie so blankgeputzt sind wie ein Paar kunstlederner
Hochzeitsschuhe, hat Zinnober einen klaren Blick auf die Wand
gegenüber. Und genau dort hängt ein Zettel, auf den er
am Abend zuvor vorsichtshalber etwas geschrieben hat.
Weil er so vergesslich ist. Und weil er abends immer die besten
Ideen hat. Zinnober schlurft zur Zettelwand und liest:
»Morgen dringend verreisen! Sommer sonst langweilig!«
Na klar! Verreisen! Weiter„Kurzgeschichte: Zinnober geht verreisen“

 

KinderZEIT Lesesommer 2010: Ich, Gorilla und der Affenstern – Teil 4

Von Frida Nilsson

Jonna lebt sich langsam bei ihrer Adoptivmutter Gorilla, einer Affendame, ein. Doch dann erscheint ein unheimlicher Besucher, der Gorilla von ihrem Schrottplatz vertreiben will. Das lässt sich die Affendame nicht gefallen – ohnehin beschäftigt sie sich lieber mit schönen Dingen, zum Beispiel seltenen Büchern … Weiter„KinderZEIT Lesesommer 2010: Ich, Gorilla und der Affenstern – Teil 4“

 

Was soll ich lesen? Mit Piraten auf großer Fahrt

© Sauerländer

Zu alt für Bilderbücher? Aber dieses ist gut. Mit Piraten auf großer Fahrt erzählt knapp und spannend die Geschichte der Seeräuber in aller Welt – ob sie nun Freibeuter, Korsaren, Bukanier oder Filibuster genannt werden. Du findest die
Porträts berühmter Piraten (nicht alle eignen sich als berufliches Vorbild), Hinweise auf Piratenfilme und -bücher, lustige Spiel- und Bastelideen, Knotentricks und Rezepte für (fast) echte Seeräubermahlzeiten – zum Beispiel für Piratenschiffbrötchen und Seeräuberbier. Weiter„Was soll ich lesen? Mit Piraten auf großer Fahrt“

 

Bücher für die Ferien

Zu erholsamen, guten Ferien gehört mindestens ein Buch, das Euch begeistert. Wir stellen Euch einige Bücher für die Sommerferien vor, die uns ganz besonders  gut gefallen haben.

AB 7 JAHREN

Nie mehr Maxi

Mal nicht das Übliche: Zwei Schwestern, die sich gut vertragen

Flos kleine Schwester ist ganz schön stur. Maxi heißt sie eigentlich, doch eines Morgens beschließt sie, von nun an den Namen Kiki zu tragen. Flo, ihre ältere Schwester, und die Eltern halten das zunächst für ein Spiel. Als Kiki aber alle Gegenstände, auf denen der falsche Name »Maxi« steht (ein Schlüsselanhänger, Socken und sogar ein Teddy mit Maxi-Shirt), in den Müll wirft, wird allen klar, dass sie von nun an mit einer Kiki zusammenleben. So beginnt Meine kleine Schwester Kiki und ich von Jenny Valentine (die im Mai den LUCHS für ihr Jugendbuch Kaputte Suppe bekam), und an die Geschichte um den neuen Namen schließen sich sieben weitere Episoden an.

Erzählt werden alle Ereignisse aus der Perspektive der älteren Schwester Flo, die manchmal amüsiert, manchmal verwundert, doch immer sehr liebevoll und geduldig auf die kleine Kiki schaut – und ihr alles gönnt. Zum Beispiel, dass sie die beste Ich-packe-meinen-Koffer-Spielerin in der Familie ist. Ein zweiter Band ist übrigens schon fertig und erscheint im November. Darin plagt sich Kiki mit der Frage herum, warum eine Hälfte von ihr schon so prima schwimmen kann, die andere Hälfte aber noch nicht.

