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Vertrauenskrise ohne Folgen? – Das Medienlog vom Dienstag, 22. Juli 2014

Das Münchner Oberlandesgericht hat Beate Zschäpes Antrag gegen ihre eigenen Verteidiger abgelehnt. Trotz angeblichen Misstrauens bleiben Wolfgang Heer, Anja Sturm und Wolfgang Stahl damit weiter die Anwälte der Hauptangeklagten, wie der Spiegel und die Frankfurter Allgemeine Zeitung unter Berufung auf Justizkreise berichten. Vom Tisch sei damit auch die Möglichkeit eines vierten Pflichtverteidigers. Mittlerweile deutet sich zudem an, warum Zschäpe sich zum Schritt gegen ihre eigenen Beistände entschieden hat.

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129. Prozesstag – Prozess geht mit Urlaubsbekanntschaften weiter

Der NSU-Prozess geht weiter wie geplant, solange die Entscheidung über den Entpflichtungsantrag von Beate Zschäpe aussteht. Auch Stellungnahmen dazu werden laut einer Sprecherin nicht in der Verhandlung erörtert. Die Hauptangeklagte hatte ihren Verteidigern am Mittwoch das Misstrauen ausgesprochen und am Freitag eine Begründung eingereicht.

Eine Änderung hat das Gericht nach dem Antrag allerdings vorgenommen: Zwei Zeugen, die am Dienstagvormittag zur Brandstiftung in der Zwickauer Frühlingsstraße aussagen sollten, wurden abgeladen. Die Sitzung beginnt daher erst am Nachmittag.

Dann hört das Gericht zwei Frauen, die das NSU-Trio im Urlaub kennenlernte. Solche Bekanntschaften sollen Aufschluss über die Organisation des NSU und Zschäpes Rolle gegenüber ihren beiden Kameraden geben. Bei einer ähnlichen Befragung hatten Zeugen etwa ausgesagt, dass Zschäpe damals das Geld der Gruppe verwaltete.

Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Die Berichte darüber fassen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

Keine Aussage, keine neuen Anwälte – Das Medienlog vom Montag, 21. Juli 2014

Je mehr Informationen durchsickern, desto wahrscheinlicher wird, dass im NSU-Prozess alles beim Alten bleibt. Beate Zschäpe, die ihren Anwälten nicht mehr vertraut, hat dafür am Freitag eine Begründung beim Gericht eingereicht. Nach Informationen des Focus spricht die Angeklagte darin nicht von einer möglichen Aussage – über eine solche Möglichkeit wurde zuvor spekuliert. Dass ihre Verteidiger Wolfgang Heer, Anja Sturm und Wolfgang Stahl ihr Mandat verlieren, halten Prozessbeobachter aufgrund der bislang vorliegenden Hinweise für unwahrscheinlich.

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Zschäpe geht ein hohes Risiko ein – Das Medienlog vom Freitag, 18. Juli 2014

Beate Zschäpe vertraut ihren Verteidigern nicht mehr – unklar ist, welche Folgen das für den NSU-Prozess hat. Vorerst wird die Verhandlung wie geplant fortgesetzt. Zudem bekam Zschäpe eine Verlängerung für die Frist, innerhalb der sie begründen muss, weswegen sie nicht mehr mit ihren Anwälten zusammenarbeiten kann. Ist die bislang ausgeübte Strategie des Schweigens ein Grund für den Bruch mit der Verteidigung? „Diese Frau ist klug genug, um zu erkennen, dass sie mit dieser Verteidigungsstrategie ein wachsendes Risiko läuft, zur Höchststrafe verurteilt zu werden“, kommentiert Stefan Geiger von der Stuttgarter Zeitung.

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Zschäpes Chancen stehen schlecht – Das Medienlog vom Donnerstag, 17. Juli 2014

„Paukenschlag“, „Wendung“, „Umbruch“: Der 128. Prozesstag war eine Sensation im NSU-Prozess. Beate Zschäpe ließ erklären, sie vertraue ihren Verteidigern nicht mehr. Ob ihre Anwälte Wolfgang Heer, Anja Sturm und Wolfgang Stahl nun ihre Mandate verlieren, ist unklar – zunächst muss Zschäpe ihren Antrag begründen. Über die Gründe kursieren Spekulationen. Die populärste lautet, dass Zschäpe vor Gericht aussagen will. „Schweigen allein ist zu wenig, um die Anklage zu entkräften. Möglicherweise hat Zschäpe das schneller erkannt als ihre Anwälte“, folgert Annette Ramelsberger in der Süddeutschen Zeitung.

