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Birnen sind Sensibelchen

Meine Lieblingsfrucht, das ist die Birne. Die Saison ist relativ kurz und die Birnen sind richtige Sensibelchen.
Ich hatte mal den Wahn, Birnen am Baum optimal reifen zu lassen und das ging gewaltig schief. Die Früchte waren wunderschön anzuschauen, aber innen bereits faulig. Deshalb werden Birnen immer unreif gehandelt und beim Obsthändler sind sie dann optimal, wenn sie einige Tage in der warmen Auslage geparkt wurden. Sind sie weich und saftig, dann müssen sie sofort in den Kühlschrank und in wenigen Tagen gegessen werden, denn der Reifezustand hält nur wenige Tage und danach werden sie mehlig, matschig und das Fleisch wird braun.

Deshalb kauft man am besten nicht zu weiche Birnen, legt sie in die Obstschale und kontrolliert täglich, und isst so eine nach der anderen.

Übrigens, in Schnitze geschnitten und in Butter gebraten schmecken sie wunderbar. Mit grobem Pfeffer bestreut passen sie zu aller Art Gebratenem, zu Käse sowieso, und ich lege sie auch gerne an den Salat und mische gebratene Schnitze unter’s Gemüse.

 

Carciofini

Kleine Artischocken nennt man auch Carciofini:

Die äußeren Hüllblätter werden nach unten abgerissen. Alles, was grün ist, muss weg. Am langen Stiel bleibt das gelbe Herzstück übrig, auch evtl. violette Blättchen müssen entfernt werden, auch die violetten Spitzen. Den Stiel sollte man so lang wie möglich lassen, denn er ist genauso köstlich wie der Boden. Dazu wird, ähnlich wie beim Spargel, das oft angetrocknete Ende des Stiels abgeschnitten.





Diese Arbeit ist etwas zeitraubend, daher empfiehlt es sich, die schon geschälten Früchte in kaltes Wasser einzulegen, das mit etwas Ascorbinsäure vermischt wird. Das ist reines Vitamin C und für billiges Geld in jeder Apotheke zu kaufen. Dies Vitamin C verhindert, dass die geschälten Knospen oxydieren und sich dadurch dunkelbraun verfärben.

Die Artischocken werden ungefähr zwanzig Minuten in leicht gesalzenem Wasser gekocht. Nicht zu weich, nicht zu hart. Die Hände sind nun braun verfärbt und mit Zitrone abgerieben sind sie schnell wieder sauber.

PS. Goethe liebte es auch sehr, die rohen, geschälten Knospen hauchdünn zu schneiden und unter Salat zu mischen.

Das Rezept:

Carciofini mit Frischkäse gratiniert

6 kleine Artischocken, je nach Größe bis zu 12 Stück

Artischocken werden ständig mit Zitrone abgerieben, dann schmecken sie jedoch nach Zitrone. Besser ist es, für kochendes Salzwasser zu sorgen und sehr schnell zu arbeiten. Bervor sich alles dunkel verfärbt sind sie schon im Wasser. Kochzeit ca. 15 Minuten

6 EL Schichtkäse
1 EL Creme Fraiche
1 Zweig Thymian, feingehackt
1/2 Bund Petersilie, feingehackt
Meersalz, grober, schwarzer Pfeffer

Schichtkäse durch ein Sieb drücken und mit Creme Fraiche vermengen. Kräuter darunter und mit Pfeffer und Salz abschmecken.

Die vorbereiteten Carciofini halbieren und in einer Gratinform verteilen. Die Käsemasse darüber streichen und im Salamander überbacken.

 

Gelobt sei Oma

Seit langem kämpfen wir um den ultimativen Kartoffelsalat. Kartoffelsorten, Essig, Schalotten oder etwas Schnittlauch? So gut, wie ich ihn von meiner Großmutter in Erinnerung hatte, krieg‘ ich ihn einfach nicht hin. Ab und an (alle zwei Jahre) finde ich in einer schwäbischen Wirtschaft mich nahe am Ideal. Was machen die besser?

Kürzlich fiel der Groschen: Oma schmuggelte Maggi unter unter ihr Konstrukt. Also ließ ich mir eine Pulle besorgen. Selbst könnte ich so etwas kaum kaufen, ich käme glatt in die Bildzeitung.

Ich ging ans Werk, und beim 1. Mal, vor lauter Begeisterung, hatte ich übertrieben. Herr Schulz war entsetzt. So einen Maggigroove können wir uns nicht leisten. Er hatte Recht und der Salat kam in die Biotonne. Beim nächsten Versuch hatte er die Pulle versteckt (der Michelinstern ist in Gefahr). Ich blieb stur. Der Kartoffelsalat war eines der schönsten Déjà-vus seit langem. Gelobt sei Oma.