Katrin Hörnlein

Jenny Valentine:
Meine kleine Schwester Kiki und ich
Deutsch von Anu Stohner
dtv 2010, 9,95 Euro

AB 10 JAHREN

Phobinasium

Kann man seine Angst verlernen? Auf »Summerstone« sicher nicht

Madeleine hat so große Angst vor Insekten, dass sie stets mit Hut und Schleier umherläuft. Lulu hält sich gern im Freien auf, denn sie fürchtet sich vor kleinen, dunklen Räumen. Theo ist das jüngste von sieben Geschwistern, und seitdem seine Großmutter starb, lebt der Zwölfjährige in der ständigen Furcht, er selbst oder ein anderes Familienmitglied schwebe in Lebensgefahr. Garrison schließlich fürchtet sich vor Wasser.

Mit ihren ausgeprägten Ängsten rauben die vier Kinder ihren Familien den letzten Nerv. Und so sind diese begeistert, als sie von einer geheimnisvollen Heilanstalt erfahren: »Phobinasium« heißt die Schule, in der man seine Ängste verlieren soll. Dort treffen Madeleine, Theo, Lulu und Garrison in den Sommerferien aufeinander. Geleitet wird die Bildungsanstalt von Ms. Wellington, einer ehemaligen, inzwischen aber uralten Schönheitskönigin. Statt den Kindern zu helfen, ihre Ängste in den Griff zu bekommen, ist Ms. Wellington bemüht, ihren »Teilnehmern« Unterricht in »Wie benimmt sich eine gute Schönheitskönigin« zu erteilen. Für Madeleine, Lulu, Theo und Garrsion steht bald fest: Die Frau ist verrückt und sie müssen weg hier, schnell!

Katrin Hörnlein

Gitty Daneshvari
Das Rätsel von Summerstone
Deutsch von Christa Broermann
cbj Verlag 2010; 14,95 €;

Karfunkel

Wie man die Geschichte »Junge rettet Edelstein« fünfmal erzählt

Mit Fortsetzungen ist es oft wie mit Teebeuteln – beim dritten Aufguss kommt nur noch fade Brühe heraus. Wieland Freunds Reihe Der schwarze Karfunkel ist anders. Die einzelnen Bände gewinnen durch ein raffiniert gesponnenes Beziehungsnetz zu den Vorgängern und Nachfolgern. Zwar erzählt Freund in allen fünf Bänden die gleiche Geschichte: Junge rettet Edelstein. Aber die Karfunkel- Bände sind ein Ritt quer durch die Buchgattungen: Nummer eins war eine Mantel-und-Degen-Geschichte. Gerade ist der Schauerroman Der Geist von Zweiseelen erschienen. Es folgen: Western, Detektivroman und Science-Fiction.

1793: Der zwölfjährige Waisenjunge Anders lebt auf dem Gut des Grafen von Zweiseelen. Der bringt einen Edelstein mit, kalt und schwärzer als die Nacht. Kurz darauf träumt Anders von Dämonen, die Magd Ilse sieht ein Gespenst, der Knecht Lorenz beschwört den Höllenfürsten Ariel und wird vor Schreck stumm. Wer darauf achtet, findet in Der Geist von Zweiseelen eine Menge literarischer Anspielungen. Was für ein Stein ist das, der die Leute so verrückt macht? Die Antwort wird erst im fünften Band enthüllt, der im 21. Jahrhundert spielt.

Silke Schnettler

Wieland Freund:
Der schwarze Karfunkel:
Der Geist von Zweiseelen
Beltz & Gelberg 2010; 12,95 Euro

AB 12 JAHREN

Friseur?!

Ein Beruf, der Eltern aufregt, wird so schlecht nicht sein

Der 14-jährige Louis, Sohn eines Starchirurgen, macht ein Praktikum im Friseursalon. Dort regiert die stark geschminkte, dicke Chefin, assistiert von dem schwulen Friseur und der faulen Auszubildenden. Die verpasst dem Praktikanten an der Garderobe den ersten Kuss.