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Will Zschäpe aussagen?

Der NSU-Prozess steht vor einem Umbruch: Beate Zschäpe hat ihren Anwälten das Misstrauen ausgesprochen. Möglicherweise will sie reden – gegen den Willen der Verteidiger.

Der Prozesstag, der die Zäsur im NSU-Verfahren bringen könnte, beginnt normal. Der Thüringer Neonazi Tino Brandt wird weiter befragt. Doch nach der Mittagspause verzögert sich der Sitzungsbeginn, erst um zehn Minuten, dann um eine halbe Stunde. Beate Zschäpe kommt erst in den Saal, geht wieder hinaus, dann stellt sie sich wieder zu ihren Anwälten Wolfgang Heer, Anja Sturm und Wolfgang Stahl. Sie macht ein grimmiges Gesicht, das ist anders, denn üblicherweise bewegt sie keine Miene. Seit 128 Verhandlungstagen zeigt die Hauptangeklagte eigentlich kaum eine Regung.

Vielleicht hat sie Kopfschmerzen, vielleicht ist ihr übel, wie schon häufiger in der letzten Zeit, spekulieren die Beobachter auf der Besuchertribüne. Ein paar Mal war die Hauptverhandlung deshalb auch unterbrochen worden.

Schließlich tritt der Strafsenat ein. Richter Manfred Götzl erklärt, was los ist: Ein Saalpolizist habe ihm in der Pause mitgeteilt, „dass sie kein Vertrauen mehr in ihre Verteidiger habe“. Er schaut zur Anklagebank: „Ist das richtig, Frau Zschäpe?“ Die Hauptangeklagte nickt.

Götzl weist Zschäpe darauf hin, dass sie ihr Misstrauen vor dem Gericht begründen muss. Bis Donnerstag um 14 Uhr hat sie Zeit, eine schriftliche Stellungnahme einzureichen, danach nähmen Bundesanwaltschaft und die Zschäpe-Anwälte ebenfalls Stellung. „Die Voraussetzung für eine Entbindung der Verteidigung ist eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses“, gibt der Vorsitzende ihr mit auf den Weg. Sturm, Heer und Stahl sind vom Gericht als Pflichtverteidiger bestellt worden, Zschäpe muss also Götzl und seine Kollegen davon überzeugen, wenn sie künftig von anderen Menschen beraten werden will. Anders als bei Wahlverteidigern, die der Angeklagte selbst bezahlt, können Pflichtverteidiger nicht so einfach von ihrem Mandat entbunden werden. Die Vernehmung des Zeugen Brandt wird abgebrochen, die für Donnerstag angesetzte Verhandlung entfällt.

Die Prozessbeteiligten hat die Nachricht völlig unvorbereitet ereilt. Heer, Sturm und Stahl lehnen auf dem Gerichtsvorplatz alle Fragen von Journalisten ab, sie wollen keine Stellungnahme abgeben.

„Das Ganze hat eine sehr hohe Brisanz“, sagt der Nebenklage-Anwalt Bernd Behnke. Denn würde Zschäpe erreichen, sämtliche Verteidiger ihres Mandats zu entheben, müssten sich neue Anwälte in die Materie einarbeiten. Das kann dauern – aber es darf nicht länger als 30 Tage dauern: Wird eine Verhandlung länger unterbrochen, ist sie vor dem Gesetz gescheitert – „dann müsste man den Prozess möglicherweise von vorn beginnen“, sagt Behnke, der mögliche NSU-Opfer vertritt. Er rechne jedoch damit, dass es nicht soweit kommt und bereits in der nächsten Woche wieder verhandelt wird.