 

Ein leichtes Sommergericht

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So langsam schmecken die Tomaten. Und von den ganz reifen nehme man pro Person eine: halbieren, Strunk raus und in 6 oder 8 Stücke schneiden. Auf ein Ofenblech verteilen, mit grobem Salz, Pfeffer aus der Mühle und einem guten Schuss Olivenöl abschmecken. Im heißen Ofen (220°C) 4 Minuten anschmoren. 1 Minute vor Schluss je einen Rosmarin & Thymianzweig dazu.

Vorher füllt man pro Person 2 Zucchiniblüten: „Stempel“ aus der Blüte ‚rausdrücken,
Masse aus je 2 EL Ricotta, 1/2 Eigelb, Salz & Pfeffer, evtl. etwas Zitronensaft einfüllen und ca. 5 Minuten im Dampf garen (gelochter Einsatz in einem Topf reicht völlig aus).

Als Hauptgang oder genausogut als Beilage zu einem Fischfilet oder hellem Fleisch zu.

 

Verachtete Pflanzenkost

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©ddp

Restaurantkritiker und solche, die meinen es zu sein, beurteilen Täubchenbrüste, Lammrücken, Kalbsmedaillons, die Soßen undsofort. Kaum einer schreibt vom Gemüse – von dem, was in der deutschen Küche als Beilage definiert wird und immer noch demgemäß verachtet wird. Waren Gemüse, Kartoffeln u.s.w. früher tatsächlich eine Sättigungsbeilage und oft gefährlich in der Nähe der Metamorphose zum Briefbeschwerer, so sind sie heute zum Zierrat verkommen.

Das sind übrigens keine Auswüchse unserer Zeit, sondern sie gehen auf die Feudalküche des alten Frankreich zurück. In Frankreich hat sich das größtenteils bis heute gehalten (große Ausnahme: Restaurant Arpège in Paris, eine Gemüsevorspeise für € 80,00 – wow…). Eigentlich geht der Fleischwahn auf die Steinzeit zurück, als Äcker und Gärten noch unbekannt waren.

Zurück zum Köchlein von heute: Der Pfannenheld, der seine Gäste im Blick behält, der merkt, dass das “Drumherum” immer aufgegessen wird und alles weggeputzt wird, so dass die Hälfte des Fleisch solo zu vertilgen ist. Bleibt das Gemüse liegen, hatte es nicht geschmeckt. Dann war es (wie meist) lieblos durch’s Wasser gezogen oder im Dämpfer ohne Gewürz zu fadem Blickfang destilliert.

Mit meinen Köchen habe ich sehr oft Probleme, dass sie zu wenig Gemüse auf den Teller geben. Nach was richten sich die jungen Leute? Sie sind immerfort von der Foodfotografie beeinflusst, von Tand, Zierrat und von Augenbetrug.

 

Alblinsen

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Das erste, was ich mir auf der Slow Food Messe gekauft habe, waren Alblinsen.
Jetzt werden viele sagen: „Kennen wir schon lange…“
Ich hatte schon davon gehört, wusste aber nichts Genaues darüber, Asche auf mein badisches Haupt!

So, ich kam mit 3 Sorten wieder nach Hause: die Originalen, die Reingschmeckten (Saatgut aus den Pyrenaen) und Champagnerlinsen, alle auf der Schwäbischen Alb angebaut.

Und ich dachte mir, kombiniere ich die Linsen mit einer Hinterwälder Kalbshaxe, auch ein Slow Food Arche Produkt, schön saftig gebraten, dünn aufgeschnitten und mit einer leichten Vinaigrette, frisch geriebenem Meerettich mariniert. An den Linsensalat gehören unbedingt Apfelessig und ein Spritzer Kürbis-Kernöl.

Die Linsen werden bei mir in guten badischen Händen sein!

 

Was macht der Spargel denn für Sachen?