Louis hat keine Ahnung, was er will. Aber was seinen Vater aufregt, kann so schlecht nicht sein. So stolpert der wortkarge Junge in den Salon Marilou in Orléans. Er fühlt er sich wohl in dieser kleinen Welt, in der unverblümt geredet, viel gelacht und manchmal geweint wird. Louis trifft dort auf Menschen, die Antwort auf seine Sehnsüchte sind – und er auf ihre. Madame Marilou ist im Gegensatz zu Louis’ schwacher Mutter ein energisches Muttertier, während er sie an ihren toten Sohn Etienne erinnert. Als Louis’ Vater mitbekommt, dass sein Sohn abends die Puppen seiner Schwester frisiert und die Schule schwänzt, um im Salon zu helfen, kocht er über: Er schlägt Louis krankenhausreif. Dennoch hat die Geschichte ein Happy End. Man könnte es Marie-Aude Murail vorwerfen. Doch dann würde man das tun, was Louis’ Vater macht: Von außen mit starren Ansprüchen kommen, statt von innen zu gucken, was passt.

Silke Schnettler

Marie-Aude Murail:
Über kurz oder lang
Deutsch von Tobias Scheffel;
Fischer Schatzinsel 2010; 12,95 €;

Auf Bücherschwingen

Problemgeschichten für Jungen gibt es fast zu viele. »Ich bin Bird« von Sofie Laguna verzichtet auf die üblichen Verdächtigen

Gibt es nicht genug Bücher, die sich mit den Problemen von Jungen zwischen zwölf und sechzehn Jahren beschäftigen? Betrachtet man die Neuerscheinungen der vergangenen Jahre, dann kann man diesen Eindruck gewinnen: Es scheint als wollten Autoren und Verleger den Sorgen, die sich viele Erwachsene um Jungen machen – sie lesen zu wenig, sie haben zu schlechte Schulnoten, sie wissen nicht, was man heute von Männern erwartet –, gleich mit einer ganzen Flut von Romanen begegnen. Und zwar mit solchen, die den Jungen noch einmal erzählen, wie schwer sie es haben. Ich bin Bird ist anders, obwohl diese stille Geschichte von Sofie Laguna auf den ersten Blick auch von einem Problemjungen handelt: von James, zwölf Jahre alt, der bei seinem Vater lebt, weil seine Mutter abgehauen ist. Alleinerziehend zu sein, sagt James über seinen Vater, ist ein Stressfaktor: »Ein hoher Stresspegel hindert einen daran, zu lächeln oder bei Liedern aus dem Radio mitzusingen oder einfach angeln zu gehen, ohne es im voraus zu planen.«

James ist ein Junge, der sich dauernd die negativen Urteile seines Umfelds anhören muss: Die Mutter seines einzigen Freundes findet, dass er einen schlechten Einfluss auf ihren Sohn hat. Die Mathematiklehrerin fragt fast automatisch: »James, du schon wieder?«, wenn im Unterricht Unruhe entsteht. Sein Vater, eigentlich ein ganz freundlicher Exmotorradrocker, sagt im Ärger gedankenlos: »Kein Wunder, dass sie in der Schule alle durchdrehen deinetwegen. Mich machst du auch wahnsinnig.« Wie geht man um mit so viel Ablehnung? Man flieht. James flieht in die Welt der Vögel, wird zu »Bird«, verwandelt sich in seiner Fantasie in Elster, Feldlerche, Sturmtaucher. Den Weg in den Himmel, weg vom Elend am Boden, hat ihm ein Vogelbestimmungsbuch geöffnet, ein dicker Wälzer mit vielen Zeichnungen. Als die Dinge schlimm werden, weil James’ einziger Freund ans andere Ende Australiens ziehen soll, versucht »Bird«, sich zum Autor des Buches durchzuschlagen. Er ist sicher, dass wenigstens dieser Mensch ihn verstehen müsste. Es kommt natürlich anders, und es zeigt sich, dass sowohl James’ Vater als auch seine Lehrer schließlich doch viel Liebe für den schwierigen, einsamen James aufbringen. Aber den Weg aus seinem Kummer hat ihm ein Buch gewiesen – kein Jungenproblembuch, sondern ein ganz ernsthaftes Erwachsenenbuch, das sich ohne Kompromisse mit einer Sache befasst. Darüber sollten Bücher kaufende Eltern, Autoren und Verleger mal nachdenken.