Unklar ist bisher, ob Zschäpe alle drei oder nur einzelne Verteidiger ablehnt. In letzterem Fall wäre der Übergang zu einem neu zusammengestellten Team aus Beiständen leichter.

Was aber hat das Misstrauen verursacht? Unter den Opfervertretern kursieren zwei Theorien. Erstens: Zschäpe ist mit dem Verteidigungsstil der Anwälte unzufrieden. Zweitens: Sie möchte, wie sie einst vor einem Polizisten angekündigt hatte, aussagen – gegen den Willen von Heer, Stahl und Sturm.

„Meines Erachtens war es eine Frage der Zeit, bis Zschäpe die Konsequenzen aus der Verteidigung zieht“, sagt die Anwältin Angelika Lex. Die Verteidiger hätten Anträge gegen das Gericht, etwa Misstrauensanträge gegen die Richter, vorgebracht – und sich nicht auf die Entkräftung der Vorwürfe gegen Zschäpe konzentriert.

In den vergangenen zwei Tagen ging es im NSU-Prozess um Tino Brandt, der als V-Mann an den Thüringer Verfassungsschutz berichtet hatte. Doch zu seiner Spitzeltätigkeit hatten die Verteidiger am Mittwoch keine Fragen. Sie befassten sich mit Brandts Aussage, Zschäpe habe nicht wie eine „dumme Hausfrau“ gewirkt. „Man muss sich fragen, ob hier nicht Angriffe auf den Verfassungsschutz erfolgen sollten“, sagt Lex.

Behnke sagt: „Ich denke, dass die Fragen der Verteidigung der Angeklagten nicht gefallen haben.“ Er will indes ebenfalls nicht ausschließen, dass die Initiative von Heer, Stahl und Sturm ausging, die das Mandat loswerden wollten und Zschäpe um das Misstrauensvotum gebeten hätten.

Mehrere Beteiligte werten es als durchaus möglich, dass Zschäpe aussagen will. „Man muss das vielleicht so interpretieren, dass hier ein Umdenken stattgefunden hat“, sagt Lex. Sowieso sei für die Hauptangeklagte fraglich, ob „Schweigen das Mittel der Wahl ist“. Es könne sein, dass neue Verteidiger „mit ihr eine neue Strategie entwickeln und sie aussagt“, sagt der Verteidiger Johannes Pausch, der den Mitangeklagten Carsten S. vertritt. Das sei allerdings Spekulation. Er halte es auch für möglich, dass sich neue Anwälte in 30 Tagen in einen Prozess einarbeiten können.

Auch bei der Bundesanwaltschaft, also den Vertretern der Anklage, ist die Überraschung groß: „Das ist ein seltener Antrag“, sagt Bundesanwalt Herbert Diemer. Es komme selten vor, dass eine entsprechende Forderung nach dem Austausch der Pflichtverteidigung Erfolg habe, die Hürden seien hoch.

Der Jurist Udo Vetter hält es für wahrscheinlich, dass Zschäpe und ihre drei Verteidiger einvernehmlich um die Auflösung ihrer Mandate bitten. Gleichzeitig, so schreibt Vetter in seinem Blog, könnte die Angeklagte eigene Anwälte benennen, die bereit sind, sie ohne Zeitverzögerungen und Extrakosten zu verteidigen. Dem würden sich Gerichte normalerweise nicht versperren. Sollte das nicht funktionieren, könnte sie diese aus der eigenen Tasche finanzieren.

Das Gericht habe aber auch das Recht, dem offensichtlichen Wunsch Zschäpes nach einer Entpflichtung der bisherigen Anwälte nicht nachzukommen. Vor allem, wenn dies der Sicherung der Fortführung des Verfahrens diene – was laut Vetter wahrscheinlich ist. Würde etwa die Finanzierung der neuen Verteidiger platzen, säße Zschäpe womöglich alleine auf der Anklagebank und der Prozess würde unnötig verzögert. Insofern könnte es passieren, dass die neuen Verteidiger künftig neben den bisherigen sitzen.