Nicht nur Ostern ist dieser Jahr extrem früh – auch die Spargelernte wird voraussichtlich in den letzen Märztagen beginnen. Das jedenfalls haben die Landwirtschaftsexperten in der Pfalz dieser Tage verkündet. Und die Menschen wundern sich über diesen komisch kurzen Winter, der ja nur teilweise einer war
Ist dies wirklich so ungewöhnlich? Die Ludwigshafener Tageszeitung „Rheinpfalz“ hat am 6. Apri 2006 mit Bild und Text berichtet, dass der Landwirt Christian Deyerling die ersten Exemplare der Frühsorte Gynlim gestochen hat. Und ein Jahr später hieß es im selben Blatt am 30. März, die Spargeleträge seien noch „ungewöhnlich niedrig. Natürlich verwenden die Spargelbauern in der Pfalz ebenso wie ihre Kollegen hierzulande dazu einen Trick: Über einer schwarzen Abdeckfolie stecken Drahtbogen, über die eine weitere, jedoch lichtdurchlässige Folie gespannt ist. Und damit erzeugt man ein stabiles Luftpolster zwischen den beiden Folien, in denen sich jede noch so zaghafte Frühlingssonnenwärme speichert. (Wegen der heftigen Stürme haben die Spargelbauern übrigens kürzlich die glatten Oberfolien gegen solche mit Löchern austauschen müssen…)
Erinnern wir uns doch mal kurz an den letzen Frühling: Da gab es, nach und nach, Spargel en masse. Die Preise sind zwar nicht deutlich gesunken, obwohl man an manchen Tagen von einem echten Überangebot sprechen konnte. Und auf Johanni zu wollte fast niemand mehr das köstliche Gemüse auf dem Teller haben.
Noch holen die Bauern überall den kräftigen echten „Ackersalat“ aus den Böden, der weitaus geschmackvoller ist als die Treibhausware, jedoch mit viel mehr Aufwand vorbereitet – also sorgsam gewaschen – werden muss. Ebenso erfreuen sich die Landwirte einer guten Radieschen-Ernte. Ideale Voraussetzungen für Abnehmwillige.
Ich freue mich auf die ersten Spaziergänge rund um den Hohen Asperg oder vielleicht im Rems- oder Neckartal. Die „Wengerter“ haben in den letzten Monaten die Rebstöcke geschnitten und in den meisten Weinbergen sind die Reben schon auf zwei rund gebogebe Tragruten (und in frostgefährdeten Gebieten auf eine dritte Sicherheitsrute) runtergeschnitten. Der erste Weinbergschnittlauch sprießt zwischen den Zeilen und wenn man Glück hat, treibt da und dort schon ein Bäumchen mit Weinbergpfirsichen die ersten Knospen.
Unsere Natur bietet so viele Gelegenheiten, sich an ihr zu freuen. Man muss sich nur die Zeit und Ruhe nehmen (können), dann stellt sich die Vorfreude auf köstliche frische Gemüse, ja, und auch auf den ersten heimischen Spargel von alleine ein.
Mir schmeckt er allerdings erst nach zwei, drei Wochen, wenn die nicht so frühen Sorten in den Spankörben angeliefert werden. Und dann am liebsten auf die ganz klassische Art: Mit guten Kartoffeln und einem „Buttersößle“, wie man das schon vor hundert Jahren im Adler bei meinen Großeltern auf der Karte lesen konnte.

 

Spargelragout mit Morcheln

Frau von Pappritz, die Anstandsdame der Adenauerzeit, verfügte noch, dass Spargel mit der Hand zu essen sei. Diese Vorschriften wurden erst mit der Einführung der rostfreien Messer hinfällig, deshalb gibt es auch das Fischmesser und das Kartoffelschneiden war gnädigerweise nur den Amerikanern erlaubt.

Heute werden Spargel feingeschnippelt und in allen Variationen zubereitet. Man bedenke aber, der Spargel ist auch ein Phallussymbol und wenn das zerschnippelt wird, dann kommt so manche Mythologie ins Schleudern. Egal, heute ist alles erlaubt. Bevor man aber in wilden Spargelzubereitungen sein kulinarisches Abenteuer sucht, sollte der Spargel zuerst mal „nature“ probiert werden. Streng genommen lässt sich Spargel geschmacklich immer nur verändern, aber nicht verbessern. Da hilft kein Braten, Panieren, Grillen oder das Versenken in unzähligen Soßen. Wichtig ist: Die Stangen sind frisch gestochen, nicht versalzen oder in Zitronenwasser oder was weiß ich verhunzt worden. 

Mir am Liebsten sind Spargel mal mit brauner Butter und mal mit Vinaigrette, grad wie ich Lust habe

Unten nun ein relativ klassisches Rezept. Wer die oben stehenden goldnenen Regeln beherzigen will, lässt die Spargel ganz und gibt die Sauce darüber. Oder aber man huldigt dem sinnlichen Vernügen und isst die Spargel mit der Hand und tunkt die Enden in die Sauce. Ein alter Gourmettrick wäre: Die Enden mit einer Gabel flachdrücken, der Spargel fasert auf und viel Sauce dringt in die Zwischenräume.