Susanne Gaschke

Sofie Laguna
Ich bin Bird
Deutsch von Ingo Herzke;
Carlsen 2009; 12,90 Euro

Diebe!

Auch wer im Slum aufwächst, darf Träume haben

Die Waisenkinder Baz und Demi leben im Slum einer südamerikanischen Großstadt. Die einzige Erwachsene, der sie vertrauen, ist Fay, eine Kleinkriminelle, die Baz, Demi und andere Kinder jeden Tag zum Klauen schickt. Wenn nicht gerade die Polizei mit ihren »Greifern« hinter ihnen her ist, gibt es da noch den Mafia-König des Slums, Senior Moro. Dem verkauft Fay Kinder, die nicht genug stehlen. Sie müssen für ihn auf dem berüchtigten »Berg« schuften, einer stinkenden Müllhalde. Aber Baz und Demi sind die geschicktesten Taschendiebe und bringen Höchstleistungen – gerade damit handeln sie sich allerdings Ärger ein. Eines Tages erbeuten sie einen Ring aus der Tasche einer feinen Dame. Wenn sie gewusst hätten, wen sie da bestehlen, hätten sie es wohl lieber gelassen…

Will Gatti erzählt spannend und beschönigt nichts. Kleiner Kritikpunkt: Befinden wir uns in Rio de Janeiro, Buenos Aires oder Mexiko-City? Das Buch hätte gewonnen, wenn Gatti den Ort seiner Erzählung konkret benannt hätte. So entsteht ein bisschen der Eindruck der Beliebigkeit: Egal wo, die Verhältnisse sind in allen südamerikanischen Großstädten »gleich schlimm«.

Özlem Topcu

Will Gatti
Diebe
Deutsch von Karsten Singelmann
Beltz&Gelberg 2010, 16,95 Euro

AB 14 JAHREN


Dunkle Macht

Kann ein Computerspiel denken? Es sieht leider fast so aus …

Was hat es mit den Päckchen auf sich, die in der Schule auftauchen? CDs sollen es sein, aber was ist darauf? Raubkopien von Musik? Verbotene Filme? Nick wüsste gern, was vorgeht. Doch bisher hat er noch keine CD ergattert. Und alle, die er fragt, lassen ihn mit fadenscheinigen Ausreden stehen. Die Eingeweihten aber verändern sich: Sein Freund Colin geht kaum noch ans Telefon. Die Klassenlooser trumpfen plötzlich auf, und immer mehr Schüler sitzen todmüde im Unterricht. Schuld ist ein Computerspiel, findet Nick heraus, als ein Mitschüler auch ihm – endlich! – eine der CDs anvertraut. Aber: Niemandem soll er von »Erebos« erzählen, und er darf es immer nur allein spielen, am eigenen Computer. Schon bald kann auch er dem Sog des Spiels nicht mehr standhalten. In einer Welt, die von Katzenfrauen, Vampiren, Trollen und anderen Fantasy-Wesen bevölkert ist, verschmelzen die Spieler mit ihren Charakteren. Nick hängt Nächte hindurch vor dem Computer, schwänzt die Schule: Denn Erebos bestimmt, wann gespielt wird. Und es mischt sich in die wirkliche Welt außerhalb des Computers ein. Das Spiel erteilt Aufgaben, scheint zu wissen, was die Mitspieler denken. Schleichend entfaltet es eine brutale Macht.

Katrin Hörnlein

Ursula Porznanski: Erebos
Loewe Verlag, 2010,
485 Seiten, 14,90 €; ab 14 Jahren