 

Tino Brandt: Spinne im Netz der rechten Szene – Das Medienlog vom Mittwoch, 16. Juli 2014

Gemessen am Medieninteresse ist Tino Brandt der bislang wichtigste Zeuge des NSU-Prozesses: Die erste Vernehmung des Thüringer Neonazis und Ex-V-Manns begleiteten am Dienstag etliche Journalisten mit Berichten. Der Grund: „Brandt ist eine der zentralen Figuren in diesem Verfahren, vielleicht sogar die zentrale“, befindet Mirko Weber von der Stuttgarter Zeitung. Dazu trägt auch Brandts Rolle als Spitzel bei, die Einblicke in die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes bietet: „Wieder einmal fällt kein gutes Licht auf die Behörde“, heißt es.

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128. Prozesstag – Weitere Vernehmung von Tino Brandt

Aus gutem Grund hat das Gericht gleich drei Vernehmungstage eingeplant – die voraussichtlich nicht ausreichen werden: Am Mittwoch steht der Thüringer Neonazi-Kader Tino Brandt erneut im Zeugenstand. Er soll zu seiner Rolle als mutmaßlicher NSU-Unterstützer, Führungsfigur in der Neonaziszene und als V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes befragt werden.

ZEIT ONLINE berichtet aus München und fasst den Prozesstag am Abend auf diesem Blog zusammen. Informationen aus der Verhandlung gibt es via Twitter hier. Weitere Berichte stellen wir morgen im NSU-Medienlog zusammen.

 

V-Mann über Zschäpe: „Keine dumme Hausfrau“

Der Neonazi und frühere Spitzel Tino Brandt sagt im NSU-Prozess aus. Dem Terroristentrio bescheinigt er eine innige Freundschaft – und sieht Beate Zschäpe nicht als Unbeteiligte.

Früher führte er die Thüringer Nazis, war oberster Kopf derer rechtsextremer Propaganda-Pläne. Heute muss Tino Brandt sich selbst führen lassen. An einer Handschelle wird er von einem Polizisten zum Platz für die Zeugen im NSU-Prozess gebracht. Der 39-Jährige sitzt in Untersuchungshaft, er wurde überstellt aus dem Gefängnis in Gera, wo er wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch einsitzt. Drei Tage lang soll er in München als Zeuge aussagen, doch wahrscheinlich wird er noch öfter geladen.

Denn in der Person Brandt laufen mehrere Handlungsstränge zusammen, die für die Aufklärung der NSU-Morde wichtig sind: Er gründete die rechtsextreme Organisation Thüringer Heimatschutz (THS), zu deren Treffen auch Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe kamen. Als die drei 1998 in den Untergrund flüchteten, sammelte er Spendengelder für sie und ließ gefälschte Pässe besorgen. 2001 enthüllte dann eine Zeitung, dass Brandt seit 1994 als Informant für den von ihm doch so verhassten Staat, für das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz, gearbeitet hatte.

Brandt ist seitdem eine bekannte Figur in Thüringen. Eine auffällige allzu mal: Sein Gesicht ist bleich und verquollen, auf den Wangen stehen Bartstoppeln. Auf dem massigen Kopf sitzt eine zu kleine Brille. Der Mann wirkt nicht gesund.

Seit der Enttarnung als V-Mann ist Brandt in der rechten Szene nicht mehr gelitten: „Ich habe den Fehler begangen, mit dem Landesamt zusammenzuarbeiten, was mich mein Leben, mein Alles gekostet hat“, sagt er. Seine Gesinnung aber ist bis heute dieselbe geblieben. Wegen „Zensur und Unterdrückungsmaßnahmen“ in der gerade wiedervereinigten Bundesrepublik habe er 1994 in einer Gaststätte den Stammtisch gegründet, aus dem sich der THS entwickelte, erzählt der Zeuge. Was er denn mit Zensur meine, fragt Richter Manfred Götzl. „Das, was man unter Revisionismus versteht“, sagt Brandt mit seiner dröhnenden Stimme, die bisweilen ins Nuscheln abgleitet, „wenn man sich wissenschaftlich mit bestimmten Zahlen zu Konzentrationslagern beschäftigt.“

Kameraden, die seine Vorstellung von der Verharmlosung des Holocausts teilten, fand er in Thüringen reichlich. Mit dem THS gelang ihm, sich als Sprecher der Neonazis zu positionieren. Anfangs kamen 20 Rechte beim Bier zusammen, später waren es 70 Mitglieder. Brandt ließ Flugblätter drucken und schickte seine Leute zu Demonstrationen. Bald war der THS ein Sammelbecken für die losen rechtsextremen Gruppen des Freistaats. Auch die Kameradschaft Jena mit ihren Mitgliedern Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, Holger G. kam dazu – heute sind sie alle Angeklagte im Prozess. Zudem Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und der Zeuge André K.