Spargelmousseline mit Morcheln, Schnittlauch-Stampfkartoffeln

Für 2 Personen:
500 g                    geschälten Stangenspargel

Sauce:
2                          Eigelb
20 g                      getrocknete Morcheln (besser 100 g frische Morcheln)
3 EL                      geschlagene Sahne
4 EL                      Gemüsebrühe
1 TL                      Zitronensaft
50 g                      Butter
2                          Schalotten feingehackt
1/8 l                      Weißwein

Getrocknete Morcheln in lauwarmem Wasser 15 Minuten einweichen. Frische Morcheln nur halbieren, waschen und trocken legen.
Schalotten in Butter andünsten, Morcheln dazu. Mit Weißwein und Gemüsebrühe ablöschen und dies um die Hälfte einkochen. Absieben und die Morcheln parken.
Die Spargel bündeln. Sind die Stangen unterschiedlich dick, so machen wir ein Bündel mit den dünneren und eines mit den dickeren Stangen. Den geschälten Spargel im Salzwasser in ca. 15 Min. weich kochen. Nicht vergessen: ins Wasser muss eine kräftige Prise Zucker. Spargel gut abtropfen und in daumenlange Stücke schneiden.
Die reduzierte Brühe, Zitronensaft, Estragon in eine Kasserolle geben und aufkochen. Die Eigelbe mit der geschlagenen Sahne vermengen und in die kochende Flüssigkeit einschlagen. Die Kasserolle sofort vom Feuer nehmen und heftig schlagen. Wird die Sauce nicht dick so gehen wir noch mal kurz aufs Feuer. Weiterschlagen bis sich alles etwas abgekühlt hat. Mit Pfeffer und Salz abschmecken. Spargel mit der Sauce vermengen.
Das Ragout anrichten und gedünstete Schalotten obenauf geben

Stampfkartoffeln

                            große, mehlige  Kartoffeln
1 EL                    Olivenöl
1/2 Bund             Schnittlauch
Kartoffeln weichkochen, grob zerstampfen. Olivenöl und Schnittlauch unterarbeiten. Würzen mit Pfeffer, Salz, Muskat.
 

 

Tutti Frutti senza cervello

Frutarier

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Als Weißwurstvertilger oder Schlachtplattenaficionado hat man mit Veganern weniger Probleme als der Veganer mit den Vegetariern. Für den echten Vegi sind Vegetarier Luschen und Luschinnen. Eine kenne ich, die isst keine Kaninchen, Rehe oder sonstige Pelztiere, weil sie so süß anzuschauen sind. Einen Pelzmantel hat sie. Da ist man als Veganer schnell der bessere Mensch, völlig logisch.
Nun aber droht echte Gutmenschenkonkurrenz. Die Frutarier brechen ins Idyll und stellen die Veganer als Möhrenmörder in die Verbrecherecke. Ganz unrecht haben sie ja nicht. Wie kann man einem Apfelbaum die Äpfel rauben, den Kopfsalat aus dem Humus ziehen und ihn so brutal um die Ecke bringen?

Der Frutarier ist der wesentlich bessere Mensch. Er hat sich mit seinem Pazifismus eine Religion beschafft, die ihn fast neben Gott stellt. Er isst nur das, was vom Baum fällt, Fallobst oder Nüsse. Was, Sie kennen keinen von dieser Sorte? Kein Wunder – sie sind so dünn, dass man sie nur mit Drei-Dioptrien-Brillen ausmachen kann. Besonders ihre Köpfchen sind recht zierlich, nicht viel größer als eine Erbse.

 

Rhabarber Rhabarber

Als Buben haben wir gerne Rhabarber geklaut und roh gefressen. Das funktionierte ohne jegliche Verfolgung der Strauchbesitzer, weil Rhabarber nicht gerade zu den begehrtesten Früchten (eigentlich Gemüse) zählt. Das Zeug war affensauer und roh vertilgt eigentlich die kulinarische Höchststrafe. Nur wegen des kleinkriminellen Engagements war die Aktion wohlgelitten.

Jetzt kommt die Saison schnell auf uns zu und damit der schlimme Umstand, dass man für al dente pochierten Rhabarber in modernen Restaurants ein Haufen Geld zahlt.

Die Kochzeit für Rharbarber ist sehr kurz, vielleicht drei Minuten. Man darf nicht vom Herd weg, denn er wird ja mit nur wenig Wasser (evtl. Wein), dafür mit reichlich Zucker gedünstet. Man muss den Topfinhalt immer drehen, damit nicht das Unterste matschig und die oben liegenden Stücke hart, sauer und astringierend bleiben. Also nix al dente, oder modern knackig, lieber weich bis amorph.

Für Biofreaks noch eine Empfehlung. Den besten Rhabarber gibt es momentan aus Belgischen oder Holländischen Treibhäusern mit Kunstdünger und allem pipapo. Er hat eine so zarte, rote Schale, dass man sie nicht wegschälen sollte. Knallrot ist er, teuer, süß und wunderbar wie alles Verbotene. Dieser, Erdbeerrhabarber genannt, rechtfertigt jede Inkonsequenz. Ach ja, jetzt könnte ich noch stundenlang darüber rhabarbern. Bitte übernehmen Sie.