„Ich kenne die alle und habe sie sehr positiv in Erinnerung“, sagt Brandt. Diskussionen habe es aber über den Aufbau der Gruppen gegeben: Während er sich dafür einsetzte, viele Jugendliche als Neumitglieder zu rekrutieren, hätten die Jenaer auf das Prinzip „Qualität statt Quantität“ gesetzt: „Die Mitglieder dort waren gefestigter im Weltbild.“ Die Kameradschaft Jena begriff sich demnach also als Elitetruppe.

Beate Zschäpe etwa sei zwar ruhig gewesen, habe sich aber in Diskussionen eingebracht. Außerdem habe sie gezeigt, dass sie Fachwissen besitze, wenn Brandt zu einer Schulung zum Thema „Germanentum“ lud: „Sie ist keine dumme Hausfrau.“ Eine Einschätzung, die Zschäpes Verteidigern nicht gefallen dürfte – weil sie genau im Sinne der Anklage ist, wonach Zschäpe Mittäterin bei den Morden ihrer zwei Weggefährten gewesen sein soll.

Ähnlich verhält es sich mit Brandts Bewertung des ebenfalls im NSU-Prozess Angeklagten Carsten S., der damals ein Führungsamt bei der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten übernahm: „Er war eine Führungskraft, die sich da richtig reingekniet hat und Sachen selbst entscheiden konnte.“ S. hatte sich in seiner Aussage vor Gericht hingegen als Mitläufer dargestellt, der sich nur unwillig auf den Posten hatte hieven lassen.

Das spätere NSU-Trio aus Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt habe auf ihn vertraut gewirkt, die enge Freundschaft der drei war für ihn offensichtlich. Mundlos sei „der absolute Enkeltyp“ gewesen – „jede Oma hat sich schnell für ihn begeistern können“. Von Brandt, der damals bei einem Verlag arbeitete, ließ er sich Bücher über Rudolf Heß besorgen. Böhnhardt habe sich zurückhaltender verhalten, sei aber gerne mal in schwarzer Uniform zum Stammtisch gekommen.

1998 flüchteten die drei, nachdem Sprengstoff in Zschäpes Garage gefunden worden war. Brandt war vergleichsweise nah dran an ihnen. Und damit auch das Landesamt für Verfassungsschutz. An die Zusammenarbeit kann sich Brandt angeblich deutlich schlechter erinnern als an die Anekdoten von den THS-Treffen. Vielleicht, weil er sich nicht erinnern will: Die Fragen betreffen seine Kontakte zum Trio – und Brandts Antworten könnten für ihn strafrechtlich relevant sein, wenn er wissentlich eine Gruppe von Terroristen unterstützt hätte. Bislang allerdings läuft kein Ermittlungsverfahren gegen ihn.

Unstrittig ist, dass Brandt sich für die Untergetauchten einsetzte. Er veranstaltete ein Konzert, für das er statt Eintritt Spenden nahm. Auch Kameraden aus dem THS öffneten das Portemonnaie für die Untergetauchten, außerdem verkaufte er die rassistische Monopoly-Imitation Pogromly, die das Trio selbst gebastelt hatte.

Und schließlich war da noch „das Geld, das der Freistaat Thüringen gespendet hat“. Seine V-Mann-Führer steckten Brandt 2.000 Mark zu, mit denen sich die drei gefälschte Pässe besorgen sollten. Das, hofften sie, werde die Fahndung erleichtern. Erfolg hatte die Aktion nicht.

 

Keine Berichte zum NSU-Prozess

Am Dienstag, 15. Juli, gibt es keine Berichte in den deutschen oder englischsprachigen Onlinemedien.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 16. Juli 2014.